Vorstellung: Anna (die heute Nacht ihren alkoholkranken Mann vor die Tür gesetzt hat)

  • Liebe Community,

    lange habe ich nach einem Forum für den Austausch mit anderen Angehörigen von Alkoholkranken gesucht und freue mich nun, diese Seite gefunden zu haben.

    Ich bin Anna, 38 Jahre alt, seit 2,5 Jahren mit meinem Mann verheiratet und im Moment recht ratlos.

    Als ich meinen Mann kennengelernt habe, war ich bereits nach wenigen Monaten mir seiner Suchterkrankung konfrontiert worden. Er gestand mir diese, sowie auch dass er wegen der Erkrankung bereits mehrfach stationär behandelt wurde und bat um meine Unterstützung, ihn erneut in einer Klinik unterzubringen. Ich half ihm hierbei, sah Fortschritte und erhielt am Ende der Therapie von der Klinik und dem behandelnden Therapeuten die gute Nachricht, er sei quasi geheilt und es bestehe nur ein sehr geringes Rückfallrisiko.

    Den Therapeuten hat mein Mann bis heute und geht mehr oder weniger regelmäßig dort hin.

    Nun geht es bei meinem Mann seit ca. März diesen Jahres aus diversen Gründen (Jobwechsel, Überforderung im Alltag) psychisch stetig bergab. Den ersten Vorfall mit Alkohol gab es dann im Juni, darauf folgten in unregelmäßigen Abständen weitere Vorfälle, schlussendlich wollte er zum kontrollierten Trinken übergehen und vor 4 Wochen lag er dann eine komplette Woche dauerhaft volltrunken im Bett.

    Er gab sich im Nachgang als geläutert, als ich jedoch gestern Abend von einer mehrtägigen Dienstreise zurückkehrte, fand ich ihn erneut volltrunken im Bett liegend vor - dort lag er wohl auch bereits seit 3 Tagen, umringt von leeren Flaschen. Eingeschlafen war er auf dem angeschalteten Fön, der seit Stunden zwischen ihm und der Matratze klemmte und schon etwas angebrannt roch.

    Ehrlich gesagt: Seit Monaten nehme ich ihm alles ab, vertusche seine Ausrutscher (auf sein Flehen hin) bei der Arbeit und vor seinem sozialen Umfeld und gehe selbst dabei völlig unter. Sein spitzenmäßiger Therapeut gibt mir gute Ratschläge, wie ich bei einem Rückfall einfühlsam mit ihm umgehen soll, aber wie es mir dabei geht interessiert absolut keinen Menschen.

    Und als er mir dann im Vollrausch noch die üblichen Gemeinheiten (angeblich Fremdgegangen, muss nur trinken um dich zu ertragen, ...) an den Kopf geworfen hat, habe ich ihm eine geschmiert und ihn dann vor die Tür gesetzt...

    Nein, darauf bin ich mit Sicherheit nicht stolz. Ich wusste mir einfach nicht mehr zu helfen, war tief verletzt, ratlos, verzweifelt.

    Er hat sich dann ein Taxi gerufen und scheint jetzt in einem Hotel zu sein, wo er sich höchstwahrscheinlich vom Lieferdienst weiteren Alkohol bringen lässt und im Grunde an dem Zustand nichts ändern wird, bis das Geld ausgeht oder das Hotel ihn rausschmeißt (und das kann dauern).

    Und jetzt sitze ich zuhause, bin völlig ratlos und weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Versuchen, ihn zu erreichen und in eine Klinik zu bringen? Seinen Therapeuten anrufen? Gar nichts tun und ihn in´s offene Messer laufen lassen?

    Es wäre schön, hier in diesem Forum mit Menschen sprechen zu können, die Ähnliches erleben oder erlebt haben.

    Viele Grüße

    Anna

    Einmal editiert, zuletzt von Anna84 (27. November 2022 um 11:24)

  • Hallo Anna,

    willkommen in unserer Selbsthilfegruppe!

    Gut, dass Du zu uns gefunden hast. Hier gibt es viele Angehörige, deren Geschichten

    Du nachlesen kannst. Und ein reger Austausch findet auch statt.

    Deine Reaktion finde ich persönlich stark! Du hast so ein Zeichen gesetzt. Er ist allein

    für seine Sucht zuständig. Du als Angehörige kannst da nichts gegen tun. Jetzt ist

    er auf sich gestellt und kann selbst entscheiden, wie es für ihn weitergehen kann.

    Möchtest Du Dich mit den anderen im offenen Bereich austauschen?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Elly,

    vielen Dank für Deine rasche und sehr zugeneigte Antwort.

    Ja, der Austausch im offenen Bereich mit anderen wäre sehr schön! Was muss ich denn dafür tun?

    LG Anna

  • Hallo Anna,

    herzlich willkommen. Ich bin gleich über diesen Satz gestolpert: ... Therapeuten die gute Nachricht, er sei quasi geheilt und es bestehe nur ein sehr geringes Rückfallrisiko." Was waren denn das für Therapeuten? Alkoholismus ist nicht heilbar, aber sehr gut zu stoppen. Und über ein mögliches Rückfallrisiko läßt sich kein seriöser Arzt oder Therapeut nach wenigen Tagen aus.

    Dein Mann hat ein Bewußtsein für seine Probleme, er geht sie auch hin und wieder an, das ist schonmal gut. Aber das Ergebnis ist ja nun leider nicht die Trockenheit. Und für Dich ist es letztlich nur das, was zählt. Er muß Nägel mit Köpfen machen und trocken werden, erst dann, nach einiger Zeit, kann man wieder über eine konstruktive Beziehung nachdenken.

    Grüße,

    H.

  • Hallo H.,

    vielen Dank für Deine Antwort!

    Bezüglich der Aussage der Therapeuten ist es etwas verzwickt: Mein Mann ist sehr intelligent, kann sich äußerst gut ausdrücken und wird als erfolgreicher Mann mit Doktor-Titel grundsätzlich vom Gegenüber als sehr vertrauenswürdig eingeschätzt.

    Wenn er nun einem Therapeuten o.Ä, gegenübersitzt, so erklärt er regelmäßig seine aktuelle, sehr stressige Situation (Job, unerfüllter Kinderwunsch, ...) und erklärt dann, dass er sich mit dem Alkohol betäuben wollte. Und die Therapeuten bescheinigen ihm dann recht regelmäßig, dass er eigentlich gar kein Alkoholproblem hat, sondern eher eine Art Burnout, den er mit Alkohol als Selbstmedikation zu bekämpfen versucht.

    In der Regel gibt es dann ein paar gute Ratschläge, wie wir unser gemeinsames Leben so verändern sollen, dass er weniger Druck hat und den Alkohol nicht mehr braucht. Das läuft dann meistens darauf raus, dass ich alles mögliche anpassen oder für ihn übernehmen soll, um ihn bei der Gesundung zu unterstützen.

    Nur ein kleines Detail vergisst er zu erwähnen: Dass er nur auf Jobsuche ist, weil er den letzten Job wegen dem Alkohol verloren hat.

    Er erzählt zusammengefasst dem/den Therapeuten wie auch seinem Umfeld nur das, was seine eigene Geschichte stützt. Und wer sich ihm gegenüber kritisch äußert, der wird schlicht aussortiert, geghostet, Nummer blockiert.

    Das habe ich aber leider auch erst verstanden, als ich selbst nicht mehr weit weg davon war, auf die Abschussliste zu kommen.

    LG

    Anna

  • "In der Regel gibt es dann ein paar gute Ratschläge, wie wir unser gemeinsames Leben so verändern sollen, dass er weniger Druck hat und den Alkohol nicht mehr braucht. Das läuft dann meistens darauf raus, dass ich alles mögliche anpassen oder für ihn übernehmen soll, um ihn bei der Gesundung zu unterstützen."

    Hm. Das klingt für mich alles nach dem falschen Ansatz. Wieso mußt Du etwas ändern, wenn er ein Alkoholproblem hat? Und wie weit sollst Du mit Deiner Rücksicht gehen, wieviel Geduld sollst Du haben? Eventuell sind die Ärzte/Therapeuten nicht mit dem Phänomen der Co-Abhängigkeit vertraut. Aber ich will nicht zuviel schreiben, erst einmal gibt es hier ein Bewerbungsprozedere, und andere verstehen eh mehr von der Sache als ich.

  • Hallo Anna,

    deine Bewerbung ist eingegangen und du wirst bals freigeschaltet.

    Zu dem Therapeutenverhalten kann ich dir nur eines sagen, du bist nicht verantwortlich für deinen Mann. Alkoholismus zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten und macht auch vor Akademikern nicht halt.

    Ehrlich gesagt: Seit Monaten nehme ich ihm alles ab, vertusche seine Ausrutscher (auf sein Flehen hin) bei der Arbeit und vor seinem sozialen Umfeld und gehe selbst dabei völlig unter. Sein spitzenmäßiger Therapeut gibt mir gute Ratschläge, wie ich bei einem Rückfall einfühlsam mit ihm umgehen soll, aber wie es mir dabei geht interessiert absolut keinen Menschen.

    das ist genau das Verhalten, bei dem er in Ruhe weiter trinken kann, denn du schützt ihn.

    Steig aus dem Kreislauf auf, den ersten Schritt hast du mit deiner Anmeldung hier im Forum getan.

    Tu etwas für dich, und stell dich nicht mehr schützend vor ihn, das nimmt immer weiter zu, und am Ende erledigst du alle seine Dinge.

    Gib ihm seine Verantwortung zurück, und sorge gut für dich.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo H.,

    nein, ich glaube seinem Therapeuten ist in der Tat nicht ganz klar, dass das Umfeld auch in einer schwierigen Situation lebt und eher nicht als zusätzlicher Gratis-Therapeut fungieren sollte.

    Nur kurz, um es vielleicht etwas griffiger zu machen: Beim letzten Absturz habe ich mich 1 Woche lang neben Job, Pflege meines Vaters, Bandscheibenvorfall und Hausumbau zusätzlich um meinen Gatten gekümmert und sogar seine Telefonate mit Geschäftspartnern teilweise übernommen. Er hat mir täglich mehrmals versprochen, aufzuhören - und schwupps hatte er schon die nächste Flasche in der Hand.

    Sein Therapeut, den ich angerufen hatte als ich mir nicht mehr zu helfen wusste, riet mir dann, ich solle ihm auf gar keinen Fall Vorwürfe machen, keinen Druck ausüben und ihm geduldig immer wieder Gespräche und Hilfe anbieten. Man solle hier am besten gemeinsam die Zeit überstehen und danach in die Zukunft blicken und das, was war, vergessen.

    Nun gut, das mit dem Vergessen ist meinem Mann nicht besonders schwer gefallen, da er sich ohnehin nur noch sehr schemenhaft an die Zeit erinnern konnte. Aber ich habe die ganzen Beleidigungen, Lügen und dergleichen eben 7 Tage lang gehört - wie soll ich das denn auf Knopfdruck vergessen?

    Solche Beispiele gibt es zuhauf, in unterschiedlicher Ausprägung.

    LG

    Anna

  • Es ist verständlich, daß der Therapeut sich mit Deinem Mann solidarisiert, das ist ja auch Teil seiner Rolle. Ich bin aber erstaunt, mit welcher Leichtigkeit er alles auf Dich abwälzt. Ich finde es gut, daß Du ihn konsequent vor die Tür gesetzt hast, einen Spruch wie "ich saufe nur, um dich zu ertragen" muß sich niemand gefallen lassen, auch wenn wer nur eine billige Rechtfertigung ist. Soll er ruhig mal ein Weilchen im Hotel schmoren.

  • Hallo H.,

    danke, es tut wirklich gut zu lesen, dass meine Entscheidung ihn rauszuschmeissen, zumindest mal nicht ganz daneben war.

    Allerdings bin ich gerade drauf und dran, ihn zu kontaktieren ......

    Es geht mir hierbei gar nicht darum, ihn zu beschützen, aber mir kommen den Tag über immer mehr Gedanken was es eigentlich für mich bedeuten würde, wenn er länger als ein paar Tage in dieser Alkohol-Phase bleibt.

    Er wird planmäßig im Januar einen neuen Job antreten, wenn er jetzt aber sämtliche Termine im Vorfeld versäumt, dann wird das wohl nichts. Wer zahlt dann die Kreditraten vom Haus ab? Ich, und zwar alleine.

    Wer füttert ihn dann durch, bis er wieder auf die Füße kommt?

    Hat er überhaupt vor, jemals wieder in unser Leben zurückzukehren?

    Was ist mit all unseren Plänen, was ist mit den Einladungen zu Verwandten und Freunden in der Vorweihnachtszeit, zu denen wir bereits zugesagt hatten?

    All diese Fragen kann ich ja frühestens mit ihm besprechen, wenn er überhaupt wieder ansprechbar ist, und so lange muss ich mit ihnen leben. Also wäre mir schon sehr geholfen, wenn er möglichst schnell in einen Entzug kommen würde, sodass es wenigstens eine Perspektive gibt. Aber dafür müsste vermutlich schon wieder ich diejenige sein, die aktiv wird, denn bei ihm kann das noch dauern und dann ist zumindest der neue Job vermutlich futsch.

    Gibt es hier im Forum Erfahrungswerte oder Meinungen, ob es erfolgversprechender ist, den Betroffenen in Ruhe zu lassen oder eher zu intervenieren?

    LG

    Anna

  • Hallo Anna,

    Entschuldige bitte, aber der Therapeut labert Stuß. Der kennt sich bestimmt nicht mit Sucht aus.

    Selbst wenn er der Therapeut deines Mannes ist, darf er sich nicht so klar positionieren, denn damit schickt er dich noch tiefer in die COabhängigkeit, aber auf ganz direktem Weg.

    Aber ich habe die ganzen Beleidigungen, Lügen und dergleichen eben 7 Tage lang gehört - wie soll ich das denn auf Knopfdruck vergessen?

    Das kannst du auch nicht, mein Mann ist jetzt 5 Jahre trocken und auch bei mir wirkt vieles nach.

    Auf Knopfdruck geht schon mal gar nichts.

    Ich würde bei seinem Therapeuten die Wahrheit sagen, nichts mehr mit verpacken und schön reden. Ich weiß, das dies ein schmerzhafter Prozess ist, aber nur dadurch kannst auch du Hilfe bekommen.

    Gibt es hier im Forum Erfahrungswerte oder Meinungen, ob es erfolgversprechender ist, den Betroffenen in Ruhe zu lassen oder eher zu intervenieren?

    du hast doch schon genug interveniert und hast ihn auch rausgeschmissen. Das alles ist deutlich genug, du mußt nicht ständig intervenieren.

    Ich habe das auch getan, weil ich dachte, ich muß ihn doch erinnern. Lass es, es bringt nichts.

    Kannst du dir vorstellen mal zu überlegen, wo du ihm deine Unterstützung entziehst?

    Was könnte das sein?

    Du solltest dann aber auch den Mut zur Konsequenz haben und es durchziehen, sonst nimmt er dich nicht mehr ernst.

    Deine momentane Hilfe, fördert eher seine Sucht, wenn du sogar schon mit Geschäftspartnern verhandelst. Wenn er nichts tut für seinen neuen Job,

    ist es sein Problem. Du kannst dich nicht für ihn bewerben.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Das Verhalten Deines Mannes ist leider typisch, Doktortitel hin oder her. Er rechtfertigt seine Sauferei und schreckt dabei auch vor Gemeinheiten nicht zurück. Zugleich versucht er, sich mit solchen Sprüchen über Dich zu stellen und Dich zu manipulieren, damit Du die Schuld bei Dir selbst suchst. Wie es jetzt konkret weitergehen kann, ist schwierig zu sagen, zumal ja wirklich viel dranhängt, Haus und Beruf, es geht wirklich um die Wurst.

    Ich rege mich gerade etwas über diesen Therapeuten auf. Kann der nicht mal was für sein Geld tun, Deinen Mann im Hotel besuchen und ihn zu einer Entgiftung schleppen? Denn da gehört er eigentlich hin. Natürlich ist die Gefahr groß, daß er sich jetzt ekzessiv seiner Sucht hingibt, wo der lästige Störfaktor Ehefrau (ich meine das nicht böse gegen Dich, aber so sieht er das wahrscheinlich im Suff) endlich entfällt. Andererseits muß er lernen, sich um sich selbst zu kümmern, da schadet es eher, wenn Du seine Aufgaben übernimmst. Eigentlich wäre das ein Tobjob für den Therapeuten.

  • Gibt es hier im Forum Erfahrungswerte oder Meinungen, ob es erfolgversprechender ist, den Betroffenen in Ruhe zu lassen oder eher zu intervenieren?

    Hallo Anna,

    das schlimme ist, es ist egal was du tust, du kannst nicht verhindern, dass er trinkt, wenn er es will.

    Sicher hast du hier schon diverse Beiträge gelesen, dir wird aufgefallen sein, das Wort WENN kommt am häufigsten vor ... wenn er nicht mehr trinkt, wenn er einen Entzug macht, wenn er ... dann kann sich etwas ändern.

    Doch dazu muss er aufhören zu trinken! Völlig aufhören, nicht nur ein bisschen weniger trinken.

    WENN er weiter trinkt, wird es schlimmer werden. Durch deine Hilfe, Unterstützung kannst du diverse Dinge hinauszögern, doch verändern wirst du nichts, auf Dauer.

    Das ist die Realität, die Erfahrung.

    Damit fällt und steht alle Hoffnung: WENN ...

    er weiter trinkt, wird er auch den neuen Job nicht lange behalten, WENN ... wird auch irgendwann das Geld ausgehen, WENN ... das kannst du jetzt noch ewig so weiterführen.

    Wenn du dich nicht schützt, auch dein Hab und Gut, wirst du nicht gleich daran zerbrechen, doch froher werden wirst du nicht.

    Wenn er weiter trinkt, wird sich nichts ändern, egal wo er sich gerade aufhält, nichts wird " gut " werden.

    Er muss vom Alk loskommen, ohne wenn und aber, das ist meine Erfahrung.

    Schönen Sonntag & viele Grüße

  • Hallo Anna,

    Er wird planmäßig im Januar einen neuen Job antreten, wenn er jetzt aber sämtliche Termine im Vorfeld versäumt, dann wird das wohl nichts. Wer zahlt dann die Kreditraten vom Haus ab? Ich, und zwar alleine.


    Wer füttert ihn dann durch, bis er wieder auf die Füße kommt?


    Hat er überhaupt vor, jemals wieder in unser Leben zurückzukehren?


    Was ist mit all unseren Plänen, was ist mit den Einladungen zu Verwandten und Freunden in der Vorweihnachtszeit, zu denen wir bereits zugesagt hatten?


    All diese Fragen kann ich ja frühestens mit ihm besprechen, wenn er überhaupt wieder ansprechbar ist, und so lange muss ich mit ihnen leben. Also wäre mir schon sehr geholfen, wenn er möglichst schnell in einen Entzug kommen würde, sodass es wenigstens eine Perspektive gibt. Aber dafür müsste vermutlich schon wieder ich diejenige sein, die aktiv wird, denn bei ihm kann das noch dauern und dann ist zumindest der neue Job vermutlich futsch.

    du stehst gerade vor lauter Ungewissheiten und der Frage: rette ich ihn weiterhin, damit auch mein Leben gut weitergeht oder riskiere ich das alles, lasse ihn weiter fallen - mit ungewissem Ausgang?

    Mein Mann und ich haben es nicht geschafft. Ich habe sehr lange alles, was ich nur irgendwie konnte, ausgeglichen. Heute frage ich mich, was geschehen wäre, wenn ich zu einem viel früheren Zeitpunkt ganz konsequent und hart gehandelt hätte. Ähnliche Fragen wie deine haben mich dazu gebracht still zu halten und kein Risiko einzugehen. Gebracht hat es mir, dass nun unsere Familie zerbrochen ist. Ich weiß natürlich nicht, was passiert wäre, wenn ich zu einem früheren Zeitpunkt alle Konsequenzen bei ihm gelassen hätte. Wäre er rechtzeitig aufgewacht, noch bevor unsere Ehe so gewaltigen Schaden genommen hat? Keine Ahnung. Viele Alkoholiker schaffen es ja leider nie, egal wie tief sie fallen.

    Könntest du irgendetwas für dich tun, damit du im Falle des Falles halbwegs unbeschadet aus dieser Situation herauskommst?

    Ich rege mich gerade etwas über diesen Therapeuten auf. Kann der nicht mal was für sein Geld tun, Deinen Mann im Hotel besuchen und ihn zu einer Entgiftung schleppen?

    Würde dann nicht auch der Therapeut ziemlich coabhängig handeln? Sollte nicht der Mann selbst seine Entgiftung unbedingt wollen, damit die Chancen höher sind, dass er es diesmal schafft?

  • Zitat

    Gar nichts tun und ihn in´s offene Messer laufen lassen?

    Gar nichts für ihn tun und ihn seinen Tiefpunkt erreichen lassen...

    Der Tiefpunkt kann zu seinem Wendepunkt werden. Wenn du ihm immer wieder den Weg ebnest, wird er nicht laufen lernen.

    Es wird kein Hau-Ruck-Prozedere werden. Trocken werden ist langfristig zu sehen, wenn er denn überhaupt will.

    Sein Therapeut scheint kein spezieller Suchttherapeut zu sein, oder? Denn er drängt dich mit solchen Verhaltensverschlägen tief in die Co-Abhängigkeit. Ich würde da konsequent Nein dazu sagen. Dein Mann ist selber für seine Trockenheit verantwortlich. Und Trockenstreicheln hat noch nie geklappt, wenn man von den Erfahrungen hier im Forum ausgeht.

    Eine Bitte habe ich: Bitte schreibe nicht all zu viele Details über sein Leben, denn er bzw. du (Anna84) könnte im www wiedererkannt werden.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Anna!

    Willkommen im Forum. Ich bin Sam, alkoholiker - trocken, lese hier hauptsächlich mit.

    Ich hatte eine ähnliche Erfahrung mit einer therapeutin.

    In ihrem wartezimmer füllte ich noch einen fragebogen, ob ich alkoholiker wäre, aus. Das ergebnis: voll zutreffend.

    In der sitzung, fand sie anschließend, ähnliche gründe, wie bei deinem mann. "Sie stehen unter druck", "familie mit 2 kinder", "stressige vollzeitarbeitsstelle mit Verantwortung und überstunden", "hoher anspruch an mich selbst", "corona"... typischer burnoutfall, alkohol ist das symptom.

    Ich hatte so wie dein mann 2 optionen:

    A) rausgehn in den supermarkt gehn bierkaufen und mit der ärztlichen legitimation weitersaufen. Alle anderen sind schuld an meinem burnout und ich saufen muss um es zu ertragen.

    B) rausgehen, bierkaufen - mut antrinken - meiner frau eingestehen dass ich alkoholiker bin und ich es aktuell gänzlich nicht im griff habe. Und was wichtiger war, das gleiche mir selbst gnadenlos ehrlich eingestehen.

    Weiter gings dann mit aufrichtiger hilfesuche suchtberatung (in meinem fall keine therapeutin aber def. Mehr ahnung von alk.) - suchtklinik mit entzug.

    Heute weiß ich burnout ja aber wegen der trinkerei und nicht umgekehrt.

    Alkoholiker tendieren dazu eine illusion aufrechtzuhalten, das ist anstrengend, viel arbeit und zusätzlich wird auch getrunken. Klar, dass man dabei leicht ausbrennen kann.

    Da dein mann schon erfahrung hat wird er wohl option a) und b) kennen.

    Alles Gute!

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