Hallo,
wie schon in der Vorstellung geschrieben, ist durch den Tod meiner Mutter vor ca. einem Jahr, sie ihr Leben lang Alkoholikerin, meine Vergangenheit noch einmal an mich herangerückt.
Ich mache seit einem Jahr eine Therapie, die jetzt noch mal ein Jahr lang gehen wird.
Ihr Tod, dem eine Krebserkrankung voranging, hat mich stark erschüttert. Trotz der Alkoholkrankheit hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu ihr. Doch nun, wo sie nicht mehr lebt, kommen auch die negativen Teile wieder hoch.
Sie war Spiegeltrinkerin und der absolute Höhepunkt des Konsums war während meiner Kindheit, als mein Vater noch lebte. Es gab viele Konflikte und Auseinandersetzungen. Meine Mutter benutzte den Alkohol, um ihre Aggressionen auszuagieren, ansonsten war sie eine sehr nachgiebige und friedfertige Frau.
Das wurde nicht besser. Schließlich nahm sich mein Vater das Leben. Er war kein Alkoholiker. Ich hatte trotzdem kein gutes Verhältnis zu ihm.
Letztendlich war ich damals in gewissem Maße erleichtert über den Tod, weil damit die Konflikte aufhörten und die Qual. Das ist möglicherweise nicht nachzuvollziehen.
Gesprochen wurde darüber nicht. Das Thema war tabu. Ich habe allerdings meine Mutter als Jugendliche in Briefform mit der Wahrheit konfrontiert. Es hat sich, außer dass das Trinkverhalten sich gemäßigt hat, nichts geändert.
Es wurde weiterhin ab vormittags getrunken.
Ich habe ziemlich viele typische Verhaltensmuster aus dieser Geschichte, wie ich jetzt mehr und mehr bemerke: z.B. keine Ansprüche an andere stellen, übertriebenes Verantwortungsbewusstsein, Zurückstellen der eigenen Gefühle bzw. Ausblenden, Aushalten unangenehmer Beziehungen, Schuldgefühle ohne Ende, Probleme mit Nähe...
Alles kommt nun hoch. Als meine Mutter noch lebte, war da irgendwie der Deckel drauf. Wir waren normal, nein, die Aussage meiner Mutter war, dass sie früher getrunken hätte. Das wars. Letztendlich wusste ich, dass das so nicht stimmte, habe es trotzdem geglaubt oder diese Lüge akzeptiert. Ich habe nicht gesagt, nein, das ist nicht wahr, du trinkst ja immer noch.
Was hätte sie gesagt? Sie hätte das als Angriff gewertet. Sie hätte nicht gesagt, o.k. ich brauche das Zeug, es geht nicht anders, ich komme da nicht mehr heraus.
Was bedeutet das? Ich selbst sehe es als Fehler oder Versagen von mir an, sie nicht mit der Wahrheit konfrontiert zu haben bzw. das Trinken toleriert zu haben.