Hallo zusammen,
als Mitglied zähle ich hier noch zu den Neuen; als Leser bin ich aber schon länger dabei. Deshalb erlaube ich mir hier meinen Senf dazu zu geben, auch wenn es den einen oder anderen stören wird. Das wiederum stört mich aber nicht.
PeterKlein hat heute (im falschen Bereich des Forums) die Frage gestellt : Muss ich mich outen
Das ist ein nicht uninteressantes Thema, wie man an der Unterschiedlichkeit Antworten erkennen kann. Mich hat beim Lesen der Beiträge am Anfang und auch jetzt noch die vielfach gebrauchte Terminologie unangenehm gestört. Und ich werde mir diesen Sprachgebrauch auch nicht zu eigen machen wollen.
Damit meine ich nicht z.B. das Wort „Frischlinge“, was manchmal von meist langjährigen Mitgliedern für neue Mitglieder gebraucht wird; das ist wohl eher lustig gemeint und stört mich überhaupt nicht.
Aber schwer tue ich mich z.B. mit dem Wort „Alkoholiker“. Lt. Lexika „jemand, der dem Alkohol verfallen ist“. In nahezu jedem Schimpfwörterlexikon ist es gleich zu Anfang zu finden und wird in gleichem Atemzug mit Sauf- oder Spritkopf o.ä. erwähnt. Das Wort ist negativ belastet, weil es in abwertender Form angewandt wird.
Ich bin nicht dem Alkohol „verfallen“ - in welcher Zeit leben wir denn ? - ich bin möglicherweise alkoholabhängig, ok. „Gefallene“ Mädchen, wie mein Opa Damen benannte, die sich ihr Geld vornehmlich in horizontaler (daher gefallen) Lage verdienen, inserieren heute als Hostess z.B.. Das könnte man unbedenklich wahrscheinlich sogar hier im Forum unter Beruf angeben, ohne die Befürchtung haben zu müssen, dass hier Hos**** erscheint. Aber es geht ja nicht um den Beruf, sondern um eine Krankheit.
Ich z.B. gedenke mich nicht als „trockener Alkoholiker“ zu bezeichnen, wenn ich abstinent lebe. Womit wir auch schon bei den nächsten Unworten „nass“ und „trocken“ sind. Aber vorher schreit natürlich jetzt jeder zu recht : Ja Moment mal, wie willst Du denn dann nen Alkoholiker benennen ? Trinker ? Kommste auch vor den Kadi. Und für „Alki“ finde ich mich zu alt und es passt auch eher zum Yorkshire-Terrier von Frau Schulze nebenan.
Zu jedermanns großem Schrecken muss ich jetzt hier gestehen : Ich weiß auch keinen passenden Ausdruck, genauso wenig wie Herr Duden, der im übrigen (sinnvollerweise oder nicht) das Wort „Nichtalkoholiker“ gar nicht kennt.
„Nass“ und „trocken“ stellt beim Normalo-Bürger nicht gleich die Verbindung zu einem noch trinkenden oder nüchternen Menschen her, sondern dient eher der Beschreibung der derzeitigen Wetterlage. Mir gefällt da „aktiv“ und „inaktiv“ besser, wobei Kritiker sogleich monieren werden, dass sie dabei an den Aetna denken.
Ähnlich ist es mit dem „kalten Entzug“. Wohl deshalb so benannt, weil sich beim abruptem Drogenentzug die Haut abkühlen kann. Oder John Lennon sich damit in seinem Lied „Cold Turkey“ befasst hat. Egal, ich finde es bescheuert. „Selbstentzug“ ist hier passender.
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat 1957 das Wort „Sucht“ aus ihrem Vokabular entfernt und durch „Abhängigkeit“ ersetzt. Dies wird wohl einen Grund gehabt haben, welchen weiß ich nicht, aber ich finde die Bezeichnung besser.
Will sagen, die Bezeichnung „Alkoholiker“ ist zwar hier im Forum gang und gäbe, und wird von den Mitgliedern oder Beteiligten hier als Krankheit wie irgendeine andere angesehen (was so auch ist); aber, um nun einmal ganz krass zu werden, der Otto Normalbürger gibt eher einem hutaufhaltendem Menschen mit dem Schild „Hunger“ eher etwas, als einem der „Alkoholiker“ auf seinen Pappkarton schreibt.
Wenn ich da falsch liegen sollte, höre ich gerne andere Meinungen.
Es grüßt der
schreck