• Hallo an alle,

    Im Augenblick bin ich voll im Konflikt und muss mir das mal von der Seele schreiben.

    Ich habe mich im April von meinem Ex getrennt, und der lässt sich jetzt so richtig hängen: Abstürze am laufenden Meter, exzessives Saufen mit nur kurzen Zwischenpausen durch diverse Krankenhausaufenthalte – kurz, eine immer schneller fortschreitende Selbstzerstörung: beim letzten Mal 3 Rippenbrüche, dieses Mal (heute abend wurde es mir mitgeteilt) eine große Platzwunde am Kopf: Und wieder Einlieferung ins Krankenhaus.... ohne dass er anschließend Konsequenzen zieht.

    Natürlich habe ich Mitleid mit ihm, natürlich berührt mich sein Leiden, dass er nicht stoppt, aber: Als er mich vor 2 Tagen anrief und über seine gebrochenen Rippen jammerte, sagte er mir auch, dass er wieder getrunken habe, Dazu die ständigen Liebesschwüre und da platzte mir der Kragen: Ich habe ihm gesagt, ich wolle nichts mehr von ihm hören, bis er in einer adäquaten Therapie sei, und ich kann und wolle ihm nicht mehr helfen! Ergebnis: s.o.!!

    Allmählich glaube ich, dass er nicht mehr lange leben wird.
    Ganz objektiv besehen.
    Körperlich ist er fertig, und sein Geist lässt schon lange schleichend nach...
    Und das greift mir doch ins Herz und ich frage mich:
    Sollte ich Hilfe geben als Mitmensch oder bin ich dann der Co, der sich wieder verpflichtet fühlt, zu helfen.–

    Dabei weiss ich, helfen kann ich ihm gar nicht, habe es lange genug versucht und eine Menge anderer Leute auch.
    Aber kann und darf man einen Mitmenschen dann einfach so abschreiben?

    Ich habe ihn lange Zeit gebeten, angefleht, nicht mehr zu trinken (emotionale Ebene) und dann wieder was anderes probiert: nüchternes analysieren wie es für ihn weitergehen wird, wenn er nicht aufhört, sich mit dem Suff immer wieder wegzubeamen – nichjts hat`s genutzt,
    und ich habe doch immer wieder geredet, geredet, geredet...

    Jetzt ist mir nicht mehr nach Reden und meistens auch nicht nach einer Begegnung aber im Moment nach einfach Dasein, ihn nicht alleine lassen in seinem jetzigen Elend – denn er ist doch ein Mensch.

    Vielleicht fällt Euch dazu etwas ein (bestimmt tut es das!). Mir leider nicht mehr.
    Für ein paar Zeilen wäre ich Euch dankbar.

    :( butterweich

    ...Vergiß, o Menschenseele,
    Nicht, daß du Flügel hast.

  • Guten Morgen Butterweich!

    Ich glaub dir gerne, dass du dir riesige Sorgen machst und doch helfen möchtest.
    Aber du schreibst selbst: ... "ohne, dass er anschliessend Konsequenzen zieht"...
    Er hat (noch) nichts gelernt. Er ist anscheinend noch nicht an seinem richtigen Tiefpunkt angekommen, dass er merkt, ER muss etwas ändern, damit es IHM besser geht.

    Du weisst es doch selbst, du kannst nichts tun.

    Ich weiss selbst wie schwer es ist, mit dem Co- sein fertig zu werden. Wie lange es dauern kann, noch dauert, bis man überhaupt ein wenig damit abschalten kann.
    Du hast schon Abstand gewonnen. Behalte ihn bei. Für DICH.

    Gut, dass du wieder hierher gefunden hast!

    Hast du irgendwelche Hilfen für Dich? Gruppenmäßig, therapeutisch? Oder hast du eine Freundin od. so zum Quatschen?

    Ich wünsche dir ganz viel davon, damit du mit DIR ins Reine kommst, Antworten auf deine Fragen bekommst.

    Liebe Grüße, Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Guten Morgen butterweich,

    bist du Nachtarbeiterin oder konntest du wegen deiner Gedanken nicht schlafen?

    Du schreibst, dass du dich von deinem Partner getrennt hast. Warum machst du dann immer noch seine Probleme zu deinen? Ich kann verstehen, dass es dir schwer fällt, zuzusehen, wie er sich kaputt macht. Aber es ist SEIN Leben und für das ist ER verantwortlich.

    Ich weiß nicht, ob du hier schon viel gelesen hast. Ich habe den Eindruck, eher nicht. Ansonsten wäre dir sicherlich schon einmal der Satz „helfen durch nicht helfen“ untergekommen. Jemanden, der abhängig trinkt, kannst du weder auf der emotionalen noch auf der Sachebene erreichen. Ja, er ist ein Mensch. Ein abhängiger, süchtiger Mensch und kein kleines Kind, das man bemitleiden und betüddeln muss. Genau das trägt nämlich dazu bei, dass er bestimmt nichts ändert. Warum auch? Er trinkt bis zum Exzess und wenn er dann schlecht drauf ist, hat er ein butterweiches Weibchen, das ihn in seinem „Elend“ betüddelt und tröstet.

    Solange du so agierst, hast du weder seine noch deine Abhängigkeit verstanden und akzeptiert. Und du hilfst weder ihm noch dir damit. Ich kann dir auch keine Anerkennung für dein Engagement zollen. Du wirst deine Gründe haben, warum du dich nach wie vor auf ihn und seine Situation einlässt. Und die Tatsache, dass er ein Mensch ist, ist in meinen Augen nur eine vorgeschobene Legitimation. Mitfühlende, fürsorgliche Menschen genießen in unserer Gesellschaft ja in der Regel ein hohes Ansehen. Nur – bei einem Alkoholabhängigen sind Mitgefühl und Fürsorge keine Motivation, etwas zu verändern. Im Gegenteil.

    Wahrscheinlich waren das nicht die Worte, die du lesen wolltest. Aber als Co habe ich lange genug Süßholz geraspelt und Wahrheiten verleugnet und schöngeredet. Und bei dir sehe ich die gleiche Tendenz. Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, aber mit eigenen Regeln. Kein Kranker soll alleine bleiben mit seiner Krankheit, aber hier ist es einfach erforderlich, dass er selbst etwas tut. Und das wird er umso weniger, je mehr du ihn umsorgst und bemitleidest. Das ist meine Erfahrung.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo butterweich,

    ich kenne deine Gefühle nur zu gut.

    Dass du ihn nicht "trocken legen" kannst, schreibst du ja selbst. Also richtig helfen kannst du sowieso nicht.

    Einfach bei ihm sein...
    nun ja. Wie wäre das denn für dich? Würde er dich denn beim Saufen dabei haben wollen? Oder willst du immer, wenn er mal wieder durch seine Exzesse im Krankenhaus ist, hinfahren?

    Ich weiß nur: Bei meinem Mann war und ist es so: Je schlimmer er säuft, desto weniger Platz ist da für mich.
    Ganz am Anfang unserer Beziehung hab ich ihn noch fest in den Arm genommen, wenn er Bauchschmerzen hatte (von welchen Alk-geschädigten ORganen auch immer). Aber er hat sich trotzdem immer weiter von mir entfernt. Später war er einfach nur noch aggressiv.

    Ich frage mich, ob du (wie ich früher auch) nicht zu naiv davon ausgehst, dass er genauso empfindet wie du. Wenn er im Suff ist, kann er doch gar nicht in gleicher Weise fühlen. Du würdest dich aus Mitmenschlichkeit opfern, er würe sowieso in seiner Alkblase.

    Und natürlich stimmt alles, was Ette geschrieben hat: Hilfe durch Nichthilfe.
    Vielleicht rettest du ihm das Leben, wenn du ihn jetzt sich selbst überlässt.

    Bei meinem Mann war es damals so: Ich trennte mich, ein paar Jahre später flog er aus seiner Wohnung und war obdachlos!!! Gesundheitlich gings ihm miserabel. Es war herzzerreißend und deshalb hielt ich auch Kontakt, konnte aber nicht wirklich helfen. (Hätte ichs gekonnt, hätte ichs gemacht.) Durch seine Obdachlosigkeit war der Kontakt aber schwer zu halten, er schämte sich auch. Aber dann war er endlich an seinem Tiefpunkt, als er nämlich den Totalzusammenbruch hatte. Was folgte, waren immerhin ein paar Jahre Trockenheit und eine erstaunliche körperliche Erholung.

    Klar, er hätte damals auch sterben können.

    Die ganze Entwicklung hatte mit mir gar nichts zu tun. Ich hab mir das Herz aus dem Leib geheult, aber bei ihm kam davon nichts an.
    Er hat auch später, als er trocken war, nie was Anerkennendes gesagt, von wegen, dass ich immer zu ihm gehalten hätte oder so. Das fällt mir jetzt grad so auf.
    Wahrscheinlich hat er es kaum wahrgenommen.
    Wie will man denn auch was wahrnehmen, wenn man dauernd betrunken ist?

    Akzeptier es, wie es ist.
    Mach dich nicht kaputt, dein Leben ist doch für dich das wichtigste.

    Liebe Grüße
    Doro

  • Hallo Butterweich,

    es ist immer schwer zuzuschauen, wenn sich ein anderer Mensch sich das Leben ruiniert und/oder sich auf Raten umbringt. Ich kann so etwas sehr schlecht, wenn ich sehe was dort weggeworfen wird, mancher Anblick tut mir körperlich weh. Der Mensch der mir an nächsten steht bin jedoch ich, ich sorge dann für mich und begebe mich aus der Situation die mich belastet.

    Es liegt allein an Dir, ob Du Dir das antust und zuschaust immer noch in dem Glauben irgendwas tun zu können, etwas tun zu müssen. Du musst nicht zuschauen, Du kannst Dich um Dich kümmern und dafür sorgen das es Dir gut geht oder eben auch nicht. Es ist Deine Sache.

    Du selber hast eigentlich schon alles zu Deinem Post gesagt, was es zu sagen gibt:

    Zitat

    Sollte ich Hilfe geben als Mitmensch oder bin ich dann der Co, der sich wieder verpflichtet fühlt, zu helfen.–

    Dabei weiss ich, helfen kann ich ihm gar nicht, habe es lange genug versucht und eine Menge anderer Leute auch.

    Du hast Dir die Antwort schon selbst gegeben und dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

    Gruß
    Skye

  • Hallo,

    Ich habe mich NICHT um ihn gekümmert. Ich habe bis jetzt NICHT angerufen, wie es um ihn steht.

    Aber es fällt mir schwer. Ungeheuer. Es ist schwer, etwas anders zu machen als sonst.

    Aber Eure Postings haben mich gestärkt und mir noch mal vor Augen geführt, wie notwendig es für mich ist, Dinge einfach sein zu lassen, nicht einzugreifen, und das auch auszuhalten.
    Und das Wort "Aushalten" wirft mich wieder auf meine Co-Abhängigkeit und auch, wie abhängig man doch von einem Gegenüber ist - im Moment fühle ich mich höllisch alleine und das ist auch schwer auszuhalten.

    Ich hoffe dass ich es lerne, mit mir glücklich zu sein - bisher war da immer noch ER im Hintergrund und jetzt ist da nur noch ein weisser Fleck.–
    Und ich kann es kaum fassen, wie groß dieser Fleck ist - wie ein Umriss auf einer schwarze Wand. Und bekommt damit Bedeutung. Lieber wäre mir, die Wand wäre ganz kahl und uniform.

    Ich glaube ich bin am Anfang eines Weges, der noch sehr lang wird...
    Gruss
    butterweich

    ...Vergiß, o Menschenseele,
    Nicht, daß du Flügel hast.

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