Liebe Zitronenfalter,
ich kann deinen Schmerz sehr gut nachempfinden. Vor ein paar Monaten war ich in einer ähnlichen Situation wie du. Was du gerade durchmachst, ist sehr sehr schwer. Ich möchte dir deine Fragen beantworten bzw. auf einiges eingehen, das du geschrieben hast.
Er ist optisch mein absoluter Traummann... dazu ist er zwischen diesen Phasen ebenfalls absolut mein Mann... ich frage mich wie ich Ihn dazu bringen kann das er Einsicht hat und Hilfe holt.
Auch mein Mann (wir sind seit 4,5 Monaten getrennt, 2 Kinder) war (und ist) mein Traummann - optisch und so wie er in den guten Zeiten war. Ich habe mir mein Hirn zermartert, wie ich ihn zur Einsicht bringen kann, dass er sich endlich Hilfe holt. Während sich meine Gedanken - rückblickend jahrelang - im Kreis gedreht haben und ich unzählige Male dachte, dass ich JETZT endlich das überzeugende Argument gefunden habe, wurden nur unsere Ehe und seine psychische Verfassung immer schlechter, aber zur Einsicht hat nichts davon geführt. Die Antwort ist leider: Du kannst und wirst ihn nicht zur Einsicht bringen! Er muss selber draufkommen. Wann das geschieht, kann dir niemand sagen. Es kann dir nicht einmal jemand sagen, ob das überhaupt jemals passieren wird. Das ist sehr hart, ich weiß. Du kannst leider nichts für ihn tun! Du kannst nur für dich und deine Kinder etwas tun.
Kann ich ihm wirklich durch meine Trennung helfen?
Vielleicht, vielleicht auch nicht. Trenne dich nicht, um ihm zu helfen. Trenne dich, um dich und deine Kinder zu retten. Vielleicht weckt es ihn auf, vielleicht aber auch nicht.
Ich stürze mich in ein absolutes Unglück und ihn doch auch.... ist es nicht meine Aufgabe als Ehefrau auch so etwas auszuhalten/ welche Limits sind ok...
Ich habe so sehr um unsere Familie und Ehe gekämpft. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich nichts unversucht gelassen haben, weil ich genau dieses Unglück nicht wollte. Ich wollte nicht, dass unsere Kinder Scheidungskinder werden. Ich wollte ihn nicht im Stich lassen und ich habe es auch nicht - er hat mich und die Kinder im Stich gelassen, indem er sich nicht um seine Krankheit kümmert.
Es ist nicht deine Aufgabe deinen Mann AUSZUHALTEN. Es geht dabei nicht darum ihn nicht so sein zu lassen, wie er ist. Die Frage ist aber, wie mutet er sich dir zu? Ab wann überschreitet ER deine Grenzen? Du musst deine Grenzen nicht andauernd nach hinten verschieben, damit er sich nicht verändern muss. Sich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken und dann im Suff seine Frau zu beschimpfen geht zu weit. Die Verantwortung dafür liegt nur bei ihm.
die ganzen beleidigungen kommen nur im alkoholisierten Zustand... Ja sie verletzen mich sehr. Sehr!
Das ist nur dann eine Entschuldigung, wenn ihm das ein- oder zweimal passiert, er den Zusammenhang erkennt und daraufhin konsequent auf Alkohol verzichtet, damit das nicht mehr passiert. Wenn du weißt, dass ihn eine bestimmte deiner Verhaltensweisen zutiefst verletzt, machst du es dann trotzdem immer wieder?
Auf Dauer werden deine Gefühle für ihn weniger werden. Er würgt sie mit der Zeit mit seinen Beleidigungen ab.
Ich denke sein Problem ist seine suchtkranke Mutter, welche er als kleiner Junge des öfteren stark alkoholisiert erlebte....
Genau - es ist sein Problem. Es kann nur er lösen. Es ist wirklich traurig, was er als Kind erlebt hat. Mein Mann hat ein ähnliches Schicksal mit seinem Vater erlebt. Doch das ist keine Entschuldigung, dass nun seine Kinder dasselbe erleiden müssen wie er damals. Was deine Schwiegermutter damals ihrem Sohn zugemutet hat, war in ihrer Verantwortung, die sie nicht getragen hat oder tragen konnte. Jetzt ist dein Mann aber erwachsen und es liegt in seiner Verantwortung sich um die Heilung und Aufarbeitung seiner Kindheit zu kümmern. Du kannst da nichts machen. Zum Glück - es wäre ja schlimm, wenn ein anderer Mensch, auch wenn es der eigene Ehepartner ist, so in das Leben eines anderen eingreifen könnte.
Es ist weder deine Aufgabe ihm zu helfen, noch wird es gelingen. Er kann sich nur selber helfen.
Ich glaube, es verhält sich wie mit einer Geburt. Es kann dich dein Mann begleiten, es kann dich eine Hebamme unterstützen...aber bekommen musst du das Kind selbst. Das kann dir niemand abnehmen.
Auszuhalten, dass du als Ehefrau nichts machen kannst, ist verdammt hart. Für mich ist es noch immer kaum zu fassen. Als ich heute Morgen gelesen habe, wie schrecklich es dir nachts gegangen ist, musste ich unweigerlich an meine ersten Nächte nach der Trennung denken und ich muss sagen, ich denke nicht gerne daran zurück. Ich hatte das Gefühl, es zerreißt mich. Es waren richtige körperliche Schmerzen. Grauenhaft. Ich kann dir nur Mut machen, es wird besser. Für mich war es nach einiger Zeit, als hätte ich einen Entzug hinter mir. Es tut noch immer weh, aber die Abstände zwischen den schmerzhaften Phasen werden größer und der Schmerz wird immer weniger tief. Bei meinem Mann hat sich leider nichts bewegt. Er hat keine Einsicht. Ich warte jetzt aber auch nicht mehr darauf. Trotzdem ist es eine Herausforderung seine Entscheidung anzunehmen. Ich kann es verstehen, aber nicht begreifen.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, melde dich hier gerne - es hört immer jemand zu. Hier findest du Menschen, die erlebt haben, was du gerade durchmachst und die dich verstehen.
LG, Saphira