Beiträge von EineUnterVielen

    Guter Ansatz! Obgleich - wie gesagt - wir glaub ich ziemlich verschieden sind.
    Trotzdem, ich versuche mal in mich zu gehen ...
    Ich mache sofort dicht, wenn man versucht mir etwas aufzudrängen - ein bewertendes "Du bist", "Du machst", "Du tust" oder am schlimmsten "Du musst" geht garnicht.
    Was gut funktioniert sind Gespräche ohne Bewertung. Jede Meinung ist akzeptabel und nachvollziehbar, solange sie als eigene Sicht der Dinge vertreten wird. Wenn mein Gesprächspartner jedoch ein "ich meine" als "es ist so" vermittelt, dann reagiere ich ganz schlecht drauf.
    Wenn ich mich also in Eure Situation hineinversetze und von Dir käme "Du musst" oder "Du darfst nicht" an mich oder mein Kind (Achtung: sprichst du mein Kind an, sprichst du mich an), geh ich in Kampfposition. Kommt hingegen ein verständnisvolles "schau, es geht mir mit dieser Situation so und so. Ich befürchte dabei dieses, ich habe dabei Angst um jenes. Ich würde mir wünschen, dass ... wie können wir damit umgehen? Wäre das oder das für Dich denkbar. Überleg mal in Ruhe, vielleicht fällt Dir eine Lösung dazu ein." dann ist das ein ganz anderer Ansatz. Einer der mich erreicht, da ich mich nicht angegriffen fühle, mir nichts aufgedrängt wird, aber versucht wird mich in die Lösungssuche zu integrieren.

    Aber ... so funktioniere ich. Ob das der richtige Weg ist, Deine LG zu erreichen, weiß ich natürlich nicht.

    Hallo Perri,

    wie gesagt: Ich kann aus meiner Erfahrung als Mutter (mit all ihren Baustellen) nicht bestätigen, dass das die einzige Reaktion auf die eigenen Erfahrungen als EKA ist.
    Aber egal, die Kernfrage ist ja im Grunde: wie kommst Du an Deine Lebensgefährtin ran, wie kannst Du sie erreichen mit Deinen Bedenken und Sorgen ohne, dass sie sofort abblockt. Und das ist natürlich schwer zu beantworten - vor allem, weil Du nur Deinen Aspekt der Konfliktsituationen schilderst und schildern kannst. Wie die Sicht Deiner Lebensgefährtin auf die Situationen aussieht, können wir nicht sehen. Und das macht es schwierig, denn jeder Konflikt hat ja 2 Seiten.

    Was bleibt? Mein Bauchgefühl sagt mir, dass (selbst wenn Du recht hast mit der Ursache für fehlende erzieherische Grenzsetzung was ja plausibel klingt) die Möglichkeit Deine Freundin zu "erreichen" nicht gegeben ist, wenn Du sie nicht als sie selbst ansprichst, sondern als EKA. Ich weiß nicht, ob es so ist. Ob sie es so empfindet. Aber wenn ich mich versuche in die Situation hineinzuversetzen, dann würde ich sofort blocken, wenn ich das Gefühl bekomme in eine Schublade gesteckt zu werden. Denn klar, ich bin EKA, aber abgesehen davon bin ich noch viel, viel mehr. Das was meine Person ausmacht, hat genausoviele verschiedene Ursachen, wie bei jeden anderen Menschen auch.
    Hm - ich zweifel grad schwer, ob ich ausdrücken kann, was ich sagen will :(

    Jedenfalls ist die Kernfrage des Problems ja offenbar: wie kannst Du sie erreichen, wie kannst Du sie "knacken", so dass sie es zulassen kann, Deine Bedenken und Sorgen und Wünsche zu akzeptieren und anzunehmen ohne sich davon bedroht zu sehen. Ist es der Tonfall? Ist es etwas anderes? Bildlich dargestellt: Du stehst da wie der Prinz vor den hohen Mauern des Rapunzelturms, die ihre Schutzmauern darstellen. Wie stellst Dus an, dass Rapunzel ihr Haar herunter lässt? (vor demselben Problem steht man übrigens auch als Elternteil mit pubertierenden Kindern oft - wie erreicht man sie?)
    Gibt es vielleicht Menschen in ihrem Umfeld, denen sie nahe steht und vertraut? Jemand, der (möglicherweise nur aufgrund einer anderen Beziehungskonstellation zu ihr) den Schlüssel zum knacken hat? Eine gute Freundin vielleicht? Wäre so eine Person als eine Art "Mediator" möglich, wenn sie eine Familientherapie schon ablehnt? Jemand der ihr Deine Standpunkte "übersetzen" kann bzw. Dir verständlich machen kann, wie sie denkt und fühlt?

    Alles Gute!
    EuV

    Für mich sind Krisen mit der Zeit leichter zu nehmen geworden, solange ich genügend Abstand bewahren kann, um nicht aus dem Auge zu verlieren, dass es eben eine Krise ist und die auch wieder vorbei geht. Klassisch ist z.B. das monatliche Tief (jeder Depp, der einer Frau in dem Moment sagt "ah, bist wieder hysterisch?" hat das Potential der Menstruation nicht einmal im Ansatz verstanden). Mir hat diese monatliche Übung mich meine Gefühlen zu stellen vieles klar gemacht.
    Wenn ich darauf gefasst bin und eben weiß, dass ich die Dinge jetzt so sehe, weil ich mich in einer emotionalen Schlagseite befinde, dieses Empfinden aber nicht per se die ganze Wahrheit ist, gehts mir gut damit. Dann kann ich mir die negativen Gedanken in Ruhe ansehen und das ist auch gut so. Denn nur, weil sie nicht die ganze Wahrheit sind, heißt das noch lange nicht, dass sie falsch sind. Es bedeutet nur, dass ich die positiven Aspekte völlig ausschalte, so als wäre ein Spot auf das Schwarze und tief vergrabene gesetzt und der "Positivnebel", der sonst über diesem Loch hängt und es nicht klar sehen lässt zwischenzeitlich an den Rand gedrängt wird. Wenn ich mir also dessen bewußt bin ("Aha, der Spot ist an!"), dann bedroht mich dieses Tief nicht und ich kann die Gelegenheit nutzen mir diese negativen Seiten des Lebens in Ruhe anzusehen, hin und herzuwenden, auszumisten und vor allem: anzusprechen. Das sind dann je nach Problembehandlung die Momente, in denen ich Beziehungs-, Erziehungs-, Berufsprobleme sehr konkret ansprechen kann. Ohne Drama, ohne Tragödie, in der Gewissheit: es ist nur ein Aspekt, aber keiner, der vergessen oder unter den Tisch gekehrt werden darf. Das hat mir schon oft geholfen, Dinge zu bereinigen.
    Mit dem nötigen Abstand auch das Licht am Horizont nicht aus dem Auge zu verlieren, kann ich also auch die Chance gut nutzen, Negatives in Positives zu verwandeln.
    Und - nur wenn ich fähig bin, mich diesen negativen Gefühlen und Gesichtspunkten voll zu stellen und mich ihnen hinzugeben, ohne mich davon bedroht zu fühlen, kann ich sie auch wieder auflösen.

    Doch hin und wieder tapp ich natürlich in die Falle. Da fehlt mir der nötige Abstand und das Loch verschlingt mich. Dann steck ich drin und halte den einseitigen Aspekt für die ganze Wahrheit. In den Momenten brauch ich jemand anderen, der mich am Schopf packt und mir erzählt, wie er die Situation von außen einschätzt. Das können gute Freundinnen sein, Freundinnen, die nicht bewerten, sondern einfach sein lassen können. Oder Plätze, wie dieses Forum.

    Krisen und Trauriges ist doch ein Teil des Lebens, der die gleiche Daseinsberechtigung einfordert, wie die schönen und positiven Momente. Und nur, wenn ich die einen auch annehmen kann, bekomm ich auch die anderen geschenkt. Wenn ich heute traurig bin, kämpfe ich nicht mehr dagegen an, dann gönn ich mir orgiastische Heul und Wehklagorgien bis ich erschöpft bin. Und irgendwann ist es wieder vorbei. Und wenns mir gut geht und das Leben schön ist, gönn ich mir dafür auch Momente des kindlichen Übermuts und der völligen Glückseligkeit.

    Wie immer - nur meine Sichtweise ...

    Alles Liebe,
    EuV

    Hallo,

    Gotti, ich glaube der entscheidende Unterschied zwischen den Beispielen, die du aufzeigst und Chelas Cousine ist eben das Angehörigenverhältnis zur Täterin und in der Motivation zur Anzeige. Ich denke, was Chela damit erreichen will, ist nicht der Schutz ihrer Klienten, sondern die Rettung der Cousine. Und dieser Plan kann einfach auch leicht in die Hose gehen und ins Gegenteil ausschlagen. Dann hat sie sich das Problem aufgeladen und wird es nicht mehr so schnell los. Das hat dann auch nichts mehr mit Zivilcourage zu tun, sondern mit Co.-Verhalten.

    Wenn sie Angehörige eines Klienten wäre oder überhaupt familiär Unbeteiligte, dann hätte ich kein Problem damit den oder die Dealerin anzuzeigen.

    Wie gesagt, nur meine Meinung ...
    EuV

    Hallo LaChela,

    ich glaube die "Augen verschließen" oder das "Problem todschweigen" und "nicht aktiv eingreifen" ist in diesem Fall nicht dasselbe. Wäre es schon, wenn z.B. einem Menschen Gewalt angetan wird. Im Fall Deiner Cousine ist es aber, wenn ich es richtig verstanden habe, ein Fall von Sucht verbunden mit Beschaffungskriminalität? Ich nehme an, Deine Motivation liegt rein darin, ihr zu helfen aus dem Teufelskreis herauszukommen? Doch wem wäre geholfen damit, sie anzuzeigen? Im besten Fall natürlich ihr, wenn sich die Zukunft so gestaltet: Sie kommt mit dem Gesetz in Konflikt, der Schock sitzt tief genug sie aufzurütteln und sie findet den Weg zur Notbremse. Das wäre eine Variante. Was aber, wenn die Zukunft sich so gestaltet, dass sie verhaftet und im Knast erst recht kriminalisiert wird? Und sich dann obendrein Dich als bequeme Ausrede heranzieht und dir die Schuld gibt an ihrem Niedergang?
    Ein gefährliches Spiel, Schicksal zu spielen, selbst mit der besten Motivation dahinter.
    Schlußendlich bleibt unterm Strich doch nur eins: den Weg aus der Sucht kann sie nur alleine finden und nur sie kann und muss verantworten, was sie tut. Das kannst du ihr ohnehin nicht abnehmen.

    Wie gesagt, mit todschweigen oder die Augen verschließen hat das nichts zu tun. Du musst ihr Problem nicht schönreden oder so tun, als gäbe es das nicht. Du wärst bloß gut beraten der Versuchung widerstehen, die Verantwortung dafür auf Dich zu nehmen.

    So seh ich das zumindest.

    Alles Liebe,
    EuV

    Hallo lavandula,

    ja, die Schutzengel. Was wäre aus mir geworden ohne sie? So wenig emotional ich gewöhnlich werde, aber an sie, an meine Oma kann ich garnicht denken, ohne Tränen der Rührung in den Augen zu haben. Jetzt auch wieder ...
    Irgendwie habe ich immer noch das Gefühl, sie ist da und beschützt mich. Das Gefühl hat mich nie verlassen, 15 Jahre nach ihrem Tod immer noch nicht. Was mich dabei am Meisten bewegt: wir sind noch nichtmal blutsverwandt, sie war die Mutter meines Adoptivvaters. Wenn ich mir jedoch meine Familie ansehe, egal welche Blutlinie, frage ich mich immer kopfschüttelnd, wie es möglich ist, dass ich aus diesem ganzen Sumpf von Engstirnigkeit, Neurosen, Primitivität und einer gehörigen Portion Fremdenhass entstehen konnte. Ich fühle mich meiner Adoptivoma gegenüber viel verbundener und näher, als irgendjemand anderen. Von wegen genetisch ...

    Liebe Grüße,
    EuV

    Beim nochmaligen Durchlesen, kommt mir der Verdacht, dass ich Lindes Beschreibung auch falsch interpretiert haben könnte (also nicht ein Fall von zur Sucht stehen vorliegt, sondern der Satz nur ihre Akzeptanz der Situation beschreibt).

    Noch einen Punkt dazu möchte ich einbringen: Ich hab mit meiner Mutter langsam, langsam den Punkt erreicht, in dem sie von der Leugnerin zur bekennenden Suchtkranken geworden ist. Zumindest in ihren nüchternen Phasen. In ihren nassen Momenten muss ich sie innerlich weiterhin weit von mir weisen und das tut mir nach wie vor weh. Aber immerhin: In ihren nüchternen Momenten können wir mittlerweile relativ unverkrampft über sie, die Sucht und ihre Auswirkungen auf mich, auf meinen Sohn etc. reden. Diese Gespräche tun uns beiden sehr gut. Die Entwicklung ging aber auch Hand in Hand mit einem Loslassen meinerseits. Ich habe mittlerweile keine Erwartungshaltung mehr an sie, reagiere nicht mehr mit Forderungen oder moralischen Vorhaltungen. Ihr Leid ist ihr Leid, ich lasse es nicht mehr zu meinem machen. Dadurch kommt sie auch immer mehr aus ihrer Defensivhaltung und Verleugnung heraus. Das ändert zwar nichts an ihrer Sucht (könnte es zwar, aber dafür ist es in ihrem Fall definitiv zu spät), aber es ändert was daran, auf welcher Ebene wir damit umgehen können, ohne uns zu zerfleischen.

    Ich weiß nicht, ob es nur mir so scheint, aber in dem bisherigen Dialog ist ein sehr interessanter Punkt aufgekommen. Wie muss die Ebene aussehen, auf der ich akzeptieren kann (und mich somit nicht mehr an der Krise festhalten muss), dass es ist wie es ist.
    Für mich gibt es da im Umgang mit süchtigen Menschen in meinem Familien- und Bekantenkreis einen eklatanten Unterschied, der sich auch hier wiederspiegelt.

    Es gibt die Leugner:

    Zitat von rentenvater


    Und es kamen die gleichen Phrasen wie immer: ich wuerde immer uebertreiben, ihm gehe es im Grunde gut, nur diese Magenprobleme in den letzten Wochen, usw.

    Und die, die nicht leugnen, aber ihr Recht auf Selbstbestimmung einfordern:

    Zitat von Linde66


    Was sie innendrin "wegsaufen" muß, weil sie es nicht aushalten kann, das liegt in ihrer Biographie versteckt. Es ist ihre Entscheidung nicht aufzuarbeiten, sondern zu sich wegzusaufen. Das hatte ich zu akzeptieren, auch wenn es mich traurig machte.

    Ich ticke z.B. so, dass ich mit den Leugnern garnicht umgehen kann, die treiben mich in den Wahnsinn. Das einzige, was mir in dem Fall bleibt, um meine Lebensqualität nicht über ein bestimmtes Maß zu beeinträchtigen, ist diese Menschen bis zu einer erträglichen Grenze aus meinem Leben rauszuschieben. Die dürfen mir nicht mehr Nahe kommen.
    Mit jenen Freunden, Bekannten und Verwandten in meinem Umfeld, die aber klar zu ihrer Sucht stehen können, nicht versuchen etwas vorzugeben, was nicht ist und auch nicht versuchen, mir ihr Seelenheil umzuhängen oder mich zu ihren Rettungsanker zu machen, die können gerne in meinem Umkreis bleiben. Solange ich normal mit ihnen sprechen kann über ihre Probleme, habe ich keine Probleme damit. Ich kann damit leben, dass ein Mensch sein Leben vernichten will, auch wenn es mir nicht gefällt. Die Entscheidung kann ich ihm schon lassen. Aber er muss dazu stehen können.

    So sieht mein Spielraum mit der Akzeptanz aus. Ich glaube, diesen eigenen und für jeden anders aussehenden Spielraum zu kennen - was wahrscheinlich in erster Linie bedeutet seine eigenen Grenzen gut zu kennen - ist die einzige Möglichkeit, die wir haben mit dem Problem umzugehen. Lösen können wir das Problem nicht, bloß, wie wir damit umgehen lernen. Aber das hat Skye eh schon viel schöner beschrieben.

    Alles Gute!
    EuV

    Hallo Perri,

    Ich bin selbst Tochter einer Alkoholikern und habe einen Sohn. Allerdings kann ich die Verhaltensweisen Deiner Lebensgefährtin nicht bestätigen, obgleich ich manche Vernachlässigungen bzw. Fehlverhalten in der Beziehung zu meinen Sohn mittlerweile schon in Verbindung zu meinen Eigenheiten als EKA sehe und versuche diese anzupacken und zu ändern.
    Allerdings betreffen die eher das Gegenteil: Ich war oft zu streng, habe es als Bedrohung angesehen, wenn er nicht genausogut "funktionierte" wie ich, hab sein Selbstvertrauen zu wenig gestärkt etc. Also eher das Gegenteil von der Mutter Deines Kindes. Was nicht heißen mag, dass ihr Gluckenverhalten (kann man es so bezeichnen?) nicht genauso aus den Erfahrungen in ihrer Kindheit herrühren. Aber - ist das nicht immer so? EKA hin oder her? Ist die Erziehung unserer Kinder nicht stets eine Art Antwort auf die eigene Kindheit? Eine bestätigende, wenn man sie als gut und richtig erlebt hat (was garnicht heißen muss, dass dasselbe Muster auch das richtige für unsere Kinder ist) und eine versuchte Umkehr ins Gegenteil, wenn man sie negativ empfunden hat. Btw. Ist Deine Vorstellung von der "richtigen" Erziehung nicht auch nur (d)eine Vorstellung?
    Ich wäre jedenfalls vorsichtig mit der Schlußfolgerung, die Krise Deiner Stieftochter dem Erziehungsmuster Deiner Lebensgefährtin anzulasten. Damit kannst Du nicht nur ziemlich daneben liegen (ich kenne einige Menschen mit Gluckenmüttern aber die sind auch alle sehr unterschiedlich) und sie somit sehr verletzen indem Du ihr Unrecht tust (was Eure Beziehung noch um ein großes Stück komplizierter macht), Du kannst Dir damit auch eine irrationale Angst um Dein Kind aufbauen. Angst ist ja nun der schlechteste Ratgeber ...

    Wo ich Dir aber absolut zustimme, ist, dass Du von der Erziehung nicht ausgeschlossen werden darfst. Zumindest dann nicht, wenn Du keine körperliche oder seelische Bedrohung für Deine Kinder darstellst und davon gehe ich jetzt einmal aus. Ich weiß nicht, ob sie sich dessen bewußt ist, dass sie Eurem Kind den Vater vorenthält, wenn sie Dich die Rolle des Vaters nicht einnehmen lässt. Dazu hat sie weder das Recht, noch tut sie dem Kind Gutes damit (außer ... siehe oben).

    Da ich aber davon ausgehe, dass es die "richtige" Erziehung nicht gibt - kurzum egal, wie Du erziehst sich ein Teil davon dem Kind im späteren Leben vorteilig, aber gleichzeitig ein anderer Aspekt nachteilig auswirkt. (irgendwelchen Vorwürfen wirst Du Dich später also unter Garantie stellen müssen ^^), bleibt ohnehin nur der Weg zum Kompromiss zwischen Dir und ihr. Denn ein ewiger Machtkampf ist für die Entwicklung des Kindes ja nun auch nicht gerade förderlich. Zu dem darf es nicht kommen.

    Wie siehts denn mit einer Familienberatung aus? Die würde ich in dem Fall am ehesten als Lösungsweg sehen.

    Soweit meine Gedanken dazu.
    Hoffentlich findet ihr gemeinsam eine akzeptable Lösung!

    EuV

    Liebes Kämpferherz,

    vielleicht ist es mal an der Zeit das kämpfen ein wenig ruhen zu lassen? Deine Liebe zu Deiner Mutter und Deiner Oma in Ehren, aber ... haben sie Dich nicht auch im Stich gelassen, als Du von Deinem Vater geschlagen wurdest? Haben sie nicht ihr Leben lang verabsäumt, sich gemeinsam gegen ihn zu stellen und für Dich zu entscheiden?
    Du sagst, Du kannst Dich nicht zwischen Angst und schlechten Gewissen entscheiden. Wie wärs denn sich gegen die Angst und das ganz ohne schlechten Gewissen zu entscheiden? Schließlich gibts da einen Haufen Versäumnisse nachzuholen, nicht? Vernachlässigungen, die Deiner Mutter Dir gegenüber "passiert" sind, als Du sie brauchtest, Vernachlässigungen, die Deiner Oma Dir gegenüber "passiert" sind, als Dein Vater sich an Dir vergriffen hat. Ich würde vorschlagen: Wenn Du schon ein schlechtes Gewissen hast, dann zur Abwechslung mal Dir gegenüber. Sie haben Dich damals nicht geschützt, und jetzt schützt Du Dich nicht? Sie waren zu schwach - na, nennen wir das Kind doch beim Namen: zu feige, für Dich - das Kind - das Wesen, dass ein verfluchtes Recht auf Schutz hat, einzustehen. Stattdessen wird todgeschwiegen, weil nicht ist, was nicht sein darf. Willst Du da wirklich mitspielen?
    Kämpferherz, ich wünsch mir jetzt was für Dich, weils mir das Herz zerreißt, Dich so tief, tief verletzt zu sehen und immer noch zu glauben, Du wärst Deiner Familie und dem heiligen Schein irgendwas schuldig. Ich wünsch mir für Dich, dass Du diese Fesseln sprengen kannst, dass Du Dein Herz öffnen und den ganzen Mist rauslassen kannst. Dich von dieser Todschweigeseuche loslösen kannst. Dir auch einmal ausgiebig zugestehst arm zu sein.
    Du bist nicht allein!

    Alles Liebe und viel, viel Kraft!
    EuV

    p.s.: Und pfeif auf Weihnachten!
    p.p.s: Und pfeif auf das schlechte Gewissen! Mit dem können sich getrost mal andere rumschlagen.
    p.p.p.s: Und ich möchte meinen Vorrednern auch nochmal zustimmen: Versuchs weiter mit einer Therapie, da ist zuviel im Argen. Da musst und kannst Du wahrscheinlich auch garnicht allein durch.

    Hallo Shirley,

    du schreibst, du hättest die Krankheit Deines Vaters bereits akzeptiert. Aber ist die Krankheit Deiner Mutter nicht genau dieselbe in grün? Dein Vater ist vom Alkohol abhängig, Deine Mutter von Deinen Vater. Wie das Suchtmittel nun genau heißt, dass sie zerstört, ist doch relativ egal. Fakt ist, sie lassen sich zerstören und jede Ausrede ist ihnen dabei recht. Und ob sie Dich oder andere Menschen in ihrem Umfeld dabei verletzen ist ihnen ziemlich egal. Was bleibt? Die Einzige, der es nicht egal sein kann, ob Du verletzt wirst, bist Du. Also bleibt Dir auch keine andere Wahl, als genügend Distanz zu Ihnen zu schaffen, um nicht verletzt zu werden. Im Grunde das selbe, was wir von unseren alkoholkranken und Co.- Angehörigen erwarten, müssen wir selbst (vor-)leben. Sich nicht quälen, sich nicht verletzen, sich nicht zerstören....

    Alles Gute und viel Kraft dabei,
    EuV

    MAAAAAAHHHH! Wenn ich das nur höre, bekomm ich eine irrsinnige Wut im Bauch: Nächstenliebe, Christenpflicht. Hat sich was! Prächtige Umschreibungen für: emotionale Erpressung. Und sonst garnichts.

    Mein Vater, einer der seltenen Fälle von weder Co, noch Alkoholiker, sagte mir mal auf meine Frage, wie ich denn wieder gut machen könnte, dass er mir beim Umzug zur Hand ging: "Sag mal, Du spinnst wohl? Das, was ich für Dich mache, hat nicht an mich retourniert zu werden. Das gehört Dir, das darfst Du höchstens an Deine Kinder weiter geben. Erziehung ist eine Einbahnstraße, eine Investition in die Zukunft. Kein Mittel zur Erpressung. Punkt um."
    Ich war ihm für diese sehr klaren Worte damals sehr dankbar. Hab lange drüber nachgedacht und ich denke, er hat recht. Und wenn immer ich wieder dem schlechten Gewissen meiner Mutter gegenüber sehe, drehe ich den Spieß um, spiele kurzfristig die Rolle meiner Mutter und frage mich, was ich von mir als Tochter noch erwarten konnte - mit unserer Geschichte im Rücken. Und die Antwort ist glasklar: Garnichts! Rein garnichts. Und alles, was ich dann noch freiwillig für sie tu, ist mehr, als sie erwarten kann. Und alles, was ich nicht für sie tun will, kann ich auch reinen Gewissens nicht für sie tun.
    So seh zumindest ich das.

    Chela, wenn ich Deine Berichte so lese, bin ich eigentlich ziemlich überzeugt, dass Dir das gelingen wird: nicht abhängig werden.
    Eine beschissene Kindheit haben ist im Grunde nix besonderes. Die gibts wie Sand am Meer. Mit Vorliebe lässt sie sich als Deckmäntelchen für eigene Schwächen heranziehen: Ich kann garnix dafür dass ich saufe, das liegt bei uns in der Familie. Mhm, eh klar ...
    Du bist glaub ich eher eine, die ein fettes Stoppschild aufstellt und den Dreck hinter sich lässt! Ich glaub an Dich!

    Ach, noch was: weil es auch hier immer wieder Thema, der Zweifel: man müsse doch etwas machen können, um zu helfen. Ich habe im anderen Forum den wirklich sehr bewundernswerten Weg aus der Sucht von Petter gelesen und ihm dann gefragt, ob man ihm hätte helfen können. Hier seine sehr klare Antwort, die meine Erfahrungen eigentlich auch von der anderen Seite bestätigt: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…p=423205#423205
    Vielleicht interessiert sie Dich ja auch.

    Hallo Lion!

    Ich freue mich für Dich, dass Du (zumindest) mal eine Verschnaufpause hast. Das ist gut und wichtig für Dich. LaChela hat recht: die Wahrscheinlichkeit, dass es nur vorübergehend ist, ist sehr, sehr hoch. Klammer Dich bloß nicht daran. Es ist - sehr wahrscheinlich - nicht mehr als eben eine Verschnaufpause, die du für dich nutzen kannst um dich auf dich zu konzentrieren: Wie gehts weiter mit DIR, was kommt auf Dich zu, welche Möglichkeiten hast Du. Und die Fragen sind - völlig unabhängig von deiner Mutter - wichtig.

    @lavandula: Ich sehe Deinen Eintrag erst jetzt (irgendwie war ich wohl von der Mailbenachrichtigung gekappt?). Zum Thema: Generationenfluch. Ich glaube, nein, ich bin mir verdammt sicher, dass es wirklich so ist. Die Scheiße wird von einer Generation in die nächste gekippt, wie ein großes Schaufelrad. Und dann bleibt die Frage, wie wir zwischen unserem Schaufelrad und den vorhergehenden eine Filteranlage einbauen können... Ich denke, viel von dem, was wir heute ausbaden hat seinen Ursprung in diesem verdammten 2. Weltkrieg, in dem eine ganze Generation brutalisiert und traumatisiert wurde. Seelische Krüppel, die aus lauter Unvermögen zu sprechen und so ihre Wunden zu heilen die erlittenen Prügel an ihre Kinder weitergegeben haben. Eine Generation der Scham. Und darauf folgte eine Generation, die sich (bei weitem nicht so geschlossen, aber immerhin) dagegen auflehnten, so stark und vehement, dass das Pendel fast wieder genau in die entgegengesetzte Richtung ausschlug. Die berüchtigte 68er Generation ... Sie war sicher in manchen Aspekten am falschen Dampfer, sie waren aber auch einfach noch zu neu für wirkliche Änderungen. Sie haben die Revolution im Endeffekt doch nur gespielt. Und doch haben sie unserer heutigen Generation gewaltige Werkzeuge in die Hand gegeben: Wir können endlich den Mund aufmachen. Es ist endlich Schluß mit der Todschweigerei. Und wir müssen dafür noch nicht mal schreien. Und das ist die Basis um Wunden heilen zu lassen.
    Ja, manchmal hab ich das Gefühl, wir ernten einfach nur "Geschichte". Das Gute daran: Ich glaube, wir schaffen das auch ...