Hallo esgehtanders,
Du mußt mich wahrhaftig nicht bewundern, ich war bis jetzt einfach zu feige, zu gehen. Mein Sohn (29) ist schon seit 6 Jahren aus dem Haus, meine Tochter (27) wohnt noch zu Hause und wird Ende nächsten Jahres mit dem Studium zu fertig sein und dann auch sicher bald das Haus verlassen. Mein Mann hat schon einige Male einen Entzug gemacht. Die längste "Trockenzeit" dauerte ca 4 Jahre. Es war eine sehr schöne Zeit und der Absturz danach war schlimm. Eigentlich habe ich immer Ausreden gesucht, um nicht zu gehen. Zuerst waren die Kinder zu klein, dann hatten wir gerade gebaut usw. 1994 hatte ich einen schlimmen Zusammenbruch, war für 6 Wochen in einer psychosomatischen Klinik und habe dann eine Gesprächstherapie begonnen, die etwa zwei Jahre gedauert hat. Eine wichtige Erkenntnis für mich war, dass ich nicht die Schuldige für seine Sucht war. Er hat immer wieder versucht, mir das zu suggerieren.
Auch meine Tochter hat vor ca. 4 Jahren eine Therapie gemacht. Wir sind inzwischen eine "eingeschworene" Gemeinschaft und können gut miteinander über unsere Empfindungen reden. Natürlich fühlt sich mein Mann ausgegrenzt, aber damit kann ich leben. Es liegt ja in seiner Hand, etwas zu ändern. Aber die Einsicht ist einfach nicht da, es sind immer die Anderen, die die Schuld an seiner Sucht tragen. Einen Grund zu trinken, gibt es immer, wenn man danach intensiv sucht.
Ich merke, dass ich mich immer mehr zurückziehe und immer öfter darüber nachdenke, wie es wäre, allein zu leben. Inzwischen kann ich es mir sogar vorstellen. Es wäre sicherlich ein besseres Leben.
Ich würde mich freuen, noch einmal von Dir zu hören.
Liebe Grüße
Kassandra