Meine Mutter ist Alkoholikerin im Endstadium

  • Hey Silberschweif,

    Erstmal ein ganz herzliches warmes Willkommen hier im "Kinderbereich".

    Distanzieren und den Alki darüber informieren ist gut, die Frage ist, was Du erwartest und wie Du im Zweifel mit der Antwort Deiner Mutter umgehen wirst. Ich meine, sie wird Dir sicherlich nicht mit "ja" oder "nein" bzw "Tochter" oder "Wodka" antworten.
    Für wen tust Du das? Für Dich? Oder doch eher mit dem Hintergedanken, sie doch noch zum Aufhören zu bewegen?? Das wird nicht passieren.
    Kannst Du damit

    Zitat

    Entscheidet sie sich für ihre Wodkapullen, wird sie dieses Jahr völlig einsam in ihrer Wohnung verrecken.

    leben??
    Ich sage nicht, dass es falsch ist, aber man muss es dann auch in aller Konsequenz durchziehen und muss sich im Klaren darüber sein, dass einem das schlechte Gewissen (nicht nur das eigene sondern auch Familie, Nachbarn,...) immer mal wieder auf die Füsse fällt.

    Erzähl doch mal ein wenig von Dir. Wohnt Deine Mutter noch mit Euch zusammen, wohnst Du weit (genug) weg von Ihr? Hast Du bisher regelmässig nach ihr geschaut? Wie geht Dein Mann/Deine eigene kleine Familie damit um?

    Wenn Du magst, lies Dich hier noch ein bisschen ein, Du wirst Dich wiederfinden.
    Und erzähl mal, auch wenn Du magst, ob und wie das Gespräch mit Deiner Mutter gelaufen ist.

    Ich schick Dir ganz viel Kraft.

    Liebe Grüße und bis bald,

    Der Insulaner ;)

  • Liebe Sielberschweif
    Leider kann ich nicht wirklich helfen -raten , denn ich bin auch eine Co .
    Aber ich würde dir gerne ein bisschen zur Seite stehen , indem ich dich lese und da bin .

    Eins hab ich lagsam begriffen ( du hast es auch schon erkannt ) Du kannst keinem Alki helfen - wenn er sich nicht helfen lassen will :( Das werden dir hier alle , ob Alki oder Co ausnahmslos bestätigen :(
    Und mach dir bitte keine Vorwürfe das du von der ganzen Problematik nichts gemerkt hast .
    Ich kann zwar nur als Co sprechen - denke aber wenn du es früher gemerkt hättest - hättest du dich nur selbst länger gequält , denn wie schon festgestellt -ein Alki nimmt keine Hilfe an :(

    Und was deinen Sohn betrifft , sicher ist es nicht gut gewesen das er dort war - aber wir alle machen Fehler und ein zweites mal wird dir das sicher nicht passieren .

    Ich versteh dich sehr gut - du liebst deine Mutter sehr und es ist verdammt schwer zu wissen das man nicht helfen kann :(

    Ich wünsch dir von Herzen , das sie wach wird -wenn du ihr sagst , der Alk oder ich .

    Liebe Silberschweif ich schick dir mal ganz viel Kraft und ich drück dich mal ein bisschen .

    Ganz Herzliche Grüße Ulrike

  • glück auf Silberschweif

    Zitat von Silberschweif

    Ich habe es ihr heute ins Gesicht gesagt und sie war so betroffen, ...

    ^ war richtig + wichtig :wink:

    :arrow: du darfst dich + deinen sohn ganz von ihr fernhalten :roll: das kann ein "aufwachen" bei ihr bewirken :arrow: kann ihr "persönlicher tiefpunkt" sein :wink:

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • glück auf nochmal

    :!::arrow: druck is wichtig :arrow: damit sie für sich trocken wird :!:
    :idea: sie will doch ihr enkel + ihr kind sehen + lieben dürfen :roll:
    :arrow: ^ aber eben nur trocken :!::!:

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Silberschweif,

    herzlich willkommen im Forum. Als ich Deinen Eingangpost gelesen habe, habe ich gedacht Du sprichst von meiner Mutter. Die Suchtgeschichten ähneln sich doch sehr.

    Zitat

    Mir ist schon klar, dass ich hier wohl etwas hereinplatze, das tut mir auch leid,

    Wir wissen hier alle worum es geht und es geht uns auf die eine oder andere Art wie Dir. Es sind hier keine langen Vorreden nötig, hier muss keiner auf das Thema vorbereitet werden. Wir wissen wie das ist. Schreib wie Du willst und wie es Dir in den Kopf kommt. In erster Linie soll es Dir helfen Dich hier auszutauschen, Deine Sorgen und Gedanken nieder zu schreiben. Wenn hier einer was nicht versteht, dann fragt er schon, keine Sorge.... Leid tun muss Dir auch nichts, dieses Forum ist schließlich für genau solche Dinge gedacht. Nur frei von der Leber weg, wie Du magst und was Du in so einem öffenlichen Raum preisgeben möchtest.

    Zitat

    denn auf der einen Seite wünsche ich mir Kopfstreichler und Mitleid, und auf der anderen Seite könnte ich am liebsten herausposaunen, dass man keinem Alki helfen kann, so lange er sich nicht helfen lassen will.

    Das ist doch keine Widerspruch, keiner kann nur hart oder nur weich sein. Du weißt was zu tun ist bzw. was nicht zu tun ist, dass heißt doch aber nicht, dass es Dich nicht belasten darf und Dir nicht nach Trost sein darf. Du bist doch ein Mensch und keine Maschine...

    Zitat

    Was mich auch so ferig macht, ist, dass ich von der ganzen Problematik nichts gemerkt habe. Ich mache mir wahnsinns Vorwürfe! Gut, ich habe gesehen, wie sie rein körpelich abgebaut hat, weil sie wohl die Depressionen hat.

    Und was wäre wenn Du es gemerkt hättest, hättest Du dann etwas ändern können? Die Antwort hast Du Dir selbst schon gegeben... Nein, Du hättest auch dann nichts tun können

    Zitat

    Ich habe es ihr heute ins Gesicht gesagt und sie war so betroffen, meine Güte, ich liebe sie so, sie ist meine Mutter!

    Du darfst sie auch weiter lieben, auch wenn sie Alkoholikerin ist. Doch Liebe heißt nicht, dass man alles schlucken und alles übersehen muss. Sie heißt nicht das man unangenehme Dinge ignorieren und verstecken muss.

    Zitat

    Noch gestern Abend hätte ich meine Mutter am liebsten angerufen und ihr gesagt, wie sehr ich sie liebe und dass ich sie nicht verlieren möchte. Sie fehlt mir einfach, ich vermisse sie.

    Wenn es Dir ein Bedürfnis ist, wenn Du das in dem Moment brauchst, dann tue es. Es geht hier um Dich und Deine Bedürfnisse. Loslassen heißt nicht fallen lassen, loslassen heißt einen anderen sein Leben selbst bestimmen zu lassen, sich nicht in seine Entscheidungen einzumischen, sich nicht um Dinge kümmern die einen nichts angehen. Es heißt nicht, dass man seine Gefühle begraben muss und/oder keine Zuneigung mehr zeigen darf. Wenn Du ihr etwas sagen willst, dann tue es, wer oder was sollte das verbieten.

    Zitat

    Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich sie nicht anrufe, denn ich möchte nicht, dass sie denkt, ich setze sie unter Druck. Oder dass sie das Gefühl hat, sie müsse einen Entzug quasi für mich machen, dass sei sie mir schuldig.

    Deine Mutter wird erst dann aufhören, wenn sie will. Vielleicht würde sie einen Entzug machen, weil sie meint sie müsste es für Dich machen. Das ist dann aber trotzdem immer noch ihre Entscheidung, genauso wie es ihre Entscheidung war nach ihren bisherigen Entzügen wieder anzufangen zu trinken.

    Zitat

    Sie hat ja außer mir keinen mehr - Sie muss wirklich so einsam ist. Sie hat ein hartes Leben hinter sich, 2 kaputte Ehen und jetzt Null Lebensinhalt, außer mich.

    Hast Du Dich mal gefragt warum das so ist? Bei meiner Mutter war es ähnlich und sie hatte auch kaum noch jemanden. Das lag aber ganz allein an ihr. Zum einen weil sie im Suff alle anderen vergrault hat. Niemand lässt sich dauern beleidigen und sich Dinge vor den Kopf werfen die der andere für die Wahrheit schlechthin hält und zu der er sich sie auszusprechen berufen fühlt, egal ob das Gegenüber es hören will oder verletzt wird. Zum anderen war sie allein, weil ihr der Alkohol wichtiger war. Unternehmungen und Treffen passen ab einem gewissen Punkt nicht mehr mit Alkohol zusammen, weil der Bedarf so hoch ist, dass es nicht mehr reicht nur noch zu bestimmten Zeiten zu trinken. Die Sucht will befriedigt werden und sie übernimmt die Kontrolle über den Tagesablauf.

    Sie muss ihr Leben mit Inhalt füllen, es ist nicht Deine Aufgabe diese Leere zu überdecken damit sie sie nicht so hart spürt. Saufen macht nun mal einsam, das ist so.

    Zitat

    Währenddessen hat sie ne Pulle Wodka intus und alles ist gut...

    Genauso ist das, denn sie ist Alkoholikerin. Die Sucht lässt sich nicht an und ab schalten „nur“ weil Du da bist. Du hast es überspitzt geschrieben, aber das ist die Realität.

    Zitat

    Sie hat schon etliche Entzüge hinter sich und 2 Langzeittherapien. Sowie 3 lange Aufenthalte in einer Psychatrischen "Anstalt"

    Deine Mutter weiß also wie es geht, sie weiß, wo sie Hilfe bekommen kann. Wenn sie also aufhören will, weiß sie, was sie tun muss. Sie nicht hilflos, auch wenn auf Dich so wirken mag, sie ist nicht hilflos.

    Zitat

    Nur sie kann über ihr Leben entscheiden, entscheidet sie sich zum Aufhören, werde ich ihr helfen, wo ich nur kann. Entscheidet sie sich für ihre Wodkapullen, wird sie dieses Jahr völlig einsam in ihrer Wohnung verrecken.

    Ich kann mich Insulaner nur anschließen überlege gut was Du tust. Tue es nur, wenn Du wirklich hinter dieser Entscheidung stehst, wenn Du es für Dich tust. Wenn Du es für sie tust, weil Du hoffst dass sie wach wird und sich für ein trockenes Leben entscheidet, was willst Du tun, wenn es nicht funktioniert? Was tust Du wenn sie weitertrinkt bis der Alkohol sie umbringt. Ein schlechtes Gewissen und Selbstvorwürfe können einen gewaltig quälen, wie Du schon festgestellt hast. Gehe diesen Schritt nur wenn Du Dir für Dich selbst sicher bist. Es geht hier um Dich nicht um Deine Mutter, die kann für sich selbst sorgen.

    Ich weiß da sehr schnell der Rat zum Kontaktabbruch gegeben wird, wenn jemand fragt was er tun soll, dass ist aber nicht für jeden das Richtige. Andere leben nicht das eigene Leben, deshalb sollte man tun was für einen selbst das Beste ist.

    Ich habe damals den Kontakt reduziert so wie ich ihn brauchte, ich wäre mit einem Kontaktabbruch nicht klargekommen. Ich hatte es kurzzeitig versucht und nur gelitten. Ich hätte mir Vorwürfe gemacht, denn ihr Tod kam sehr plötzlich, ich hätte keine Chance mehr für irgendetwas gehabt. Ich habe sie machen lassen, was mir schwer genug gefallen ist. Ich habe akzeptiert, dass es ihre Sache ist, wenn sie sich das Leben in Raten selbst nehmen will, auch wenn es sehr weh tat. Ich habe losgelassen. Mir ging es damit aber trotz Kontakt besser, weil wir einen wesentlich entspannteren Umgang miteinander hatten. Hätte ich den Kontakt abgebrochen hätte ich mich vieler Dinge beraubt.

    Es ist Dein Leben, tue das was sich für Dich richtig anfühlt, womit Du am besten leben kannst.

    Gruß
    Skye

  • hi silberschweif,


    diese innere zerrissenheit begleitet mich meinem vater gegenüber nun schon mehr als 25 jahre. ich konnte iden hintergrund jedoch erst vor rund 7 jahren "begreifen", als ich selbst trocken wurde und blieb, also die familienkrankheit erst mal durchbrochen habe.

    ab da wurde mir dann vieles erstmalig bewusst:

    was ich an einem normalen familienleben vermisst hatte
    dass das, was meine herkunftsfamilieführte, kein normales leben war
    dass ich nie einen vater hatte, der seiner rolle als vater auch gerecht werden konnte
    dass meine konditionierung im rahmen der erziehung meine eigenen gefühle vollkommen überdeckt hatte
    dass ch emotional völlig verarmt war
    dass ich nicht gelernt hatte, mich mit meinen defiziten auf eine normale und gesunde art auseinander zu setzen
    ...
    und noch vieles mehr.

    ich habe aber auch gelernt, dass ich meine gefühle ihm gegenüber haben "darf", dass sie echt sind, und ich sie auch äußern kann.
    und ich weiss heute, dass er einfach nicht anders konnte - die sucht ist stärker, als alles andere. ich musste dies am eigenen leib erfahren, durch meine eigene alkoholsucht.

    somit sehe ich meinen vater heute in einem milderen licht. ich beurteile und verurteile ihn nicht, auch wenn ich sein trinken nicht toleriere. ich weiss, dass er jederzeit den weg aus seiner sucht gehen kann, wenn er dies möchte. ich weiss, dass es genügend hilfsangebote in anspruch nehmen kann - wenn er das will.
    und ich weiss, dass niemand trinken muss. jeder kann es schaffen, aus der sucht auszusteigen.

    und ich weiss aus meienr eigenen erfahrung, dass dazu der eigene tiefpunkt notwendig ist. so lange der nicht da ist, ist jede hilfe vergebens.

    all dieses wissen und die eigene erfahrung können jedoch eines nicht: es mir erleichtern, ihn so zu erleben, wie er als nasser alkoholiker eben ist: nass. auch nach 25 jahren nicht. ich bin daher heute bemüht, den kontakt so weit einzuschränken, dass ich ihn nicht volltrunken erleben muss und nicht alle üblen ausfallserschenungen hautnah mitbekomme.

    das macht es mir auch heute unmöglich, mit ihm unbelastet umzugehen.

    aber ich liebe ihn, er ist mein vater. ich liebe ihn wahrscheinlich genau so, wie mein sohn mich liebt.

    das macht es nicht immer einfacher, aber im laufe der jahre habe ich mich einfach daran gewöhn es so zu nehmen, wie es ist.

    die zeit ist dabei manchmal ein gnädiger helfer. vielleicht kannst du auch mit der zeit einen weg finden, damit um zu gehen.

    cu
    MrHardcore

  • Hallo Silberschweif,

    Zitat

    Ich wünsche mir, dass mich jemand an die Hand nimmt und mir sagt, was richtig und was falsch ist!!! Jemanden, dem ich vertrauen kann und wo ich mein Gehirn abschalten kann und wo ich keinen Schmerz mehr spüre.

    Ja, das wäre schön..... wäre es das wirklich? In Deiner momentanen Situation mit Deiner Mutter wünscht Du es Dir. Wenn es das gäbe, würde es aber für Dein ganzes Leben gelten, für jeden Bereich. Würdest Du das wollen, Dein Leben komplett aus der Hand geben?
    Ich kenne das Gefühl und diesen Wunsch, aber das gibt es nicht mehr, wir sind keine Kinder mehr. Ich will es auch nicht mehr. Es gibt kein richtig und kein falsch. Es gibt Entscheidungen und Konsequenzen die daraus resultieren und dann das was man daraus macht. Ob das gut oder schlecht ist, dass sieht man irgendwann, manchmal früher, manchmal später. Wir sind erwachsen und stehen auf eigenen Füssen.

    Zitat

    Eine enge Freundin, selber Lebensberaterin, sagte mir, dass das ein riesen Fehler war, denn der Abhängige muss am Boden liegen ohne jeglichen Kontakt und erst dann kann ein Umdenken passieren.

    Genau, dann kann ein Umdenken passieren, muss es aber nicht. Nimm einem Alkoholiker alles was ihm lieb und teuer ist und er wird aufhören, wenn das so einfach wäre, gäbe es was den Alkoholismus angeht eine ganze Menge Probleme auf dieser Welt weniger. So einfach ist es aber leider nicht. Es gibt Menschen die haben alles verloren, sie sind die sprichwörtlichen Penner auf der Parkbank, sie trinken immer noch, der Alkohol wird sie über kurz oder lang umbringen. Es gibt Menschen die haben alles noch, Familie, Arbeit, Haus, Freunde und sie hören trotzdem auf zu trinken und werden erfolgreich trocken. Wann ein Alkoholiker am Boden liegt, wann er seinen persönlichen Tiefpunkt hat, ist so unterschiedlich, wie die Menschen unterschiedlich sind. So einfach wie Deine Freundin es darstellt ist es nicht. Wäre schön, dann würde meine Mutter vielleicht noch leben.

    Im Umkehrschluss bedeutet dieser Satz für mich, brich den Kontakt ab, sonst kann kein Umdenken passieren. Das ist die Verantwortung für die Trockenheit des Alkoholikers in die Hände der Angehörigen legen, nichts anderes. Das ist anderen ein schlechtes Gewissen machen und das finde ich nicht sehr fein, das ist Förderung von Co-Abhängigkeit und das finde ich ebenfalls nicht fein.

    Der einzige Mensch, der für seine Trockenheit verantwortlich ist, ist der Alkoholiker selber nicht seine Angehörigen.

    Es geht hier aber um Dich und nicht um Deine Mutter. Es geht darum was Du tust, was Du brauchst, nicht darum was Deine Mutter tut und braucht. Brauchst Du das Telefonat ruf an, brauchst Du es nicht lass es. Geht Dir die Einseitig- und Oberflächlichkeit auf die Nerven brich es ab, kannst damit leben höre weiter zu. Belastet Dich das Gespräch, beende es, tut es Dir gut führe es fort. Stört Dich etwas, sag es Deiner Mutter. Gestalte es so, wie Du es brauchst. Wenn es Deiner Mutter nicht gefällt kann sie es ja sagen, Du musst nicht erraten was sie gerade will und braucht, sie hat einen Mund zum reden. Wenn sie nicht redet ist das ihr Problem nicht Deines. Sie ist nicht hilflos.

    Ich habe jetzt gute 4 Jahre Therapie hinter mir, wie ich finde sehr erfolgreich. Meine Therapeutin hat mir in vielen Dingen sehr geholfen, ich habe aber noch lange nicht alles gemacht, was sie für richtig befunden hat. Es gab einiges da konnte ich ihr nicht zustimmen. Manchmal zu meinem Vorteil, manchmal zu meinem Nachteil. Alle die wir um Hilfe ersuchen, können uns Vorschläge machen, aber können nicht unser Leben leben und werden es auch nicht leben. Das tun nur wir.

    Ich kann verstehen, dass Du unsicher bist, das Du Angst hast etwas falsch zu machen. Du darfst Fehler machen, die gehören zum Leben. Du darfst an Dich denken, da ist auch nichts falsch dran. Hier geht es ganz allein um Dich und nicht um Deine Mutter. Höre auf Deine innere Stimme und nicht auf die von außen. Es ist Dein Leben, Du musst es leben, nicht andere auch nicht Deine Freundin, Lebensberaterin hin oder her.

    Hab ein bisschen mehr Vertrauen zu Dir selbst.

    Gruß
    Skye

  • Hallo Silberschweif,

    das mit dem Ablenken, Verdrängen, das kann alles sein...

    Du darfst dich aus einer Situation herausnehmen!

    Es gibt Situationen, die kann man nicht beeinflussen. Aber man kann den eigenen Abstand dazu selber wählen.

    Alle deine Gefühle sind in Ordnung. Die Gefühlspalette ist nicht nur pastell, da gibt es auch die ganz heftigen Farben...Vielleicht verwandelst du den Hass in Energie FÜR DICH. Da ist pure Energie, die ist im Moment noch gebunden, aber du kannst sie dir wieder holen und für dich verwenden.


    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Silberschweif,

    Sucht funktioniert nur mit Selbstbetrug. Egal welche Sucht, jede ist gesundheitsschädlich und die meisten auf Dauer auch absolut nicht sozial verträglich. Logisch betrachtet, kann man also nicht süchtig werden, weil man a) die Gesundheit nicht ruinieren will und b) nicht allein sein will. Süchtige tun aber das eine und sind oft irgendwann das andere. Das funktioniert nur mit Selbstbetrug und mit Abwesenheit von Logik. Sie ist irgendwann einfach abgemeldet. Sucht und Logik sind zwei Dinge die nicht zusammen passen. Hinzu kommt bei den meisten Drogen noch die bewusstseinsverändernde Wirkung, die eine eventuell noch mögliche rationale Beurteilung einer Situation vollkommen unmöglich macht.

    Das Verhalten Deiner Mutter, die Verdrängung von offensichtlichen Tatsachen ist vollkommen „normal“ für sie, für einen Alkoholiker. Und so schlimm die Situation mit Deinem Sohn auch war, auch das ist nichts ungewöhnliches für einen Alkoholiker. Das ist kein alleiniges Problem Deiner Mutter, das gehört zur Krankheit, ebenso wie das permanente Lügen, egal ob bei unwichtigen oder wichtigen Dingen.

    Ich schreibe das nicht, um das Verhalten Deiner Mutter zu entschuldigen, dafür gibt es keine. Sie ist zwar Alkoholikerin, aber das ist eine Krankheit, keine Entschuldigung und kein Freifahrtschein. Ich schreibe das, um Dir einfach mal einen anderen Betrachtungswinkel ein und derselben Situation zu geben. Eine Möglichkeit für Dich aus Deinem für Dich destruktiven Gedankenkarussel auszubrechen.

    Du hast meine Worte weise genannt. Ich habe dazu nichts gesagt, weil ich es nicht als wichtig empfand. Doch meine Worte sind nicht weise, es sind nur meine Erfahrungen, meine Schlüsse die ich daraus für mich gezogen haben. Wenn Du etwas davon gebrauchen kannst, ist es gut, wenn nicht ist es auch gut. Ich habe bis jetzt einen rund 5-jährigen Prozess hinter mir, bestehend aus SHG, Therapie, Reha und Forum, meist parallel nebeneinander. Die Arbeit an mir selbst ist nicht zu Ende, sie wird nie zu Ende sein. Sicherlich werden meine Hilfsmöglichkeiten in der Zukunft anders aussehen, aber an mir arbeiten werde ich den Rest meines Lebens und zwar gerne.
    Ich habe mir in diesen Jahren eine Menge erarbeitet. Es war Arbeit zum Teil Schwerstarbeit, ich habe oft an mir und dem was ich tue gezweifelt, hatte nicht nur Erfolge, sondern auch z. T. herbe Rückschläge. Wo ich heute stehe, das ging nicht von jetzt auf gleich , sondern langsam, schleichend, Schritt für Schritt.
    Am beginn meines Weges ging es mir ganz anders als heute. Ich hatte die gleichen Zweifel was ist falsch, was ist richtig, ich schwankte zwischen Gleichgültigkeit und Verlustangst, ich empfand Wut, Hass, Liebe, abwechselnd und manchmal sogar gleichzeitig.

    Meine Wut auf meine Mutter war nichts anderes als das Ergebnis von Erwartungen an sie, die sie nicht erfüllt hat. Ich wollte meine Mutter trocken. Ich wollte meine Mutter wieder, wie sie einmal war, nicht sehend dass, das grundsätzlich nicht möglich war, denn Menschen verändern sich mit und ohne Alkohol. Ich hing einer idealisierten Vergangenheit nach. Was ich nicht sah war, dass ich meine Mutter noch hatte, nur eben nicht so wie ich es erwartet habe, wie es meinen Vorstellung entsprach. Ich hatte Wünsche und Vorstellungen wie sie zu sein hatte und ich machte sie dafür verantwortlich, dass sie meinen Wünschen und Vorstellungen nicht entsprach. Heute sage ich wie vermessen, damals war das für mich ein legitimer Anspruch. Niemand muss sich meinen Wünschen und Vorstellungen anpassen, niemand hat die Aufgabe mich glücklich und zufrieden zu machen, niemand ist dafür verantwortlich, dass es mir gut geht oder auch das es mir schlecht geht, niemand außer mir selbst. Nicht meine Mutter, nicht mein Vater, nicht mein Partner, niemand, niemand außer mir.

    Im Grunde kann ich alles, was ich mir wünsche, haben. Was ich nicht haben kann ist, dass alles meinen Vorstellungen entspricht, ich muss schauen, was überhaupt möglich ist, wie ich es haben kann und ob ich es dann noch will. Und ich konnte meine Mutter haben, aber nur wenn ich sie so akzeptierte, wie sie war, als nasse Alkoholikerin mit allen Nebenwirkungen, die diese Krankheit mit sich bringt. Ich habe gelernt, die Dinge die ich nicht ändern kann, so zu nehmen wie sie sind. Meistens klappt es auch. Meine Mutter konnte ich nicht ändern, also blieb mir nur sie zu nehmen wie sie war oder es zu lassen.

    Das heißt nicht, dass ich alles hingenommen habe, wenn mir etwas nicht gepasst hat, habe ich das auch gesagt. Ich habe es aber nicht mehr gesagt mit der Erwartung, dass sie etwas ändert, sondern um meine Meinung mitzuteilen, meine Grenzen zu ziehen und zu wahren. Ein kleiner aber feiner Unterschied. Es hat mir trotzdem allem weh getan sie so zu sehen, ich hatte trotzdem Angst um sie, aber das war mein Ding. Es war meine Aufgabe mich davor so weit wie möglich und nötig zu schützen, es war meine Aufgabe, den für mich besten Weg zu finden damit um zu gehen. Es hat gedauert bis ihn gefunden habe und auch das ging nicht ohne falsche Entscheidungen und ohne Bauchlandungen.

    Ich hatte keine Patentrezepte, weder für meine persönlichen Probleme, noch für den Umgang mit meiner Mutter, ich konnte nur ausprobieren und hoffen, dass es klappt oder eben nicht und es anders versuchen. Ich habe gelernt, dass ich alles kann und darf was ich will, denn es ist mein Leben und ich muss es Leben und ich lebe mit den Ergebnissen egal ob positiv oder negativ.

    Es ist im Moment egal ob Du nun verdrängst oder gleichgültig bist, Du bist Dir selbst nicht sicher, wie willst Du da zu einem Ergebnis kommen dem Du trauen kannst? Nachdenken ist eine nützliche Sache, grübeln nicht. Wenn mir nachdenken nicht weiter geholfen hat, war die beste Lösung für mich es laufen zu lassen und abzuwarten wohin es führt.
    Du fühlst wie Du fühlst und das ist in Ordnung, Gefühle sind immer in Ordnung, egal welcher Art.

    Du willst Deinen bisherigen Weg nicht weiter gehen. Es kann manchmal ein wenig dauern, bis man weiß wohin die Reise gehen soll, bis man den Weg gefunden hat der für einen selbst der richtige ist. Wie lange bist Du Deinem alten ausgetretenen Pfad gefolgt? Also wäre es nicht verwunderlich, wenn Du im Moment etwas orientierungslos bist.Wenn Du jetzt nicht weiter weißt, ist das in Ordnung. Lass Dir ein bisschen Zeit bis Du einen neuen Weg gefunden hast. Er wird sich schon finden, wenn Du die Augen offen hältst. MrHardcore hat Recht wenn er sagt: Zeit ist ein gnädiger Helfer. Man muss sie sich "nur" geben und nehmen.

    Gruß
    Skye

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