Hallo Engel,
ja, es ist doch schön, dass es dir so gut geht.
Und wenn ich deinen letzten Beitrag lese, dann sehe ich mich, vor so ca. 8 Jahren...
Mein Exmann merkte, es wurde mir immer ernster. Ich war bei der Suchtberatung gewesen, begann, mich immer mehr zu informieren. Ich hatte eine SHG besucht, all das.
Und er? Erklärte mir, er wisse von seinem Problem. Und es wäre nur ein Problem, er wäre kein Alkoholiker. Er hörte von jetzt auf gleich auf, kalter Entzug, war nicht gut.
Und ich war happy. Endlich war ich wieder sicher mit ihm. Ich wollte seinen blumigen Beteuerungen ja glauben. Vor den Dingen beim Entzug verschloss ich die Augen, so gut es ging. Und dann trank er eben nicht mehr und ich dachte, nun wird alles gut. Meine Trennungspläne legte ich erstmal ab. Denn ich hatte ja maßlos Angst davor, sie wahr machen zu müssen.
Ja, und wie toll ich mich fühlte. Wie großherzig. Endlich machte er, was ich wollte. Er trank nicht. Leider nahm er aber auch keine Hilfe sonst wie an. Das wurmte mich schon. Aber ich dachte, da kriege ich ihn schon noch hin...
Ich begann, mich neben ihm wieder einzurichten. Denn ich hatte, wie gesagt, Angst. Vor Trennung und so.
Es ging echt gut. Er trank nur selten was, jedenfalls sah ich das so. Ich weiß ja nicht, was er heimlich tat. Ich war zufrieden, einerseits, andererseits innerlich angespannt. Immer auf der Hut, immer irgendwie in Alarmbereitschaft. Denn ganz ehrlich, ich hatte kein Vertrauen mehr. Aber ganz ehrlich auch, ich wollte es mir einfach nicht eingestehen. Denn ich hatte Angst, Angst, mich zu trennen, Angst vor den Konsequenzen, Angst, es nicht zu schaffen, alleine. Als "Getrennte".
Und ich war stolz, auf der anderen Seite. Stolz, es geschafft zu haben, dass er nicht mehr trank. Stolz, die Fäden in der Hand zu haben, die Kontrolle, wie ich mir einbildete. Ich war stolz, die Beziehung geregelt zu haben.
So in etwa könnte ich das heute umschreiben.
Da brauchte ich keine Gruppe, keine SHG und keine Beratung. Es ging mir doch super! Ich brauchte keine Pläne für den Fall de Falles. Ich machte einen auf heile Welt und fühlte mich darin wohl. Das redete ich mir jedenfalls ein...
Bis... ja bis er irgendwann wieder anfing. Und es noch viel schlimmer war als vorher, vor der Trinkpause. Ich kenne deinen XY nicht. Aber so, wie es sich hier liest, ist er alkoholabhängig. Und du kannst es glauben, da wird es auch so sein, dann. Einfach, weil die Krankheit so ist.
Und du bist coabhängig. Und ich sag dir, genau so liest sich auch das, was du schreibst. Du lebst in der Blase der Hoffnung. Vielleicht kennst du diese Angst. Vielleicht kennst du das Gefühl, endlich die Kontrolle zu haben. Vielleicht kennst du das Gefühl, es läge alles an dir und du hättest es geschafft. Ich weiß es nicht. Denn du bist ja super informiert über alles. Du hast eine Angehörigengruppe mitgemacht. Du bist bei der Suchtberatung. Du bist hier.
Und trotzdem bist du in der Blase der Hoffnung und denkst, bei dir, bei euch, ist es anders.
Das ist dein gutes Recht! Es ist völlig ok, wenn du es so siehst und es dir damit auch gut geht. Bloß, horch in dich rein, du musst es ja niemandem verraten, aber tut es das wirklich?
Denn wenn es so ist, wenn es dir gut geht, wenn du denkst, es ist alles ok so für dich und dein Leben hat Qualität, dann brauchst du doch uns nicht...
Ich will dich hier nicht weg jagen, keinesfalls! Ich möchte dich zum Nachdenken anregen. Denn ich weiß, wie es sich anfühlt, gerade, für dich. Kannst du mir glauben.
Liebe Grüße
Aurora