Beiträge von Lust for Life

    Wird mal wieder Zeit für ein kurzes Update: Ich habe den Kontakt zu meiner Mutter nun wieder auf das Nötigste beschränkt. War vorher auch so. Der Kontakt triggert mich wirklich über alle Maßen. Ich weiß nicht, ob es ein Krankheitsbild psychischer Natur gibt, bei denen Kinder aus falsch verstandener "Solidarität" die Süchte ihrer Eltern mit übernehmen, weil sie ihnen nicht helfen können, aber das spielt auch keine Rolle. Was eine Rolle spielt, ist dass der Kontakt zu meiner Mutter mich zum saufen animiert, folglich wird das nichts.

    Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, mir zu dieser Entscheidung noch einmal die Hilfe des Forums zu suchen, weil ich mir die Antworten denken konnte. Niemand hätte mir dazu geraten, diesen Kontakt zu vertiefen, wenn es mich triggert.

    Bin ich darüber enttäuscht? Ein klein wenig, aber es ist verdammt schwer für mich jetzt zu trennen, ob da nicht in erster Linie das Suchtgedächtniss enttäuscht über die verpasste Gelegenheit ist, mal wieder eine faule Ausrede dafür zu finden, doch mal wieder was zu trinken. Also, zu saufen meine ich, "was trinken" klingt immer so harmlos und harmlos ist hier überhaupt nichts.

    Ansonsten geht es mir prächtig, ich komme gerade aus dem Garten und genieße das Wetter.

    Auf die nächsten trockenen Tage, Wochen und Monate und Danke nochmal für eure Hilfe. Ich hoffe niemand hat das in den falschen Hals bekommen, dass ich hier mal geschrieben habe, der Glaube hätte mich vom trinken abgehalten, denn selbstverständlich ist dieses Forum ein mindestens genauso großer Stützpfeiler ohne den ich vermutlich ebenfalls wieder an der Flasche hängen würde.

    Gehabt euch Wohl :)

    Ich weiß Hanseat, dass es diesen Menschen in der real-physischen Welt nicht gibt, darüber brauchen wir beide nun wirklich nicht diskutieren. Dennoch gewinne ich eine gewisse Freude aus der Vorstellung, wie meine Mutter hätte sein können, wäre sie nicht Alkoholkrank: Nämlich ein Mensch, den man wirklich und aufrichtig hätte lieben können - und diese Potenzial im Gebet zu verarbeiten, darum geht es mir und das ist alles.

    Ja, Sprüche gibt es viele, da habe ich früher auch immer einen für jede Gelegenheit parat gehabt. Gebe ich heute nicht mehr so viel drauf, es ist ohnehin schon alles gesagt worden, nur halt noch nicht von jedem und wie gesagt, die Vorstellung sie im hier und jetzt irgendwie anders zu sehen, als so, wie so nun eben ist, wäre tatsächlich hochgradig absurd und vermutlich auch schädlich.

    Danke übrigens nochmals, der Austausch hat mir sehr gut getan heute.

    Danke für deine Offenheit Hanseat. Ich wünsche mir einfach nur, irgendwann ein normales Verhältniss zu meiner Mutter zu haben, weiß aber zugleich, dass diese Vorstellung absolut Utopisch ist: Geht einfach nicht, da ist zu viel kaputt gegangen.

    Ich habe mich schon recht früh von meinem Elternhaus gelöst und hatte längere Zeit gar keinen Kontakt mehr. Während mein Vater immer bemüht war, zumindest noch ein Minimum an Kontakt aufrecht zu erhalten, hatte ich bei meiner Mutter immer den Eindruck, dass es ihr völlig egal war. Ich schätze, dass das nicht stimmt, aber es hat stets so gewirkt.

    Mit deinem letzten Satz bin ich nicht so ganz glücklich, denn wie gesagt, die Phase des Trennens und der Selbstbestimmung habe ich schon hinter mir und heute muss ich sagen, dass zwischen mir und meinem Vater genau das Gegenteil der Fall ist: Wir wachsen mit den Jahren immer mehr zusammen und verstehen uns mittlerweile blind. Der sture Bock hört mittlerweile sogar ab und an mal auf meine Ratschläge, es geschehen noch Zeichen und Wunder.

    Was ich gerne noch lernen möchte, ist dies: Meine Mutter zu lieben, wenn schon nicht als den Menschen, der sie ist, dann doch zumindest als den Menschen, der sie hätte sein können. Da du schon so schön mit "von oben zugucken" angefangen hast: Ich denke, dass dies auch die realistischste Chance für sie wäre, durch meine Fürbitte eines Tages in den Himmel zu kommen, denn ansonsten wird sie wohl mit einem anderen Ort vorlieb nehmen müssen. Und ja, hätte mir vor einem halben Jahr jemand erzählt, dass ich mal ernsthaft die Chancen ausrechne, dass ein Mensch in den Himmel kommt, ich hätte denjenigen für komplett bescheuert erklärt, aber mich freuts :).

    Vielen Dank Linde,

    Ich hatte erstmal wirklich das Bedürfniss mich so richtig abzuschießen, aber das ist eben keine Option mehr. Stattdessen half ein langer Spaziergang, eine Mittagsruhe und der Austausch mit einem Kollegen von mir, der seit über vier Jahren trocken ist. Stehe trotzdem noch ziemlich neben mir, aber das halt ich aus. Bin ehrlich gesagt froh, wenn dieser Tag rum ist und ich erstmal drüber schlafen kann.

    Tag 256: Ich war gerade mit meiner Mutter unterwegs und möchte heute einmal etwas ausführlicher über ihren Alkoholismus schreiben. Meine Mutter ist das, was man eine funktionierende Alkoholikerin nennt. Sie trinkt, nein, sie säuft fast jeden Abend und immer so ziemlich genau dieselben Mengen. Da sie eine eher zierliche Person ist, reicht bei ihr meist eine Flasche Wein, manchmal gibt es auch mehr, aber was soll mich das so genau interessieren?

    Im Grunde genommen war meine Mutter meistens eine furchtbare Enttäuschung für mich. Wenn ich alle ihre Lügen, ihre Lieblosigkeiten, ihre bewusste Ignoranz von Problemen, ihre unsinnige Überheblichkeit und ihr zum Teil gemeingefährliches Verhalten in Worte fassen wollte, ich würde Morgen noch hier sitzen. Nur ein paar Kostproben aus alten Erinnerungen, damit man weiß, wovon wir hier reden: Meine Mutter tut sich schwer damit Gefühle zu zeigen. Im Vollsuff neigt sie dann jedoch zu dem absoluten Gegenteil. So hat sie mich einmal, ich war noch ein Kind und das werde ich nie vergessen, vollkommen besoffen unbedingt umarmen müssen und mir dabei die Glut ihrer Kippe, die sie noch in einer Hand hielt, volle Kanne auf den Arm gedonnert. Kann sie sich natürlich nicht mehr dran erinnern. Anderen Tages hat sie sich und meine kleine Schwester fast umgebracht, weil sie besoffen mit Kippe in der Hand eingeschlafen ist und dabei ihre Mietwohnung angezündet hat.

    Ich verzeihe ihr heute von Herzen gern all diese Dinge, denn für mich ist das eine Sache zwischen ihr und Gott: Bei ihm liegt es, ihr Verhalten zu strafen, nicht bei mir und so habe ich meine Frieden mit der Sache. Ob diese Ansicht nun jedem schmeckt oder nicht, ist mir ehrlich gesagt egal. Blasphemische Kommentare verbitte ich mir trotzdem, sollte es jemandem in den Fingern jucken.

    Dennoch möchte ich nun weiterhin Umgang mit ihr pflegen, ganz sicher nicht im Übermaß, aber auf eine Art und Weise wo ich doch Freude daran haben kann. Denn egal was sie auch getan hat und in Zukunft noch tun wird: Am Ende des Tages ist sie immer noch meine Mutter, die Frau, die mich zur Welt gebracht hat und der ich so viel Vertrauen entgegen gebracht habe, wie ich nur konnte. Sie mag dieses Vertrauen oft nicht wert gewesen sein, ich weiß auch, dass sie es hin und wieder bewusst für sich ausgenutzt hat, doch wie gesagt: Vergeben kann ich ihr. Vergessen eher nicht.

    Ich weiß ehrlich gesagt gerade nicht, was ich weiter dazu schreiben soll, denn es ist das erste Mal, dass ich überhaupt darüber schreibe und ich glaube, dass es da trotz allem noch einiges aufzuarbeiten gibt. Vielleicht sollte ich sogar ein eigenes Thema im EKA Bereich aufmachen, weiß ich nicht. Danke für's lesen jedenfalls schonmal im Vorraus, diese Dinge zu schreiben, löst schon einiges.

    So um auch das noch kurz festzuhalten: Zeitgleich mit Hanseat habe auch ich am 25.03.2022 den achten Monat trocken hinter mich gebracht. Ich habe den Tag mit ordentlich viel Gartenarbeit gefeiert und bin allgemein doch sehr zufrieden damit, dass ich wieder Pläne machen und umsetzen kann, die deutlich längerfristiger sind, als nur die Frage zu beantworten, woher ich die nächste Pulle bekomme.

    Noch 2 mal 2 Monate und dann ist das erste Jahr geschafft. Ich freue mich jetzt schon sehr auf diesen Tag :).


    An LustForLife: Ich war Keyboarder in einer Funkband. Aber ich fand mich selbst nicht besonders gut, ich habe wohl auch zuwenig geübt. Ansonsten kann ich ein bißchen am Klavier klimpern. Es reicht, um eine Frau romantisch zu beeindrucken ...

    Danke dir, interessante Selbsteinschätzung deiner musikalischen Fähigkeiten muss ich sagen, also besonders den letzten Satz meine ich . Vielleicht beeindruckst du damit ja eines Tages auch mal "die Richtige", also, falls dir das ein Bedürfniss sein sollte.

    Gratuliere zu deinen Fortschritten im Bereich des motorisierten Straßenverkehrs. Ich habe noch in meiner nassen Zeit mal die theoretische Vorprüfung bestanden und das ganze Projekt dann zum Glück aufgegeben. Meine Fahrlehrerin hatte auch darauf bestanden, dass ich erst die Theorie fertig mache, bevor ich mit der Praxis bei ihr überhaupt anfange. Die wusste schon warum, während ich noch dachte: "Das mit dem Saufen merkt schon keiner." Rückblickend betrachte bemerkte es wahrscheinlich jeder, nur das merkte ich dann wieder nicht :) .

    Ich kann jedoch Treker fahren und das ist mir auch das liebste, dafür habe ich zwar keinen Lappen, aber ich habe das auch nur auf Privatgrund gemacht und da sehen die das auf dem Land nicht unbedingt so eng.

    Weiterhin gutes gelingen mein lieber, auf das der Abstand zwischen uns - was die trockenen Tage betrifft - sich niemal ändern möge.

    Ja, alles supi. Vielleicht schreibe ich morgen mal ein paar Zeilen, aber hier ist gerade nicht viel los ... Keine Katastrophen mehr, das ist die Hauptsache. :)

    Ach passt schon, ich kann ja sonst auch einfach in deinem Faden nachlesen bzw. habe das getan und etwas amüsiert festgestellt, dass ich nicht der einzige Mensch bin, der das Thema Führerschein bisher auf die lange Bank geschoben hat. War Rückblickend wohl auch besser so: Ich wäre absolut der Kandidat für die Kombination aus Landstraße, überhöhter Geschwindigkeit und Baum gewesen.

    Die Katastrophen werden schon wieder kommen, da bin ich zuversichtlich, aber sie werden zumindest nicht mehr alkoholinduziert sein :) . Mal aus Neugierde gefragt: Was hast du für ein Instrument gespielt in deiner Kapelle und machst du heute noch Musik?

    Guten Abend Hanseat, nein nein, kein Streit, mich hat nur der Tonfall in einer Sache entschieden gestört, aber lassen wir das.

    Ich habe mit 16 angefangen Musik zu machen und in einer Band zu spielen, mit 19 jedoch erst mein erstes Bier getrunken, insofern kenne ich das durchaus anders. Ich kann mich auch noch sehr lebhaft daran erinnern, wie wütend ich teilweise auf unseren Sänger geworden bin, wenn der mal wieder ein Konzert verpatzt hat, einfach weil er besoffen war und dann noch meinte das gehöre dazu und wäre doch nicht so schlimm.

    Später als ich dann als Solokünstler unterwegs war habe ich selbst unzählige Gigs durch die Trunksucht versemmelt und vor allem auch wichtige Kontakte nicht gepflegt, weshalb ich diesbezüglich jetzt fast wieder bei Null stehe leider. Auch alte Aufnahmen aus dem Netz gelöscht, einfach weil ich besoffen war und was weiß ich nicht alles: Die Liste ist leider sehr lang.

    Ich gebe dir recht: Nüchtern spielt man besser und es ist wirklich eine Schande, dass diese "High/besoffen sein" Attitüde sich so festsetzen konnte. Liegt zum Teil auch an den sehr fragwürdigen Vorbildern, die man so hatte: Mag sein, dass Cobain ein Ausnahmtalent war, er ist trotzdem den denkbar dreckigsten Tod gestorben und taugt so gar nicht als Vorbild.

    Ich denke auch, dass es da andere und stilvollere Wege gibt um sich auf Auftritte vorzubereiten und ehrlich gesagt freue ich mich schon ein bisschen darauf, das auszuprobieren :).

    P.S.: Wie läuft es bei dir so? Alles im grünen Bereich nehme ich an?

    So, nachdem wir das mit der Religion nun aus dem Weg haben, irgendwie musste ich es einbringen, weil es nun mal Teil meines Weges ist, können wir uns wieder anderen Dingen widmen. Danke nochmal an Blume, die hier die Grundlagen unserer "Sekte" sehr klar dargelegt hat. Auf von mir als grobe Unhöflichkeiten empfundene Bemerkungen möchte ich im übrigen, nach reiflicher Überlegung, einfach nicht weiter eingehen.

    Heute solle es um zwei Glaß Wasser gehen, mit denen angestoßen wurde und zwar von mir und einem sehr guten Freund. Dieser Freund ist ein ganz besonders wichtiger Mensch für mich, denn ich bin mit ihm seit mehr als 10 Jahren befreundet und wir haben wirklich viel miteinander durchgemacht. Klar waren wir dabei eben leider auch Saufkumpanen und ich habe mir von Anfang meines Weges hier klar gemacht, dass ich diese Freundschaft in Hinblick darauf noch einmal ganz deutlich hinterfragen muss. Was ich meine ist: Hätte ich feststellen müssen, dass diese unsere Freundschaft in erster Linie durch den gemeinsamen Alkoholkonsum am Leben erhalten wird, hätte ich sie beendet. Zum Glück ist das nicht so.

    Dieser Freund trinkt noch Alkohol und ich gehe davon aus, dass er irgendwann damit wird aufhören müssen, aber das soll erst mal keine Rolle spielen, denn er weiß von meinem trockenen Neuanfang und respektiert diesen auch völlig. Wir sehen uns nicht allzu oft, da wir mittlerweile in verschiedenen Städten leben, aber vor ein paar Tagen war es mal wieder so weit.

    Auf den Alkohol hat er an diesem Abend verzichtet, etwas anderes wäre von meiner Seite aus auch nicht vorstellbar und klar habe ich mich gefragt: "Wie wird das werden? Geht das überhaupt ohne zu saufen?". Ja, es geht. Wir taten tatsächlich auch nichts, was wir sonst nicht auch getan hätten, also in erster Linie unterhalten und was man halt so macht. Am Ende des Abends spielten wir dann ein paar Runden Karten, das ist eine alte Tradition und während dieses Kartenspiels stießen wir dann eben an, mit besagten zwei Glaß Wasser.

    Ich weiß nicht warum, aber diesen Moment fand ich besonders ergreifend, denn das hätte mir noch vor einem Jahr niemand erzählen können. Das ich mit diesem Menschen mal mit Wasser anstoße (absurde Idee, hätte ich gesagt) und dabei auch noch vollkommen zufrieden und mit mir selbst im reinen bin.

    Ich glaube, dass ich mittlerweile aus dem gröbsten raus bin, ich weiß aber auch, dass ich mir keine Fahrlässigkeiten erlauben kann. So etwas wie "mal ein Alkoholfreies Bier" werdet ihr hier ganz sicher nie lesen, schon weil mir jedes Bedürfniss danach fehlt. Ich brauche kein Substitut sondern was ich brauche, will und möchte, ist im Idealfall einfach überhaupt nichts mehr mit Alkohol zu tun haben. Das könnte schwierig werden, da ich momentan mit einem Kollegen ein paar Songs aufnehme und ich auf kurz oder lang also auch wieder Konzerte spielen werde und die finden nun mal leider häufig an Orten statt, wo getrunken wird. Da muss ich mir noch in Ruhe einen Kopf drüber machen, aber das werde ich nochmal seperat thematisieren, da ich denke, bei diesem Thema wären andere Meinungen dann doch sehr interessant.

    Ansonsten ist das hier einfach nur ein: Mir geht es gut und ich hoffe das bleibt so Posting :).

    Im Umkehrschluss würde es bedeuten. Wenn du deinen Glauben verlierst, säufst du wieder. Oder? Nur mal zum Nachdenken.

    Das ist doch einmal eine gute Frage Hartmut und ich möchte sagen: Für so sicher halte ich das nicht. Diese Worte von mir, die du zitiert hast, die sind tatsächlich sehr konkret auf die momentane zeitliche Situation bezogen. Ich verspüre in den letzten Tagen, aus welchen Gründen auch immer, öfters mal einen Saufdruck der recht stark ist und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diesem im Moment nachgegeben hätte, ohne den Glauben. Allerdings verstehe ich die Natur meiner Sucht mittlerweile etwas besser und so weiß ich auch, dass diese Phasen wieder abklingen, wenn man nicht nachgibt und stark bleibt.

    Ich möchte allgemein ungern Spekulationen darüber anstellen, was wäre wenn, auch wenn beim Lichte des Tages betrachtet meine Formulierung wohl genau das tut. Ich muss einfach feststellen, dass meine Abstinenz auch nach etwas über einem halben Jahr doch noch ein sehr zartes Pflänzchen ist und mehr Unterstützung braucht, als ich erwartet hätte. Wenn diese momentan auch aus der Bibel kommt, dann ist das gut und ich bin zufrieden. Es ist nun nur folgerichtig für mich, mich mal wieder weiter umzusehen, ob ich vielleicht noch eine Selbsthilfegruppe finde, die einen eher religiösen Hintergrund hat. Dieser hier möchte ich trotzdem treu bleiben, denn hier hat ja alles seinen Anfang genommen.

    Liebe Blume,

    Ich danke dir recht herzlich, für deine aufbauenden Worte. Ich möchte gar nicht mehr viel schreiben heute, das kommt noch, aber gerade dieser Psalm, der ist wundervoll. Ich habe ihn vor mir aufgeschlagen, wenn auch in einer anderen Übersetzung, aber das ist nebensächlich. Es tut gut zu wissen, dass ich nicht der einzige hier bin, der an Gott glaubt.

    Tag 218 (mittlerweile lasse ich das auch vom Internet ausrechnen und zähle nicht mehr :wink: )

    "Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden." - Matthäus 7,13 bis 14

    Das sind doch einmal Worte aus der Bibel, da denke ich, kann man ganz unabhängig vom Glauben eine Parallele zur Situation des Alkoholikers finden. Denn zum einen muss ich feststellen, dass ich mittlerweile hier im Forum leider öfters das bestätigt finde, was die Statistiken sagen, nämlich dass sehr viele es nicht schaffen trocken zu werden und zum anderen kann man sich wohl leicht darauf einigen, dass der Weg des nassen Alkoholikers ins Verderben führt. Die häuftigste Umschreibung des Lebensendes eines nassen Alkoholikers ist die des "elendigen Verreckens". Ein hartes Wort ist das und doch so treffend, wie will man das nennen, wenn nicht - Verderben?

    Wir aber wollen nicht verderben und ich bin sehr froh über jeden, der das schafft und loskommt von der Sucht. Ich stelle fest, dass mein Weg seine Besonderheiten hat, gehe aber auch davon aus, dass selbstverständlich jeder Weg seine Besonderheiten hat. Meine ist es eben nun einmal, und das spüre ich in diesem Moment ganz deutlich, dass der Herr mich zu sich gerufen hat. Ich sage euch liebe Leute, hätte ich den Glauben nicht gefunden, ich würde heute wieder trinken, da hätte alles nichts geholfen: Die Ratschläge nicht, die Selbsthilfegruppen nicht und auch die abschreckenden Beispiele nicht. Ich kenne mich ganz gut und spätestens jetzt, mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine hätte ich das als Vorwand benutzt um wieder zur Flasche zu greifen. Die Frage nach dem "Warum" erübrigt sich, da eine solche Entscheidung einfach nicht rational sind.

    Ich habe es jedoch nicht getan und ich werde es auch weiterhin nicht tun. Wie könnte ich es dem Herrn so schlecht vergelten, wo er mir doch Gnade gewährt hat, wo ich es am wenigsten erwartet hätte? Auch euch hier im Forum würde ich es schlecht danken, wenn ich trotz eures Einsatzes und eures Vorbildes all das, was ich mir nun aufgebaut habe, mit einer bloßen schlechten Handlung zunichte machen würde.

    Ich hoffe diese Worte können ein wenig inspirieren. Es fällt mir noch etwas schwer, über meinen Glauben zu schreiben, denn ich wollte nie etwas mit Religion zu tun haben, sondern habe sie lieber verächtlich gemacht: "Opium für das gemein Volk", nicht wahr?

    Ich möchte mit Kant enden: "Ich kann, weil ich will, was ich muss."

    Grüß dich Just Me,

    Das hier kenne ich sehr gut:

    dachte am Anfang: Du hast ja gar kein Problem, die anderen saufen ja viel mehr, härteres Zeug, schon morgens, etc..

    So ging das bei mir auch eine ganze Weile und selbst dann noch, als ich es, ich sage mal frech, "erfolgreich geschafft hatte" ein "richtiger Alkholiker" zu werden, da waren diese Gedanken noch da: Es ist ja nur eine Flasche Schnaps am Tag. Andere trinken ja gleich drei, da habe ich ja noch gar kein richtiges Problem, oder? Also das ist natürlich Quatsch und natürlich habe ich immer gewusst, dass ich ein ganz massives Problem habe, so ließ es sich aber ganz gut verdrängen, bis dann eben einfach gar nichts mehr ging.

    Ich wünsche dir einen guten Austausch, das Schwierigste hast du schon hinter dir denke ich, jetzt heißt es dran bleiben :).

    Irgendjemand kam mir neulich mit Statistik, und die besagt, daß in den zweiten sechs Monaten einiges schiefgehen kann ...

    Das glaube ich gerne. Ich habe mich einmal mit der Statistik beschäftigt, das war ganz am Anfang und das hat seine Gründe, wenn ich lieber schreibe: "Die sieht nicht gut aus :)". Also das in absoluten Zahlen ausgedrückt zu sehen, das kann schon belastend sein.

    Ich merke schon, dass es schwerer werden könnte, weil sich jetzt ja schon trockene Routinen gefestigt haben: Wer sagst mir, dass ich die im Sommer nicht noch einmal in Frage stelle? Kann jeden Tag passieren, gestern sprach mich ein stinkbesoffener Jugendlicher an auf der Straße: Früher hätte ich erstmal ein Bier mit dem getrunken. Jetzt kommt es natürlich gar nicht mehr in Frage, aber einmal eine schlechte Entscheidung treffen reicht ja schon und der schöne Faden hier wäre erstmal weg :).

    Das eigene Alkoholproblem zu ignorieren oder gedanklich ganz auszublenden, ist zwar verlockend, kann aber schon wieder eine Rückfallgefahr darstellen.

    Ich denke auch, dass dies sehr wichtig ist: Deshalb auch immer wieder damit beschäftigen. Eigentlich ist Alkohol ohnehin unnötig und auch ein "kontrolliertes Trinken" würde niemanden weiterbringen. Ist ohnehin schon ein sehr absurder Wunsch, wenn man das mit etwas Abstand betrachtet..

    Dem Forum möchte ich auch treu bleiben, das ist ganz sicher und ich finde es schön, dass du Stephen King erwähnst: Ich habe seine Autobiographie einige Male gelesen. Der Vergleich denn er dort macht, mit einem Mann, der auf einem brennenden Häuserdach steht und den Rettern zuruft, sie sollen bitte noch einen Moment warten mit der Rettung, weil er noch darüber nachdenken muss, ob er gerettet werden möchte, ist schon ganz gelungen :).

    So, da bin ich mal wieder :). Ein halbes Jahr ist jetzt geschafft, sogar ein bisschen mehr noch und das ist schon eine richtig tolle Sache. Auch wenn ich hier nicht viel schreibe, gibt es immer Momente wo ich mir Gedanken mache und die dann in meinem Kopf als Beiträge hier formuliere, das hilft tatsächlich, auch wenn nicht viel davon hier landet.

    Überhaupt muss ich sagen: Am meisten hilft es mir, mir immer wieder Gedanken zu machen, auch wenn es an manchen Tagen nur eine Viertelstunde ist. Dieses bewusste "in-sich-gehen" und bei absoluter Stille zu reflektieren was war, was ist und was sein soll, das hilft wirklich schon ungemein weiter. Beten ist auch gut, aber das ist nicht jedermanns Sache.

    Ich möchte einmal kurz erklären, warum von mir hier erstmal leider nicht viel Beteiligung zu erwarten ist. Das klingt vielleicht ein bisschen Egoistisch, aber in erster Linie bin ich hier angemeldet, weil ich selbst ein Alkoholproblem habe (Alkoholiker bin). Dieses Problem nachhaltig zu lösen, also gar nicht mehr zu trinken, dafür bin ich hier und da nutze ich auch gerne alle Mittel, die mir dabei helfen. Mich jedoch auch noch mit den Alkoholproblemen von anderen zu beschäftigen, auf eine Art und Weise wo ich mich dann auch Emotional involviert fühle eventuell, das ist mir nichts im Moment. Da fühle ich mich auch selbst noch nicht sicher genug.

    Immer wieder gibt es noch Momente, wo mich wie aus dem Nichts ganz unangenehme Erinnerungen überraschen. Also Erinnerungen an ganz und gar versoffene Zeiten und natürlich all die Peinlichkeiten, die damit so einher gegangen ist. Das kann ganz schön belastend sein manchmal und ich habe in meinen Gedanken eine Art Trennstrich gezogen, also ich nehme da eine gewisse Zeitperiode meines Lebens, wo ich immer nur besoffen war und klammere sie gedanklich aus. Wenn ich jetzt an diese Zeit denke, sage ich dann: Ok, das war mal, aber heute ist's ja ganz anders und diese Zeit kannst du gleich wieder vergessen. So suhle ich mich schon mal nicht im Selbstmitleid, was für ein schlimmer Säufer ich mal war :).

    Ich werd jetzt mal weitermachen mit meinem neuen Alltag, der wirklich toll und zufriedenstellend ist: Keine Kater mehr, keine Magenschmerzen, immer guten Appetit und klare Gedanken. Ich kann auch endlich wieder zufriedenstellend komplexe Zusammenhänge erfassen, das hat wirklich eine ganze Weile gedauert, aber das Hirn macht wieder, was es soll :).

    Ich hoffe euch geht es auch gut? Ist ja auch bald wieder Frühling...