Mit mir selbst zufrieden leben

  • Guten Morgen, Ette!
    Was Du bei Mö geschrieben hast, sollte ich mir ausdrucken und an die Wand hängen! Ich wollte auch immer besser sein, als die Vorherigen. Habs auch geschafft. 21 Jahre sind etwas mehr als beide vor mir zusammen. Hab auch mehr Kinder mit ihm. Und sehne mich nach dem Ankuscheln. Was mir Mut macht, ist, dass diese Sehnsucht vorbei gehen kann. Irgendwann werde ich mir selbst genug sein. Ich kann schon recht gut alleine sein, aber es kommen immer wieder diese gnadenlosen Abstürze in die Sehnsucht(wahrscheinlich nach Bestätigung, dass ich doch eine ganz tolle bin und alles prima mache).
    Was ich mir im Moment gar nicht vorstellen kann, ist Freundschaft mit ihm. Entweder ganz oder gar nicht.
    Hab Dank für diese Zusammenfassung!
    Eine schöne Woche wünscht
    Gartenarbeit

  • Liebe gartenarbeit,

    das mit der freundschaft ging auch nicht von heute auf morgen.

    Er ist ein liebenswerter mensch und konnte, als er trank, ein richtiges a...l.... sein. Er hat seine dunklen seiten, genau wie jeder von uns. Das ändert aber nichts an der tatsache, dass er eben auch sehr einfühlsam, intelligent und hilfsbereit ist. Früher wollte ich seine dunklen seiten ausmerzen, damit er nur so ist, wie ich ihn leiden mag. ICH kann für ihn nicht nur meine schokoladenseiten leben. Warum soll er es für mich können? Wenn ich jemanden gernhabe, muss ich ihn schon mit all seinen facetten akzeptieren. Natürlich auch, wenn ich ihn NICHT gern habe. Es ist immer meine entscheidung, wie ich kontakte und beziehungen lebe. Ich kann nicht erwarten, dass sich der andere nur so zeigt, wie ich es möchte.

    Lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Zitat von Löwenherz

    Liebe ......t,

    hier war ja einiges los in den letzten Tagen. Ich war nur sehr wenig im Forum und ich habe mich gerade mal durch Deinen Thread gelesen und mir ist aufgefallen, dass es zum Teil wirklich heftig war, was an Provokation hier lief.

    hallo löwenherz,

    da, ich wie du sicherlich auch gelesen hast, eine der „provokateurinnen“ war, möchte ich zu diesem posting von dir stellung nehmen. Es ist gut möglich, dass das was summerdream, andere oder ich gepostet haben bei dir und anderen als provokation ankommt. Ich habe es jedenfalls nicht als provokation gedacht, sondern MEINE erfahrungen, erlebnisse und den umgang damit be- und geschrieben. Und ich habe formuliert, wie manches von dem, was weitsicht schrieb, bei mir ankam. Es waren MEINE empfindung, von denen ich schrieb.

    Ich kann aber nachvollziehen, was du meinst. Denn in den anfängen meiner co-arbeit fühlte ich mich oft provoziert und verkannt, weil ich noch nicht aushalten konnte, meine eigenen anteile, meine eigene abhängigkeit zu akzeptieren. Dachte ich dann über die ein oder andere „provokation“ ein paar mal nach, ging mir oft auf, dass der „provokatuer“ im grunde recht hat, ich dies auch wusste, aber eben einfach nicht wahrhaben wollte. Das anerkennen hätte ja vorausgesetzt, dass gar nicht der andere an meinem kummer und schmerz schuld ist, sondern ich selber etwas für mich verändern muss. Und es hat eine ganze weile gedauert, bis ich dieses konnte.

    lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
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  • Hallo,

    heute war ich in einer anderen shg als in der, in die ich normalerweise gehe. heute war ich die einzige angehörige unter lauter betroffenen. Und doch fühlte ich mich überhaupt nicht als außenseiter. ich habe nämlich festgestellt, dass vieles, was die betroffenen bewegt und wo sie die ursachen ihrer abhängigkeit sehen, deckungsgleich mit den erfahrungen meiner eigenen abhängigkeit sind. beweggründe für abhängiges verhalten gleichen sich sehr. lediglich habe ich meine abhängigkeit nicht alkohol ausgelebt sondern mit einem übersteigerten helfen und für andere da sein. besonders natürlich für "meinen alki". ich bin abhängig von beziehungen und menschen.

    somit kann ich mein "suchtmittel" nicht einfach weglassen. wer vom alkohol abhängig ist, kann den alkohol weglassen und lernen, ohne ihn zufrieden abstinent zu leben. er muss ihn sein leben lang meiden. hier wird es für mich ganz schön schwierig. ich weiß um meine abhängigkeit, kann aber nicht einfach zur einsiedlerin werden, um meine abhängigkeit zu unterbinden. ich kann nicht ein leben lang menschen und beziehungen meiden. ganz schön schwer, finde ich. fast bin ich geneigt, menschen mit einer stofflichen abhängigkeit zu beneiden. ich habe das empfinden, wenn ich mit meiner abhängigkeit für mich gesund umgehen will, ist das in etwa so, als würde ein alkoholabhängiger jeden tag darauf achten müssen, kontrolliert zu trinken.

    hmmm... grad fühl ich mich so ein bisschen benachteiligt.

    lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
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  • Liebe Ette,

    Deinen Alkoholiker konntest Du nicht gesundstreicheln, vielleicht brauchst Du jetzt für Deine schlimme Hand Streicheleinheiten und gesund zu werden.

    Wenn doch die andere Fraktion nur den Stoff wegläßt, ist sie doch erst da wo Du schon lange warst. Da bist Du doch deutlich im Vorteil.

    Wo steht, daß Du erst als Gartenschönheit, versteinert und jeden Tag von einem Waldi angepinkel geheilt bist?

    Eigentlich alles ganz einfach. Stellst das Suchtmittel dahin wo es früher auch stand, all die anderen die Du noch feststellst daneben und gut ist, denn Du weißt ja wo sie sicher stehen.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • hi kaltblütiger,

    ich dank dir für deinen pragmatismus. klar, logisch! ich weiß sowohl, wie mein suchtmittel aussieht also auch, wie ich damit umgehen muss. Hmmm.... aber manchmal steh ich mir halt selbst im weg. gut, dass dann einer wie du vorbeikommt, mir nicht in die suppe spuckt, die sowieso lügt, sondern mir das brett vorm kopf wegnimmt.

    lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Ette,

    ich möchte auch nur mal kurz einen Gedanken hier lassen.

    Du schreibst:

    Zitat

    ich weiß um meine abhängigkeit, kann aber nicht einfach zur einsiedlerin werden, um meine abhängigkeit zu unterbinden. ich kann nicht ein leben lang menschen und beziehungen meiden

    Nein, aber wir können vielleicht endlich mal beginnen, die Beziehung, die wir am meisten meiden, nämlich die zu uns selbst, ganz besonders stark ausprägen. Die Hilfe, die wir anderen geben, mal uns selbst zukommen lassen.
    Klingt eigentlich einfach, oder? :wink:

    Liebe Grüße
    S.Käferchen

  • Hey Ette,

    diese Gedanken hatte ich auch schon aber der Schlüssel liegt doch in uns selbst. Wenn deine Beziehung zu dir selber stabil und gefestigt ist kommst du doch immer weniger in Versuchung das im Außen zu suchen was dir selbst fehlt. Wenn du dich wichtig nimmst und dich wertschätzt ist die Gefahr wesentlich geringer, aber es ist schon richtig das es in die Richtgung "Kontrollieren" geht, Selbstkontrolle. Mein Vergleich dazu ist die Magersucht.

    Lieben Gruß
    Elocin

  • hallo ihr beiden,

    ich dank euch für die rückmeldung. grad beim spazierengehen habe ich nochmal versucht zu ergründen, warum mir das gestern so in die knochen und ins hirn gefahren ist.

    ich glaube, weil mir das erste mal so ganz offen bewusst geworden ist, wie wenig sich meine abhängigkeit von der alkoholabhängigkeit unterscheidet und wie sehr diese abhängigkeit mein leben, zu dem sie nun einmal gehört, beeinflusst. mit dem kopf hab ich es wohl schon gewusst, aber gefühlt, also ENDLICH als unverrückbaren teil von mir empfunden, das war wohl gestern.

    lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
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  • Hallo Ette,

    Ich möchte Dir gerne auch ein paar Gedanken hier lassen, die ich mir während meiner Autofahrt gemacht habe.

    Einfach nur Nichttrinken reicht jabekanntlich beim Alkoholiker nicht aus.
    Auch er muss besusst zu sich selbst finden, eine Beziehung zu sich aufbauen, die eventuelle Leere anders füllen. Am besten lernen, keine Leere mehr zu empfinden, wenn er mit sich alleine ist.

    Also das gleiche Prinzip wie beim Co-Abhängigen.

    Ich stelle wirklich oft fest, dass sich die beiden Süchte im Ursprung ähneln.

    Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Stoff (Alk) für immer gemieden werden muss.

    Menschen hingegen begegnen uns im Alltag überall, Beziehungen unterschiedlichster Couleur und damit neue Möglichkeiten, Beziehungssucht auszuleben.

    Aber...

    Ich glaube, wenn wir es schaffen, eine ehrliche, selbst-bewusste Beziehung zu uns selbst aufzubauen, werden uns wie von selbst ganz andere Menschen begegnen.

    Weil wir ganz andere Menschen "anziehen".
    Weil wir dann keine suchtkranken Menschen mehr brauchen.
    Wir suchen uns doch immer unbewusst die Konstellationen raus (sei es privat, beruflich oder sonstwo), die unseren Umgang mit uns selbst im Aussen spiegeln.

    Das heißt doch, wenn wir uns also (nach harter Arbeit) Stück für Stück zu uns hinbewegen, mit uns selbst klarkommen, uns selbst genug sind, Hass, Schuldgefühle, Zweifel etc hinter uns lassen können/wollen, sind wir doch automatisch offen für gesunde/gesündere Beziehungen.

    Nie und nimmer sollen "Suchtmittel", sprich Menschen gemieden werden!!!
    Weil sie bestenfalls kein Suchtmittel mehr darstellen.

    Ich hoffe, ich hab jetzt nicht zu konfus geschrieben, ich konnte meine Gedanken grad nicht besser formulieren.

    Lieben Gruß

    Thelma

  • Guten morgen,

    manchmal ist die zufriedenheit so nah und einfach zu spüren. Besonders im sommer und vor allem im garten.

    Erste rosenblüten, paeonien und holunder. düfte, die ich mir stark und kräftig in die nase steigen lassen kann, wenn ich nah an den blüten stehe und die mir ein leichter wind ins empfinden haucht, wenn ich an den büschen vorübergehe. Minze,lavendel und melisse, denen ein herrliches aroma entströmt, wenn ich leicht mit der hand durch die blätter streiche. Hummelgesumm und vogelgezwitscher, das rascheln von blättern, verursacht durch eine amsel, die unter dem alten laub nach insekten und würmern sucht. Ein dach aus tausenderlei grün, durch das das blau des himmels schimmert unter alten eichen, großen ahornbäumen. Sonnenstrahlen auf der haut und ein leichtes lüftchen, das ihnen die hitze nimmt und meine haut angenehm streichelt. Und nicht zuletzt natürlich meine hängematte. Die mich mit ihrem schaukeln wiegt wie eine liebevolle mutter ihr kind. Die welt ist rund für mich, auch wenn niemand außer mir im garten ist. Was will ich mehr?

    Lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
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  • Guten Morgen,

    Schietwetter liegt um die Häuser wie so eine dicke graue Wolldecke und von draußen statt Vogelgezwitscher Regengetropf. Na, da muss ich heute die Sonne wieder im Herzen haben!

    Zufriedenheit? Hält sich in Grenzen. Aber froh bin ich, dass ich wieder vernünftig schreiben. Zwar noch nicht ganz schmerzfrei, aber es geht.

    Die letzten Tage habe ich mich mehr aufs Lesen hier beschränkt und weniger geschrieben. Irgendwann bin ich dann nur noch sporadisch an den PC. Ich merkte nämlich, dass das Lesen mir ähnliche Gefühle bereitet wie ich sie aus der Zeit kenne, als „mein Alki“ trank. Dieses hilflose Gefühl, gegen Windmühlen zu schreiben. Mir Gedanken um jeden Satz zu machen, damit er transportiert, was ich vermitteln möchte. Bis ich dann plötzlich da saß und dachte, hey, du versuchst hier grad was zu ändern, was DU nicht ändern kannst.

    So wie „er“ einfach lange noch nicht soweit war, für sich etwas zu verändern, sind es auch etliche der Schreiberinnen und Schreiber hier nicht. Und es ist, weiß Gott, nicht meine Aufgabe, ihnen dies klar zu machen. Aber der kleine Co-Teufel kanns halt nun mal nicht lassen. Ich glaub, dass Bienchen Maya fragte, ob sie nun nicht mehr co-abhängig sei, da sie sich getrennt hatte. Na, ich kann für mich ganz klar sagen, dass meine Strukturen in dieser Richtung von „meinem Alki“ unabhängig sind. Sie waren vor ihm da und sind es auch nach ihm. Und wie ein trockener Alkoholiker, der seine Krankheit lediglich zum Stillstand bringen kann und sie nicht aus seinem Leben eliminieren kann, muss ich auf mich achten, meine Co-Strukturen im Zaum zu halten. Mir immer wieder einmal bewusst machen, was hier grad mit mir passiert. Etwas, was ich erst gelernt habe. Auf MICH und MEINE Gefühle zu achten. Sie wahrnehmen und entsprechend handeln, auch wenn der erste Impuls ein ganz anderer wäre.

    Die letzten Tage hab ich mich auch ein wenig "eingesiedelt". Es hat gut getan, meine Gedanken kommen und gehen zu lassen. Mich mal wieder mit der "Wolfsfrau" befasst und einfach die Zeit fließen zu lassen.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Liebe Ette,

    da bist du nicht allein...aber es ist auch gut so wie es ist denn wenn ich bei mir merke ich spüre das Gefühl jemanden überzeugen zu wollen, das muss man doch sehen usw. halte ich inne und gehe zurück in meine Anfänge. Egal was gesagt wurde es kam nichts an.
    Heute lehne ich mich immer mehr zurück wünsche mir für den/diejenige das es nicht mehr lange dauert bis der Tiefpunkt kommt. Schmerzhaft wird es für mich wenn Kinder mit betroffen sind.

    Lieben Gruß
    Elocin

  • Hallo Ette,

    kann Dich verstehen, das es manchmal frustrierend sein kann, sich
    gedanklich auseinanderzusetzen, seine Erfahrung und die Lösung dazu,
    gleich noch dazu mitgeteilt, um dann festzustellen, daß "man" Perlen vor
    die Säue geschmissen hat....???!


    Gruß Hermann

  • Hallo Hermann,

    ja, so ungefähr. Aber - so ist das halt im Umgang mit Abhängigen. ;)

    LG
    Ette

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  • Zitat von Hermann 65

    Hallo Ette,

    kann Dich verstehen, das es manchmal frustrierend sein kann, sich
    gedanklich auseinanderzusetzen, seine Erfahrung und die Lösung dazu,
    gleich noch dazu mitgeteilt, um dann festzustellen, daß "man" Perlen vor
    die Säue geschmissen hat....???!


    Gruß Hermann

    Hallo Hermann,

    Ich glaube nicht, dass es möglich ist, anderen Menschen in einem Austausch die Lösung für sein Leben zu präsentieren.

    Ich finde Deinen letzten Satz "Perlen vor die Säue geschmissen" ganz schön überheblich. Wenn ich so denken würde, hätte ich mich von meiner Mitmenschlichkeit weit entfernt.

    Alles Liebe Weitsicht

  • Guten Morgen Weitsicht,

    da hatte ich mich doch heute morgen gefreut, als ich sah, dass du in meinem Thread geschrieben hast. Hmmmm.... nur leider nicht an mich sondern an Hermann.

    Gönn mir doch einfach mal, dass jemand nachvollziehen kann, wie ICH mich hier manchmal fühle. Auch das ist nämlich Empathie.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Guten Abend Ette,

    Freude ist etwas Tolles und wenn es so leicht bei Dir auszulösen ist, na dann schreibe ich Dir Gute Nacht Wünsche.

    Und träume was Schönes.

    Ich freue mich auch, dass Du Empathie nicht mehr, als nur ein Modewort, ansehen möchtest.

    Alles Liebe Weitsicht

  • Guten Morgen Weitsicht,

    ich bin mir nicht sicher, ob du mich richtig verstanden hast.

    In meinem Thread befasse ich mich mit der Zufriedenheit im hier und jetzt, weil es mir hilft, ein gesundes Lebensgefühl zu entwickeln. Als ich nun sah, dass du bei mir gepostet hattest, dachte ich, du würdest auch anfangen, DEINEN Fokus auf DEINE Zufriedenheit zu richten. Wie wir lesen können, hatte ich mich getäuscht. Nun gut!

    Ich befürchte, du hast mich auch in meinem Thread über die Empathie falsch verstanden. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich die Fragestellung eher satirisch formuliert habe.

    Für mich ist Empathie, weiß Gott, keine Modewort. Ganz im Gegenteil. Gerade weil ich co-abhängig bin, ist Empathie für mich eine Gratwanderung. Ich muss mich immer wieder beobachten, ob es NUR Empathie, also das Einfühlen oder Nachempfinden eines Gefühls, das mein Gegenüber hat oder ob ich mich schon wieder mit den Empfindungen des Anderen identifiziere, sie also als meine eigenen übernehme. Mich von ihnen anstecken lasse. Zudem bin ich der Meinung, wenn ich nachempfinde, was jemand anderer fühlt, kann ich nicht nur die Gefühle nachvollziehen, die liebevoll und integer sind. Gerade weil ich selbst in meiner Co-Abhängigkeit das Verleugnen und nicht hinsehen wollen gelebt habe bis zur Perfektion, kann ich auch diese weniger netten Gefühle nachempfinden.

    Ich habe zum Beispiel das Empfinden, dass du gerne hättest, wenn ich so dächte wie du. Immer wieder lese ich, dass ein „Austausch“ nur dann fruchtbar für dich ist, wenn du Bestätigung von anderen Postern bekommst. Alle anderen Meinungen bezeichnest du als wenig liebevoll, überfallartig und somit für dich schlecht. Zu einem liebevollen Leben gehört für mich auch, Menschen so zu akzeptieren, wie sie nun einmal sind. Die, die leben und die, die bereits tot sind. Wenn ich Menschen nur dann liebevoll betrachten kann, wenn sie so agieren, wie es MIR gut tut, dann bin ich nicht liebevoll sondern abhängig.

    Irgendjemand hat geschrieben, du würdest den Eindruck erwecken, einen Machtkampf mit mir führen zu wollen. Diesen Eindruck habe ich auch. Du möchtest mich, so empfinde ich das, „bekehren“ zu einem, deiner Meinung nach, liebevollem Miteinander. Ich kann das gut nachempfinden, ich habe lange Zeit versucht, „meinen Alki“ dazu zu bekehren, sein Leben genauso zu leben, wie ich es für richtig hielt. Ich habe aber die Freiheit, die Dinge zu sehen, wie sie sind und nicht so, wie du gerne hättest, dass sie wären.

    Für mich war es ein schmerzhafter Prozess, die Realität anzuerkennen. Eine Realität, in der ich plötzlich nicht mehr die grenzenlos Liebende war, die nur das Beste für ihren trinkenden Partner wollte. Sondern ich war die, die ihn umkrempeln wollte, ob ER es wollte oder nicht. Er sollte gesund werden, damit auch ich mich heil und gut fühlen konnte. Er sollte für mich so sein, wie es mir gut tat, weil ich es selbst nicht auf die Reihe bekam, mich gut zu fühlen. Ich brauchte das Gefühl, der „bessere Mensch“ zu sein. Und da kommt ein trinkender Angehöriger gerade recht, denn er zeigt sich ja in seiner Sucht so schwach und krank und so viel weniger „gut“ als ich in meiner Hilfsbereitschaft, in meinem selbstlosen Kampf, ihn zu retten. Ich konnte ihn jedoch nicht „retten“, bevor er selbst dazu bereit, war dies für sich selbst zu tun.

    Ich kann auch dir kein zufriedenes Leben „herbei schreiben“ und wenn ich dir deine Sicht der Dinge noch so sehr bestätigen wollte. Wenn du noch nicht so weit bist, dein Leben für dich zufrieden zu gestalten, wird es auch durch noch so viele Bestätigungen von außen nicht zufrieden werden. Irgendwann wirst du dazu vielleicht in der Lage sein. Es ist DEINE Entscheidung und DEIN Leben. Und KEINER ist für deine Zufriedenheit verantwortlich außer dir selbst.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Guten morgen Ette

    Zitat

    Irgendjemand hat geschrieben, du würdest den Eindruck erwecken, einen Machtkampf mit mir führen zu wollen. Diesen Eindruck habe ich auch

    Das finde ich sehr schade Ette, ich habe Caro gestern abend in meinem Thread noch folgendes geschrieben:

    Deine Sichtweise hast Du heute mitgeteilt. Und zu unserer beiden Zufriedenheit ist es wohl im Moment sinnvoller, die andere sein zu lassen wie sie ist, in ihrem Denken und ihrem Fühlen.


    Zitat

    Ich habe zum Beispiel das Empfinden, dass du gerne hättest, wenn ich so dächte wie du.

    Ette, ich erwarte von niemandem hier, dass er/sie so denkt und fühlt wie ich, das wäre anmassend von mir. Die Einzigartigkeit des Einzelnen ginge dabei verloren. Ich mag lieber die Vielfältigkeit aus der ich schöpfen kann. Ich möchte genauso mein Denken und Fühlen stehen lassen dürfen, wie Du und andere, mehr erwarte ich nicht.

    Das trägt viel zu meiner eigenen Zufriedenheit dazu.

    Ich bin Dir dankbar, dass Du das Wort "Empathie" und wie es zu diesem Thread gekommen ist, nochmal erklärt hast. Denn unsere Kinder erfahren viel zu wenig Empathie um sie weitergeben zu können. Alles was ich als Kind nicht erfahren durfte, ist schwer als Erwachsene/r zu integrieren. Dennoch ist es machbar und lässt mich zufrieden meinen Tag leben.


    Alles Liebe Weitsicht

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