Hallo,
ich bin schon lange hier im Forum angemeldet, schreibe aber jetzt zum ersten Mal. Ich bin 36 Jahre alt und meine Mama ist Alkoholikerin. Leider jedoch streitet sie den Konsum immer ab. Ich habe vor mehr als zwei Jahren starke Depressionen bekommen, hatte echt schlimme Selbstmordgedanken. Wir hatten damals grossen Streit mit meinen Schwiegereltern, mein Mann und ich haben kurz vorher geheiratet und wir wohnten auch bei den Schwiegereltern in einem für uns gekauften Haus in Miete. Also keine leichte Situation. Ich bin jedoch selbst zum Arzt gegangen, habe Antidepressiva genommen und habe eine Psychotherapie gemacht. Im Laufe der Therapie hat sich dann der Alkoholkonsum von Mama herauskristallisiert. Irgendwie bei einem Sprung in die Vergangenheit ist mir klar geworden, dass der Alkohol in unserer Familie schon immer eine grosse Rolle spielte. Egal welche Fotos ich von früher anschaue, es stehen immer Bier und Schnaps aufm Tisch. Erschreckend! Wenn ich meine Periode hatte und mich vor Krämpfen kaum halten konnte, bekam ich von meiner Mutter Cognac. Der half tatsächlich, aber die Lösung ist es nicht. Ich war ja noch minderjährig.
Na ja jedenfalls habe ich durch meine Therapie herausgefunden, dass meine Mama grösstenteils an meinen Depressionen Schuld ist, bzw. nicht sie, sondern ihre Trinkerei. Bevor ich die Therapie begonn trank sie tagtäglich und zwar nur Schnaps. Sie war oft benommen und auch teilweise bewusstlos, denn zum Schnaps gesellten sich dann noch Schmerz- oder Schlafmittel in Mamas Magen. Ich hatte mich damals von meinem Ex getrennt und musste leider 3 Wochen bei meinen Eltern wohnen. Diese 3 Wochen waren die Hölle. Ich wurde nicht nur direkt mit der Trinkerei konfrontiert, sondern ich erlebte auch den "bösen Suff" meiner Mutter. Ich habe auch bei ihr sauber gemacht, denn dazu war sie nicht mehr in der Lage. Ich kann euch gar nicht sagen, wo überall ich die Flaschen gefunden habe. Es war grausam. Irgendwann fasste ich den Entschluss mich meinem Vater anzuvertrauen bzw. ihn mal darauf anzusprechen. Er bestätigte alles und war froh, dass er auch mal jemandem zum reden hatte, denn für uns war das alles nach aussen hin total peinlich. So sprachen wir natürlich auch die Mama darauf an, mal im nüchternen, mal im besoffenen Zustand. Wobei wir nie genau wussten wann sie denn nüchtern ist. Sie stritt alles ab, wurde frech und gemein und total beleidigend. Wir sprachen auch ihren Arzt an. Der stritt das jedoch auch alles ab. Der schickte sie zu einem Neurologen, der ihr dann sehr starke Tabletten verschrieb. Mit diesen Tabletten wurde aber alles nur noch schlimmer. Na ja, so ging es dann eine ganze Zeit lang. Irgendwann ging es dann vom täglichen Konsum in den Quartalskonsum über, sofern man das wirklich so bezeichnen kann. Denn sie trinkt nimmer regelmässig, sondern zu gewissen Zeiten. Wenn gerade irgendwas passiert ist, wenn es einem von uns (ihren Töchtern) schlecht geht oder wenn sie gerade total depressiv ist. Und leider immer dann, wenn wir sie gebraucht hätten, war sie besoffen.
Mittlerweile halte ich mich immer mehr auf Distanz. Ich habe ihr offen gesagt, dass ich mit ihr nix zu tun haben will, wenn sie getrunken hat und dass ich sie als Mutter vermisse. Ich habe ihr auch gesagt, dass ich ihr nicht helfen kann, weil sie keine Hilfe will und dass auf ihrem Grabstein steht, dass sie sich totgesoffen hat. Ich habe mittlerweile 2 süsse Jungs, nicht mal für die kann sie da sein. Mein Vater hat resigniert, der nimmt sie hin, so wie sie ist. Er lässt sie (so sagt er) ihre zwei Gläser Wein trinken, wenn sie mal essen gehen und ansonsten gibt es Schreierei, wenn sie getrunken hat, wenn er nicht da war. Er traut sich nicht, sie fallen zu lassen, auch wenn wir ihn schon oft dazu ermutigen wollten. Aber na ja, jedenfalls geht es mir so wie oben beschrieben und das ist nur ein klitzekleiner Bruchteil von dem, was alles geschehen ist.
Jedenfalls denke ich, dass das jeder, der trinkende Eltern hat, fast genau so erlebt oder erlebt hat und ich hoffe, dass wir uns hier gegenseitig ein bisschen unterstützen können.
LG Tanja