Einsamkeit, Geselligkeit - Jubel oder Trubel?

  • Hallo Ihr Lieben,
    nachdem ich nunmehr drei Monate nach der Trennung vom ehemaligen Suchtpartner getrennt bin kann ich feststellen, ich verspüre nicht dieses oft genannte Gefühl der Einsamkeit.

    Im Gegenteil, ich selber habe derzeit ein Problem weil ich zuwenig Zeit mit mir alleine verbringen kann, was ich aber für mich als besonders wichtig erachte. Freunde wollen um jeden Preis verhindern dass ich mich alleine gelassen fühle und nunmehr muss ich versuchen mich klar zu definieren darüber, dass ich etwas Einsamkeit für mich benötige.

    Viel sind auch Menschen aus dem Ort hier, mit denen sich dann ein längeres Gespräch entwickelt, oder der Schreiner, mit dem mich das Interesse für Katzen verbindet, oder oder oder .... Viele neue Kontakte oder alte, die auf mich gerade fast beängstigend (weil zu viel) wirken.

    Komisch, dass die Menschen zu unterschiedlich sind: die einen fühlen sich einsam, oder wollen Jubel, Trubel, Heiterkeit - die anderen sind so wie ich auch gerne mit sich selber alleine (aber es darf nicht zu viel sein!)

    Während die einen eine Sehnsucht nach der Zweisamkeit mit dem Partner haben, so habe ich bisher dieses Gefühl nie verspüren müssen. Etwas aufgefallen sind mir aber in manchen anderen Postings dass oftmals relativ kurze Zeit nach beenden der Suchtbeziehung eine neue Liebe ins Leben trat. Auch eine Sache, die ich mir für mich nicht vorstellen könnte.

    Wie hat sich bei Euch in der Zeit der Abgrenzung Euer Gefühl für Einsamkeit/Geselligkeit verändert? Hat es sich überhaupt verändert oder ist es gleich geblieben? Vermehrte Kontakte oder weniger Kontakte?

    Lieben Gruß von Dagmar

  • LIebe Dagmar,
    du hast eine gute Frage gestellt. Ich bin, seit ich allein bin, nicht mehr einsam. In Zeiten mit dem Ex war ich ständig allein, zum einen, da keine Besuche mehr kamen, weder von Kindern oder Freunden und Bekannten, zum anderen ließ er mich ständig allein, um in seinem Häuschen zu trinken. Und ich Dumme blieb zu hause und wartete und wartete. Ging auch nirgends hin, da falls er nach hause kommt, doch seine liebe Frau vorfinden sollte. Doch für ihn war es selbstverständlich, daß ich da war, wenn er es brauchte.
    Heute bin ich allein, aber nicht einsam.Ich kann mir wunderbar auch meine Zeit einteilen, wenn ich mal nicht mit Leuten zusammen bin und genieße auch das Alleinsein. Vor allem die innere Ruhe, die ich gefunden habe, finde ich so kostbar. Es gibt nichts schöneres. Und neuer Partner? Nein, im Moment noch nicht, kann mir nicht vorstellen, daß ich überhaupt noch jemanden ständig um mich lassen möchte. Habe wahrscheinlich noch alte Spuren meiner Vergangenheit mit dem Ex in mir, die ständige Angst, er ist nicht so, wie ich ihn sehe oder gesehen habe. Und das hält zurück. Außerdem gehe ich auch aus Vorsichtsgründen nirgends hin, wo ich Bekanntschaften machen könnte. Bin noch zu gebrannt, aber überhaupt nicht verhärmt oder traurig.
    LG
    Renate

    Ein Nein aus tiefster Überzeugung ist besser und größer als ein Ja, das nur gesagt wird, um zu gefallen oder Schwierigkeiten zu vermeiden.

  • Hallo Dagmar,

    mir wird es auch oft zuviel, was Andere von mir wollen oder anbieten. Bin gerade in einer Phase, in der ich das Alleinsein genieße und tun oder lassen kann was ich will. Hinzu kommt, dass sich die Kontakte verändert haben, mit den ehemaligen Bekannten komme ich nicht mehr so gut zu recht, bzw. sie mit mir auch nicht. Einige wollten mich auch schon verkuppeln :) haben es wohl gut gemeint. Geblieben sind wenige, mit denen ich den Austausch aber auch genieße. Mit Frauen, die noch mit einem nassen Trinker leben, habe ich mich früher viel ausgetauscht, heute ist mein Interesse daran gesunken. Schließlich habe ich jederzeit die Möglichkeit mich in den Trubel zu stürzen, mit dieser Gewissheit ist es wesentlich reizloser geworden. Gerade brauche ich keinen Partner an meiner Seite, dieses Mal lasse ich mir mal Zeit. Wenn ein passender vorbeikommt ist es gut, wenn nicht ist es auch gut. Mein Fokus darauf hat sich verändert, früher wollte ich Chancen haben und begehrt werden, war auch fast schon dankbar, wenn man mich mochte, heute mache ich mich auch mal unbebliebt, vor allem bleibe bei mir und sende keine falschen Hoffnungen aus. Es ist auch zu meinem Selbstschutz, um nicht wieder vom alten Muster angelockt zu werden. :)


    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Ja, liebe Renate,
    bei mir war es auch so, dass ich Besuch bekam wenn er nicht da war oder wenn er da war ich zu meinem Besuch ging. Wobei es einfach bei uns auch daran gelegen haben mag, dass wir ganz andere Menschen im jeweiligen Freundeskreis hatten. Er konnte mit meinen Freunden ebenso wenig anfangen wie ich mit den meisten von seinen Bekannten. Die jenigen, die ich schätzte, die gehen nun auch ihre Wege separat von ihm.

    Was Du ansprichst Renate, ist mir auch aufgefallen. Ich fühlte mich einsam in der Gegenwart des anderen weil er da war, aber nicht für mich sondern für den Alk.

    Hier nun bin ich alleine mit meinen Tieren, aber wissen voneinander. Es ist also niemand da, mit dem ich sprechen möchte, der aber nicht kommunizieren kann oder will. Ich weiß es und hoffe nicht und suche nicht und versuche nicht ein Gespräch zu führen, welches dann im Frust endet - und dadurch in Einsamkeit.

    Auch ich wäre noch nicht in der Lage mich auf einen neuen Menschen einzulassen und diesem neuen Menschen die Chance zu geben er selber zu sein - ohne Vorbehalte vor mir selber. Ich weiß auch nicht, ob das irgendwann mal gehen sollte - aber das ist mir irgendwie egal. Ich habe gesehen, wohin mich Co-Abhängigkeit oder Liebessucht geführt haben,

    Vor allen Dingen spüre ich auch für mich, dass es so viele Dinge gibt, die ich tun möchte, für die mir einfach noch Kraft und Zeit fehlen. Jetzt heisst es erstmal übers Wochenende Weihnachtdeko raussuchen ect. Zu meinem kleinen Weihnachtsbaum mit Wurzel habe ich einen alten Milchtopf, 30 l oder so, mit einer Spraydose silbern lackiert, so dass er neu erstrahlt. Selbiges habe ich noch mit einem Ascheimer für den Ofen vor. So vieles will ich tun und komme nicht dazu. So viele Dinge machen mir Spaß und geben mir ein Gefühl müde, aber zufrieden ins Bett zu fallen.

    Eigentlich schon komisch, wie es laufen kann wenn man/frau gezwungen ist alles alleine zu machen und für sich selber gerade zu stehen. Es kostet Kraft und Zeit - aber es gibt auch eine Befriedigung, die dann in Selbstbewußtsein und Zufriedenheit auslaufen kann.

    Der schwerste Schritt für mich selber wird nun sein mich erklären zu müssen, dass ich mehr Zeit für mich selber brauche und dieses oder jenes nicht machen möchte oder nicht ständig besucht werden möchte. Das ist für mich nicht einfach weil ich jeden dieser Menschen schätze und die Zeit gerne mit ihnen verbringe. Aber genau die Zeit für mich selber fehlt mir, was mich droht unzufrieden zu machen, und genau das muss ich vermitteln. Somit also die ersten Probeschritte in Sachen "Grenzen setzen" durch/mit/wegen der Co-Abhängigkeit.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hi Dagmar,

    nach der ersten Trennung vor paar Monaten hab ich mich in Jubel, Trubel gestürzt, weggehen, anderen Mann näher kommen lassen, war aber alles eher gleichgestellt mit Verdrängen. Ging ein paar Monate gut, dann kam ein riesen Loch....es hat mich alles wie ein Schlag eingeholt..

    Ergebniss:
    Erschöpft und Kraftlos, Dringendes Ruhebedürfniss, Jubel Trubel eingestellt, Mann geblockt, ....

    Dann kam der Ex zurück.... und ist wieder gegangen worden :lol:

    anstatt wieder in die Verdrängungsphase zu geraten, bin ich bewusst bei mir geblieben, keine Ablenkungen, Männliche Kontakte geblockt, usw.

    Jetzt lebe ich etwas zurückgezogen und komme so langsamer eher wieder zu mir und meiner Person, versuche bewusst in mich hineinzuhören und gut auf mich zu achten. Ich stelle mich bewusst dem Alleinsein.

    Geh schon auch mal mit Freunden was trinken, so wie letzte Woche und es tut recht gut und hat super spass gemacht, aus dem Grund, weil ich da dann echt Lust drauf hatte und das nicht getan hab nur um halt mal beschäftigt und unterwegs zu sein oder um dem schlechten Gewissen vorzubeugen, da man sich schon lang nicht mehr blicken gelassen hat.

    Für mich diesmal, der durchaus bessere Weg...

    Mit Freunden und Bekannten habe ich auf Nachfrage hin, warum ich mich so zurückziehe und viel absage, offen kommuniziert, dass ich im Moment die Zeit für mich brauche und es wohl eine zeitlang so weitergehen wird.
    Es wurde akzeptiert und respektiert, ohne das die Freundschaften dadurch beeinträchtigt sind.

    Ich denke der Schritt wieder mehr nach Außen kommt dann schon wieder von selbst. Ich vertraue da auf mich und mein Empfinden und nehme es so an wies ist.

    Nicht scheuen, auch mal "nein" zu sagen, heute kein Besuch, heute möcht ich alleine sein.

    Mit offener Ehrlichkeit kommt man doch am besten vorwärts.. :wink:

  • Ach, liebe Olive,
    "beneide" ich Dich doch fast ein wenig um die viel gute positive Energie deines Umfeldes ...

    Gebe Dir ein bischen Zeit, dann stellt sich das auch bei Dir ein, da bin ich mir ganz sicher. Die Grundvoraussetzung für diese Freundschaften war wohl schon viel, viel früher gelegt. Intensiviert haben sie sich als ich sagte wie es bei und mich herum aussieht, als ich um Hilfe bat und sie bekam.

    Egal, ob extrovertiert oder introvertiert - ich bin für die Aussenwelt extravertiert und meiner Meinung nach aber sehr introvertriert ;) man/frau öffnet sich automatisch wenn Belastung von einem abfällt. Ich habe bei mir gespürt als ich der belastenden Situation durch Umzug entgangen war dass ich ganz anders auf meine Mitmenschen zuging. Ohne Planung, ohne Berechnung - aber auch ohne der Gefahr mir sieht jeder an der Nasenspitze an was in Heim und Hof für ein Bär tanzt ;)

    Ich denke auch, ich kriege den Spagat hin, und ganz, ganz sicher mit Offenheit. Alles andere liegt mir nicht - da bin ich zu doof - Ausflüchte ect. könnte und wollte ich mir nicht merken!

    Morgen bekomme ich Besuch von einem hyperaktiven Teeny, der auch gleich über Nacht bleiben wollte. Hilfe!!! Ich habe ihm klar und deutlich gesagt, dass mir das zu anstrengend ist.

    Es ist ein hyperaktives Kind, welches aber nicht lange Interesse an einer Sache hat. D. h. also ich muss mir quasi ein Programm ausdenken mit vielen abwechslungsreichen Punkten, muss dabei sein und versuchen, dass bei ihm keine Langeweile auftritt und ich mich dennoch freuen kann, dass so manches erledigt werden kann.

    Der Tag wird anstrengend werden, aber ich denke, wir werden beide unseren Nutzen daraus haben (und die Mutter, die sich mal erholen kann ;)

    Holz holen - Asche leeren - Trinkwasser holen fürs Spülwasser - Gießkannen für die Außenpflanzen befüllen - Blecheimer für Asche mit Farbe besprayen - Weihnachtsdeko rausholen - Weihnachtsmann mit Lichterschlauch ans Fenster - evtl. den Gewölbekeller von Umzugslasten etwas befreien - Blumen abschneiden und und und.

    Dinge, die ich auch alleine machen würden und die in mir kein Gefühl der Einsamkeit hervorrufen würden. Komischerweise! Diese Dinge mache ich gerne und somit habe ich damit kein Problem. Gibt es aber Probleme mit dem Auto (was für mich ein Problem darstellen kann) so könnte das Gefühl der Einsamkeit hochkommen. In diesem Sinne bedeutet bei mir vermutlich Einsamkeit im Klartext "Angst vor nicht zu bewältigenden Problemen".

    Lieben Gruß von Dagmar

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