Ich bin vielleicht mit meinen 14 nüchternen Monaten in den Augen der Langzeittrockenen noch ein Anfänger in der trockenen Welt, aber als ich hier ankam, war jeder, der hier war und nüchtern leben wollte ein Held und hatte jemand schon eine ganze Woche aus tiefster Überzeugung nichts getrunken hatte, war das ein absoluter Held für mich. Das wollte ich auch.
Den Entschluss, mit dem Saufen aufzuhören hatte ich seit Jahren …. jeden Tag.
Ich ahnte schon lange, dass ich alkoholabhängig bin, hatte aber doch immer die Hoffnung, dass ich vielleicht doch nicht abhängig bin, jedenfalls nicht so richtig. Schließlich habe ich nur Sekt und Wein getrunken, war (meist) regelmäßig bei der Arbeit, habe meine Rechnungen bezahlt und war (zumindest außerhalb meiner Wohnung) immer sauber und ordentlich.
Wie ich dann hier gelesen habe, braucht es aber nicht nur den Entschluss, mit dem Saufen aufzuhören, es braucht einen ‚persönlichen Tiefpunkt‘, um auch nüchtern zu bleiben. Nun hatte ich schon einige Tiefpunkte, nur konnte ich trotzdem nicht mit dem Alkohol aufhören. Nachdem ich meinen Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer abgegeben musste, musste ich zur MPU. Das war zwar wirklich bitter und auch mein Job war in Gefahr (und alles zusammen war auch noch richtig teuer). Viele hätten darin einen persönlichen Tiefpunkt gesehen. Ich leider nicht.
Ich habe immer nur heimlich getrunken. Dann nochmal fast 3 Jahre. Niemand ahnte, was wirklich los ist bei mir.
An einem Wochenende vor 14 Monaten konnte mich mein bester Freund einige Tage nicht erreichen. Er machte sich Sorgen und kam zu mir. Er fand mich in einem Sauhaufen sternhagelvoll vor, kaum ansprechbar.
Mein ordentliches perfektes Kartenhaus war zusammengebrochen.
Ich war nicht mehr mehr ordentlich und perfekt … ich war ein versoffener Haufen Elend.
In dem Moment war mir klar, was ich eigentlich schon so lange wusste: Du bist Alkoholiker und musst sofort was ändern.
Ich gestand mir ernsthaft ein, dass ich Alkoholiker bin. Das war schwer. Das war bitter. Das war das Schlimmste, was ich jemals meinem Spiegelbild sagte. Und das war so wichtig und sozusagen mein Startschuss in ein ein neues Leben.
Wenn ich jetzt aufhöre zu saufen, ist das eine Entscheidung für‘s Leben. Im wahrsten Sinne des Wortes: Eine Entscheidung für mein Leben und eine Entscheidung für den Rest meines Lebens.
Klar ist, dass ich keinen Alkohol mehr trinken mehr trinken kann.
Die Frage, ob ich das will oder darf, stellt sich nicht, ich lasse diese Frage auch gar nicht zu. Ich darf Alkohol trinken, wenn ich das will, keine Frage. Aber ich kann es nicht. Denn ich bin Alkoholiker und wenn ich die Krankheit stoppen will, kann ich keinen Alkohol trinken. Nicht ein bisschen, nicht ausnahmsweise, nicht im Essen verkocht. Gar nicht.
Ich lebe rückfallfrei. Ein Rückfall gehört nicht dazu, auch, wenn die Statistik was anderes sagt. Es gibt immer ein paar Prozent, die nie einen Rückfall haben. Ich will zu diesen paar Prozent dazugehören.
Heute bin ich seit 14 Monaten nüchtern.
Ich bin glücklich damit.
Die Freiheit, die ich gewonnen habe, ist das größte überhaupt und gar nicht in Worte zu fassen.
Ich zweifle nie an meiner Entscheidung, ich bleibe nüchtern.
Ich habe hier im Forum viel gelesen und viel gelernt. Am meisten beeindruckt und geprägt haben mich die folgenden Worte eines seit vielen Jahren nüchternen Alkoholikers hier im Forum:
„Meine Nüchternheit ist nicht verhandelbar, sie ist bedingungslos.
Solange ich noch Bedingungen an meine Nüchternheit stelle, sitze ich in der Flasche.“
Saufdruck, wie es hier manchmal beschrieben wurde, kenne ich nicht. Dafür bin sehr dankbar. Sollte sich jedoch jemals irgendwas in diese Richtung anbahnen, weiß ich, dass hier immer jemand sein wird, der mich auffängt.