Beiträge von Lust for Life

    Meiner Meinung nach muss Dich eine Arztpraxis als Schmerzpatienten dazwischen schieben.

    Das ist vermutlich richtig, aber dafür hätte wohl drauf bestehen müssen und nicht einfach nach einem Termin fragen. Im Moment habe ich wie gesagt keine Schmerzen und letztentlich brauche ich eine ziemlich aufwendige Sanierung. Da hätte ich gerne einen Zahnarzt für, bei dem ich den Eindruck habe, dass der auch Zeit dafür hat und mich nicht nur aufnimmt, weil er eben muss.

    Nun ist jedenfalls der Bekanntenkreis auch schon am suchen. Die Einheimischen kennen sich hier besser aus, bei einem der Zahnärzte stimmt übrigens nicht mal die Nummer der Praxis, die bei Google zu finden ist, da kriege ich nur "kein Anschluss unter dieser Nummer."

    Manchmal kommen die Schmerzen auch plötzlich wieder und da ist ja etwas mit Deinem Zahn

    oder Zähnen nicht in Ordnung

    Oh ja, da ist leider einiges nicht in Ordnung. Ich wage sogar mal zu behaupten, dass das was "in Ordnung" ist, sich deutlich schneller aufzählen lässt, als das was nicht in Ordnung ist. Ich schiebe das schon seit Jahren(!) vor mich hin, aber nun gibt es keine Ausreden mehr. Die Gefahr dadurch wieder mit dem Saufen anzufangen, ist mir schlicht zu groß.

    Ok, die Nacht wäre geschafft, ich bin mindestens einmal Schweiß gebadet aufgewacht, aber es tut zumindest nichts weh im Moment. Magen ist etwas flau, aber alles in Ordnung. Ich habe jetzt die erste Zahnarzpraxis erreicht: Die nehmen keine neuen Kunden und auf die Frage, ob sie denn wisse, ob einer ihrer Kollegen Neuanmeldungen aufnimmt, wurde ich an die nächste Stadt verwiesen, dort könnte vielleicht jemand Zeit dafür haben.

    Gut, nachdem ich gestern ein bisschen Drama gemacht habe, also eigentlich nur rumtelefoniert weil ich wirklich dringend Schmerztabletten brauchte, ist das Thema jetzt zumindest auf dem Tisch und ich werde auch einen Arzt finden. Spätestens Donnerstag, da habe ich einen Termin mit meiner "Psychologin" (ist zwar streng genommen keine, aber egal), und mit der hatte ich das Thema schon. Sie hatte damals erwähnt, dass sie hier ein paar Zahnärzte kennt, also vielleicht kennt sie eine Lösung, bzw. weiß wo man Termine bekommt. In jedem Fall landet das Thema damit oben auf der Proiriitätenliste und ich werde mich zur Not ein paar Tag von Suppe ernähren, weil Zubeißen ist gerade eine richtig schlechte Idee.

    Danke, das glaube ich auch. Der Suchdruck die letzten Stunden war teils enorm, aber keinen Alkohol zu Hause zu haben und den Notfallplan mit der Klinik, das hat schon fast gereicht. Das Schmerzmittel erledigt für Heute die restliche Arbeit und das sollte dann jetzt bis zum nächsten Tag reichen. Zur Not nur "ein Tag nach dem anderen" zu denken, kann manchmal echte Wunder wirken.

    Ich würde gerade wirklich gern auf eure Anworten eingehen, aber mich haben ziemlich schlimme Zahnschmerzen erwischt. Tatsächlich die Kategorie, bei der ich zur Not auch bereit wäre in die Notaufnahme zu gehen. Die Schmerzen treten allerdings periodisch auf und gerade ist bis auf ein Kribbeln nicht viel, aber das wird wohl an dem Ibuprofen liegen, das ich zum Glück noch besorgen konnte.

    Ich habe die Adresse des Krankenhauses jedoch, bzw. ich kenne die Strecke, bin also vorbereitet, sollte es doch nochmal schlimmer werden.

    Ansonsten gelobe ich hiermit feierlich vor mir selbst, denn ich muss es ja schließlich auch machen, dass ich mir Morgen einen Zahnarzttermin geben lasse. Egal wie schlimm das wird, es kann nicht schlimmer werden, als der Momentane Ist-Zustand.

    Wie würdest du das handhaben? Auf Risiko gehen ...

    Nein, ich würde mich wie bereits angedeutet in Geduld üben, mir anhören was der andere zu sagen hat und ziemlich viel nach- und eventuell auch hinterfragen und das solange bis ich für mich selbst entscheiden kann, wie ehrlich es meinem Gegenüber mit seiner Lebensentscheidung ist. Mir wäre aber, da bin ich ehrlich, eine Partnerin ohne Suchtproblematik deutlich lieber, folglich akzeptiere ich es, wenn andere das genau so sehen und dann auch entsprechend handhaben.

    Tut mir ein bisschen Leid, dass ich jetzt komplett das Thema wechsle, aber das hier ist für mich gerade wichtiger: Online-Dating scheint mir einige Gefahren zu bergen. Das dürfte allgemein beim Daten gelten, aber ich habe gerade ein frisches Beispiel:

    Über ca. 2 Wochen habe ich nun mit einer Frau geschrieben. Wohnt bisschen weit weg, aber dafür bislang sehr gut Verstanden. Ich suche zwar nicht nach der großen Liebe, aber das heißt ja nicht, dass man nicht flirten kann.

    Zum ersten Mal skeptisch wurde ich, als ich von meinem Alkoholismus schrieb. Da wurde ziemlich schnell abgewunken "nun hast du's ja geschafft!" und es war allgemein wenig Interesse da. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber selbst wenn ich das mal völlig emotionslos betrachte, ist das einfach eine optimale Vorlage um Vertrauen aufzubauen und dem anderen einfach mal zuhören zu können. Außer natürlich, man hat selbst ein Problem mit Alkohol.

    Gestern kamen dann Kollegen bei ihr zum "Frühschoppen" vorbei - und ab da war ich eigentlich schon raus, weil das geht für mich schon über "ab und an mal ein Getränk" hinaus. Die ganze Tradition ist behindert, wenn ihr mich fragt, aber geschenkt. Gegen Nachmittag bekam ich dann sinnlose Vorwürfe und ein - immerhin das - "du findest was besseres."

    Ja, davon bin ich sogar überzeugt, aber es schlaucht trotzdem ein bisschen :| .

    Ich vertraue da weniger auf wissentliche Erkenntnisse, viel mehr auf meine persönlichen Beobachtungen, meinen Erfahrungen - geht es mir gut, besser oder nicht.

    Das ist die Basis, auf der ich ja auch angefangen habe. Hier wird geschrieben: Bei Suchtdruck Wasser trinken, das hilft, folglich mache ich das und merke: Es funktioniert. Eine wissenschaftliche Grundlage warum das funktioniert, muss es allerdings geben und die interessiert mich einfach :) .

    Ich begriff, nicht der Alkohol ist das Problem, ich bin es, ich kann damit nicht umgehen.

    Das ist vollkommen richtig, aber angesichts der Tatsache, dass hier unterbewusst ablaufende Systeme, dein bewusstes Denken kapern können, stellt sich doch die Frage: Wie komme ich in Richtung dieser Erkenntniss, solange ich noch trinke? Nasse Alkoholiker beschreiben ihren Zustand hin und wieder als wären sie "in einer anderen Welt", also völlig entkoppelt von jeglichen Normalität. Soll heißen, um zu verstehen, dass "ich das Problem bin" brauche ich vorher einen Moment der Selbstfindung, indem ich "mich" überhaupt mal wieder als eigenständiges Wesen wahrnehme. Vielleich ist das der berühmte Tiefpunkt?

    Wenn ich immer an Alkohol denke, wie schön es jetzt wäre … halte ich die Erinnerung (das Positive) wach. Tue ich das Gegenteil, müsste es doch auch funktionieren.

    Klar, ich würde zumindest aus eigener Erfahrung sagen, dass mir das in das Gedächtniss rufen der negativen Eigenschaften von Alkoholkonsum häufig sehr geholfen hat. Aber das verblasst nun mal mit der Zeit (Erinnerungen verändern sich ulkigerweise beim Erinnern) und was mich hier insbesondere fasziniert: Wir haben uns all die Jahre um den Verstand gesoffen, um einen Wirkeffekt zu haben, für den wir - etwas übertrieben gesagt - auch ein paar Packungen Gummibärchen hätten essen können.

    Was ich schön finde, ist das wir hier nochmal einen wissenschaftlichen Beleg haben, warum Wasser trinken und Essen so enorm hilfreich bei Suchtdruck sein können: Weil auch dadurch die Dopaminproduktion angeregt wird, wenn auch in geringerem Maße. Freut mich jedenfalls, dass das Thema doch auf Interesse fällt, denn ich habe vor mich da beizeiten mal etwas genauer einzuarbeiten.

    Ach und:

    Kann man das willentlich beeinflussen? Sich es quasi suggerieren?

    In jedem Fall kann man es so rationalisieren und dadurch einen deutlich klareren Blick auf das gewinnen, was viele am Ende fast als eine Art Monster wahrnehmen, das sie unter Kontrolle hat, wage ich zu behaupten.

    Jahr 2, Tag 16: Ich bin erstaunt, obwohl ich es vermutlich nicht sein sollte: Die Neurologie, genauer die Neurobiologie scheint mittlerweile doch recht genau entschlüsselt zu haben, was im Gehirn des Süchtigen passiert. Es scheint mir als Laien auf den ersten Blick übrigens erstaunlich egal zu sein, ob die Substanz Alkohol oder eine andere Droge ist, denn:

    "Gemein ist aber allen, dass sie das Belohnungssystem mithilfe des Botenstoffs Dopamin aktivieren. Und das deutlich stärker, als alle natürlichen Belohnungen, die wir kennen. Amphetamine beispielsweise setzen bei Versuchstieren zehnmal mehr Dopamin frei als Nahrungsaufnahme oder Sex. Alkohol, Glücksspiel oder Cannabis kommen auf immerhin doppelt so viel."

    Das aus dieser schlichten Tatsache bereits Sucht entstehen kann, scheint mir mehr als Einleuchtend und ist auch in Tierversuchen hinreichend belegt worden. Da allerdings gerade Alkoholismus häufig eine "schleichende" Sucht ist, sind die Details natürlich viel interessanter:

    "Entscheidend für die Ausbildung einer Suchterkrankung ist das Zusammenspiel von Netzwerken des präfrontalen Cortex mit denen des dopaminergen mesolimbischen Systems."

    Okay, jetzt müsste ich Lügen, wenn ich sagen wollte, was genau damit gemeint ist, aber man kann eine Ahnung bekommen, auch als interessierter Laie denke ich. Das klingt als würde sich die Sucht quasi ausbreiten in das bewusste Denken, um dann von dort zurückgesteuert bedient zu werden.

    "Das Verlangen nach den belohnenden Substanzen wird dadurch stärker, komplexe neuronale Anpassungsprozesse setzen ein und diese Adaptation verändert das Gehirn nachhaltig. Die enge Interaktion von Reizverarbeitung, Kognition, Gedächtnis und Emotion bedingen so ein Suchtverhalten, das nach und nach erlernt wird und schließlich in ein nahezu automatisiertes Handlungsmuster mündet. "

    Been there, done that. Hat sich in etwa so angefühlt:

    „Bei Suchtpatienten kann das mesolimbische System durch diese Bottom-Up-Prozesse den präfrontalen Cortex sozusagen ‚kidnappen‘“, sagt Sabine Vollstädt-Klein. Reflexe, Gewohnheiten und drängendes Verlangen nehmen dann überhand."

    Und:

    "Umkehren lassen sich diese Mechanismen kaum. „Das Gehirn hat keine Löschfunktion“, gibt Falk Kiefer zu Bedenken. „Aber man kann neue Dinge lernen, die im Alltag nach und nach mehr Platz einnehmen und das vorher Gelernte in den Hintergrund rücken lassen.“

    Die therapeutischen Ansätze entsprechen auf den ersten Blick ziemlich genau dem, was wir hier ohnehin schon wissen und erfolgreich anwenden. Wer den Artikel dazu gerne lesen möchte, EDIT

    Jahr 2, Tag 7: Das Leben ist schön. Ich schreibe bewusst nicht, das Leben ohne Alkohol ist schön (obwohl auch das stimmt :) ), denn ich möchte ihm nicht zu viel Platz einräumen. Dennoch wäre mir diese Erkentniss betrunken völlig fern gewesen. Da hätte ich "betrunken sein ist schön" gedacht und viel mehr auch nicht, wie so ein Primat und vermutlich tue ich denen damit noch unrecht.

    Ich weiß nicht, ob und in welchem Umfang es Studien zu Menschenaffen und Alkoholkonsum/Suchtbildung gibt, aber allein auf solche Gedanken zu kommen: Das sind die Momente, in denen ich wirklich merke, um wie viel mehr mein Leben schöner und interessanter geworden ist. Ich bin wieder neugierig, und ich habe die notwendigen Ressourcen um diese Neugier zu befriedigen. Das war über sehr lange Zeit nicht mehr so.

    Betrunken war ich immer der Meinung alles zu wissen. Wie absurd das ist, ich meine, natürlich, Alkohol macht überheblich, aber mal ganz rational gesehen: Saufen, um klüger zu werden? Das muss mit die bescheuertste Idee sein, die mir - nüchtern betrachtet - je untergekommen ist. Wird aber sicher nicht nur mir so gegangen sein. Nasse Alkoholiker sind oft extrem besserwisserisch und dazu noch erschreckend humorlos. Ich bin im Moment einfach nur froh, endlich wieder von Herzen lachen zu können

    na ja, bewusst heißt ja nicht, dass ich es nicht sehe

    Völlig korrekt, das heißt es nicht. Unterbewusst habe ich das durchaus mitgeschnitten, aber mir fehlt das Bedürfnis ein Teil davon zu sein. Die Zeit, wo ich mich bewusst mit Suchtprozessen und biochemischen Auswirkungen von Drogenkonsum aller Art beschäftigt habe, ist allerding schon eine ganze Weile her, da könnte ich durchaus mal etwas auffrischen.

    da kannst du ja heute eine Kerze anzünden!

    Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, eine in der Kirche brennen zu lassen, aber die Evangelen hier mag ich nicht und bei den Katholiken klopfe ich aus Prinzip nicht an. Für mich selbst, so als Geburtstagskuchen muss nicht sein. Ich habe hier zwei Zettel mit einer Strichliste, auf der ich Tage zähle. Da ist heute das zweite Blatt voll, kann also abgeheftet und neu angefangen werden. Das passt als Ritual ganz gut denke ich.

    Ich muss auf mich schauen, auch wenn ich nichts sehe.

    Nimm es mir nicht übel Hartmut, aber ich bin froh, dass die meisten Tipps hier etwas greifbarer sind :mrgreen:.

    Ob das Pferd überhaupt Hafersmoothies trinken würde?

    Wenn keine Milch enthalten ist, sollte das ok sein und ich wüsste nicht, was es davon abhalten sollte. Wäre allerdings unsinnig viel Aufwand und vergleichbare Produkte existieren ohnehin schon in Form diverser Pferde-Meshes und Müslis. Da wäre es interessanter mal das Pferdemüsli zu pürieren und Probe zu trinken ^^ , aber so Vergnügungssüchtig bin ich nicht :) .

    Tag 365: Ja, nun ist es tatsächlich soweit und ich habe ein ganzes Jahr trocken, also ohne Alkohol verbracht. Ich meine das durchaus positiv, wenn ich jetzt schreibe: Das fühlt sich gar nicht so besonders lang an. Weil, Hand auf's Herz, ist es ja auch nicht. Sollte ich den Direktvergleich wagen, zwischen vertrunkenen und nüchternen Jahren bin ich immer noch deutlich im Defizit, aber das ist nicht schlimm und für gewöhnlich interessieren mich solche Rechnungen auch nicht.

    Gestern war ich auf einen "Drink" bei meinem Nachbarn. Genau genommen hat er mir einen dieser Sportlershakes angeboten. Hat äußerst Gesund geschmeckt, aber meine erste Assoziation war trotzdem, davon mal einen Kübel für die Pferde mixen zu wollen, aufgrund des intensiven Hafergeschmacks :).

    Hartmut hat mich vor kurzem noch gewarnt, dass ich jetzt vorsichtig sein soll und wie meist hat er absolut recht gehabt. Ich bemerke tatsächlich ein wenig sich einschleichendes larifari im Umgang mit Alkohol. So nach dem Motto: "Du weißt jetzt, dass du anderen Menschen auch mal beim trinken zusehen kannst, jetzt kannst du aber mal wieder selber eins trinken. Eins nur, naja, vielleicht auch drei...oder zehn."

    Was so übrigens nicht einmal stimmt: Ich habe seitdem ich trocken bin noch nicht einem Menschen bewusst beim trinken zugesehen. Es gab Situationen, da tranken Menschen um mich herum, aber ich sah meistens weg, war mit etwas anderem beschäftigt und wechselte die Szenerie, sobald sich das hätte ändern können. Ich kann jedoch mit Alkohol "umgehen" im Sinne von daran vorbeigehen, stehen lassen und Dankend ablehnen, das habe ich im Laufe dieses Jahres gelernt und das freut mich sehr.

    Ich bin schon sehr gespannt, wie das nächste Jahr so werden wird :)

    Da ist eine nette kleine Diskussion entstanden hier, freut mich. Nur ganz kurz:

    Saufdruck ist eine andere Baustelle.

    Wollte ich selbst auch noch schreiben, da mein ursprünglicher Post, der die Diskussion ins Rollen brachte, sich eben ganz spezifisch auf den Rückfall bezog. Und das dieser mich an einem wunderbaren Tag schwerer kriegt, als wenn es vielleicht sogar schon eine ganze Weile nicht so gut läuft, ich denke da können wir uns einig werden. Du hast es ja mehr oder weniger auch bestätigt Sunshine, denn der Saufdruck war da, aber der Rückfall nicht, weil deine Immunantwort funktioniert hat. Dass diese Immunantwort auch an schlechten Tagen funktioniert, das lässt sich an den guten Vorbereiten denke ich und das sollte die Quintessenz meiner Aussage gestern sein.

    Hier mal etwas, das mich beschäftigt und eine vermutlich etwas befriedigendere Antwort auf die Frage von mprimes.

    Hanseat hat neulich mal sinngemäß ausgeführt, dass man auch nach egal wie viel trockenen Jahren quasi immer noch "eine Armlänge am Rückfall dran ist." Das ist schon richtig, jedoch: An den meisten Tagen nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, an einem strahlend blauen Sommertag, an dem alles perfekt läuft, einfach aus dem Nichts überfallartig wieder zu saufen. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich krank werde, meine Wohnung verliere oder meine Arbeit. Das Menschen sterben und ich nichts für sie tun kann. Das man mich einsperrt oder ich schlicht den beschissten Tag aller Zeiten habe, an dessen Ende mich zu allem Überfluss auch noch jemand zum Saufen einladen will.

    Solche Dinge kann ich mir vorstellen, und dann? Die Situation neu evaluieren? Um mal ganz verkorkst zu formulieren, was sich der Säufer in mir dann denken würde. Ich glaube nicht, denn es ist das feigste überhaupt, ausgerechnet dann zu saufen, wenn es schlecht läuft. Denn wenn es schlecht läuft, und im Moment läuft es noch dazu für wenige so richtig gut (allgemein wirtschaftlich), dann werden wir ja am meisten gebraucht. Sei es, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, sei es, um einfach nur da zu sein, aber gebraucht werden wir dann in jedem Fall. Und das geht nur nüchtern.

    Doch so schön diese letzten Sätze auch klingen mögen, eine "Garantie" geben die mir auch nicht, nur eben auch keinen Freifahrtschein. Insofern, wenn es etwas gibt, was mir wirklich geholfen hat mprimes dann, dass ich das hier ernst nehme. Vielleicht mehr als ich je zuvor etwas in meinem Leben ernst genommen habe und dadurch habe ich Halt. Ich würde dir empfehlen dasselbe zu tun.

    Wann hast du denn das Jahr geknackt und was hat dir besonders geholfen?

    (Wenn du es beantworten magst)

    Am 25.07 zeitgleich mit Hanseat zusammen.

    Grundsätzlich beantworte ich hier alles gerne und ausführlich, solange ich es beantworten kann und ich nicht den Eindruck habe, dass es in Smalltalk ausartet. Hier ist eher das Problem, dass ich deine Frage nicht so einfach beantworten kann, weil da zu viele Dinge reinspielen. Humor, Religion und Mindset kann ich dir ad hoc aber erstmal guten Gewissens als Antwort da lassen, wobei die Reihenfolge willkürlich ist. Religion spielt für die meisten keine Rolle, über Mindset wurde hier im Forum allerdings von anderen schon viel geschrieben, auch wenn der Begriff selten fällt. Die Überzeugung haben, es überhaupt schaffen zu können und solche Dinge.

    Wenn alles passt, werde ich die Tage mal trotz allem einen längeren Abschnitt über Religion schreiben, auch um Dinge die ich früher geschrieben habe, etwas zu relativieren. Denn ganz so streng, wie ich es eine Zeitlang mit dem Glauben genommen habe, nehme ich es nun nicht mehr. Die Phase war dennoch sehr prägend und hilfreich.

    Ich kann jetzt mit dem Ausziehen mehr oder weniger beginnen. Die Umstände sind glücklich: Ich möchte hier nicht zu viel über mein Arbeitsverhältniss schreiben, aber dadurch habe ich eine temporäre Unterkunft, die mir sehr gut gefällt in Aussicht. Dann kann ich übernächste Woche hier raus, die Kündigung einreichen und mir entspannt etwas neues suchen. Ich glaube, ich bin irgendwie eine Nomadennatur :).

    Dieses angenehme Gefühl endlich mit etwas anfangen zu können, kennt bestimmt jeder. Daran merke ich, wie sehr mich meine Wohnsitutation doch belastet hat. Zum besseren Verständniss: In dieser Wohnung habe ich mich fast tot gesoffen, entzogen, aufgeräumt und weiter gewohnt. Sogar die Möbel sind großteils noch dieselben und das alles hinter mir zu lassen, das fühlt sich großartig an.

    Mittlerweile kann ich mit einem Auge auch schon guten Gewissens in Richtung "ein ganzes Jahr ist geschafft" blicken und auch das freut mich sehr. Das werden für mich dann 365 Blaupausen dafür sein, wie man seine Tage trocken verbringen kann. Als ich vorgestern einen Rasenmäher zusammensetzten sollte, war ich mir einen Moment lang trotzdem sicher, dass meine Hände zittern und mir übel sein müsste, aber von dieser Art bleibender Nachwirkung habe ich jetzt schon einiges gelesen. Auch schon gesehen: Manche kriegen das Zittern aus den Händen nie wieder raus. Da kann man sich schon fragen, ob es das wert war?

    Ich würde sagen, wenn alles so bleibt und ich auch im nächsten Jahr keinen Tropfen anrühre, dann schon. Dann hat die elende Sauferei auch ihr gutes gehabt, weil ich es ohne Vorschlaghammer einfach nicht in den Schädel bekommen habe, dass Alkohol trinken Zeitverschwendung der schlechtesten Sorte ist und dass es in dieser Frage nicht um die Menge gehen kann, sondern um die Alternativen. Ergo um die Frage, wie man schlicht besser mit seiner Zeit umgehen könnte.

    Ich wohne in der Stadt und am Land. Und ich muss sagen ich es hat beides vor und Nachteile.

    In der Stadt wachsen weniger Binsen.

    Also aufs Land, habe ich das richtig verstanden?

    Ja, das ist korrekt. Berlin, Hamburg, FFM und Kiel waren die größten Städte, in denen ich bislang gewohnt habe. Im Moment habe ich am absoluten Gegenteil gefallen und das dürfte sich erstmal auch nicht ändern. Ich war zwar jetzt schon öfters wieder in Berlin und der Fakt, dass die Stadt in großen Teilen einer Mischung aus öffentlicher Spelunke und Bedürfnisanstalt entspricht, triggert mich zwar nicht übermäßig, aber spricht mich auch nicht an.

    Das weiß ich mittlerweile auch, ich bin aber nicht der einzige, der die Lage etwas falsch eingeschätzt hat: Nachdem ich dieses Jahr schon von einer völlig sinnlosen Messerstecherei (impliziere, die gäbe es auch in "sinnvoll") mitbekommen habe und kurz danach ein Video von einer Schlägerei sehen konnte, die aus purem Glück/Idiotie der Beteiligten "harmlos" ausgegangen ist (beide gestürzt und Knochen gebrochen), sagen mir auch die Einheimischen, dass dieser Sommer doch ein bisschen stärker eskaliert, als es hier sonst so üblich ist. Nächste Station wird dann fast schon Dorf, weil im Moment bin ich noch in einer Kleinstadt und natürlich haben die hier - wie mittlerweile überall - ihre Elendsviertel.