Endlich den Anfang für ein Neustart gemacht

  • Hallo,

    ich bin neu hier. Ich lese seit einiger Zeit in diesem Forum und erkenne mich immer wieder in den Beiträgen. Ich bin 38Jahre alt und habe einen Sohn, der 12 Jahre ist. Ich bin seit 16 Jahren mit einem Alkoholiker verheiratet. Natürlich war mir das am Anfang nicht bewusst. Wenn ich aber zurückdenke, hat er von Anfang an viel Alkohol getrunken. Die Menge stieg auch mit den Jahren. So wie viele hier auch, habe ich in diesen 16 Jahren alle Phasen durch, Verleugnen, sich zurückziehen, wütend sein, weinen, Gleichgültigkeit, betteln, an Vernunft appellieren... Irgendwann vor 2 Jahren habe ich wohl mein Tiefpunkt erreicht. Ich habe dann einen aus meiner Sicht einen riesen Schritt getan und in eine Selbsthilfegruppe gegangen. Wie schwer es mir gefallen ist, daran kann ich mich noch heute erinnern. Es war schwer nach jahrelangem Verleugnen in eine Gruppe zu gehen mit wildfremden Menschen über meine Probleme zu reden. Heute kann ich sagen, dass dieser Schritt mir mein Leben wieder gab. Dort habe ich erfahren, dass ich nicht schuld bin, dass er trinkt, dass Alkoholismus eine Krankheit ist, ...

    Ich wusste nach einem Jahr, dass ich ein Leben mit Alkohol nicht leben wollte. Ich wollte es meinem Sohn nicht mehr antun, dass er in einer Famile mit Alkohol aufwächst. Vor 1 1/2 Jahren habe ich das Haus mit meinem Sohn verlassen und zu Freunden gegangen. Ich bin dann ca. nach 2 Wochen wieder zurückgekehrt, weil er mir wieder versprochen hat nicht zu trinken. Ich habe wieder die Hoffnung gehabt und wieder zurückgekehrt. Nach 4 Wochen "Pause" hat er wieder angefangen zu trinken und alles war noch schlimmer als vorher. Ich lebe jetzt seit einem Jahr von meinem Mann getrennt. Ich musste das Haus verlassen, weil er nicht gegangen ist. Ich habe meinen Sohn mitgenommen. Es war eine schwierige Zeit, ich musste wieder von vorne angefangen. Ich habe eine neue Wohnung, neue Möbeln. Es geht mir immer wieder besser, weil ich nach der Arbeit nicht mehr mir Gedanken machen muss, was alles zu Hause passiert ist.

    Ich habe gelernt, dass er für sich verantwortlich ist und ich für mich. Ich gehe meinen Weg. Mein Mann versucht immer Steine auf diesen Weg zu legen. Trotzdem versuche ich meinen Weg weiterzugehen, weil ich davon überzeugt bin, dass er nicht genesen kann, wenn er sein Problem noch nicht eingesehen hat.

    Ich beschäftige mich zur Zeit sehr viel mit meiner Coabhängigkeit und mit meinem Sohn, dass er immer mehr zu einem selbstbewussten Person wird. Es ist jedoch nicht einfach, weil mein Mann sich sehr oft in meiner Entscheidungen eingreifen versucht und meinen Sohn beeinflusst. Ich versuche immer wieder, dass es mir besser geht, damit für mich und für meinen Sohn stark bin und stark bleiben kann.

    Ich freue mich auf jede Antwort von Euch.

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Hallo Seerose,

    ich begrüße Dich ganz herzlich hier bei uns :lol: .

    Da hast Du ja auch eine ganz lange Zeit hinter Dir. die wirst Du auch nicht so einfach abschütteln können, denn solange unter diesen Bedingungen haben bei Dir und Deinem Sohn viele Spuren hinterlassen.

    Hier kannst Du versuchen, Deine tiefen Wunden anzusehen, in Dich hineinzuhören, wo Du für Dich wieder gesunden kannst. Wir sind Dir gern ein Begleiter auf dem Weg in eine unabhängige und zufriedene Zukunft.

    Machst Du für Deinen Sohn auch etwas? Es gibt ja auch viele Angebote für Jugendliche. Unsere Kinder brauchen nämlich auch gerad in dem Alter ganz viel Unterstützung, dies Erlebte zu verarbeiten. Habe auch zwei Kinder im Alter von 9 und 14 Jahren, die mehr gelitten und Schaden genommen haben als ich sehen wollte. Sie gehen in eine therapeutische Selbsthilfegruppe einer Beratungsstelle, um für sich das Erlebte zu verarbeiten.

    Ich wünsche Dir, daß Du Dich hier wohlfühlst und ganz viel für Dich mitnehmen kannst.

    Lieben Gruß

    S.Käferchen

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous (25. Dezember 2008 um 21:04)

  • Hallo Käferchen, hallo kaltblut,

    vielen Dank für Eure Rückmeldung und für die herzliche Aufnahme.

    Käferchen, du hast Recht, es ist eine lange Zeit. Sehr lange Zeit habe ich jedoch nicht gemerkt, dass ich, dass wir ein Problem hatten. Im Gegenteil war ich davon überzeugt, dass es uns sehr gut ging. Alle anderen ging schlecht aber wir standen ganz gut da, dachte ich. Jetzt ist mir aber bewusst, dass es überwiegend Verdrängung war. Ich wollte nicht die Realität so akzeptieren, wie es war. Mein Mann hat alles auch die ganze Zeit schön geredet. Jetzt wo ich nicht mit ihm zusammen bin, tut er immer noch so, als ob wir kein Problem hätten. Im Gegenteil versucht er mir die Schuld für alles zu geben. Nach seiner Meinung habe ich die Familie kaputt gemacht, sonst war ja alles in Ordnung.

    Mir wird aber immer bewusster, dass ich die Realität insbesondere meinen Sohn - gefühlsmäßig vernachlässigt habe. Ich dachte immer, er hat vieles nicht mitbekommen. Nun weiß ich jedoch, dass er auf dem Weg zur Coabhängigkeit ist bzw. war. Ich versuche es ja zu verhindern, indem ich ihm jetzt ein anderes Leben vorlebe. Ich mache was für mich und grübele nicht den ganzen Tag über die negativen Themen. Wenn was negatives ist, dann versuche ich das Problem gelassen anzugehen. Außerdem versuche ich bewusst nicht zu verdrängen und versuche mit ihm offen über die Alkoholismus als Krankheit zu reden. Ich möchte ihm auf dem Weg geben, dass er in diesem Leben nur für sich verantwortlich ist. Auch versuche ich ihm vorzuleben, dass er nicht die Verantwortung für andere übernimmt. Nach der Trennung habe ich ihm angeboten zusammen zu einem Kindertherapeut hinzugehen, damit er ein neutrales Ort und einen neutralen Person zum Reden hat. Er ist damit einverstanden und geht dahin. Mein Mann ist total dagegen und versucht ihn zu beeinflussen, dass er doch nicht hingeht.

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Hallo seerose,

    ja, in der Verdrängung sind wir ja bestens geschult, um zu überleben in dieser Situation.
    Nun ist es aber an der Zeit, die Gefühle und Gedanken zuzulassen. Dazu gehört es natürlich auch, diese Anschuldigungen Deines Mannes nicht anzunehmen. Die Trennung ist die Konsequenz, die Du gezogen hast. Es ist Deine Entscheidung, um Dich und Deinen Sohn zu retten.

    Ich weiß selbst, wie schwer es ist, dies nicht persönlich zu nehmen. Wie siehts da bei Dir aus? Was machst Du da für Dich, um dies nicht anzunehmen? Weiter verdrängen oder kannst Du da bewußt hinschauen?

    Das Dein Sohn zum Therapeuten geht, ist doch schon mal ein ganz großer Schritt, der Euch, vor Allem ihm zugute kommen wird.

    Was die Beeinflussung Deines Mannes angeht, kann ich Dir nur den Tipp geben, Deinen Sohn zu stärken, immer das offenen und ehrliche Gespräch zu suchen und dies auch dem Therapeuten mitzuteilen. Leider ist dies etwas, was der abhängige Teil so oft versucht, um nichts an seiner Situation zu ändern, indem er versucht, das schwächste Glied zu halten in dem Suchtkreis. Und wenn Du schreibst, Dein Sohn hat die Tendenz zur Co-Abhängigkeit, würde ich versuchen,mit ihm die Grundbausteine zu leben.

    Ich wünsche Dir auf jeden Fall ein schönes Fest. Geniesse es mit Deinem Sohn.

    Lieben Gruß

    S.Käferchen

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous (26. Dezember 2008 um 09:06)

  • Hallo seerose!
    Deine Probleme kann ich sehr gut vestehen, habe ja auch sehr lange ausgehalten. Ich bin ganz froh, dass meine Kinder dabei sind, die ganzen Jahre zu verarbeiten. Es hat sich da ganz schön was angesammelt.
    Bei dir wird es gut sein, wenn du deine Richtung mit deinem Sohn einhältst. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Liebe dafür, auch wenn dein Mann dir immer wieder STeine in den WEg legen wird. Ich hoffe und wünsche dir, dass dein Sohn erkennt und weiss, dass du allein es richtig ernst und gut mit ihm meint.
    Die therapeutische Hilfe ist da sehr hilfreich. Manchmal dauert es zwar, bis man sich richtig öffnen kann, aber dann öffnen sich Horizonte.
    Ich wünsche dir auch ein wunderschönes Weihnachtsfest mit deinem Sohn und vielen dich liebenden Menschen, die dir viel Kraft und Mut machen!
    Liebe Grüße, Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo Gotti, hallo Käferchen,

    ich versuche trotz der Steine, trotz der Beschuldigungen auf meinem Weg zu bleiben. Es klappt nicht immer aber ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg. Die Beschuldigungen meines Mannes versuche ich nicht an mich ranzulassen. Er hat noch nicht ganz damit aufgehört, warum auch, das hat ja die ganzen Jahre geklappt. Ich versuche mich nicht mehr damit zu beschäftigen, was mein Mann sagt oder tut, sondern damit, warum ich so lange mir das angehört und teilweise in einigen Phasen sogar geglaubt habe. Ich versuche alles jetzt von meinem Blickpunkt zu betrachten. Vorher dachte ich immer, warum sagt er das, warum tut er jenes etc. Nun denke ich immer mehr, ich muss mein Verhalten ändern, damit er endlich aufgibt, die Knöpfe bei mir zu drücken. Offensichtlich bin ich hierbei nicht konsequent genug.

    Käferchen, du hast so Recht, wenn Du schreibst, dass der schwächste Glied ausgenutzt wird, damit der Suchtkreislauf weiterhin funktioniert. Als ich noch mitten in meiner Coabhängigkeit gesteckt habe, wurde mein Sohn nicht so viel in Mitleidenschaft gezogen, weil ich im Suchtkreislauf mitgemacht habe. Ich bin aus dem Karussel ausgestiegen, es dreht sich aber leider weiter. Seitdem er bei mir die Knöpfe nicht so drücken kann, wie vorher, wird mein Sohn hierfür ausgenutzt. Jetzt tut es mir mehr weh als voher, weil ich verstanden habe, welche Rollen wir in diesem Kreislauf spielen. Leider merke ich hierbei auch immer wieder, wie machtlos ich gegenüber der Alkoholismus bin. Ich sage mir immer wieder, du bist machtlos aber nicht hilflos.
    Es ist alles nicht einfach, kostet viel Kraft. Aber ich weiss, die Kraft, die ich für meine Genesung und für meinen Sohn reinstecke, lohnt sich.

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Liebe Seerose, toll, was du schon geschafft hast. Mein Mann (vor einem guten halben Jahr bin ich nach 21 Jahren ausgezogen) hat genau das Gleiche gesagt: Ich habe die Familie kaputt gemacht. Und ich habe auch genau diese Knöpfe, aber sie noch nicht alle enttarnt. Das hab ich mir für die Therapie vorgenommen, die ich beginnen will. Ich hab auch eine 12 jährige Tochter. Viel Kraft und mach weiter so!!! Liebe Grüße, Thea :P

    Es gibt 1000 Gründe, alles so zu lassen, wie es ist - und nur einen, etwas zu verändern: Du hältst es einfach nicht mehr aus.

  • Hallo Seerose,

    Du liest Dich sehr gut. Es wäre schön, wenn Du hier weiterhin aufschreiben würdest, wie Du Deine Rolle in dem Suchtkreislauf für Dich erkannt hast, wie Du aus dem Karussel ausgestiegen bist. Dies könnte vielen hier sicherlich ein gutes Beispiel geben.


    Zitat

    Jetzt tut es mir mehr weh als voher, weil ich verstanden habe, welche Rollen wir in diesem Kreislauf spielen.

    Das geht mir genauso, daß es jetzt oftmals viel mehr weh tut, weil ich ja auch erst jetzt erkennen kann, welchen Anteil ich an dem Karussell hatte, daß es sich drehen konnte. Die Einsicht, genauso krank zu sein, an die Grundlagen der Co-Abhängigkeit zu gelangen, tut halt einfach weh, denn dies geht dabei ja nicht mehr um IHN sondern nur um mich. Ich hatte mir ja auch ein großes Geflecht an Selbstbetrug aufgebaut.

    Würde mich freuen, mehr von Dir zu lesen. Auch, wie Du Deinem Sohn weiterhin verdeutlichst, in welchem Kreislauf Ihr steckt. Denn der Prozess beginnt erst jetzt.

    Liebe Grüße und noch einen schönen 2.Weihnachtstag.


    S.Käferchen

  • Hallo Käferchen und Thea,

    die Beschuldigungen oder Vorwürfe meines Mannes nehme ich nicht mehr persönlich und dementsprechend reagiere ich nicht mehr wie früher. Das mache ich nicht mehr, weil ich meine Rolle in diesem Kreislauf erkannt habe. Wie habe ich das erkannt? Es hat sehr lange gedauert und ohne Hilfe von außen (Selbsthilfegruppen, Alkoholismus als Familenkrankeit verstehen, ...) ist das Erkennen nicht möglich gewesen. Bei mir hat es sehr lange gedauert, bis ich zugegeben habe, dass ich machtlos gegenüber sein Trinken oder Verhalten bin. Ich habe lange gedacht, dass ich alleine in der Lage wäre alles "in Ordnung zu bringen". Es hat nicht funktioniert. Jetzt weiss ich, ich wusste damals noch nicht mal, was für mich in Ordnung ist und was nicht. Ich wusste noch nicht mal, was ich will und was ich nicht will. Das war mir aber alles nicht bewusst. Erst musste ich auch mein Tiefpunkt erreichen. Jetzt weiss ich, was ich will - ein Leben ohne Alkohol und ein Leben, den ich selbstbestimmen kann. Damit habe ich das Karussel aus dem Gleichgewicht gebracht. Deswegen bin ich und werde ich in den Augen meines Mannes die Böse bleiben - solange er gegen seine Krankheit nichts tut.

    An dem Verhalten meines Sohnes beobachte ich auch, wie mein Ausstieg aus dem Suchtkreislauf den Gleichgewicht in der Famile durcheinder gebracht hat. Manchmal versucht er mir auch deswegen - meistens nach den Besuchswochenenden bei seinem Vater - Schudgefühle einzureden. Ich habe aber auch gemerkt, je stabiler ich bin und je überzeugter ich von meinen Schritten bin, hört mein Sohn schneller mit solchen Aussagen auf und kehrt wieder zum Alltag.

    Ich wünsche Euch einen schönen 2. Weihnachtstag.

    Viele Grüße
    Seerose

  • Hallo zusammen,

    mich beschäftigt zur Zeit das Verhalten meines Sohnes. Ich merke bei ihm eine nach meiner Ansicht übermäßige Sorge um seinen Vater. Es äußert sich so, dass er sich gezwungen fühlt ihm immer das zu sagen, was er hören will. Manchmal ist es sogar so, dass er auch hierbei lügt. Das macht mir Sorgen. Ich möchte nicht, dass er seinem Vater irgendwelche Lügen erzählt, damit sein Vater glücklich ist. Er telefoniert mittlerweile 2 bis 3 Mal mit ihm und fragt ihn wie es ihm geht und was er macht. So hat er teilweise nicht genug Zeit für sich selber. Wenn ich ihn frage, warum er lügt oder warum er ständig dort anruft, sagt er mir, damit sein Vater glücklich ist.

    Ich brauche hierbei eure Meinungen. Ich wollte mit meinem Auszug gerade meinem Sohn solche Verhalten ersparen. Ich wollte, dass er seine Kindheit lebt und nicht die Verantwortung für das Glück anderer übernimmt. Aber das ist leider nicht so gekommen. Sind meine Gedankengänge diesbezüglich übertrieben? Wie kann ich ihm davor schützen, dass er keine Lügen erzählt, damit sein Vater glücklich ist?

    Viele Grüße
    Seerose

  • Hallo Seerose,
    ich habe mich hier grad durch deine Seiten gelesen und deine letzte Nachricht läßt mich erschaudern. Denn nun kappier ich auf einmal was da passiert zwischen meinem Ex und seinen Kids (hauptsächlich der 12 jährige Sohn). Es ist genauso wie bei dir.
    Ich kenne es aus einer anderen Perspektive, es sind ja nicht meine Kinder.
    Auch sein Sohn macht sich ständig Sorgen, ruft oft an, hat angst wenn sein Vater unterwegs ist usw. Mein Ex ist stolz darauf und die Art wie er mit dem Jungen redet, habe ich immer als merkwürdig empfunden. Es war als würde er ihm die Sorgen nicht nehmen wollen, sondern zeigte eher die Freude, dass sich ja jemand Gedanken und den Vater macht. Er ließ es auch immer wieder auf Eskalationen ankommen, damit er die Mutter vor den Augen des Kindes (den 12 jährigen)als schlechte Mutter hinstellen konnte. Das Ding ist eben, dass er dann sehr ruhig auf eine unbeschreibliche Art, die Mutter dazu brachte vor dem Kind auszurasten...und schon war er vor dem Kind der Arme.

    Er betreibt eine
    Mischung aus Fanatismuss, der aufopfernde Papi seinen Kids gegenüber und im Gegensatz dazu aber auch seine biertrinkerrei vor den Kindern...

    Der 12 jährige geht nun auch zur Therapie. Als mein Ex letztens Geburtstag hatte, wollte er schon nachmittags von seiner Mutter geholt werden. Als Grund gab er an, dass ihm dort auf der Feier zu viel getrunken wird....ich hoffe, dass dies als erstes gutes Zeichen der Therapie zu verbuchen ist....
    Wie lange macht dein Sohn diese Therapie schon?

    Liebe Grüße Merlina

  • Hallo Merlina,

    deine Antwort zeigt mir, dass vieles im Kreise der Alkoholismus als Familienkrankheit ähnlich abläuft. Auch mein Mann erzählt meinem Sohn, wie verantwortungslos und egoistisch ich bin - ich bin ja weggegangen. In Abwesenheit meines Sohnes kamen solche Sätze wie "siehst Du nicht, was Du uns angetan hast". Ich arbeite an meiner Coabhängigkeit und habe viel über Alkoholismus gelernt. Deswegen kommen solche Aussagen bei mir nicht an. Leider aber bei meinem Sohn. Ich habe zur Zeit keinen direkten Kontakt zu ihm.
    Mein Sohn geht seit einem Jahr zur Therapie. Mein Mann versucht ihn davon abzubringen. Mein Sohn sagt mittlerweile, dass er nicht mehr dahin gehen braucht. In den Gesprächen stelle ich aber fest, dass er eigentlich gerne dahin gehen möchte aber sich nicht mit seinem Vater auseinander setzen kann und möchte. Ich finde es sehr wichtig, dass er gerade jetzt dahin geht. Ich weiß im Moment nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Wieder einmal sind wir nicht gleicher Meinung und kommen nicht zu einem gemeinsamen Weg.
    Ich finde es so schade, dass wir als Eltern ihm nicht eine gute Partnerschaft vorleben konnten. Auch die Trennung war nicht vorbildhaft. Wie soll er dann so was lernen, wenn wir ihm das nicht auf dem Weg geben können?

    Viele Grüße
    Seerose

  • Hallo liebe Forummitglieder,

    mein Sohn sagte mir heute nach dem Therapiebesuch, dass er alte Zeiten vermisst. Er vermisst sogar die Zeiten, wo sein Vater getrunken hat und wo bei uns im Haus "Chaos" herrschte. Er war selbst überracht über diese Gedanken.

    Kann es sein, dass es typisch für die Kinder ist, wenn sie in einem alkoholiker Familie aufgewachsen sind? Zur Zeit herrscht bei uns Ruhe. Es ist nicht mehr so, dass ich genervt bin. Er hat jetzt ein alkoholfreies Leben. Hat er dann Sehnsucht nach dem Chaos? Wie kann ich damit umgehen?

    Ich fand seine Äußerungen trotzdem positiv, weil es für mich ein Zeichen ist, dass er angefangen hat, sich um sich zu kümmern und seine Gefühle wahrnimmt. Sieht ihr es auch so?

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Hallo liebe Forummitglieder,

    ich habe seit einiger Zeit hier nicht geschrieben. Ich habe die Fragen, die ich oben gestellt habe, versucht selber zu beantworten. Ich bin zudem Schluß gekommen, dass ich teilweise mir sehr viel Sorgen um meinen Sohn mache und noch viele Ängste habe. Ängste um seine Zukunft und auch Ängste um meine Zukunft.

    Ich habe festgestellt, dass ich Angst vor einer neuen Beziehung oder aber auch vor einem Neuanfang mit meinem Mann habe- auch wenn er nicht mehr trinken würde. Ich habe Angst, dass ich bei einer neuen Beziehung die Fehler, die ich gemacht habe, wiederhole - trotz meiner Arbeit an meiner Coabhängigkeit. Ich habe das Gefühl, dass ich wieder einen falschen, einen Alkoholiker mir aussuchen würde. Es zeigt mir, dass ich noch nicht weit bin mit meiner Entwicklung. Ich weiss, dass ich genau diese Angst und meine Gefühle an dieser Stelle mir genauer ansehen muss. Ich versuche es auch.
    Mein "noch" Ehemann versucht, dass wir wieder ein "Familie" werden. Er erzählt mir, dass er nicht mehr trinkt. Er soll das "alleine" geschafft haben. Ich bin immer noch hin und hergerissen. Ich möchte einerseits die Scheidung aber einerseits denke ich immer noch, hast Du alles getan, was du tun kannst um die Familie zu retten. Mein Gefühl sagt mir, dass es nicht gut sein wird mit ihm - auch wenn er trinkt.

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Hallo Seerose,
    ich habe ein bißchen bei Dir gelesen. Es erschreckt mich, das mit Deinem Sohn. Ich bin mit einem Alkoholiker als Vater aufgewachsen. Es liest sich wie meine Geschichte als Kind, nur in umgekehrter Situation. Dein Mann hat kein Recht sein Kind dazu zu bringen Partei für einen von Euch beiden zu ergreifen, das kann er nicht, denn er liebt doch Euch beide. Er liebt auch seinen Vater, auch wenn er noch so viel trinkt und ihr schlimme Zeiten hattet.
    Lies doch mal meinen Thread bei erwachsene Kinder von Alkoholikern. Ich kann Dir keinen Rat geben, was Du tun kannst, denn ich vermute Dein Mann wird nicht aufhören, Dir für alles die Schuld zu geben, ich weiß nur eins, das ist für Deinen Sohn ein schlimme Situation. Ich hab es am eigenen Leib erfahren. Zeig Deinem Sohn so oft Du kannst wie lieb Du ihn hast und rede niiiiiiiemals schlecht in seiner Gegenwart über Deinen Mann. Verkneif Dir das mit allen Mitteln.

    Deine Angst vor neuer Beziehung kann ich nicht so gut verstehen, denn ich lebe selbst noch mit einem Alkoholiker zusammen. Aber ich habe schon oft über Trennung nachgedacht und dabei habe ich immer das Gefühl, das ich nie mehr eine Beziehung will. Vielleicht liegt es daran, das wir so viel erlebt haben und erst mal ganz lange und intensiv unsere Wunden pflegen müssen. Das heißt zu uns selbst finden, uns selbst erst richtig kennen zu lernen, so wie wir sind.
    Was Deinen Mann betrifft, Du hast jahrelang versucht zu retten, Du kannst jetzt nicht mehr retten. Warte ab und höre in Dich rein. Du hast jetzt so viel geschafft, ich bewundere Dich sehr dafür, so weit bin ich noch nicht :cry:

    Ich wünsche Dir soviel Kraft, so unendlich viel und wünsche Dir von ganzem Herzen, das Du und Dein Sohn glücklich werdet.

    Ganz liebe Grüße
    Elke

  • Hallo Elke,

    danke für deine Antwort und für deine Wünsche. Ich weiss, dass ich meinen Mann nicht ändern kann und sein Verhalten nicht kontrollieren kann und auch nicht will. Ich habe meinen Sohn von der Alkoholismus als eine Krankheit erzählt und rede auch über sein Vater nicht schlecht. Das tue ich aber nicht nur so, sondern meine auch so. Ich bin nicht mehr über das Verhalten meines Mannes wütend, da ich weiss, dass sein Verhalten durch die Krankheit Alkoholismus bestimmt ist. Ich versuche aber mich und meinen Sohn davor zu schützen, indem ich ihn Grenzen setze und konsequent bleibe. Es klappt nicht immer aber immer besser.

    Was ich aber nicht so genau verstehe ist, das Verhalten meines Sohnes. Er behandelt mich nicht so wie sein Vater. Er kann mir gegenüber auch verletzend sein - er ist 12 Jahre alt. Gegenüber seinem Vater ist er nicht so. Ich weiss, dass er sich dabei auch verstellt. Mein Sohn beschuldigt mich teilweise immer noch damit, dass ich weggegangen bin.
    Ich hoffe so sehr, dass er mich eines Tages versteht, warum ich diesen Weg gegangen bin.

    Liebe Grüße
    Seerose

  • Liebe Seerose,
    ich stelle immer wieder fest, dass Kinder ihre Welt mit Schwarz-Weiß-Denken betrachten, weil sie die komplexen Zusammenhänge noch nicht verstehen. Sie teilen ein in Gut und Böse, Schuldiger-Unschuldiger.
    Sie lieben Mama und Papa.
    Der verlassene Papa ist jetzt der Schwache, der "Gute", die Mama die Böse. Denn sie hat den "armen" Papa im Stich gelassen.
    Ich denke, es ist leichter, dem Stärkeren die Schuld zu geben, als dem Schwächeren.
    Wenn sie älter sind, werden sie die Zusammenhänge besser verstehen.

    Nur so ein Gedanke von einer Dreifachen Mutter, die sich auch mit der Schwarz-Weiß-Denke ihrer Kinder rumschlägt.
    Liebe Grüße,
    Thelma

  • Hallo Thelma,

    ja, genauso ist es. Er sieht mich als die Starke in der Familie und seinen Vater als der Schwächere. Ich merke es daran, dass er sich ihm gegenüber als der "Armste" darstellt, obwohl es ihm die ganze Zeit gut ging. Das akzeptiere ich erstmal so. Auf der anderen Seite mache ich mir Sorgen darum, dass er mit diesem Verhalten - auch wenn es nicht immer vorkommt - die Realität verdreht. Es tut manchmal weh zu sehen, welche Verhaltensmuster er sich in den ganzen Jahren sich angeignet hat. Anderseits freue ich mich darüber, dass ich endlich dieses Verhaltensmuster sowohl bei ihm als auch bei mir erkenne und die Zeit dafür investiere um davon loszukommen. Ich muss mich nicht mehr mit dem Trinken meines Mannes beschäftigen.
    Ich denke, wir brauchen noch Zeit, damit mein Sohn und ich mich an die neue Situation, an die neue Verhaltensregeln gewöhnen. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich von mir und von meinem Sohn viel und auch sehr schnelle Veränderungen erwarte. Ich muss noch lernen geduldiger mit mir und mit ihm umzugehen.

    Liebe Grüße
    Seerose

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