Jahr 2, Tag 16: Ich bin erstaunt, obwohl ich es vermutlich nicht sein sollte: Die Neurologie, genauer die Neurobiologie scheint mittlerweile doch recht genau entschlüsselt zu haben, was im Gehirn des Süchtigen passiert. Es scheint mir als Laien auf den ersten Blick übrigens erstaunlich egal zu sein, ob die Substanz Alkohol oder eine andere Droge ist, denn:
"Gemein ist aber allen, dass sie das Belohnungssystem mithilfe des Botenstoffs Dopamin aktivieren. Und das deutlich stärker, als alle natürlichen Belohnungen, die wir kennen. Amphetamine beispielsweise setzen bei Versuchstieren zehnmal mehr Dopamin frei als Nahrungsaufnahme oder Sex. Alkohol, Glücksspiel oder Cannabis kommen auf immerhin doppelt so viel."
Das aus dieser schlichten Tatsache bereits Sucht entstehen kann, scheint mir mehr als Einleuchtend und ist auch in Tierversuchen hinreichend belegt worden. Da allerdings gerade Alkoholismus häufig eine "schleichende" Sucht ist, sind die Details natürlich viel interessanter:
"Entscheidend für die Ausbildung einer Suchterkrankung ist das Zusammenspiel von Netzwerken des präfrontalen Cortex mit denen des dopaminergen mesolimbischen Systems."
Okay, jetzt müsste ich Lügen, wenn ich sagen wollte, was genau damit gemeint ist, aber man kann eine Ahnung bekommen, auch als interessierter Laie denke ich. Das klingt als würde sich die Sucht quasi ausbreiten in das bewusste Denken, um dann von dort zurückgesteuert bedient zu werden.
"Das Verlangen nach den belohnenden Substanzen wird dadurch stärker, komplexe neuronale Anpassungsprozesse setzen ein und diese Adaptation verändert das Gehirn nachhaltig. Die enge Interaktion von Reizverarbeitung, Kognition, Gedächtnis und Emotion bedingen so ein Suchtverhalten, das nach und nach erlernt wird und schließlich in ein nahezu automatisiertes Handlungsmuster mündet. "
Been there, done that. Hat sich in etwa so angefühlt:
„Bei Suchtpatienten kann das mesolimbische System durch diese Bottom-Up-Prozesse den präfrontalen Cortex sozusagen ‚kidnappen‘“, sagt Sabine Vollstädt-Klein. Reflexe, Gewohnheiten und drängendes Verlangen nehmen dann überhand."
Und:
"Umkehren lassen sich diese Mechanismen kaum. „Das Gehirn hat keine Löschfunktion“, gibt Falk Kiefer zu Bedenken. „Aber man kann neue Dinge lernen, die im Alltag nach und nach mehr Platz einnehmen und das vorher Gelernte in den Hintergrund rücken lassen.“
Die therapeutischen Ansätze entsprechen auf den ersten Blick ziemlich genau dem, was wir hier ohnehin schon wissen und erfolgreich anwenden. Wer den Artikel dazu gerne lesen möchte, EDIT