"blinde flecken"...

  • .... haben wir alle. Wir machen uns illusionen über unsere beziehungen, über uns selbst und über die menschen um uns herum. Solange dies in einem halbwegs „normalen“ umfeld geschieht, ist es auch zu verschmerzen und nicht unbedingt ein grund, überall genau hinzugucken.

    In dem maße, in dem ich mich mit meiner co-abhängigkeit auseinander setzte, wurden mir einige meiner „blinden flecken“ sichtbar. An manchen stimmte einfach mein eigenbild mit dem, was andere in mir sahen nicht überein. Vor allem wollte ich nicht sehen, dass mein selbstbewusstsein nicht so doll war, wie ich es mir gern vormachen wollte. Ich WOLLTE die starke sein, die alles schafft. Haushalt, beruf, kind, ehe, alles wollte ich unter einen hut bringen können. Warum? Na, im nachhein stellte sich heraus, dass ich das alles wuppen wollte, damit ich ein lob, anerkennung und zuneigung dafür bekäme.

    Erst als ich im zusammenleben mit einem abhängig trinkenden mann an die absolute grenze meiner leistungsfähigkeit kam, also meinen eigenen tiefpunkt erreicht hatte, konnte ich mit professioneller hilfe und der menschen in meiner shg auf meine blinden flecken gucken. Das war in manchen punkten ziemlich schmerzhaft für mich.

    Von daher kann ich es nachfühlen, dass viele der menschen, die hier schreiben, ebenfalls die augen vor ihren blinden flecken verschließen und ihr augenmerk eher auf den trinkenden partner richten. DA ist es schließlich ganz offensichtlich, dass der krank ist, schwächen hat. Auch wenn diese für ihn unsichtbar sind, der oder die partner/in sieht seine blinden flecken ganz genau. Die sind auch einfacher zu entdecken, als die eigenen. Es ärgert uns zwar, dass er nicht so „funktioniert“, wie wir es wollen, aber wir hoffen, dass wir es mit genug anstrengen, lieben, unterstützen, schon hinkriegen.

    Den Blick für uns selber verlieren wir dadurch vollkommen. Ich hatte das gefühl, je weiter in meine co-abhängigkeit rutschte, desto mehr wurden meine blinden flecken. Ich konnte nur noch sehen, was er mir antat, wo er nach meiner meinung falsche verhaltensweisen zeigt, mit seiner sucht nicht richtig umging. Ich fühlte mich ausgenutzt, belogen und betrogen, austauschbar. Enttäuscht, trotz all der anstrengung, wieder nicht liebe von ihm bekommen zu haben, die ich doch so sehr suchte. Wenn ich aber ent-täuscht bin, muss ich mich da vorher nicht getäuscht haben? Wieder einer meiner meiner blinden Flecke. Ich hatte ein bild von „meinem Alki“, dem er nach meiner meinung nur nicht entsprach, weil er trank. Wenn er folglich aufhörte zu trinken, würde er so sein, mich so lieben, wie ich es mir wünschte und vorstellte. Das war meine eigene täuschung, die folglich eine ent-täuschung zur folge haben MUSSTE. Einer meiner blinden flecke, weil ich mir eingestehen wollte, dass ich ihn nicht liebte, weil er ist, wie er ist, sondern so, wie er in meiner vorstellung sein würde, wenn er nicht mehr trank. Aber – das war dann wohl nix..... es waren einfach illusionen, realitätsverlust, nicht anders, als sie ein abhängig trinkender sich über seinen alkoholkonsum macht.

    Lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • guten morgen ette! :D

    das AUSBLENDEN DER REALITÄT ließ MICH sehr sehr lang den weg meiner trinkenden mutter gehen...war das ne baustelle...

    als ich es "sein lassen wollte"...

    endeckte ich erst die GROSSBAUSTELLE welche ICH bin/war...

    herje viel zu tun und viel zu ENDECKEN...doch bearbeite ich NUN DAS RICHTIGE...

    MICH

    schönes we...

    liebe grüsse caro :wink:

    dem was über mich einstürmt,möchte ich gelassen gegenüber stehen...

  • Guten Morgen Ette,

    das ist aber interessant, dafür habe ich einen hervorragenden Bioreiniger.

    Es heißt doch: Körperreise, den Körper entdecken, ich habe immer außen gesucht, aber nie innen drin. Seitdem ich immer ein Putztuch dabei habe, kann ich auch gut innen drin mal drüber wischen.

    Viel leichter war es früher bei und für andere mal schnell drüber zu huschen oder noch besser über mich mal drüber huschen zu lassen, da brauchte ich mich in mir nicht zu verrenken.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo, Ette,
    den Fokus auf den "bösen" Alki zu wenden ist glaub ich ganz logisch, wenn man mitten in so einer drastischen Situation steckt. Wo soll der Abstand herkommen, den es bräuchte, sich selbst zu reflektieren, wenn man dabei ist, seine Haut zu retten?
    Mein Mann ist jetzt seit 7 Wochen weg, dh. hier ist Ruhe. Ganz langsam steigts mir auf, was ich für blinde Flecken habe. Genau wie Du sagst, ich sah in ihm immer ein Bild von ihm, das ich mir gemacht habe. Das war ein Wunschtraum, aber nicht er! Viele Erwartungen konnte er nicht erfüllen, weil da was nicht zusammen passte. Egal, wie "gut" ich immer sein wollte.
    So ganz langsam geh ich tiefer in mich und verstehe einiges besser, zB. wie es dazu kam, dass ich dem Alkohol gegenüber so ein lockeres Verhältnis hatte und lange die Gefahr nicht sah. Auch für mich selbst nicht. Da fängts dann an, wirklich weh zu tun. Aber lieber jetzt eine Erkenntnis als nie.
    LG
    Gartenarbeit

  • Hallo gartenarbeit,

    als logisch würde ich es nicht bezeichnen, wenn ich nur auf den anderen gucke. Es jedoch ein recht häufiges verhalten von co´s deren partner aktuell noch trinkt.

    Gerade wenn ich dabei bin, MEINE haut zu retten, muss ich ganz viel auf mich gucken. Ich lese hier aber immer wieder, dass die „schandtaten“ immer wieder aufs neue hochgeholt werden und im gleichen atemzug bzw. in der gleichen zeile steht dann, ich lasse mich von ihm nicht mehr runterziehen. Nö, ist auch nicht erforderlich, denn das machen in der regel die schreiberInnen schon ganz alleine, indem sie wieder und wieder in der vergangenheit herbrockeln. Vielleicht muss ja auch einfach die vergangenheit dazu dienen, es durchzuziehen und den abstand zu wahren. Obwohl – auch das scheint in der regel nicht wirklich zu funktionieren. Nicht anders als ein alki, der nicht trocken werden WILL, wird jede gelegenheit genutzt, wieder in kontakt zu kommen und wenn dies nicht möglich ist, zeigen sich die heftigsten entzugserscheinungen.

    Irgendwann, als „mein alki“ weg war und ich nicht wusste, wie ich ohne ihn den tag überstehen sollte, ging mir durch den kopf, dass ich durch die wohnung tigere, wie jemand, der saufdruck hat. Eine erkenntnis, die mir richtiggehend auf den magen schlug und die ich in meiner shg auch lange nicht preisgab. Die tatsache, dass das, was ich als sehnsucht gedeutet hatte, nix anderes als entzugserscheinungen war, war für mich einfach zu beschämend.

    Lg
    ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Ja, Ette,
    das geht mir ähnlich. Erste-Hilfe-Maßnahme ist da die konsequente Kontaktsperre. Und das ist mit Kindern sooo schwer, zumal wenn der Druckauslöser sich in Therapie begibt und Besserung schwört!
    Wenn er noch so schlimm drauf wäre, wäre es leichter, denke ich manchmal, aber das ist so gemein und wäre auch kein echter Weg zur Genesung.
    Eins hab ich mir lange abgewöhnt: Über seine Schandtaten zu lamentieren. War doch mein Ding, dabei zu bleiben.
    GLG
    Gartenarbeit

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