Wieviel Energie kostet Co-Abhängigkeit?

  • Hallo Ihr Lieben,
    innerhalb der Jahre meiner Beziehung zu einem Alkoholiker spürte ich immer mehr dass meine Kraft nachlässt. Ich schob es damals mehr dem Beruf zu (Pflegeheim) und dem düsteren Haus, welches wie ein Bunker oder Gefängnis wirkte. Schon beim nach Hause kommen waren alle Energien weg.

    Nunmehr bin ich umgezogen - freier Blick, grün, rundum positiv - merke aber, dass erst ganz ganz langsam Kräfte wieder kehren. Klar, der Umzug war mehr als anstrengend, der Horror dauert noch an, dennoch frage ich mich wieviel Energie und Kraft lässt ein co-Abhängiger in kranken Beziehungen.

    Natürlich hoffe ich, irgendwann einmal wieder "belastbar" zu sein, am Besten bald ;) Dadurch, dass meine Kraft nur Schubweise wieder kehrt scheint es so zu sein, als ob durch das ständige Wechselspiel von Gefühlen, Hoffnungen, Angst ect. imens viel Kraft verbraucht wurde, die nicht plötzlich wieder kehrt.

    Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht, die Ihr schon länger den Suchtkrreis der Co-Abhängigkeit verlassen habt?

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Da steckst vermutlich noch im ersten Tief drin. In dieser Zeit denkt man (bewusst oder unbewusst) immernoch ständig an das was hinter einem liegt.
    Es klingt saublöd, aber man muss erst mal wieder lernen, zu geniessen, Kraft zu tanken und zu behalten, ohne sie sofort wieder wegzugeben.

    Aber bald merkst du, wieviel Enerige du wieder hast. Vielleicht mehr als jemals zuvor, und du wirst diese Energie viel bewusster für Dich einsetzen können.

    Warte nur, bald merkst du, wie alles wieder zurückkommt zu dir.
    Dabei wünsche ich dir ganz viel spass!

  • Ja, liebes Herzchen, das ist ganz sicher so. Denn abgeschlossen habe ich noch nicht, das kommt so Stück für Stück. Das mit dem Lernen konnte ich gestern feststellen: eigentlich war ich zu fertig etwas zu tun, bin aber dennoch in meinen Garten und habe ein paar Kleinigkeiten getan. Dann habe ich noch zusätzlich etwas Unkraut gezupft und ruckzuck war mehr getätigt, als ich gedacht hatte.

    Ich spüre das auch, dass es schubweise kommt, genau deshalb stellte ich mir auch die Frage, ob da tatsächlich so viel in der Co-Beziehungen verloren wurden an Energien und Kräften.

    Mir war schon klar dass das nervenaufreibend ist, aber dass es tatsächlich aus einem normalen Mensch ein kraftloses Packet macht, das war mir so nicht klar.

    Ich bin mal gespannt, ob der Weg des Erholens schneller ist als der des krank werdens - und bleibens.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagamar,

    ja es kostet sehr sehr viel Kraft. Es geht wirklich soweit das keine Kraft mehr da ist leben zu wollen.

    Wenn dann der persönliche Tiefpunkt gekommen ist und man seine letzten Kraftreserven nimmt um sich zu trennen ist man wie ausgelutscht.

    Wenn dann langsam etwas Ruhe eintritt spürt man die Erschöpfung und danach geht es langsam aber stetig wieder aufwärts.

    Liebe Grüsse
    Elocin

  • Ja Elocin,
    ich weiss noch am Anfang als das Drama begann wollte ich mein Leben wegwerfen. Ich dachte niemals mit dem Schmerz fertig zu werden, es nie zu schaffen diese unmenschliche Behandlungsweise wegstecken zu können.

    Ich weiß nicht einmal, warum ich es doch geschafft habe... eigentlich denke ich dass ganz viel meine Freunde mitgeholfen haben die eigentlich nie in Frage stellten dass ich zu gehen habe. Niemand zog auch nur in Erwägung, dass ich mir soetwas noch länger antuen sollte.

    Freunde und Nachbarn - sogar meine Friseuse - sehr eigenartig befragt ob ich noch mit dem Partner zusammen sei....

    Ja Elocin, ich glaube, da kommt der absolute Tiefpunkt, an dem entschieden werden muss leben, sterben oder so weiter vegetieren. Irgendwas - vielleicht sogar die Wut - hat gesagt, nein, jetzt erst recht ... du musst....

    So, und nun muss meine Kraft noch sagen "ich will wieder zu Dir, jetzt benutzt Du mich richtig..." ;)

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Liebe Dagmar!

    Ich finde es unheimlich toll von dir, dass du diesen Schritt gewagt hast!

    (Kranz aus Blumen rüberreich)

    Wundere Dich bitte nicht, wenn es hin und wieder weitere Tiefpunkte geben wird. Manchmal meldet sich eine Art schlechtes Gewissen und eine Art fürsorgliches Verantwortungsgefühl. dann kommt man sich noch hin und wieder vor wie der letzte Mensch der Welt. Nicht darauf zu achten ist dann sehr schwer. Aber geh dann einfach weiter deinen Weg, denn das blöde Gefühl geht vorbei.

    Hast du den Kontakt total abgebrochen? Oder meldet er sich noch bei dir?

  • Hallo, liebes Herzchen,
    (verzeihe meine Anrede, aber Du kannst so lieb schreiben, das ist kein Totes Herz :)

    Ich selber habe den Kontakt abgebrochen und bin ihm nach dem Umzug dann komplett aus dem Weg gegangen. Er hat mir die Schlüssel eingefordert noch vor Ende der normalen Kündigungfrist und dem Ende meiner Mietzahlungen. Somit konnte ich nicht endgültig entrümpeln bzw. ausräumen.

    Das widerum sah er als Grund für Telefonterror bzw. SMS. Erst wollte er das Zeug auf meine Kosten entsorgen lassen, dann vor das Haus werfen, nunmehr stände es zur Abholung bereit (aber mein Auto ist derzeit nicht fahrfähig).

    Ich selber reagiere nicht mehr, wenn mein Auto fit ist hole ich die Sachen, ansonsten soll er tun wozu er lustig ist. Ich denke mal, auch er bricht nun seine Drohungen ab und wir haben vielleicht die Chance uns aus dem Weg zu gehen.

    Ich glaube, das mit der Verantwortung und der Fürsorge wird in dem Fall nicht stattfinden, da er sich bereits nach einer neuen Co erfolgreich umgesehen hat, und diese nun mit ihm die Gläschen teilen dürfte, da selber ein Alkoholproblem.
    Ein Krug, der eventuell an mir vorbeigeht - so hoffe ich.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagmar,

    ich kann Dir nur sagen, daß es mir soviel Kraft gekostet hat, daß ich *dünnhäutig und nicht mehr belastbar* geworden bin.
    Ein Prozess, der sich fast 30Jahre lang aufgebaut hat, ist in diesem Jahr dann zum endgültigem Tiefpunkt gewachsen. Totaler Zusammenbruch, das Gefühl, noch nie Ich Selbst gewesen zu sein, nicht mehr in der Lage, den normalen Alltag bewältigen zu können, Selbstmordgedanken, Panikattacken, Erwerbsunfähigkeit. Ganz unten.....

    Ich habe eine 8wöchige Therapie hinter mir, die gerade mal den Anfang darstellt, die Wunden, die Kraftlosigkeit zu verstehen, sie überhaupt erstmal zu sehen! Was solange andauerte, kann nicht nach 8 Wochen ausgeheilt sein, aber den Beginn einläuten.

    Die Kraft aus mir heraus kommt jeden Tag ein Stückchen mehr, aber immer mit langsamen Schritten. Es gibt auch immer wieder Momente, in denen das *Alte* wieder hochkommt, aber es kommt nicht mehr überraschend, nicht mehr unbemerkt.
    Ich vergleiche dies immer wieder mit einem Gummiband am Rücken, daß uns versucht, ins alte Verhaltensmuster zurückzuziehen. Aber, dadurch, daß ich mir bewußt mache, daß es da ist, kann ich gegensteuern. Aber auch dies kostet erstmal weitere Kraft. Aber Kraftaufwendung in eine Gute Richtung...nämlich zu mir und einem Leben in Selbstbestimmung.

    Ich wünsche Dir unendlich viel Kraft für DICH!

    Liebe Grüße
    S.Käferchen [Blockierte Grafik: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks/www.cosgan.de/images/smilie/tiere/k025.gif]

  • Hi Dagmar,

    eine aktive Co-Abhaengigkeit kostet eine Unmenge an Kraft. Wir geben uns auf, konzentrieren uns auf den alkoholkranken Partner und verlieren uns. Wir sind nicht mehr bei uns selbst und in unserer Mitte. Wir sind zuviel im Aussen und bei unserem kranken Partner. Da wir somit keine Balance mehr im Leben finden koennen, gehen wir ueber unsere Grenzen weit hinaus, weil wir glauben, dass irgendwann doch einmal unsere ganze Kraft, die wir fuer jemanden oder fuer unsere Sucht aufgewandt haben, sich auch rentieren muss und etwas zurueckkommt, damit wir wieder Kraft bekommen oder sammeln koennen. Aber da koennen wir lange warten. Ich denke wir Co's muessen unbedingt lernen, wie es ist bei sich zu bleiben und sich nicht in das Leben von anderen Menschen einzumischen, weil wir ja sowieso nichts daran aendern koennen. Da wir Co's das aber nicht verstehen, da wir ja krank sind, geben wir immer mehr von unserer Kraft her und hoffen auf einen gerechten Ausgleich, der aber so nicht kommen wird, wir erwarten, dass der Alki jetzt auf uns Ruecksicht nimmt und uns endlich das zurueckgibt was wir erwarten.

    Erst wenn wir erkannt haben, dass wir nicht einfach unsere Kraefte in das grosse Loch der Sucht schmeissen koennen, bleiben wir bei uns und koennen unsere Batterien wieder aufladen, das dauert aber etwas, weil zum Teil sogar die Notfallreserven schon aufgebraucht sind. Das beste was man da tun kann ist, sich selbst etwas gutes zu tun, eine Massage, Schwimmen, Meditation etc.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Liebe Dagmar,

    unter gewissen Umständen reicht es bis in den gesundheitlichen Ruin, in die Aufgabe, in den Tod. Das ist ein Stück der Krankheit, die sich auf die Brut überträgt.

    Mir knickte ein Bein weg, meist spontan bei hochkommenden Gedanken, ich habe mir eine Kniestütze gekauft, seit ich im Kopf repariert werde, brauche ich die nicht, ich laufe immer besser und schneller.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • liebe dagmar!

    HEUT glaub ich das ICH mir WIRKLICH mein leben gerettet habe...indem ich mich GEGEN MEINE CO-ABHÄNGIGKEIT entschieden habe..

    "sie"hat mich ALL MEINE ENERGIE GEKOSTET..

    ich machte mich auf die suche und FAND HILFE...die ich nun auch annehmen kann.

    ich aknn es selber nicht glauben was mir von ärzten und therapeuten gesagt wurde:NICHT ALLEIN BLEIBEN!(im bezug auf "kurzschlussreaktionen"meinerseits)

    liebe grüsse caro

    dem was über mich einstürmt,möchte ich gelassen gegenüber stehen...

  • Ja, liebes Kaltublut,
    einige gesundheitliche Angeschlagenheiten sind auch bei mir einfach weg. Übrigens wie bei Dir der "Gehapparat" allerdings im Bereich Hüfte, wo ich beständig Schmerzen bekam und nicht mehr richtig gehen konnte.

    Bereits in der Zeit der Trennung - während meiner Shiatsu-Sitzungen wurde es oft besser, aber richtig anhaltend weg scheint es jetzt gerade zu sein. Es gibt einen Song "Aufrecht gehn" vermutlich lerne ich das gerade auch wieder. Tja liebes Kaltblut, und Dir knickten wohl ab und zu die Knie ein, auch eigentlich logisch. "Du bist quasi in die Knie gegangen".

    Oh Mann, mal sehen, was sich noch alles heraus kristallisiert ;)

    Tja Jenny, da mag etwas dran sein, wobei ich mich nicht fürsorglich oder beschützend um meinen Ex gekümmert habe. Aber - ich war genervt wenn Sauftouren entstanden, ich war verärgert und verängstigt wenn er nächtelang nicht da war. Also egal, wie man sich um jemanden kümmert, die Gedanken kreisten um ihn und somit kam Unruhe über mich - ob nun in Wut, Fürsorge oder Enttäuschung ist wohl eigentlich wurscht.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hi Dagmar,

    da muss ich Kaltblut recht geben. Co-Abhaengigkeit kann auch bis zum Tod fuehren. Hab ich selbst miterlebt. Auch wenn ich mich eventuell wiederhole. Meine Mutter ist wegen ihrer Co-Abhaengigkeit nicht zum Arzt gegangen um den Knoten in ihrer Brust untersuchen zu lassen. Sie hat es verschwiegen und weitergemacht, Hoffnung, dass mein Stiefvater aufwacht und merkt was los ist, waren da auch mit bei. Zum Schluss war bei ihr nur noch der Wunsch zu sterben und das mit damals 57. Sie wollte einfach gehen, der Krebs hat schon gestreut. Mein Stiefvater ist ploetzlich verstorben und sie hat sich in Behandlung begeben. Geheilt wird sie nicht mehr, aber wir hoffen die Therapien koennen ihr noch eine gute Lebensqualitaet geben.

    Deswegen gibt es hier ja manchmal harte und ehrliche Worte, denn mit Plueschhaemmern kommt man manchmal bei uns Co's auch nicht durch. :wink:

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Co´s sind in der Regel starke Menschen. Sie bürden sich Lasten auf noch und nöcher. Für Andere sind sie stark. Für sich selber bleibt dann oftmals keine Kraft mehr. Oder aber, sie sind der Meinung, sie hätten es nicht verdient, auch mal "dran" zu sein. Ich bin im Moment dabei, meine Kraft auf mich zu konzentrieren, weil sie mir von anderer Seite immer wieder "abgesogen" wird. Und das hat überhaupt nix mit einem Alki zu tun. Der Hang, sich zu überfordern, die eigenen Grenzen zu ignorieren, ich denke, das ist Teil unserer Krankheit, ob da ein Alki ist oder nicht.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Da gebe ich Dir Recht Ette,
    für mich war auffällig, dass ich als Teenager überall der Helfer sein wollte. Rund um die 30 begriff ich, dass ich so niemanden glücklich mache, weil die Leute meine Problemlösungen (die vielleicht auf sie nicht passen) annehmen und aber selber weder dazu stehen noch sich verantwortlich fühlen können.

    Im Berufsleben dauerte es viel länger bis ich sagte: Halt Stop - genug missbraucht. Die Angst den Job zu verlieren war stärker als die Eigenliebe. Eine Erleichterung ging durch mich als der Job wegrationalisiert wurde. Arbeitslos ist nicht toll, aber dadurch wurde ich wieder zum Menschen.

    Durch diesen Arbeitsplatzverlust musste ich mich und mein Leben hinterfragen: Was will ich, was will ich nicht. Da endlich brach das Gerüst einer Beziehung zusammen, die keine war sondern ein klammern von zwei süchtigen Menschen, die beide nur mit einem Bein im Leben standen und sich einbildeten gemeinsam zwei Beine zu haben. Dabei vergaßen diese Menschen, dass zwei Körper und Seelen hätten getragen werden müssen.

    Sprich: Teile des Co-Verhaltens habe ich schneller abstellen können als andere. Je enger der Mensch rückte, desto schwerer trennte ich mich. Auch der Job damals in einem Pflegeheim war übel, zu viel musste ich erleben, was nicht astrein war. Aber vor lauter "Job behalten" hielt ich den Mund. Irgendwann ging es nicht mehr, die Misstände wollte ich nicht mehr in mir selber austragen.

    So kam eines zum anderen: beides kostete Kraft und machte mich zu krank zu erkennnen, wer und was da alles sich an meiner Batterie bediente. Wem ich alles so meine Energie spendierte um selber später nur noch vom Notstromaggregat abhängig zu sein.

    Die Grenzen, ja die setzte ich so hoch wie die Anforderungen waren - wie ich meinte leisten zu müssen, unabhängig, ob die Forderungen überzogen waren oder nicht. Ich ließ von mir fordern ohne zu sagen: halt !

    Ich denke, Grundmuster der Erziehung ergeben einen (Co-)Lebensstil; die Ergänzung durch einen Suchtkranken könnte sich daraus ergeben.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Zitat von dagmar007

    "Du bist quasi in die Knie gegangen".

    Hi Dagmar,

    da sage ich doch einfach einmal ganz erstaunt "hm".

    So einfach, klar, deutlich und naheliegend habe ich das noch nie gesehen.

    Danke.

    LG Karl

    NS: bist Du nicht mal als wildes wütendes Weib mit Kreigsbemahlung und Kampfgeschrei durch die Wohnung gezogen? Du kannst Dich toll verändern.

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Ja, liebes Kaltblut: während Du in die Knie gegangen warst, so bin ich keinen Meter vorwärts gekommen.

    Oh ich finde in meiner Gesundheit und dem Körper so manche Erklärungen für manches, was mir nicht wohl tat "ich konnte kein Auge zumachen" während der Zeit der Trennung, war auch ganz gut so, da so manches passierte, was mit mir nicht geschehen sollte. Schlafen konnte ich erst, als ich keine Abholungen im alten Haus machen konnte.

    Ich befürchte, mir wird noch mancher Kronleuchter aufgehen.

    Bisher gab es noch keine Kampfesschreie und keine Kriegsbemalung, aber ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass es demnächst mal Freudentänze ums Lagerfeuer "Grill" gibt :)

    Lieben Gruß von Dagmar

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