Was ist ein Trockerausch?

  • Hallo Zusammen,

    mir ist neulich etwas passiert was ich als Trockenrausch bezeichnen würde. Und meine alten Co-Verhaltensmuster waren wieder sofort da, also ein Co-Trockenrausch weil der Alki ja nicht getrunken hat. Aber alle Anzeichen eines echten Rausches waren da.
    Euphorisch, nicht zu hören können, überheblich, nichts ernst nehmen, wie in Trance hat sich mein Gegenüber(am Telefon) benommen, total veränderte Verhaltensweisen die ich nicht kannte da ich ihn nur trocken kenne, konnte ich für mich keine Vergleiche ziehen und war sehr unsicher.
    Aber meine Wahrnehmung sagte: Betrunken, Rückfall
    Bei mir ging es gleich ab, wie verhalte ich mich, was sage ich das er nicht sauer wird, um dann weiter zu saufen, denn dann wäre ich ja Schuld usw.
    Aber trotzdem hatte ich meine Zweifel ich konnte mir nicht vorstellen das er wieder angefangen hat zu trinken aber ich wollte auch meiner Wahrnehmung trauen.
    Das er sich an einem Unmöglichen Ort für einen Trockenen Alkoholiker befand wusste ich, 3-Tage Saufparty mit Freunden ohne Rückzugsmöglichkeiten, na ja halt nichts gelernt.
    Vielleicht jetzt.
    Später erzählte er mir das auch am nächsten Tag alle Anzeichen da waren wie zu Trinkenden Zeiten. Kater, nichts essen können, schlappes Gefühl das ganze dann ca. 3 Tage.
    Aber er sich sicher ist nicht getrunken zu haben, selber sich dieses Gefühl auch nicht beschreiben konnte.

    Für mich war wichtig das ich meiner Wahrnehmung trauen konnte aber auch sehen konnte an welchen Verhaltensweisen ich noch arbeiten muss.

    Kann das nun ein Trockenrausch gewesen sein?
    Und seh ich das richtig das es eine Vorstufe des echten Rückfalles ist?
    Und ist es egal wie lange man trocken ist um so was zu erleben und nicht genug für sich tut?

    Ich bin sehr gespannt auf eure Erfahrungen und Meinungen.

    Liebe Grüsse
    Elocin

  • Hallo,

    Trockenrausch? Was ist das denn? Würde mich über eine Definiton sehr freuen.

    VG
    Oliver

  • Hallo zusammen,

    spannende Frage! Eine wirkliche Definition kann ich leider nicht bieten, aber zumindest habe ich eine grobe Idee.

    Ich persönlich empfand meine ersten abstinenten Tage und auch Wochen teilweise sehr positiv -stellenweise sogar euphorisch- durch die Tatsache, dass ich eben nichts mehr trinke. Allein aus dieser Tatsache heraus hat sich ein positives Erleben gebildet. Also ein gutes Gefühl (Rausch) durch nicht trinken (trocken).

    Das ist jetzt allerdings auch schon einige Tage her und meine Abstinenz erzeugt keine solchen ‚Freudentänze’ mehr in meinem Kopf, weil sie einfach schon zu einem guten Stück Normalität geworden ist.

    Möglicherweise käme es wieder, wenn ich auch solche Dinge tun würde:

    Zitat von Elocin

    Das er sich an einem Unmöglichen Ort für einen Trockenen Alkoholiker befand wusste ich, 3-Tage Saufparty mit Freunden ohne Rückzugsmöglichkeiten, na ja halt nichts gelernt.


    Aber das möchte ich eigentlich gar nicht ausprobieren :wink: .

    Nach diesem Verständnis ist der Trockenrausch zwar keine Vorstufe eines echten Rückfalls, aber doch ein gutes Zeichen dafür, dass man sich in seinem Denken noch nicht ausreichend vom Alkohol gelöst hat. Und das erhöht zumindest das Risiko für einen Rückfall.

    Kann aber auch alles Blödsinn sein, was ich da jetzt geschrieben habe, also freue ich mich auch auf weitere Meinungen :wink:.

    Liebe Grüße

    J.

    Was ist, ist - was nicht ist, ist möglich! ///// 17.07.07

  • Hallo Elocin,

    für mich ist ein Trockenrausch sowohl beim Alkoholiker wie beim Co-Abhängigen denkbar.

    Ich erlebe es, daß meine Frau trotz 1jähriger Abstinenz ein Verhalten an den Tag legt, daß gefühllos, lieblos und mit einer egoistischen Überheblichkeit oder auch altbekanntem Größenwahn ausgestattet ist, wie ich es in nassesten Zeiten selten erlebt habe. Was da für verstrickte Gedanken aufkommen kann ich weder nachvollziehen, noch besteht dazu Bedarf, es ist ihr Leben, ihre unbefriedigte Ungenügsamkeit.

    Ich erfahre mich selbst, wie ich in solchen Situation in meinen Co-Rausch zurückfalle. Etwas in meinem Hirn schaltet sich ab, ich bekomme paranoide Vorstellungen, die über Eifersucht, bröckelndes Selbstbewußtsein, Aktivierung von Kontrollzwängen und der festen Überzeugung sie säuft wieder oder krampfhaftem Suchen nach Begründungen gehen. Ich reagiere wie zu nassen Zeiten und lasse mich in Besitz nehmen, werde labbelig, irritiert und schaffe es mich zu verlieren.

    Das einzige Gegenmittel bin ich, für mich, zurück.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo @all,

    ich versuche ja, die Zeit, in der ich getrunken habe, sinnvoll auszufüllen.

    Wenn ich mich dann meine neues "Hobby" dermaßen beschäftigt, ich mich quasi darin fange, endet es im Trockenrausch. Ohne das Suchtmittel Alk, aber mit ähnlichen oder gleichen Konsequenzen bzw. Verhaltensweisen.

    Ich mache quasi nichts mehr für mich, sondern nur noch für das "Hobby".

    Ein Mitpatient hat (nach Aussage des Therapeuten) auf diese Art (Hobby: Musik machen, Vereinsarbeit) zwanzig Jahre auf seinen Rückfall "hingearbeitet".

    Es ist wie es ist:Die Dosis macht das Gift.


    LG kommal

    unterwegs...

  • Mh, hab mich da mal n bisi schlau gemacht ... :wink:

    Ein Trockenrausch ist ein Rückfall in alte Verhaltensmuster, bzw. diese nie wirklich abgelegt zu haben.

    Großspurigkeit, unangemessenes Verhalten, erneuter Realitätsverlust, starre Sichtweisen, schnelles Beleidigtsein, selbstüberschätzendes Verhalten, Maßlosigkeit, Ungeduld und sofortige Belohnungen für Leistungen abzufordern, zwanghaftes Streben nach Perfektionismus… u.v.m. gehört charakteristischerweise dazu.

    Dem Trockenrausch liegt zugrunden, das der Betroffene sich im innersten nicht so akzeptieren kann, wie er nun mal ist.

    Im Trockenrausch fällt man somit in ungemessenes, früheres „unreifes“ Verhaltensweisen zurück, ohne zu trinken.
    Also könnte es gefährlich werden, auch irgendwann wieder zum ersten Glas zu greifen, denn Rückfälle in alte Verhaltensmuster begünstigen auch immer einen realen Rückfall.

    Der Trockenrausch ist im Grunde nur ein anderes Wort dafür, keine tiefgreifenden Verhaltensveränderungen herbeizuführen und so eine zufriedene Trockenheit erreichen zu können und so dann gut sein Leben meistern zu können.

    LG
    Lilly

  • Hallo Elocin,

    Ich kann Lilly12 hier aus meinen persönlichen Erfahrungen vollkommen Recht geben. Der wohl von den AA stammende Begriff Trockenrausch beschreibt eine Situation, in der der Alkoholiker das gleiche Verhalten zeigt, dass er zu nassen Zeiten unter Alkoholeinfluss gezeigt hat - ohne einen Tropfen getrunken zu haben. Dieses Verhalten wird - anders als der "Flash-Back" bei Drogenabhängigen - allein von der Psyche gesteuert und deutet darauf hin, dass der Betroffene noch nicht gelernt hat, auf Probleme mit sich selbst und seinem Umfeld adäquat zu reagieren. In solchen Situationen ist der Schritt in einen echten Rausch, sprich: in den Rückfall, häufig sehr nah. Der erlebte Zustand sollte Deinem Bekannten daher dringend das Signal geben, seinen Weg in die Abstinenz ernsthaft und bestimmt voran zu bringen.

    Dass auch Deine Reaktion als (ehemalige ?)Co im beschriebenen Fall noch Unsicherheiten aufgezeigt hat, ist Dir selbst ja schon bewusst geworden.
    Und Du weißt auch, dass Deine Antworten oder Reaktionen in dieser Situation einen geplanten oder tatsächlichen Rückfall Deines Bekannten
    nicht verhindert hätten. Er war in der Phase dieses "Rausches" genau so wenig ansprechbar wie er es im echten Rausch gewesen wäre.

    Liebe Grüße
    lumho

  • Hallo lumho,

    mh, ich fragte mich gestern, ob ich denn schonmal einen Trockenrausch hatte, vermag es aber nicht so recht zu beurteilen. Denn die aufgeführten Verhaltensweisen eines Trockenrausches traten dabei nicht ein.
    Das passierte mir zum Anfang meiner Trockenheit, als ich 1 Jahr lang nirgends hinging.
    Dann besuchte ich eine Geburtstagsfeier meines Bruder, aber nur nachmittags, zum Kaffee, da gab es also gar keinen Alk. Wir waren eine lustige Runde, quasselten viel, lachten viel und freuten uns alle, mal wieder zusammen sein zu können.

    Auf der Heimfahrt fühlte ich mich regelrecht angenehm berauscht, euphorisch und guter Laune, und doch machte mich dieses Gefühl stutzig. Und jetzt durch dieses Thema wieder erinnert, muß ich feststellen, das ich DOCH in eine alte Verhaltensweise zurückfiel, denn auch früher besuchte ich ja Partys, quasselte und lachte dort viel.
    Ob ich danach allerdings auch Katergefühle hatte, weiß ich nicht mehr. Und das passierte mir noch einige Male ähnlich.
    Heute ist das allerdings nicht mehr so, ich besuche weiterhin Feiern, wo nich gesoffen wird, aber dieses Gefühl tritt nicht mehr auf.

    Mal so zurückbetrachtet, war es evtl. eine gefährliche Situation für mich ? Denn dieses euphorische Gefühl hätte evtl. auch zu Saufdruck führen können.

    Tja, da kann man mal sehen, was unser Oberstübchen manchmal für seltsame Blüten treibt, es ist NICHTS vergessen, sogar ein Rauschzustand trat auf, ohne getrunken zu haben.
    Kennen denn andere Trockene auch solche Rauschzustände nach angenehmen Erlebnissen ?
    Und würdet ihr das als gefährlich für Eure Trockenheit betrachten ?

    LG
    Lilly

  • Zitat

    Kennen denn andere Trockene auch solche Rauschzustände nach angenehmen Erlebnissen ?
    Und würdet ihr das als gefährlich für Eure Trockenheit betrachten ?


    Liebe Lilly, die kenne ich auch.
    Bin gerade sogar ein wenig geschockt, das Du diese Momente
    mit etwas negativem vergleichst. Ich habe mir in solchen
    Momenten der Glückseligkeit und Freude immer geasgt:
    Mensch Paolo, es geht doch. Man kann sich auch absolut
    wohlfühlen ohne Alk".
    Oder bin ich jetzt auf einem ganz verkehrten Dampfer Lilly?

    LG
    Paolo

    Als ich auf einer Kaufhaus-Kundentoilette in meiner eigenen Kotze aufwachte, hätte ich aufhören müssen zu saufen.
    Da war ich gerade mal 20 Jahre alt.
    Es sollten aber noch 30 Jahre vergehen!

  • Hallo Paolo,

    ich empfand das nicht als negativ, ich denke nur so drüber nach, wohin so euporische Stimmung auch führen kann ...
    Ich sehe das eher so wie Du, das ich mich auch ohne Alk köstlich amüsieren kann, aber son leichter Rauschzustand war unverkennbar da, vielleicht durch ausgeschüttete Glückshormone ? Ich weiß es echt nicht.

    Ansonsten fiel ich ja auch in keine anderen Verhaltensmuster zurück, als es vorbei war, war ich wieder die trockene Lilly :wink: keine weitere "Großkotzigkeit" stellte sich nicht ein, nur meine ganze normale halt :lol:

    LG
    Lilly

  • Hallo ihr Lieben,

    vielen Dank für eure Beiträge, haben mir sehr geholfen.

    Liebe Grüsse
    Elocin

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