... hallo ihr lieben... ich dachte mir ich schreibe euch einfach mal meine geschichte auf, weil ich denke dass es an der zeit ist mich mitzuteilen... ich schreibe die ungefähren zeitangaben dahinter zur besseren orientierung...
mein vater (52) ist spiegeltrinker, wie ich mittlerweile weiss, so lang ich denken kann. meine gesamte kindheit und jugend hindurch hat mein unterbewusstsein das ganze erfolgreich ausgeblendet u es wurde mir erst richtig bewusst, nachdem ich mein abi in der tasche hatte (2001). Kurze Zeit später wurde meine kleine Schwester (damals 15) erst magersüchtig dann bulemisch, war stationär und später ambulant in behandlung. ab da war papas alksucht "allgemein bekannt". ich war ab 2001 für 7 Jahre mehr oder weniger nicht zu hause, weil ich diverse ausbildungen abgeschlossen habe. daher war meine gut ausgebildete verdrängungstaktik im dauerbetrieb. Frei nach dem Motto: "was ich nich sehe existiert nicht.".
in der zwischenzeit wurde meinem vater als Maler und Lackierer gekündigt und nach kurzer arbeitslosigkeit begann er in österreich in seiner branche zu arbeiten u kam in unregelmäßigen abständen fürs wochenende oder 2 tage länger nach hause - wir haben ja schließlich noch ein haus und ne reihe kleintiere zu bewirtschaften. Meine Mutter hat dann ebenfalls angefangen als Saisonarbeiterin in Österreich zu arbeiten und war somit die letzten 3 Jahre von september bis mai gar nicht zu hause.
Meine Schwester ist dann während ihrer Bulemiezeit von zu hause aus- und nach erfurt (is ne std von zu hause entfernt) gezogen u hat sich dort mittlerweile eine kleine familie aufgebaut. U konnte sich gott sei dank erfolgreich aus jeglicher abhängigkeit, sucht, selbstvorwürfen unserem vater gegenüber herausnehmen und ihr eigenes glückliches leben leben. Mittlerweile ist sie mit ihrem 2. Kind schwanger.
Ich habe vorletztes jahr im sommer (2008) meine 2. ausbildung zur informatikkauffrau abgeschlossen und bin aus dem saarland wieder zu hause eingezogen (meine großeltern wohnen mit auf unserem grundstück im nachbarhaus). Unser Haus war sowieso größtenteils leer, papa kam alle 2 bis 4 wochen nach hause um nach dem rechten zu sehen und das haus in schuss zu halten und mama ist dann im oktober wieder nach österreich. Das ging alles halbwegs gut bis letztes jahr im november. Den ganzen sommer über hat er schon genörgelt, dass die arbeit in österreich voll blöd sei u keinen spass mehr mache und mitte november kam er dann heim u meinte ihm wurde gekündigt, denn er bräuchte eine pause und würde im märz wieder dort anfangen.
Er hat das gesagt u ich dachte nur „Oh mein Gott bitte nich.“
Von da an ging es rapide bergab. Ich wusste schon seit längerem dass er neben seinen vielen bockbierflaschen mittlerweile auch weinbrand trinkt um auf seinen spiegel zu kommen.
Ich hab ihn regelmäßig angeschrien, dass er seine dämlichen bierflaschen irgendwo anders trinken und hinstellen bzw. stehen lassen soll, aber nicht dort wo ich sie sehen muss...
Das ging dann paar wochen so.
Meine oma, die schon immer einen sehr guten Draht zu ihm hatte, hat oft und lange mit ihm geredet, dass er was essen soll u das hat er auch gemacht...
Anfangs hat er noch gegessen – zwar nicht viel, aber er hat gegessen. (alk hat auch kalorien)
Allerdings fing dann sein mittlerweile chronischer durchfall an. Hämorriden hatte er auch ganz schrecklich. Ich hab dann mehrmals am tag unsere toilette geputzt.
Logischerweise hat er nichts mehr gegessen, weil der durchfall nicht besser wurde und der durchfall wurde nich besser, weil er nichts gegessen hat.
Ab 07.12. (seinem 52. geburtstag) ging es dann langsam ganz bergab.
Er aß immer weniger, wurde immer weniger u weihnachten is die situation dann etwas aus dem ruder gelaufen. Er konnte es noch nie ausstehen wenn ihm irgendjemand vorschriften gemacht hat. Oma hat sich dann heilig abend erdreistet ihm zu sagen, dass sie sich von ihm zu neujahr wünscht, dass er mehr isst – ab da war heilig abend gelaufen.
Er ging dann ins bett. Ich bin dann hinterher, hab mich noch für sein geschenk bedankt u gesagt er möge doch bitte wieder mit ins wohnzimmer kommen. Dann fing er an mich vollzupulvern, er ließe sich von niemandem vorschreiben was er zu tun hat. Seine mutter (mit der er massive probleme hat) musste das schließlich auch erst lernen, dass er sich nix vorschreiben lässt was er zu tun und zu lassen hat...
Dann kam meine oma noch ins schlafzimmer und hat noch lieb auf ihn eingeredet, dass sie das nich so gemeint hätte u dass er doch bitte rauskommen solle...
Ich bin dann heulend in mein zimmer.
Welche toller Heilig Abend!!! Er kam dann natürlich nicht mehr raus.
Heilig Abend war auch meine Schwester mit Mann und Kind da und wir haben uns dann noch nen halbwegs annehmbaren abend gemacht.
Sie hatte ne Erkältung über Weihnachten u hat natürlich meinen angeschlagenen Vater angesteckt, so dass er neben dem Durchfall, den Entzugserscheinungen vom alkohol (er hat nix mehr getrunken weil er nix drinbehalten hat) und den Entzugserscheinungen vom Nikotin (rauchen konnte er auch nich mehr weil er krank war u sich sonst totgehustet hätte) logischerweise völlig ausgemergelt ist und innerhalb 2 Wochen noch weiter rapide abgenommen hat.
Mein Opa und seine schwester, die in der apotheke arbeitet, haben ihm dann medikamente besorgt, u das einzige was er nimmt sind kohletabletten, aber die schlagen nicht an.
Er ernährt sich seit 2 Wochen jetzt nur von Kräuter- und Früchtetee... ich kann ihn nicht mehr anschauen ohne dass mir ganz komisch wird und ich heulend weggehe.
Am 06.01. hat mein Oma dann meine Mutter angerufen, dass sie bitte so schnell wie möglich heim kommen soll. Mama hatte uns vorher gesagt dass wir sie anrufen sollen wenn’s gar nich mehr geht.
Gestern hatte mama ihren 50. geburtstag und hat den im zug nach hause verbracht.
Seit Montag sitzt mein Vater tagsüber vorm fernsehr... im wohnzimmer sind 26° - er friert dauernd... er hat ne ganz gelblich-blaue pergamentartige haut u von tag zu tag nimmt seine aufmerksamkeit ab.
Ich kann nich mehr. Ich bin so froh dass meine mutter da is. Meine Großeltern und ich sind völlig fertig mit den Nerven.
Wir haben schon so oft gebittet u gebettelt er solle zum arzt gehen, aber nein, „was von selber kommt geht auch von selber“, ist seine aussage.
Vorgestern hat er oma versprochen, dass wenn es nich besser wird wir nen arzt holen können... aber ich hab die befürchtung dass „nächste woche“ zu spät ist.
Opa hat auch den Notarzt schon angerufen, was wir machen können, dass der ihn behandelt, aber der Notarzt hat gesagt wir und er könnten gar nichts machen, solange papa ausdrücklich nicht will, dass ihm geholfen wird.
Hab mich gestern lange mit mama unterhalten und wir sind beide zu dem schluss gekommen, dass er einfach nicht mehr will. Auch wenn ich das weder akzeptieren noch verstehen kann.
Das ist meine Geschichte... bis zum heutigen Tag.
Ich habe keine ahnung wie ich das WE überstehen soll...
Ich danke euch fürs lesen, auch wenn es sehr lang geworden ist und ich hoffe dass es nicht zu durcheinander geschrieben ist.
Claudia