• Zitat von Marlen

    Hallo,

    Hallo und guten Morgen Marlen :) ,


    Zitat von Marlen

    Bisher hatte ich keinerlei Probleme. Weder Schlafstörungen, Zittern, Herzrasen noch Saufdruck, Angst oder sonstige körperliche oder psychischen Beschwerden.

    Jetzt könnte ich sagen, alles fein, ich hab die ganz harte Zeit völlig problemlos überstanden, mir fehlt nichts und mich hier wieder verabschieden

    Gut das du dich noch nicht verabschiedet hast, denn das würde die Gefahr eines baldigen Rückfalles schlagartig erhöhen. Ein kapitaler Fehler, den du gemacht hast, ist zu denken, das du die "harte Zeit völlig problemlos überstanden hast". Das ist ein schwerer Denkfehler. Was du bis jetzt geschafft hast, ist der körperliche Entzug. Dieser dauert je nach Person zwischen 7-10 Tagen und ruft unterschiedlich starke Entzugserscheinungen hervor. Ich hatte übrigens genauso wie du gar keine sichtbaren Entzugserscheinungen. Nur bedeutet das leider nicht viel.

    Die richtig "harte Zeit" kommt jetzt auf dich zu. Du musst jetzt in den nächsten Wochen und Monaten lernen, dein Leben neu zu leben. Du wirst zahlreichen Situationen begegnen, wo du früher getrunken hättest, zahlreiche Gefühle durchleben, bei denen du früher zur Flasche gegriffen hättest. Diese Situationen und Gefühle werden dich eine ganze Zeit lang begleiten und dir das Leben nicht unbedingt einfacher machen. Wenn es einfach wäre, bräuchten wir ja keine Foren um darüber zu diskutieren und keine teuren Therapien.

    Momentan durchlebst du eine allseits bekannte Phase der Euphorie, weil du den ersten Schritt erfolgreich getätigt hast, und merkst, dass dir das offensichtlich gar nicht so schwer gefallen ist - im Vergleich zu vielen anderen, die auf Entzugsstationen im Krankenhaus nicht selten um ihr körperliches Überleben kämpfen müssen.

    Wie gesagt: Der körperliche Entzug ist zeitlich eingegrenzt - die psychische, geistig-seelische Entwöhnung vom Alkohol dauert aber Monate, wenn nicht sogar Jahre. Du musst dich vom Alkohol distanzieren um die Momente der Gefahr für dich wo es nur geht zu reduzieren:

    Zitat von Marlen

    Dann lese ich immer, daß man UNBEDINGT sein Leben völlig ändern sollte, sonst wird man nicht dauerhaft trocken.
    Ich mag mein Leben aber. Gerade nüchtern betrachtet hab ich ein sehr gutes Leben, das ich mir durch den Alkohol fast selbst zerstört hätte.

    Mein Umfeld ist alkoholfrei, ich habe keine Saufkumpane, mein Partner weicht kaum noch von meiner Seite, so begeistert ist er von seiner nüchternen Marlen :D Wir haben das letzte Jahr nicht so viel zusammen gelacht, wie die letzte Woche. Also auch hier alles im grünen Bereich

    Das sind gute Voraussetzungen. Natürlich muss nicht jeder zwanghaft sein Umfeld ändern, wenn dieses Umfeld nicht für den eigenen Alkoholkonsum verantwortlich gemacht werden kann. Ich z.B. habe in den letzten Jahren auch hauptsächlich alleine getrunken. Meine Freundin trinkt nicht, meine Freunde kenne ich allesamt vom Sport - die trinken so gut wie gar nicht.

    Und trotzdem musst du dich natürlich jetzt bewusst werden, in welchen Situationen du genau getrunken hast. Welche Angewohnheiten steckten dahinter, welche Automatismen? Jeder Mensch hat unterschiedliche Trinkgewohnheiten. Viele z.B. trinken hauptsächlich alleine abends vor dem PC. Das ist (oder war) für sie das "Freizeitprogramm". Wenn der Alkohol dann wegfällt, entsteht erstmal eine gewisse "Leere", schließlich fällt ein langjähriger Lebensbegleiter weg. Diese Leere gilt es nun bestmöglichst, sinnvoll und dauerhaft zu stopfen. Wenn du diese Leere mometan gut überwinden kannst, ist das positiv, aber frage dich immer selbstkritisch: Reicht mir das? Kann ich aus meinen neuen Aktivitäten die ich jetzt nüchtern angehe, eine Gewohnheit machen? Kann ich die Löcher die der Alkohol hinterlassen hat, stopfen? Diese Frage entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg, über Abstinenz oder Rückfall. Wenn es dir nämlich nicht gelingen sollte, diese Leere dauerhaft mit neuem Leben zu füllen, wird sich dein alter "Wegbegleiter" wieder zu Wort melden und auf seine Existenzberechtigung pochen.


    Zitat von Marlen


    Auf der Infoseite habe ich gelesen, daß nach dem Entzug, "wenn der körperliche Druck weg ist...."???? Bedeutet das, daß ich nicht mehr mit Suchtdruck zu rechnen habe ?

    Auch der "Saufdruck" äußert sich bei jedem Menschen mit unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit. Ich denke, die Sache ist sehr situationsgebunden. Ich hatte z.B. die ersten 50 Tage überhaupt keinen Saufdruck. Dann war eine Situation nach einem sportlichen Erfolgserlebnis, eine Feier, und - zack - wie aus dem Nichts hatte ich plötzlich tierische Lust auf eine Flasche/einen Kasten Bier. Wenn ich mich zum damaligen Zeitpunkt nicht schon tagtäglich mit der Krankheit beschäftigt und an mir gearbeitet hätte, hätte ich hier wohl einen Rückfall erlitten. Und solche Situationen werden immer wieder kommen. Man muss wachsam sein. Ein ganz wichtiger Punkt der Arbeit an der eigenen Trockenheit ist daher, sich ein eigenes "Alarmsystem" zu entwickeln. Wo begebe ich mich in Gefahr? Wo lauert der Alkohol? Wie kann ich die Risiken minimieren?

    Zitat von Marlen

    Ich trauere dem Wein nicht hinterher. Manchmal kommt so ein kleiner Impuls, dann stelle ich mir vor, wie ich mich jeden Abend nach den zwei Flaschen Wein gefühlt habe und auch am nächsten Morgen, ich stell mir den Alkoholgeschmack vor - und dann ist der fiese Gedanke auch schon wieder weg.

    Das ist bereits "geistige Arbeit" an deiner Trockenheit was du da machst. Gut so. Das Problem bei der Sache hat man uns ganz anschaulich in meiner Suchtberatungsstelle erklärt. Psychologisch ist es nämlich so, das wir durch den Einzug des Alkohols am Beginn unserer Trinkerkarriere nur Vorteile sahen. Im Laufe der Zeit kamen dann die Nachteile hinzu, wurden mehr und größer, bis der Leidensdruck so groß war, dass wir beschlossen aufzuhören. Wenn wir jetzt am Anfang der Trockenheit stehen, erinnern wir uns v.a. an das was zuletzt war (die miese Stimmung in der wir uns befanden durch das Saufen, das ständige Verkatert sein, die Übelkeit, die peinlichen Momente usw.), was uns hilft, trocken zu bleiben. Wenn man jetzt aber aufhört, sich dessen ständig bewusst zu machen, neutralisieren sich die Gedanken irgendwann wieder...und widerum einige Zeit später "kramt" das Unterbewusstsein dann die schönen Gefühle und Gedanken hervor, die wir am Anfang unserer Trinkerzeit mit dem Alkohol verbanden - denn diese sind natürlich auch noch in uns gespeichert! In jedem von uns! Deshalb ist die geistige Auseinandersetzung mit dem Alkohol für einen trockenen Alkoholiker unentbehrlich. Wer damit aufhört, wird nachlässig - und Nachlässigkeit bereit dem Rückfall den Boden.


    Zitat von Marlen

    Was macht ihr bei akutem Suchtdruck? Ich habe Angst, daß er mich plötzlich und ganz unvermittelt doch noch überfallen könnte..

    Unterschiedlich. Du kannst vieles tun. Ein vielgehörter Ratschlag besteht darin, viel Fruchtsaft zu trinken. Auch anstrengender Sport kann kurfristig helfen dich auf andere Gedanken zu bringen. Ich habe auch von Leuten gehört, die ständig eine Art "Kurzzusammenfassung der schrecklichsten nassen Momente" in schriftlicher Form mit sich herumtragen. Eine Art Liste also mit den peinlichsten und unangenehmsten Momenten, verursacht durch den Alkohol, wo es einem richtig dreckig ging. Diese Liste wird dann einfach beim Einsetzend es Saufdruckes 3-5 mal schnell runtergelesen. Das sollte helfen! :wink:

    Zitat von Marlen


    Momentan beschäftige ich mich mit gesunder Ernährung und wenn ich heute "Leerlauf" habe, dann mach ich mein Rad wieder einsatzklar. Ich konzentriere mich jetzt sehr auf meinen Körper und meine Gesundheit - für mich ist das eine tolle Ablenkung und Sport wollte ich schon lange machen, ist aber im Alkoholnebel immer nur so eine Idee gewesen...

    Gute Ideen - gute Voraussetzungen. Aber rechne damit, dass sich der Teufel Alkohol wieder melden wird, auch wenn er das momentan nicht tut, und du deswegen auf Wolke 7 schwebst.

    Zitat von Marlen

    Aber ansonsten fällt mir wenig ein, das ich ändern könnte, wollte bzw. was mich zum Trinken bringen würde. Das bin nämlich nur ich selbst und nichts aus meinem Umfeld....

    Das siehst du glaube ich zu einfach. Du musst dich halt wirklich ehrlich selber fragen, warum du bisher getrunken hast. Welche Gefühle wolltest du damit ausschalten: Angst? Wut? Langeweile? Gefühle der Sinnlosigkeit? Sorgen?

    Irgendetwas davon trifft auf jeden Alkoholiker zu. Diese Gefühle haben einen Ursprung - und den gilt es herauszufinden, sich ihm zu stellen und zu fragen, wie ich den Ursprung beseitigen kann.


    Abschließend kann ich dir nur raten: Bleib wachsam, was immer du auch tust und wie gut du dich auch fühlst! Beginnende Nachlässigkeit, der Gedanke "ich habe es geschafft, mir kann nichts mehr passieren" ist die Fahrkarte zurück ins alte Leben, der sichere Weg in den Rückfall.

    Zitat von Marlen

    Liebe Grüße

    Marlen

    Viele Grüße zurück, machs gut!

    Herzlichst,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Hallo Marlen,
    und herzlich Willkommen,hier im Forum,und unserer SHG.

    Hierbei geht es darum,nicht mehr in alte Verhaltensweisen zurückzufallen,wobei Du,verstärkt Alkohol konsumiert hast :!:

    Zitat

    Die Biertrinker um mich rum, die Schnäpse an der Bar.... Das alles hat mir eher gezeigt in welchem Sumpf ich war. Hat mich richtig angeekelt, obwohl ich in der Öffentlichkeit nie so richtig gesoffen habe, war mir der viele Alkohol dort eher eine Hilfe meinen Entschluß zu festigen.

    Ich,für meinen Teil,meide jegliche Aktivitäten,und Orte,wo gesellschaftlich,vordergründig Alkohol getrunken wird,um jegliches Risiko zu minimieren :!:

    Unser Suchtgedächtnis,schläft nicht,und klopft von Zeit zu Zeit,immer mal wieder an :!:

    Alle Assoziationen,die von Alkoholtrinkenden Menschen ausgehen,solltest Du,gerade in deinem Stadium vermeiden :!:

    Solltest Du,Suchtdruck bekommen,dann solltest Du rechtzeitig gegensteuern,und sehr viel stilles Mineralwasser Trinken.


    Zitat

    Momentan beschäftige ich mich mit gesunder Ernährung und wenn ich heute "Leerlauf" habe, dann mach ich mein Rad wieder einsatzklar. Ich konzentriere mich jetzt sehr auf meinen Körper und meine Gesundheit - für mich ist das eine tolle Ablenkung und Sport wollte ich schon lange machen, ist aber im Alkoholnebel immer nur so eine Idee gewesen.

    Sport,ist immer eine gute Alternative,aber wie Du ja schon schreibst,war es immer nur eine Idee,die schnell wieder weggetrunken wurde!!

    Den Sport,jetzt aktiv,und vor allem nüchtern zu erleben,ist schon ein Schritt,sich von alten Verhaltensmuster zu trennen,und einen neuen,und vor allem nüchternen Weg zu gehen :!:

    Bleib auf diesem Weg :!:

    Gruß Andi

  • hi Marlen,

    auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns.

    Ich wollte Dir eigentlich nur kurz danken, denn Du hast eines meiner Probleme endlich in einem Wort ausgedrückt, was ich bisher nicht konnte. Mir geht es auch so, dass ich das Gefühl habe zu verstummen, wenn ich nüchtern bin. Ich fühle mich dann langweilig und alles andere als unterhaltend.

    Mir hilft es bei Suchtdruck, hier im Forum zu lesen. Danach fühle ich mich meist etwas besser und habe wieder Hoffnung, doch auch irgendwann eine zufriedene Trockenheit erlangen zu können.

    Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg und grüsse Dich, liv

    Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden ...

  • Guten Morgen Marlen,
    du hast etwas Wichtiges erkannt: Alkohol- trinken
    erfüllt immer einen bestimmten Zweck. Ich vergleiche das mit Medikamenten.
    Wenn man Kopfschmerzen hat, nimmt man eine Tablette und schon wird es besser. (Meistens)
    Der Schmerz ist dann zwar weg, aber die Ursache der Schmerzen nicht beseitigt.
    Genauso ist es mit Alkohol: der seelische "Schmerz" ist erst mal weg, aber die Ursache dafür ist weiterhin vorhanden.
    Nur wenn es uns gelingt, die Ursachen für das Trinken herauszufinden, haben wir die Chance trocken zu werden .
    Ich habe dafür professionelle Hilfe in Anspruch genommen, weil ich allein nicht weiter kam.
    Dadurch erkannte ich nach und nach meine "verschütteten" Gefühle.
    Auch heute noch nach über 2 Jahren gehe ich ca. alle 2 Monate zu meinem Therapeuten und arbeite die aktuellen Ereignisse auf.
    Ich wünsche dir einen sonnigen Tag!
    Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Servus Marlen,

    Zitat

    Warum ist einem der Tag nur so wichtig


    Nun, mir ist der Tag wichtig, weil er den Wendepunkt in meinem Leben markiert. Ich feiere diesen Tag auch als meinen Geburtstag - schließlich bin ich damals nur sehr knapp mit dem Leben davongekommen, und seither lebe ich wirklich ein neues Leben.

    Zitat

    Aber ich weiß gar nicht, inwieweit ich da drin rumwühlen soll. Es kommen alte Gefühle hoch, die ich nicht mehr fühlen will. Ich kann nichts an der Vergangenheit ändern.
    Damals habe ich mir eingebildet, daß der Alkohol mir hilft. Es sind so viele Jahre vergangen und etwas erwachsener bin ich trotz dieser Jahre im Suff doch auch geworden.
    Ich möchte jetzt für die Zukunft arbeiten, daß ich JETZT Selbstbewußtsein und Selbstachtung aufbaue. Das fällt mir schwer, wenn ich immer wieder die alten Verletzungen rauskrame.


    Du sollst Dich auch nicht an den alten Verletzungen "weiden". Wichtig ist nur dass Du Dir bewusst bist, wann/warum Du getrunken hast. Wenn es diese Verletzungen waren, und die Gefahr besteht dass sich diese Verletzungen wiederholen, dann musst Du Dich gegen den da zu erwartenden Saufdruck wappnen!

    Ich wünsche Dir viel Kraft auf Deinem Weg!

    LG
    Spedi

  • Zitat von Marlen

    Hallo,

    Ich weiß, daß es ein Fehler wäre, sich nicht noch lange und gerade am Anfang sehr intensiv damit auseinanderzusetzen... Trotzdem habe ich das Gefühl, daß mich das Thema ermüdet, bzw. ich hier nichts beizutragen habe, eben weil es mir so gut geht.

    Hallo Marlen,

    dieses Gefühl hatte ich am Anfang auch, kann man auch in meinem Thread in dem einen oder anderen Posting herauserkennen. :wink:

    Trotzdem habe dann alle paar Tage mich hingesetzt und trotzdem was geschrieben - einfach weil ich es mir selbst versprochen habe. Und siehe da: Nach einer Zeit wurde mir bewusst, das mir das Schreiben über meinen Gefühlszustand - auch wenn dieser unspannend und undramatisch ist - doch etwas bringt: Reflektion! Durch das Schreiben hier wird mir klarer, wie ich mich jetzt echt, tatsächlich fühle. Ich werde mir meinem Zustand dadurch ein Stück weit bewusster.

    Und jetzt, wo ich das ein paar Monate gemacht habe, bin ich ech froh darüber. Ich lese mir dann ab und wann meine früheren Beiträge durch und erinnere mich wieder. Ich sehe meine Entwicklung ein Stück weit foranschreiten und freue mich.

    So wie in deiner heutigen Nachricht machst du es genau richtig. Du beschreibst, was du getan hast und wie du dich dabei gefühlt hast. Das ist gut so! Denn es macht einen wesentlichen Teil der Arbeit an deiner Trockenheit aus. Nur wer seine Gefühle kennt und einschätzen kann, weiß wann er rückfallgefährdet ist.

    In meiner Suchtberatungsstelle bin ich auf viele Menschen getroffen, die einen Rückfall hatten und auf die Frage nach dem Warum geantwortet haben: "Keine Ahnung", "es kam wie aus heiterem Himmel", oder "ich weiß nicht warum".

    Jemand der seine Gefühle regelmäßig reflektiert und so einzuschätzen lernt, ist da besser gewappnet und wird wahrscheinlich nicht so von bösen "Überraschungen" überrollt.

    Am Anfang mag dir das langweilig und mühsam vorkommen, aber mit der Zeit automatisiert sich das - und irgendwann macht es einem auch Spass.

    Ich habe momentan hier wesentlich mehr Spass daran zu schreiben und zu reflektieren, als in den ersten beiden Monaten.

    Herzlichst,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Hallo Marlen,

    meiner Meinung nach machst du nichts anderes als an deiner Trockenheit zu arbeiten, wenn du uns z.B. von deinem Tagesablauf erzählst und wie du dich dabei gefühlt hast. Da muss man dann auch nicht in jedem 2. Satz den Alkohol ins Spiel bringen.

    Aber hin und wieder wirst du in Situationen kommen, wo dir dann der Alkohol "über den Weg läuft" und wieder einen Platz in deiner Gedankenwelt (wenn vielleicht auch nur für kurze Zeit) einnimmt. Stell dir vor, du siehst einen ungepflegten Typen mit Fahne und Bierflasche in der U-Bahn. Wie fühlst du dich? Wahrscheinlich fühlst du dich angeekelt und bist froh, nicht mehr zu trinken. Das macht dich noch sicherer. Du fühlst dich von der Droge weit weit entfernt und in "Sicherheit".

    Nehmen wir jetzt aber mal an, du hast bisher hauptsächlich alleine abends vor dem Fernseher getrunken (ich weiß jetzt nicht ob das bei dir so war, aber nehmen wir es mal an) und eine alte Freundin ruft dich nach einem Jahr der Trockenheit an und lädt dich zu ihr ein. Du bist mittlerweile ein Jahr trocken, denkst kaum noch an Alkohol und es geht dir so richtig gut. Dann entkorkt deine alte Freundin plötzlich eine Flasche Wein.

    In diesem Moment ist es dann entscheidend, was du im abgelaufenem Jahr gelernt hast, wie sehr du dir auch in dieser Situation sofort bewusst bist, was passieren kann, wenn du dir jetzt eine "kleine" Schwäche leistest.

    Wenn du heute abend aufhörst, dich mit dem Thema Alkohol und Alkoholkrankheit zu beschäftigen, sind die Chancen erdrückend hoch, dass du in einer solchen Situation einen Rückfall erleidest.

    Abschließend kann ich dir nur empfehlen, die Arbeit an deiner Trockenheit nicht zu verbissen und zu spezifisch zu sehen. Du musst nicht dauernd im Zusammenhang mit Alkohol hier schreiben - und arbeitest dabei trotzdem an deiner Trockenheit.

    So sehe ich dass. :wink:

    Herzlichst,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Hallo Marlen,
    es muss ja nicht gleich das Fitnesstudio sein!

    Es gibt doch vielerlei anderer Möglichkeiten,mit denen der Körper gefordert werden kann.

    Versuche es doch einmal,mit langen ausgiebigen Spaziergängen in der Natur.

    Nur den Geist zu fördern,und daher den Körper vernachlässigen,kann es ja auch nicht sein,da muss schon ein gewisses Gleichgewicht entstehen,um sich ausgeglichen zu fühlen!

    Setze Dir,doch einmal feste Zeiten,an denen Du spazieren gehst,auch das hat etwas mit Struktur zu tun,denn nicht's ist schlimmer,wenn man(n) Frau,in eine gewisse Lethargie verfällt.

    Dieses ergibt Unzufriedenheit,und Unzufriedenheit,kann uns wieder ein Stück näher,an unser Suchtmittel bringen,und dem heisst es entgegenzuwirken!

    Gruß Andi

  • Hallo Marlen,
    was Du da beschreibst kenn ich nur zu gut. Die Euphorie nach der Entgiftung, "es" geschafft zu haben, weil der Körper ja nichts fordert, die innere Zufriedenheit "es" geschafft zu haben usw.-
    Ich war vor einem guten Jahr zum ersten Mal in der Entgiftung, nachdem ich durch einen aufmerksamen Vorgesetzten geweckt worden bin. Glücklicherweise habe ich die gesuchte Hilfe schnell bekommen und auch angenommen, denn ich hatte schon oft versucht, es selbst zu schaffen. Ich bin seitdem trocken, habe 16 Wochen Therapie gemacht (ich glaub die beste Zeit meines Lebens) und die Wartezeit von ebenfalls 16 Wochen in einer Tagesklinik überbrückt- war sowas wie ein Test für mich, ob ich wirklich will.
    Ich habe meine Arbeit behalten und überhaupt keine Probleme über meine Krankheit zu reden, weil alle wissen wo ich war und warum.
    Die Werkzeuge, die ich in der Therapie bekommen habe benutze ich jeden Tag. Sie sind der Schlüssel zu meiner Zufriedenheit. Engpässe wird es immer geben, das ist klar. Aber den Umgang damit kannst Du lernen.
    Was den Suchtdruck betrifft kann ich Dir nur raten, ihn als letztes Warnzeichen zum Rückfall zu werten. Such Dir schnellstens eine Selbsthilfegruppe, sodass Du Hilfe vor Ort hast, je früher, desto beser!- Ich habe das versäumt und bin zZt noch durch die Nachsorge abgesichert.

    Ich hoffe, Dir geholfen zu haben. Immerhin bist Du meine erste Antwort, bin erst seit heute hier. :)

    LG Kommal

    unterwegs...

  • Hallo Marlen,

    ich war auch ein "einsamer Wolf" und glaubte, niemanden zu brauchen. Ich hab alles allein gemacht um unersetzlich zu sein- war auch nur ein Versteck!

    Du hast schon richtig erkannt, dass Dir eine feste Tagesstruktur fehlt, aber alleine bekommst Du es doch nicht hin, oder?
    Mir hat der Abstand auf Zeit zu allem und allen echt gut getan.

    ZZt bin ich dabei, meiner Einsamkeit zu entrinnnen, weil ich weiß wie.

    Und die vielen neuen und wiedererweckten alten Kontakte geben mir Kraft und Zuversicht.

    LG Klaus :wink:

    unterwegs...

  • Zitat
    Zitat


    Hallo Marlen, ich bekomm das mit den Zitaten noch nicht hin...
    Du schreibst doch letztendlich, dass Du nur beim Saufen eine Tagesstruktur hast- oder?
    Und der Klinikstundenplan soll auch nicht in dein normales Leben integriert werden, sondern durch das dort vermittelte wirst Du in die Lage versetzt, dein Leben wieder normal zu gestalten und -wie Du schreibst- DEINE Struktur zu erarbeiten.

    LG kommal

    unterwegs...

  • :) Hallo Marlen :)

    nein, ich mache keine Werbung für irgendwas oder irgendwen. So wie Dein Blutdruck unter- war ich vielleicht übermotiviert! Freut mich, dass es Dir ansonsten gut geht!!!

    LG Klaus :wink:

    unterwegs...

  • Hallo Marlen,

    ich möchte dir an dieser Stelle recht geben. Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Vielen Leuten hat eine LZT geholfen, viele andere hatten aber nicht allzu lange danach auch wieder einen Rückfall. Viele haben es auch ohne Therapie geschafft, eine stabile und glückliche Trockenheit zu erreichen, andere sind dann wieder auf die Schnauze geflogen und haben dann nach langem hin und her doch eine LZT gemacht. Von denen haben es dann wieder einige so geschafft, andere nicht. Usw. Wege gibt es viele, jeder muss seinen eigenen finden.

    Mir persönlich hilft das Schreiben hier im Forum und die Gespräche in meiner Suchtberatungsstätte. Demnächst beginne ich eine ambulante Therapie, was meine Trockenheitsarbeit, denke ich, gut "abrunden" wird. Das ist mein Weg.

    Herzlichst,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Hallo Marlen,

    nach meinem letzten Absturz, Anfang März, bin ich zum ersten Mal in eine Suchtberatungsstätte begeben. Ich musste einfach mit meinem Problem nach aussen gehen, wusste nicht, wie ich die Sache sonst noch unter Kontrolle bringen sollte. Allein hatte ich schon oft versucht etwas zu unternehmen, was dann immer nur in Trinkpausen geendet hatte.

    Ich ging also in die Suchtberatungsstätte und traf dort auf eine sehr nette Psychologin, bei der ich seitdem regelmäßig (im Schnitt ungefähr alle 10 Tage) ein Einzelgespräch habe. Am Anfang habe ich einfach erzählt, was mein Problem ist, warum ich aufhören will mit dem Trinken, wie ich mich fühle, was mir so durch den Kopf geistert. Sie gibt mir dann immer ein sehr informatives Feedback und macht mich auf meine automatisierten Verhaltensweisen und Gedankengänge aufmerksam und zeigt mir wo ich gegensteuern kann. Ich halte mich zwar für durchaus intelligent, aber auf diese Dinge wäre ich nie selber gekommen. Ich war (und bin es teilweise immer noch), vie zu tief drinnen in meinem eigenen Gedankensumpf.

    In den ersten 4 Wochen besuchte ich täglich (Mo-Fr.) für eine Stunde eine Tagesgruppe, die auch von einem Psychologen geleitet wurde. Da ging es dann vornehmlich tatsächlich über die möglichen Therapieangebote, aber auch um das aktuelle Befinden der Teilnehmer, da sich dieses Angebot an Alkoholiker richtet, die erst seit wenigen Tagen oder Wochen nüchtern sind. Diese Gruppe brachte mir zwar keine weltbewegenden Erkenntnisse, jedoch möchte ich auch diese Zeit nicht missen. Ich habe viele Geschichten und Erfahrungen gehört und mich hier und da auch wiedergefunden. Und gelegentlich habe ich von mir selber erzählt. Und diese paar Sätze, die ich dann mal selber zur Sprach brachte, gaben mir ein unglaublich gutes, erleichterndes Gefühl. An den Tagen wo ich selber was erzählt habe, ging ich nachher richtig beschwingt und erleichtert Richtung U-Bahn. Da habe ich angefangen zu begreifen, warum Leute in Selbsthilfegruppen gehen.

    Die ambulante Therapie die ich jetzt noch in diesem Sommer beginnen werde, beinhaltet ein wöchentliches Gespräch mit der Psychologin und ein Gruppengespräch (eine bzw. eineinhalb Stunden). Ich werde dann über die "Ergebnisse" in meinem Thread berichten.

    Herzlichst,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Servus Marlen,

    ich muss Deine beginnende Euphorie mal ein wenig zurechtrücken: Das, was Du momentant betreibst, hat nicht allzu viel mit "Leben ändern" zu tun. Du änderst momentan nur Tagesabläufe.
    Das ist aber auch normal, woher solltest Du es denn anders wissen?

    Es wird irgendwann Zeit dass Du Dir Gedanken machst, WARUM Du gesoffen hast. Damit sind jetzt nicht einzelne Situationen gemeint, sondern die dahinter liegenden Mechanismen und Auslöser. Diese hat jeder von uns Alkoholikern - wir haben ja nicht aus "Spaß an der Freude" gesoffen.

    Wenn du in der Lage bist, diese Mechanismen und Auslöser mit etwas anderem als Alkohol zu besetzen, dann wirst Du auch dauerhaft trocken bleiben und dieses Trockenbleiben als befriedigend empfinden können.

    Ich möchte noch was zu Kommal und Langzeittherapie sagen, ebenfalls, ohne für (oder gegen) etwas Werbung zu machen: Eine Langzeittherapie ist gerade für Menschen geeignet, die nicht so gut aus eigenem Antrieb (oft sehr verschüttete) Dinge aufarbeiten können. Dein etwas sehr weltfremdes Bild von einer Langzeittherapie (woher hast du dieses Bild?!?) hat wenig bis nichts mit der Realität zu tun.
    Diese generelle und undifferenzierte Ablehnung einer bestimmten Therapieform macht auf mich eher den Eindruck, dass Du Dein Krankheitsbild noch nicht angenommen hast. Dazu würde auch passen, dass Du Dir Alternativen aussuchst (bzw Dich dafür interessierst), die ein wenig Freiraum für's "Verschleiern" der eigenen Krankheit lassen.

    Egal, es ist Deine Entscheidung - Du wirst damit leben müssen. Ich kann Dir nur empfehlen, Dich an langfristig erfolgreichen Strategien zu orientieren.

    So, und nun hoffe ich, dass Du meine sehr direkte Art nicht als Angriff wertest, sondern als das, was dieser Kommentar sein soll: ein Denkanstoss!

    LG
    Spedi

  • Servus Marlen,

    Du missverstehst das: niemand will Dir Deine Freude nehmen, und Du sollst Dich auch an guten Tagen erfreuen! :lol:

    Alles, was ich Dir nahelegen wollte, ist ein Denkanstoss damit Du Dich nicht in Nebensächlichkeiten "verlierst" und Deine für Dich wichtigen "Baustellen" als solche in Angriff nimmst.

    Und jetzt komm mal wieder 'runter von der Palme, da oben ist's auch nicht schöner als hier 8) ...

    LG
    Spedi

  • Hallo Marlen,

    mir ist auch aufgefallen, dass Du viel schreibst. Und ich bin seit Sonntag nicht hier, um anderen nur gute Ratschläge zu geben. Das steht mir nicht zu, hier geht´s um geben und nehmen. Aber jetzt geb ich Dir doch einen wirklich gutgemeinten Rat. Seit meiner Entgiftung (Mai 06)schreib ich so eine Art Tagebuch. Das schöne ist, dass nur ich es lese und deshalb auch nichts als die Wahrheit schreibe. Insbesondere was meine Gefühle wie Ärger, Freude und am wichtigsten: Zufriedenheit betrfft. Beim Lesen stelle ich häufig fest, wo der Auslöser für diese Gefühle war und sehe, wo ich evtl. was ändern muß. -Oder wen bzw. wessen Verhalten. Meistens meins. Und gerade wenn ich mich über etwas oder jemanden geärgert habe, hab ich´s zumindest raus, durchs schreiben, und muss es nicht wie früher runterschlucken. Versuchs doch einfach mal.

    LG kommal

    unterwegs...

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