Berliner - Vorstellung

  • Hallo zusammen,

    ich bin ein Berliner, 54, seit ca. 12 Jahren trocken. Allerdings hatte ich mein Leben lang nicht nur Probleme mit Alkohol sondern eigentlich mit jeder Droge. Ich bin zu einem kontrollierten Konsum einfach nicht in der Lage, es eskaliert in rasender Geschwindigkeit. Egal, was es ist, selbst Zucker vermeide ich wo immer es geht. Ich mache kaum mehr einen Unterschied zwischen Alkohol, Tabak, Opiaten oder Zucker (ist eine Auswahl).

    Ich habe es soweit im Griff und bin auch seit 12 Jahren rückfallfrei. Einzig nach einer missglückten Operation bin ich unter Morphium und Oxi auf einer Intensivstation aufgewacht (trotz meiner Angaben in der Narkosesprechung). Danach war ich drauf und habe ca. 6 Monate damit zu kämpfen gehabt. Da wäre fast alles zusammengebrochen. Abgesehen von dieser Tortur bin ich einfach "vollabstinent". Es fällt oft schwer, aber ich schaffe es bislang immer.

    Ich wende mich an euch allerdings wegen meiner Frau. Sie ist ebenfalls (uneinsichtige) Alkoholikerin, trinkt täglich ca. 1 Flasche Wein. Nur abends, von außen weitestgehend unerkannt. Sie trinkt seit ca. 35 Jahren, seit über 20 in solchen problematischen Mengen.

    Ich bin beruflich sehr gut gestellt, so dass sich finanziell keine Probleme ergeben und auch sozial alles "fein" aussieht. Sie arbeitet ebenfalls, auch erfolgreich, es stellen sich aber praktisch nie Bindungen ein, eine Nähe zu Kollegen/innen ergibt sich nie.

    In den letzten Jahren mehren sich zudem depressive Anzeichen, die sie vehement abstreiten. Ängste jeglicher Art haben stark zugenommen.

    Sie ist über die Jahre immer übergewichtiger geworden, hat erhebliche Zahnprobleme, geht aber grundsätzlich niemals zu einem Arzt. Freunde haben wir kaum noch, obwohl ich eigentlich ein lebenslustiger, sozialer a Mensch bin, auch geschäftlich umgeben von tollen Menschen. Außerhalb der Beziehung Pflege ich alle diese sozialen Kontakte sehr, schaffe es aber nicht, sie einzubringen.

    Vor drei Jahren haben wir eine Paartherapie versucht auf mein Hinwirken. Da kam das Thema Alkohol auf den Tisch, sie hat ca. 3 Monate nichts getrunken, die Therapie wurde schon nach kurzer Zeit abgebrochen, sie redet praktisch nicht darüber. Danach ging es wieder an und schön nach wenigen Wochen war sie wieder auf dem alten Niveau (vorher Bier und Kräuterschnaps, jetzt Wein).

    Wir leben in einem eigenen Haus, also fällt eine Trennung oder ein "vor die Tür setzen" im Grunde aus, das ist finanziell nicht ohne weiteres leistbar. Eine Trennung möchte ich auch vermeiden. Ich fühle mich auch durch meine eigenen Probleme mitverantwortlich, aber ich bin völlig ratlos, wie ich damit umgehen soll.

    Sie ist nicht einsichtig in ihre Sucht und ich erkenne alle problematischen Verhaltensweisen aus eigener Erfahrung. Nun nehmen schon gesundheitliche Probleme zu, aber auch diese führen nicht zu einem Umdenken. Therapieansatz (s.o.) verlief nicht gut, ärztlicher Rat fällt mangels Konsultation aus.

    Mein Latein ist am Ende - das Geschriebene ist natürlich nur ein kurzer Auszug.

    Liebe Grüße

    Berliner

  • Hallo Berliner,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Von Dir selbst weißt Du, dass Du nur allein Deine Süchte stoppen kannst.

    Genauso verhält es sich bei Deiner Frau. Ohne dass sie etwas verändern will, wird sich nichts tun und ihre Gesundheit wird weiter leiden.

    Der Alkoholkonsum wird sich weiter steigern und Du kannst nichts dagegen tun.

    Wenn Du Dich nicht trennen willst, wirst Du leider weiter dem Verfall zusehen müssen.

    Jetzt heißt es für Dich abwägen, was für Dich besser ist.

    Eine Trennung oder weiter zusammen im Haus leben, bzw. nebeneinander her leben, wie Ihr es jetzt bereits tut.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Leichter gesagt als getan. Im Grunde bin ich von einigen Drogen weggekommen nur durch Sie. Der Alkohol kam danach. Dass das für mich eine Ersatzdroge war, habe ich erst später erkannt. Das war das typische Trinken auf hohem Niveau. Teure Weine, seltene Spirituosen, naja ... Ihr kennt das Schema. Am Ende geht's um Alk.

    Ich war daran auch aktiv beteiligt, dass sie da reingezogen wurde. Als ich vor 12 Jahren von einem Tag auf den anderen aufgehört habe, will ich einen nervlichen Zusammenbruch hatte, hat sie weiter getrunken. Das war für mich einerseits die Hölle, andererseits hat es mich noch mehr bestärkt.

    Ich will ihr einfach nur helfen. Bei diesem Prozess zuzusehen ist verdammt schmerzhaft. Dass die Beziehung darunter leidet, muss ich hier wohl nicht erklären. Aber ich befürchte, dass in einem Trennungsfall sich alles noch beschleunigt und verstärkt. Ich kriege das nicht übers Herz. Mangels Freundschaften steht sie ziemlich alleine. Ihe Familie wäre kaum hilfreich ...

    Berliner

  • Möchtest Du Dich im offenen Bereich mit den anderen Angehörigen austauschen, Berliner?

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Klicke den Link an und schreibe ganz kurz etwas, damit wir Dich freischalten können.

    Wir werden dann Dein Thema zu "Erste Schritte für Angehörige" verschieben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Berliner,

    herzlich willkommen in unserer Selbsthilfegruppe.

    Du bist jetzt für den offenen Bereich freigeschaltet und Dein Thema wurde dorthin verschoben.
    Du kannst Dich jetzt überall austauschen, jedoch bitte nicht in den ersten vier Wochen im Vorstellungsbereich bei den neuen Usern.


    Ich wünsche dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo Berliner,

    Sie ist nicht einsichtig in ihre Sucht und ich erkenne alle problematischen Verhaltensweisen aus eigener Erfahrung.

    Wenn du diesen Ansatz siehst dann weißt du doch, dass du deine Süchte nur durch deinen eigenen Willen zum Stillstand bringen konntest. Denn nur so kann das funktionieren. Na klar, es gibt helfende Hände, Unterstützung da rauszukommen. Aber tun musstest du doch schlussendlich alleine.

    Das bedeutet doch im Endeffekt, du kannst deiner Frau Tag und Nacht deine Hände zur Hilfe ausstrecken. Solange sie selbst keinerlei Einsicht und Willen hat, was zu verändern, solange wird sie deine Hände nicht annehmen.

    Ich war daran auch aktiv beteiligt, dass sie da reingezogen wurde.

    Oha, echt? Hast du ihr den Alkohol gewalttätig eingeflößt?

    Ich hab über 20 Jahre mit einem Alkoholiker gelebt. Von Anfang an in unserer Beziehung hat er gerne getrunken und ich habe mitgetrunken. Ich hab das freiwillig gemacht. Zuerst weil es für mich dazugehört hat. Abends ein "Schnäpschen" zum Ausklang des Tages, das war für mich normal. So funktioniert unsere Gesellschaft bezüglich Alkohol. " Wenn einem soviel Gutes widerfährt...", so damals eine Schnapswerbung.

    Ich trank gut mit, aus vielerlei Gründen aber er hat mich niemals dazu gezwungen. Ich gehe davon aus, dass es bei dir ähnlich war. Ich hatte Glück, dass ich nicht selbst abhängig geworden bin, den Absprung geschafft habe, rechtzeitig.

    Ich hatte im Laufe der Ehe immer wieder für mich Ausreden, warum ich mich nicht trennen konnte.

    Aber ich befürchte, dass in einem Trennungsfall sich alles noch beschleunigt und verstärkt. Ich kriege das nicht übers Herz. Mangels Freundschaften steht sie ziemlich alleine. Ihe Familie wäre kaum hilfreich ...

    Unter anderem waren auch das meine Gedanken. Oft wurde mir das von anderen Leuten sogar noch so gesagt.

    Irgendwann eskalierte alles bei meinem ersten Mann und mir. Ganz schlimm. Und da konnte ich mich trotz aller Ausreden, die ich immer hatte, trennen. Eine meiner besten Entscheidungen. Ich habe akzeptiert. Ich hatte keine Macht über das, was er tat und wollte. Er wollte so leben wie er das tat. Ich wollte anders leben. Und das hat einfach nicht zusammengepasst.

    Im Grunde genommen gibt es zwei Möglichkeiten, wenn du in einer kranken Partnerschaft lebst. In einer Suchtbeziehung.

    Entweder du bleibst, hältst durch und versuchst durch massives Abgrenzen dein Leben für dich zu leben. Immer das Elend vor Augen.

    Oder du gehst und baust dir ein neues Leben auf, achtsam mit dir selbst, da du genug eigene Baustellen hast. Geschützt davor, in deinem Fall, wieder in irgendeine Art der Sucht reingezogen zu werden.

    Für das Bleiben kann ich dir aus meiner Erfahrung keinen Rat oder Empfehlung geben. Denn mich hat das so kaputt gemacht, dass ich mich nie mehr zu 100% davon erholen konnte.

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • Ich verstehe. Du kennst das.

    Wie bekommt man das hin, ohne das man sich im Nachgang Vorwürfe macht? Ich will irgendwie nicht glauben, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf die Entwicklung habe.

    Zu gehen ist irgendwie eine Kapitulation. Das ist wirklich nicht mein Stil. Ich kämpfe eigentlich alles durch und fast immer auch erfolgreich. Bezogen auf mich selbst, aber auch beruflich und geschäftlich. Ich habe einige soziale Engagements, die auch viel Durchhaltevermögen erfordern. Und gerade bei meiner Frau soll das alles nicht funktionieren?

  • Hi Berliner,

    Wie bekommt man das hin, ohne das man sich im Nachgang Vorwürfe macht? Ich will irgendwie nicht glauben, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf die Entwicklung habe.

    Vielleicht in kleinen Schritten ? Ich habe Monate, wenn nicht sogar Jahre - gebraucht, um eine erstmal "räumliche" Trennung hinzubekommen ( die findet gerade statt ). Ich kann nur für mich sprechen, ich habe immer so gehandelt, dass es für mich ok war. Manchmal instinktiv, manchmal bewusst. Ich lese viel über Alkoholismus ( u.a. hier im Forum) und ich werde gecoacht von der Suchtberatung. Alleine ist es sehr schwierig. Die räumliche Trennung ist jetzt die Notbremse, ich bin noch für ihn da - sofern er an seinem Alkoholproblem arbeitet - trinkt er weiter, bin ich raus. Und ich kann mich zurückziehen in mein eigenes Reich, Abstand nehmen, wenn alles zuviel wird. Jetzt liegt es in seinen Händen, wie es mit uns weiter geht. Gefällt ihm natürlich überhaupt nicht, er muss aus seiner Komfortzone raus, kann nicht mehr sein Alkoholikerleben führen wie er es gewohnt ist, muss sich um Dinge kümmern etc. Auf der anderen Seite wird ihm gerade bewusst, wie sehr der Alkohol ihm geschadet hat. Vielleicht wird er jetzt wach, vielleicht macht er schon morgen oder in ein paar Wochen weiter wie gewohnt.... Man weiss es nicht... auf jeden Fall weiß er aber, dass ich dann weg bin.

    LG

    Zabou

  • Wie hast Du es überhaupt geschafft, in ihrem Beisein trocken zu werden und zu bleiben? Und wie steht sie dazu?

    Sie hätte ja von Deinem guten Beispiel lernen können und sehen, dass das Leben ohne Alk gar nicht trostlos sein muss ...

  • Ich kämpfe eigentlich alles durch und fast immer auch erfolgreich.

    Du müsstest Ihr dann den Kampf abnehmen. Das funktioniert aber so nicht. Du rennst los und schleppst sie hinter Dir her ? Wenn ich das schaffe, dann schaffst Du das auch? Zur Not auch gegen Ihren Willen?

    Ich will irgendwie nicht glauben, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf die Entwicklung habe.

    Ihre Erkrankung, Ihr Krankheitsverlauf. Du hast nur Einfluss auf Deine Entwicklung und Du kannst zur Hilfe bereitstehen wenn sie darum bittet. Selbst da sind die Hilfemöglichkeiten leider sehr beschränkt.

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Hallo Berliner,

    Ich will irgendwie nicht glauben, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf die Entwicklung habe.

    Deine Frau ist erwachsen. Und hat ihre eigene Lebensvorstellung. Dazu kommt noch ihre Suchterkrankung. Du müsstest doch wissen, mit welchem Tunnelblick man da unterwegs ist. Hat dich da jemand beeinflussen können? Oder ging das Aufhören nur weil du dich entschlossen hattest?

    Hat das jemand für dich erkämpft oder warst du das alleine?

    Ich hab auch viele Jahre gedacht ich könnte was bewirken, damit mein Exmann zu trinken aufhört. Es war ein Kampf gegen Windmühlen denn er wollte das ja garnicht. Es war alleine mein Kampf, nicht seiner. Irgendwann hab ich aufgehört damit und kapituliert. Eingesehen, dass ich nichts ausrichten kann.

    Zu gehen ist irgendwie eine Kapitulation. Das ist wirklich nicht mein Stil. Ich kämpfe eigentlich alles durch und fast immer auch erfolgreich. Bezogen auf mich selbst, aber auch beruflich und geschäftlich. Ich habe einige soziale Engagements, die auch viel Durchhaltevermögen erfordern. Und gerade bei meiner Frau soll das alles nicht funktionieren?

    Deine Frau ist ein Mensch und keine Sache, die du mal durchkämpfen kannst. Sie ist ein Mensch mit eigenem Willen. Da gibt es Grenzen, die du überschreitest. Sie " formen" zu wollen nach deinen Vorstellungen ist schlicht und ergreifend übergriffig.

    Lieber Gruß Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • Wie hast Du es überhaupt geschafft, in ihrem Beisein trocken zu werden und zu bleiben? Und wie steht sie dazu?

    Sie hätte ja von Deinem guten Beispiel lernen können und sehen, dass das Leben ohne Alk gar nicht trostlos sein muss ...

    Vielleicht war es ein Rest an Vernunft, der mich geleitet hat. Ich habe ja schon davor einige Entzüge gemacht, kalt und stets alleine...

    Sie fand das am Anfang "Quatsch", ich würde alles übertreiben. Mittlerweile hat sie eine gewisse Achtung davor. Aber ich glaube, sie denkt, ich kompensiere das nur mit Arbeit. Das ist allerdings falsch, die macht mir nämlich Freude...

  • Deine Frau ist ein Mensch und keine Sache, die du mal durchkämpfen kannst. Sie ist ein Mensch mit eigenem Willen. Da gibt es Grenzen, die du überschreitest. Sie " formen" zu wollen nach deinen Vorstellungen ist schlicht und ergreifend übergriffig.

    Das ist ein verdammt gutes Argument, danke!!!

  • Ich lese seit Tagen im Forum, stelle zahllose Parallelen fest und verstehe langsam immer besser, dass ich in der Situation mit meiner Frau reichlich machtlos bin. Ernüchternd würde ich das nennen wollen.

    Auffällig ist, dass vergleichbare Situationen oft genau andersherum sind, dass die Frauen an ihren Männern verzweifeln. Ich habe vieles auf meine eigene Suchtkarriere geschoben, aber da liege ich wohl falsch.

    Ich habe zwar noch keine Ahnung, wie ich hier weitermachen soll, aber es hilft mir ungemein zu erkennen, dass ich einer unter vielen bin. Danke an alle, die hier so offen und ehrlich schreiben, das ist Balsam für die Seele...

    Liebe Grüße vom Berliner

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