Sleepless72 - Meine Mutter trinkt

  • Oh Mann, ich hab für nen Moment voll das Tief. Könnte grad losheulen, mag es aber den Kindern nicht zumuten. Mum war heute wieder ehrenamtlich tätig. Danach ruft sie immer an und will mir ihren Kram andrehen, der übrig war. Vielleicht ist es gut gemeint, mich nervts.

    Sie hat mal irgendwann meiner SChwester gegenüber erwähnt, dass sie bei mir früher viele Fehler gemacht hätte und auch ein schlechtes Gewissen hat. Was genau sie damit gemeint hat, hat sie jedoch nicht gesagt. Ich weiss es bis heute nicht. Mich würde es schon interessieren. Mich würde auch interessieren, warum sie immer mich so nieder macht, wenn sie besoffen ist. Dann bin ich immer wie ein Magnet für sie. Ehe gescheitert, dadurch viele Schulden gehabt usw. so was wirft sie mir dann vor. Und immer stellt sie sich dann dahin, als wär sie das Opfer, als wäre sie in der schlimmen Lage. WÄRE SIE BLOSS MAL FÜR MICH DA GEWESEN; ALS ICH IN DER SCHLIMMEN LAGE WAR!!! Da hätte sie mal ganz Mutter sein können.....

    Heute sind fremde Menschen mehr Mutter als meine eigene!

  • Ach Sleepless!
    *umarm*
    Das Problem ist, dass sie eine verzerrte Ansicht ihrer "Elterlichen Pflichten" haben. Wenn man keine Probleme hat erfinden sie welche damit sie sich um einem kümmern können. Hat man Probleme und kann nun mal wirklich nicht noch mehr gebrauchen, dann werfen sie einem die eigenen Probleme vor und umranden sie rot.

    Vielleicht sieht sie bei Dir dass Du schon einiges überstanden hast...wäre vielleicht auch gerne so stark...

    Komm, fass es als Kompliment auf ;) Ich weiss, es ist eigentlich nicht zum Lachen!

  • Ja, Dinchen, danke schön *zurückumarm*!

    Ich weiss das alles, aber mir fehlt es oft an der Umsetzung der Gedanken. Ich habe in meiner Psychotherapie gelernt, dass ich wohl als erste aus dem Teufelskreis ausgebrochen bin. Dass ich die erste Co-Abhängige bin, die keine mehr sein will. Ich habe mich als erste gegen ihre Trinkerei aufgelehnt, habe ihr als erste angedroht, nix mehr zu vertuschen oder geheim zu halten. Ihr angedroht, wenn sie es nächste mal bewusstlos herum liegt, die schlaftabletten ins klo zu drücken und den Notarzt zu rufen. Denn Selbstmordandrohungen gabs ja auch schon genügend. Natürlich treffend in den Momenten, in denen ich selbst gerade so am Ende war. Es gibt Tage, da hasse ich sie, es gibt Tage, da weiss ich nicht ob ich sie lieb hab, aber irgendwas gutes fühl ich doch. Es ist echt einfach nur alles mies und gemein. Sie bringt sich in eine Abhängigkeit, Krankheit, wie auch immer "die Gesellschaft" es nennt und ich bade es aus.

    Ich wollte ihr irgendwann mal zeigen, wie es ist und hab ihr erzählt, ich wäre tablettenabhängig (stimmte nicht). Da hat sie nur abgewunken. Da haben wir aber auch zu dritt auf sie eingedonnert. Papa, meine Schwester und ich. Klar, dass sie sich dagegen wehrte und es abstritt. Auch als wir alle am Tisch sassen und weinten hatte sie noch so viel Hass in sich.....

    Warum kann ich mich nicht einfach von ihr loslösen? Warum kann ich nicht einfach den Kontakt komplett abbrechen? Mir fehlt es da an Kraft hinterher nicht total in Schuldgefühlen zu versinken.

  • Hm... Also dass Du keine Schuldgefühle haben musst, das weisst Du ja...sicher schon genügend gehört! Leider sind sie Weltmeister im Einreden von Schuldgefühlen...

    Du bist gut so wie Du bist und wenn Du schon als erste den Mut hattest Dich dagegen zu stellen, sehr stark!

    Manchmal braucht loslösen glaub ich verschiedene Ursachen...bei mir war es die Wut die sich immer stärker entwickelt hat gegenüber meiner Mutter. Irgendwann hab ich bemerkt dass von dem was mal meine Mutter war nicht mehr viel übrig ist...so fiel es mir leichter damit anzufangen.

  • So Leute, ich hab mich wieder aufgerappelt. Hab dem grossen was vorgelesen, mit ihm gespielt, ihn dann bettfertig gemacht. Dann kam der Mini an die Reihe, den hab ich gestillt und die Ruhe mit ihm einfach nur genossen. Ich habe vorm Aquarium während des stillens gesessen und das hat unglaublich gut getan. Mein Mann ist an unserem Wochenendgrundstück, da muss einiges gearbeitet werden. Da unser grosser aber ne Erkältung hat ist mir das zu kühl und feucht draussen, um im Wohnwagen zu übernachten. Ich vermisse ihn, obwohl er erst seit gestern dort ist. Morgen fahre ich mit den Kids zu ihm, wenn das Wetter es zulässt.

    Nichtsdestotrotz geht es mir wieder gut. Es war ein kurzer Anfall von Krise, die ich aber ganz ganz schnell vertrieben habe.

    Ich bin euch sehr sehr dankbar und ich bin froh, dass ich irgendwann mal im letzten Jahr auf dieses Forum gestossen bin, auch wenn ich jetzt erst kürzlich angefangen habe daran teilzunehmen.

    Na ja, ich schau jetzt mal was so im TV läuft, esse was kleines und gehe dann früh schlafen.

    Ich wünsch euch einen schönen Abend, ich melde mich morgen in alter Frische. :)

  • hi tanja

    Zitat

    Mich würde auch interessieren, warum sie immer mich so nieder macht, wenn sie besoffen ist


    kann ich nachvollziehen, bei mir und meinen geschwister macht mei mutter auch unterschiede. warum kann ich nur vermuten, manchmal denk ich mir das ihre handhabung daher rührt, wie sehr wir sie an unseren vater erinnern - desto mehr ähnlichkeit desto größer ihre ablehnung :roll: is aber nur ne vermutung und letzten endes isses mir inzwischen eh egal - soll sie doch wenn se mag :roll:

    Zitat

    Natürlich treffend in den Momenten, in denen ich selbst gerade so am Ende war.


    evtl auch so treffend weil wir sie da eben gebraucht hätten und es gerade deswegen nicht so einfach wegwischen läßt. wir neigen dazu zu vergessen, vielleicht aus selbstschutz damit wir nicht hohldrehen könnt ich mir vorstellen... ich denke aber schon das wir die normalen tage wo sie betrunken sind leichter verdrängen können, während wir an den anderen tagen erwartungen haben - sei's etz aus freude oder aus leid - dementsprechend sind wir hinterher enttäuscht :cry:

    dahinter steht keine absicht, sie möchten uns nicht absichtlich verletzten auch wenn es bei uns so rüberkommt - das macht ihre krankheit aus ihr, ja ich weiß das du noch probs mit hast die alkoholsucht als krankheit zu akzeptieren :? laß dir zeit...

    helfen können wir bei der krankheit nicht, das is das schwierige dran ich weiß... aber nur mal so als überlegung: angenommen ein freund oder so bricht sich das bein, jammert evtl. die ganze zeit rum aber weigert sich zum arzt zu gehn, ganz egal was du sagst... hättest du in dem fall mit ihm mitleid??? so viel anders is die situation nämlich gar nicht...

    liebe grüße -Dani-

  • Hallo Sleepless,

    Deine Mutter ist Alkoholikerin. Alles, aber restlos alles wird der Legitimation des Alkohols und seiner Beschaffung untergeordnet. Erst kommt er und dann irgendwann dahinter kommen Dinge wie Kinder, Familie, Arbeit, Sozialleben in individueller Reihenfolge.

    Damit der „Freund“ Alkohol nicht gefährdet wird, wird so ziemlich alles getan. Lügen gehört wie selbstverständlich dazu. Saufen macht einsam, also wird etwas dagegen gebraucht. Es wird durch aus gesehen, dass das was man tut so nicht weiter gehen kann, aber es wird verdrängt, weil es Sucht ist. Als Verdrängungshilfe brauchts dann „Gründe“.

    Es wird also dafür gesorgt, dass man nicht allein ist, man versucht Menschen an sich zu binden. Obwohl man sich nicht zum Sympathen entwickelt dadurch das man ständig betrunken ist. Emotionale Erpressung wie z. B. ich liebe Dich doch, Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben, Du bist Schuld das ich trinke, dann kann ich mich ja umbringen und was es da noch so gibt, gehört dazu. Menschen werden gegeneinander ausgespielt, der versteht mich nicht, aber Du und umgekehrt. Man sagt was man denkt das andere hören wollen oder was man glaubt was das beste in der Situation zum Erhalt des Alkohols ist. Das einem irgendwann nicht mehr geglaubt wird, wird verdrängt und ignoriert. Denn Erkenntnis kollidiert mit dem Alkohol und den will man nicht verlieren. Allein der Gedanke ist beängstigend und führt meist zu noch größerem Konsum.
    Die Suche nach „Gründen“ um den eigenen Konsum zu rechtfertigen, sind ebenso vielfältig. Da ist der böse Mitmensch, da sind die undankbaren Kinder und da sind die anderen die an allem Schuld sind. Auch ein Streit ist ein willkommener Anlass. Wenn es keinen Grund gibt, wird einer geschaffen, wenn das nicht gelingt ein Streit vom Zaun gebrochen. Da ist das Selbstmitleid, was auch als „Grund“ herhalten muss, ich bin arm dran, es geht mir schlecht. Ob andere das so sehen, ob das wirklich so ist, interessiert nicht. In diesem Rahmen können wir sicherlich alle viele Geschichten erzählen, aber sie haben alle eine Gemeinsamkeit, einzig was interessiert ist der Alkohol, es ist kein Platz mehr für andere oder anderes.

    Das alles ist keine Böswilligkeit, Renitenz, Gedankenlosigkeit oder was auch immer das sind Folgen und Erscheinungen der Sucht. Das kann man nicht wegreden, da bringt alles diskutieren nichts, es ist Sucht. Sucht folgt ihren eigenen Gesetzen und dazu gehört vor allem keine Logik und kein Realitätssinn.

    Besser ist es, dass zu akzeptieren, als immer wieder dagegen angehen zu wollen. Deine Mutter ist, wie sie jetzt ist, das wirst Du nicht ändern. Auch diese „Erscheinungsform“ ist Deine Mutter. Es ist nicht nur die Frau von früher, sondern es ist auch die Frau heute. Egal wie sie sich verändert hat und warum.

    Ich weiß wie weh das tut auf diese Art von der eigenen Mutter missbraucht zu werden, dass habe ich lange genug mitgemacht. Ich war oft genug tief verletzt und habe mich auch über die himmelschreienden Ungerechtigkeiten mir gegenüber aufgeregt. „Es muss doch aber gehen.....“ oder „Sie muss doch aber sehen oder einsehen.......“ oder „Ich will doch nur dass sie...... „ Ich weiß wie schwer die Veränderungen zu ertragen sind, wie sehr man sich nach glücklichen Tagen sehnt. Aber auch das ist nicht zu ändern. Sie kommen nicht wieder, selbst wenn sie trocken wird. Besser das akzeptieren, als mit den schönen Erinnerungen die Hoffnung auf eine Zukunft zu nähren, von der man nicht weiß, ob sie überhaupt kommt.

    So widersprüchlich sich das anhört und so schwer es ist, das zu begreifen und zu akzeptieren, weil es einfach nur verletzt und wehtut, es ist nicht persönlich gemeint. Es geht nicht gegen Dich, sondern es ist für den Alkohol. Das ist kein entscheiden zwischen Dir und dem Alkohol. Deine Mutter ist abhängig, sie hat sich schon lange für den Alkohol „entschieden“. Doch das war keine bewusste Entscheidung, schon gar keine Entscheidung gegen Dich, Sucht ist keine bewusste Entscheidung. Wenn es eine wäre, wäre es keine Sucht.

    Die einzige Entscheidung die sie treffen kann, ist gegen den Alkohol, aber damit nicht für Dich, sondern für sich. Natürlich ist das alles keine glückliche Entwicklung für eine Mutter, aber auch danach fragt Sucht nicht. Außerdem ist sie nicht nur Deine Mutter, sondern auch eine ganz normale Frau mit Stärken und Schwächen. Ich weiß es ist schwer zu akzeptieren und sehr schmerzhaft, dass man als Kind bei der eigenen Mutter weit nach dem Alkohol kommt. Aber das Ignorieren dieser Tatsache, lässt sie auch nicht verschwinden.

    Die einzige die hier etwas tun kann bist Du und zwar für Dich. Sie wirst Du nicht ändern können, egal wie sehr Du es versuchst, egal was Du sagt, was Du tust oder auch nicht. Entweder Du änderst etwas für Dich oder es wird nichts passieren, ihr macht immer weiter wie bisher. Du bist weiter verletzt, regst Dich auf, vergeudest Dein Leben.

    Auf der einen Seite willst Du Ruhe, auf der anderen stehst Du aber immer wieder parat. Entweder Du nimmst Dich raus aus der Nummer oder Du bleibst drin, denn Deine Mutter wird Dich da nicht raus nehmen. Du kannst sie nicht vor sich selbst retten. Das ist es, was Dich in meinen Augen hält und davon abhält an Dich selbst zu denken. Du hoffst sie retten zu können, aber auch dass kann nur sie selbst.

    Du fragst Dich warum sie immer Dich als Opfer für Ihre Beschimpfungen nimmt, nun weil Du es zulässt.

    Ich habe jahrelang darunter gelitten, dass meine Mutter mich als Mülleimer benutzt hat. Egal was für Probleme ob tatsächlich oder eingebildet, egal ob Eheprobleme oder andere familiäre Unstimmigkeiten, alles wurde bei mir abgeladen. Ob Probleme mit dem Vater bei der Tochter gut aufgehoben waren, interessierte sie nicht. Ich wurde zugeschüttet, litt immer mehr, weil ich nur dazwischen hing, weil ich wusste warum sie die Probleme hatte, weil sie soff. Ich traute mich aber nichts zu sagen, ich wollte sie doch nicht verletzen, sie nicht allein lassen, sie hatte außer mir niemanden mehr mit dem sie reden konnte. Ich hatte Angst meine Mutter zu verlieren, Angst dass sie noch mehr trinkt, wenn sie keinen mehr zum reden hat.

    Irgendwann kam ich auf den Trichter, dass es nicht meine Aufgabe als Tochter ist, als Müllschlucker zu fungieren. Das es nicht meine Aufgabe ist die Suppe auszulöffeln, die sie sich mit saufen selbst eingebrockt hat. Ich habe angefangen nein zu sagen, ich will das nicht hören. Es funktionierte aber nicht. Ich wollte kein Mülleimer mehr sein, sagte nein, meinte es auch so und es funktionierte nicht. Wie bei Dir, Du gehst auf Abstand und trotzdem trifft es Dich. Es hat wieder eine Weile gedauert, bis ich begriff warum.

    Wenn sie betrunken war, konnte ich nein sagen, aber wehe sie war gerade mal wieder für ein paar Tage nüchtern. Dann war ich sofort wieder parat und wollte alles tun um diesen Zustand zu unterstützen, immer in der Hoffnung jetzt packt sie es, jetzt wird sie trocken. Jetzt bekomme ich meine Mutter wieder, die Frau die ich schon so lange vermisst habe. Dann habe ich auch wieder zugehört, egal ob es mich störte. Für sie war somit klar, es reicht einfach mal ein paar Tage nichts zu trinken und meine Tochter funktioniert wieder.

    Ich musste erst begreifen, dass trocken werden nicht nur eine körperliche, sondern auch eine geistige Sache ist. Das ein paar Tage nichts trinken bzw. eine Entgiftung noch keinen Unterschied machen. Es hat gedauert, bis ich begriffen habe, dass ich ihr nicht helfen kann, auch nicht wenn sie nichts trinkt. Und dass ich mir und ihr schon gar nicht damit helfe, wenn ich mein Verhalten wieder aufnehme, unabhängig davon ob sie getrunken hat oder nicht. Es hat gedauert bis ich begriffen hatte, ich habe das Recht nein zu sagen und mich um mich zu kümmern, vollkommen unabhängig von ihr, ihrem Befinden und ihrem Zustand, egal ob nüchtern oder besoffen.

    Das war der wirklich schwere Teil, denn das war wirklich loslassen. Nein sagen, wenn sie was getrunken hatte, aber sofort wieder parat stehen wenn sie nüchtern war, war noch nicht mal die halbe Miete. Garnicht mehr parat stehen egal ob nüchtern oder besoffen, dass war die ganze Miete. Es ist mir nicht immer leicht gefallen, auch nicht als ich merkte es geht mir besser, es bringt mich nach vorn, aber ich bin konsequent dabei geblieben, kein Mülleimer mehr. Ich war es dann auch nicht mehr, es hat noch etwas gedauert, aber irgendwann hat sie mein nein akzeptiert.

    Augenscheinlich haben wir uns dadurch immer weiter von einander entfernt. Aber nur augenscheinlich, denn Nähe war schon lange nicht mehr da. Die hat es nur noch in meiner Einbildung gegeben, genährt durch meine Erinnerungen an früher, gebaut auf meine Hoffnungen und Wünsche. Es trat das zu Tage, was schon lange da war, nämlich das uns der Alkohol schon seit Jahren trennte und wir uns immer weiter von einander wegbewegt haben. Wirkliche Gemeinsamkeiten, ein Mutter-Tochter-Verhältnis hatte es schon seit Jahren nicht mehr gegeben.

    Entweder ganz oder garnicht, entweder Du willst nicht mehr das Ziel ihrer Wut und ihrer Beschimpfungen sein, oder Du willst es. Entweder Du grenzt Dich grundsätzlich ab und nicht nur wenn sie getrunken hat oder Du lässt es. So ist das nicht Halbes und nichts Ganzes. Das das nicht einfach ist, schmerzhaft ist und das nicht von heute auf morgen klappt, weiß ich, aber wenn Du nicht anfängst passierte nie was. Und wohlgemerkt, ich schrieb abgrenzen, ich habe nicht Kontakt abbrechen geschrieben.

    Lass sie los, es erspart Dir Leid. Wenn sie trocken werden sollte, könnt ihr Euch immer noch wieder aufeinander zu bewegen. Bevor sie das wird, ist jeder Versuch zum Scheitern verurteilt und lässt Dich leiden.

    Gruß
    Skye

  • Hallo Skye,

    ich danke dir für deine aufrichtigen Worte. Sie machen vieles klarer in meinem Kopf. Ich habe die letzten Tage viel gelesen, hier im Forum und in meinen Büchern und irgendwie hab ich das Gefühl schlauer zu werden. Schlauer was die Krankheit meiner Mutter betrifft. Durch die vielen Gemeinsamkeiten, die wir als Kinder erleben, wie sich die Eltern gleich verhalten usw. fällt es mir doch jetzt tatsächlich leichter, den Alkolismus als Krankheit anzusehen. Und ich merke, dass es da ganz viele Dinge gibt, die ich an mir ändern muss. Ich versuchte die ganze Zeit sie zu ändern und ich versuchte dann einfach nur auf Konfrontation zu gehen. Habe alles abgewehrt, was sie mir gutes tun wollte. Immer gelang mir das nicht, weil dann wieder das schlechte Gewissen kommt. Und weil es in den Phasen war, in denen sie "so glaube ich" nüchtern war. Es ist wirklich genau so wie du es schreibst. Wenn sie nüchtern ist, dann lasse ich sie an mich heran und wenn sie betrunken ist, dann weise ich sie ab. Ich werde versuchen, mich abzugrenzen, aber ich weiss ehrlich gesagt, noch nicht genau wie ich das machen soll. Wäre sie alleine, wäre das gar kein Problem. Aber da steht noch mein Vater im Hintergrund. Ich werde versuchen einen Weg zu finden und ich werde - sobald meine Gedanken freier sind - meine Therapie fortsetzen. Irgendwie ist es erschreckend, dass du etwas schreibst, was mir passiert, du aber erlebt hast. Diese vielen Gemeinsamkeiten lassen mich immer wieder staunen, aber auch hoffen. Hoffen, dass ich es endlich packe. Nähe ist auch bei uns keine wirkliche da. Äusserlich habe ich mich von ihr losgelöst, innerlich kommt dann wieder das schlechte Gewissen, wenn sie augenscheinlich nüchtern ist und mir was gutes tun will.....! Dann haben meine Eltern mir/uns schon so viel geholfen, finanzieller Art, da kommt dann irgendwo auch der Gedanke, dass ich vielleicht undankbar bin, wenn ich sie so abweise. Auch wenn es Blödsinn ist, die Gedanken sind da. Aber diese Gedanken habe ich eher gegenüber meinem Vater. Ich habe irgendwie das Gefühl ihn im Stich zu lassen. Ich weiss ganz genau, dass ich da gar keine Angst haben brauche, denn er hat seinen Weg gefunden mit ihr klar zu kommen und bei ihr zu bleiben usw. Trotzdem pickt es immer wieder in mir. Gestern war er alleine da - weil Mum wieder wohltätig war - und mich juckte es in den Fingern ihm zu sagen, dass er da konsequenter sein muss. Aber ich blieb ruhig. Er hat ja nicht nach Hilfe gefragt, also brauche ich auch keine aufzudrängen.

    Es geht um MICH, ICH muss für MICH und meine eigene Familie leben. Und ICH werde den Weg da raus finden.

    Ihr tut mir echt gut!!!

  • Hallo zusammen,

    Skye hatte mir den Tipp gegeben mich abzugrenzen, ohne den KOntakt abzubrechen. Ich bin gerade dabei herauszufinden, wie ich das anstellen soll. Sie schrieb von NEIN sagen.

    Gestern abend rief Mum an, sie war wieder wohltätig gestern und es blieben wieder Sachen übrig. Bei allem sagte ich NEIN. Egal was es war. Auch wenn ich es gern gehabt hätte, habe ich NEIN gesagt. Ich weiss, dass geht vielleicht ind ie falsche Richtung, aber ich hatte das Gefühl total unabhängig Entscheidungen für mich zu treffen, ganz egal was passiert. Das hat gut getan.

    Vielleicht fällt es mir in Zukunft leichter.

    Mir fällt da aber gerade jetzt noch etwas ein. Als mein Sohn im Juni geboren wurde, musste er in die Intensivstation verlegt werden. Ich blieb solange im Krankenhaus, wie er auch drin sein musste. Versteht sich glaub ich von selbst. Na ja, jedenfalls hatte meine Mum da das unbändige Bedürfnis für mich da sein zu wollen. Sie erzählte mir ständig, dass sie zu mir nach Hause kommt, wenn wir heim dürfen, und dann putzt und wäscht und kocht usw. Ich habe alles von mir gehalten, ich will weder, dass sie für mich kocht, noch wäscht, noch sonstwas. Erstens würde sie es eh nicht so machen, dass ich mich dann gut fühle, zweitens würde ich nur Vorwürfe hören, dass sie ihre Arbeit jetzt daheim liegen lassen muss usw., drittens konnte ich mich noch "fast" nie auf sie verlassen, dann brauche ich es jetzt auch nicht. Ich wollte mich auf meinen Mann verlassen und auch darauf, dass ich mich schnell vom Kaiserschnitt erhole und wieder selbst Hand anlegen kann. Ihr gefiel das gar nicht, dass ich zu allem NEiN sagte und Widerstand leistete, denn an dem Tag, an dem sie mir das wieder mal morgens am Telefon sagte, rief sie mittags wieder an und war betrunken. Sie wollte wissen, warum wir sie alle so abweisen, wenn sie uns helfen will.

    Zwei Wochen später waren meine Eltern dann ja zum Gespräch da wegen der Sache mit dem Haus. Da habe ich ihr das gesagt. Habe gesagt, warum wir keine Hilfe von ihr wollen.

    Ich hoffe, dass das schon ein richtiger Schritt zur Abrenzung war. Ich werde es herausfinden.

    LG Tanja

  • Hallo Tanja,

    ja ich habe das fest vor, aber es ist wirklich schwer. Die trinkfreien Phasen, die mich dann immer wieder beschwichtigen, sind das grösste Problem. Ich werde versuchen hart und gerecht mir selbst gegenüber zu bleiben und sie auch dann nicht mehr nahe an mich heran zu lassen UND vor allem KEIN SCHLECHTES GEWISSEN ZU HABEN.

    LG Tanja

  • Hallo Tanja

    danke für diese Aussage:

    Aber ich blieb ruhig. Er hat ja nicht nach Hilfe gefragt, also brauche ich auch keine aufzudrängen.


    Diese Sätze habe ich mir rausgeschrieben, dass ich sie ständig lesen kann, um sie zu verinnerlichen. Passt im Umgang mit allen Menschen die mir begegnen, und mit denen ich in Kontakt bin.

    liebe Grüsse Weitsicht

  • Oh Leute, meine Mutter ist diese Woche mit meinem Vater im SChwarzwald, ein paar Tage Urlaub machen! Ich hab erst einmal von ihr gehört, weil sie wissen wollte, wie es den Kleinen geht, weil sie krank waren. Ansonsten nix, kein Anruf bei dem übers Wetter gejammert wird, kein Anruf bei dem über die wehen Knochen gejammert wird, kein Anruf bei dem ich an ihrer Stimme höre, dass sie was getrunken hat, nix! Hat das gut getan. Morgen jedoch kommen sie wieder heim und der normale Wahnsinn beginnt wieder. Aber ich hab das Glück, dass ich ihre Nummer sehe, wenns mir zu viel wird, geh ich einfach nicht ran. Dann kann sie der Mailbox erzählen, was los ist.

    Ich wünsch euch allen ein schönes sonniges WE.

  • guten morgen tanja!

    ja dann geniess mal den heutigen tag mit allen sinnen...bevor der ganz normale wahnsinn wieder zu hause ist!lächel..

    schönes we..

    liebe grüsse caro

    dem was über mich einstürmt,möchte ich gelassen gegenüber stehen...

  • Ja, Judofloh, es ist bei uns ganz genau so. Wenn mein Vater unterwegs ist, dann trinkt sie immer ganz massiv. Und dann gibts nen Knall. Aber er erlaubt ihr ja auch das "Gläschen" zum Essen. Völlig fatal, aber solange er sich nicht komplett konsequent durchsetzt, passiert auch nix anderes mehr!!!

    Und auch ich werde meinen Kindern Liebe und Zuwendung schenken. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter mal gesagt hätte, dass sie mich liebt oder so oder dass wir mal gekuschelt hätten. Ich sag meinen Kleinen das ganz oft, auch wenn sie es noch gar nicht verstehen. Sie sollen in Liebe heranwachsen!

    LG Tanja

  • Ja, das kenne ich! Die bösen bösen Gedanken, die einen immer wieder quälen.

    Ich weiss auch, dass meine Mum keine finanziellen Sorgen hat, zwei gesunde Kinder hat sie, drei Enkel! Das ist alles nicht das Problem. Meine Mutter - ja meine ganze Familie - leidet an Depressionen. Ihr Vater hat sich das Leben genommen, litt auch an Depressionen. Mehr erzählt man mir nicht. Bei uns wird alles tot geschwiegen. Man redet nicht über Probleme. Und genau das ist das Problem. Meine Mutter jammert ja - wie schon geschrieben - immer wieder wegen allem möglichen. Wenn ich sie dann mal wieder gezielt auf die Trinkerei anspreche, dann heisst es immer, dass sie ja Probleme hat. Wenn ich sie dann frage, was die Probleme sind, dann winkt sie ab. Ich hab ihr auch von meiner Therapeutin erzählt, wie gut mir das tut usw. Sie meinte dann irgendwann, vielleicht sollte sie ja auch mal da hin gehen. Sie hat es jedoch nie getan.

    Klar, versauen unsere Mütter sich ihr Leben und das der Angehörigen geradezu mit. Aber es liegt jetzt an uns, UNS UNSER Leben nicht versauen zu lassen. Gerade deshalb sind wir ja hier. Was genau der Grund ist, warum meine Mutter mit dem Trinken anfing, das weiss ich nicht und ich werde es wohl auch niemals wissen. Aber ich kämpfe auch nicht mehr um die Wahrheit. Mir ist wichtig, dass sie weiss, wo sie bei mir dran ist, dass bei mir nix zu schlucken für sie parat steht, dass ich diesen Kreis auch nimmer geschlossen halte, sondern ausbreche und mich öffne. Ich erzähle nimmer nur, dass Mama krank ist, wenn sie betrunken wiedermal irgendwo angerufen hat und gejammert hat und vor allem gelallt hat. Nein, ich erzähle, welche Krankheit sie hat. Und ich sage das ja nicht, um sie schlecht zu machen, sondern einfach deshalb, weil ich nimmer lügen will und weil ich sie da auch nimmer decken will. Früher dachte ich immer, dass die jetzt mim Finger auf mich zeigen, weil meine Mutter ein Alki ist. Heute weiss ich, dass es glaub ich keine Familie gibt, in der es keinen Alkoholiker gibt. Und sollten doch Leute mim Finger auf mich zeigen, dann sollen sie. Mir doch egal. Ich stehe zu mir und das ist das allerwichtigste. :)

    Aber ich denke egal bist du deiner Mutter nicht. Ich bin meiner Mutter auch nicht egal. Wenn sie getrunken hat, kann sie das nur nimmer so ganz koordinieren glaube ich. Im nüchternen Zustand würde sie alles für mich tun, im besoffenen Zustand sicher auch, nur anders.

    Ich sehe mittlerweile alles mit anderen Augen. Natürlich noch nicht zu 100%. Momentan werde ich ja auch noch verschont und kann da sowieso klar denken. Aber ich denke ich bin schon wieder ein grosses Stück weiter auf meinem steinigen Weg. Dank dem Forum hier, dank der ehrlichen Antworten, die man erhält und dank meinen zwei Büchern, die ich jedoch noch um weitere erweitern werde.

    Wieviele Kinder hast du denn Judofloh?

    LG Tanja

  • Na ja, ob ich das wirklich schaffe, weiss ich selbst gar nicht so genau. Aber ich tue mein bestes.

    Also Alkohol bekommt meine Mutter von mir nicht. Niemals nicht! Wenn sie sich welchen klauen geht, dann soll sie. Damit muss sie klar kommen. Solange du ihr den Alkohol hinstellst, solange wirst du in dem Teufelskreislauf drin stecken bleiben. Meine Mutter würde sogar mit zum Kinderarzt fahren, aber diese Peinlichkeit erspare ICH mir. Sie redet dann nur Blödsinn. Labert die Leute an, erzählt den Kindern irgendeinen Schwachsinn oder gibt dem grossen (16 Monate) irgendeinen Müll zum spielen, wie letztens eine Tablettendose. Unmöglich ist das. Oder aber sie sagt zu und vergisst es dann und ich steh dann doch alleine da. Also frag ich gar nimmer erst. Deine Mutter ist ähnlich wie meine, sehr ich-bezogen. Ich weiss nicht, ob das auch vom Trinken kommt, aber es ist mir halt nicht fremd. Wenn ich krank bin, ist sie kranker. Wenn ich viel im Haushalt zu tun hab, hat sie mehr! Sie sagt oft, dass sie mir gern helfen will, aber sie hat ja selbst so viel Arbeit... etc. Letzte Woche, als die Kiddis krank waren, sagte sie, sie würde mir gern helfen, müsste sich aber jetzt die Haare färben. Okay, hab ich gedacht. Mach du deine Haare, ich krieg das hier sowieso alleine hin. Ich brauch keine Hilfe.

    Ich erwarte von ihr nichts mehr, ich verlasse mich nicht mehr auf sie. Das ist der beste Weg, den ICH gehen kann. Es war ein weiter Weg bis ich so hart sein konnte und es gibt auch oft noch Situationen, wo ich weich werde und dann bin ich auch wieder ruckzuck am Boden zerstört. Also lautet mein Plan, weiterhin hart zu bleiben.

    Ich würde dir auch etwas mehr Egoismus für dich raten. Denk an dich. Denk an deine Kinder. Deine Mutter muss ihren Weg alleine gehen, ob mit Flasche oder ohne. Ich weiss, das klingt hart, aber wie soll man es anders sehen?

    LG Tanja

  • Ich hatte das schlechte Gewissen auch immer. Ich hab es ja heute auch noch ab und an, aber ich weiss wie ich es dann einfach beiseite räume. Denn wir brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, nur weil wir nein sagen! Das Nein-Sagen gehört für mich als oberste Regel dazu, mich abzukapseln von dem ganzen Co-Abhängigkeits-Wahn! Dass du keine Erwartungen mehr haben willsst und dich nimmer aufregen willst, versteh ich, aber ich denke, solange du nicht nein sagen kannst, wirst du Erwartungen haben und dich auch natürlich aufregen. Denn mit welchem Gefühl gehst du ihr denn Alkohol kaufen??? Die Gedanken, die du dabei hast, die Gefühle, die du dabei empfindest, die wühlen dich doch schon so auf, dass du schreien könntest oder nicht??

    Urlaub nächstes Jahr?? Mit beiden?? Dir persönlich empfehle ich, den nicht anzutreten. Ich war ja so mutig und wollte mit meinen Eltern zusammen ein Haus mieten. Meine Mutter hat mir Honig um den Mund geschmiert, dass sie ja dann eine Aufgabe hat und nix mehr trinkt usw. blablabla!!! Als wir dann ein schönes Häuslein gefunden hatten, das allen Ansprüchen gerecht wurde, kam sie betrunken von ihrem Ehrenamtsjob zurück. Da hatte sich das Thema für mich erledigt. Und seitdem bin ich noch einen grossen Schritt weiter von ihr weg. Urlaub soll Erholung sein. Den macht man normalerweise nur einmal im Jahr. Wie willst du dich da erholen? Sie wird dann sicher - wie meine auch - schon morgens beim Frühstück ankündigen, dass sie abends beim Abendessen ein Glas Wein trinkt. Wobei meine schon beim Mittagessen zwei, drei..... Gläser trinken würde!!!

    Nee, nee von solchen gemeinsamen Unternehmungen nehme ich dankend Abstand.

    Ich hoffe für dich, dass du da aus dem Teufelskreislauf austreten kannst. Ich gebe dir gern ein bisschen was von meinem Mut, den ich momentan in mir habe und von meiner Kraft, die mich momentan so weit vorantreibt etwas ab. :)

    LG Tanja

  • Juhu,

    ich wollt euch mal bissel was Neues berichten. Es ist nicht wirklich was passiert oder so. Allerdings klappt das mit dem Abgrenzen ganz gut. Jedenfalls schaffe ich es mal eine ganze Woche. :)

    Meine Mutter ist ja seit letzten Sonntag ausm Urlaub zurück. Gesprochen haben wir seither vielleicht 2 mal, mehr nicht. Normalerweise ruft sie jeden Morgen schon früh an. Das ist aber irgendwie eingeschlafen, wofür ich auch recht froh bin. Ich rufe auch nicht dort an, es sei denn, ich hätte einen Grund. Damit geht es mir wirklich gut und das möchte ich auch so beibehalten. Je weniger ich höre, um so weniger mache ich mir Gedanken darüber.

    Das war es schon, was ich euch berichten wollte. :)

    Ich wünsche euch allen einen schönen Sonntag.

    LG Tanja

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