Guten Abend liebe Forenmitglieder,
es ist nun etwas länger her dass ich in meinem Thread geschrieben habe, aber mittlerweile sind 5 Monate ohne Alkohol rum. Ich fühle mich gut.
Während der letzten Zeit habe ich immer hin und wieder über die Zeit davor nachgedacht, aber auch nicht endlos gegrübelt. Fast schon mit einem Lächeln und einem Kopfschütteln fragend, wie konnte ich es nur so lange soweit kommen lassen. Ist nunmal so, ich habe nach vorne geschaut um wenigstens dieses mal was draus zu lernen und nicht wie die male davor überzeugt zu sein, ich wüsste es eh besser.
Ich war dem Forum natürlich nicht abhanden gekommen und habe meistens mindestens einmal am Tag vorbeigeschaut. Dabei habe ich vermehrt die Geschichten der Cos gelesen und mich, wie viele andere hier sicher auch, in der ein oder anderen (in vielen) wiedererkannt. Da kann ich fast nur sagen, gut, dass ich es noch rechtzeitig geschafft habe ernsthaft die Richtung zu korrigieren und fast schon ein Wunder, dass meine bessere Hälfte noch da ist.
Was mir besonders bei den Geschichten der Cos aufgefallen ist, ist die mangelnde Einsicht des Alkoholikers, dass er ein Problem hat. Ich kann mich da nur zu gut reinversetzen und weiss wie ich gehandelt hätte. Genau so. Null Einsicht, lasst mich alle in Ruhe, ich hör schön auf wenn mir danach ist, es ist nur Alkohol, machen andere ja auch, ist mir egal ob euch das gefällt, wenns euch nicht passt dann geht doch, ich brauche euch nicht solange ich mich und meinen Alk habe.
Jetzt nach 5 Monaten kann ich dieses Gefühl immernoch nachempfinden. Es ist nicht so als wenn ich auf diese Zeit voller Unverständnis blicke, ich verstehe sie sogar sehr gut, fast so als wenn es gestern oder immernoch so wäre. Diese Seite an mir ist nicht weg, ganz im Gegenteil, sie ist in greifbarer Nähe. Man könnte sagen, eine Armlänge zum Glas weit entfernt. Es ist schon merkwürdig sich einzugestehen, dass 2 Personen in einem Körper leben. Der nasse und der trockene Alkoholiker. Es liegt jetzt einzig in meiner Verantwortung, welche Person den Ton angibt. Beide sind laut wenn Sie erstmal zu Wort kommen. Ich verstehe diesen Satz "nur ein Glas entfernt" immer besser. Würde ich jetzt nur ein Glas trinken, wäre der nasse Alkoholiker wieder am Zug. Einen sehr langen Zug.
Mit der Zeit ist auch meine Bewunderung für dieses Forum gewachsen. Es ist für mich eine Konstante. Ich weiss was mich hier erwartet, ich weiss woran ich bin, und vor allem weiss ich, dass hier nichts weichgespült wird. Danke dafür!
Nun noch kurz ein Update:
1. Die Gedanken an Alkohol sind sporadisch. Sie sind täglich da, aber 99% der Zeit denke ich nicht an Alkohol. Er spielt keine Rolle in meinem Alltag. Ganz verschwunden ist er aber bei weitem nicht, da reicht schon eine Bier-Werbung im Fernsehen und ich erinnere mich wieder.
2. Süssigkeiten sind weniger geworden, aber ich esse dennoch gerne unnötigen Zucker-Krams. Dennoch merklich weniger als am Anfang.
3. Schlaf, Gesundheit, Hautbild, Haare, alles hat sich positiv entwickelt. Könnte auch daran liegen, dass ich mehr wert auf mich lege als früher.
4. Ehe ist wie ne Ehe nunmal ist. Harmonisch mit den obligatorischen Gewitterwolken von Zeit zu Zeit. Nur dass ich jetzt nicht in 99% der Fälle der Grund für Streit bin.
5. Soziales Umfeld hat gelitten. Ein paar gute Freunde sind da, mit denen läuft es auch super. Viele haben mir den Rücken gekehrt. Ob das an der Distanz liegt, kein gemeinsamer Alltag, oder weil ich es besoffen bei einigen gegen die Wand gefahren habe. Sicher ne Mischung aus allem, aber so ists nunmal. Den Preis muss ich zahlen und ich kann niemandem verübeln keinen Bock mehr auf mich zu haben.
Das wäre das Wichtigste kurz zusammen gefasst.
Für die die neu im Forum und am Anfang ihres abstinenten Lebens sind habe ich noch einen kleinen Rat: Die Euphorie am Anfang ist unheimlich stark, lässt aber mit der Zeit nach. Es scheint danach nichts mehr zu kommen, ausser der Tatsache dass man nun das gleiche Leben wie vorher hat, nur ohne Alkohol und der einhergehenden negativen Begleiterscheinungen. Dem ist jedoch nicht so! Es ist so viel mehr was sich massiv verändert, man muss eben nur genau hinsehen. Mit der Zeit sieht man es ganz deutlich. Nur nicht wegschauen 
Schönen Abend und liebe Grüße,
Paul