Depressionen, Schuldgefühle und Panikattacken

  • Hallo,

    ich habe gelesen (und gemerkt :-)), dass nicht Alle die Postings im Vorstellungsbereich lesen können, deshalb kopiere ich meine Vorstellung mal in dieses Board.
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    Hallo,
    mein Name ist Andreas und ich trinke seit langer Zeit (> 10 Jahre) regelmäßig Bier. Depressionen, Schuldgefühle und Panikattacken wurden immer schlimmer. Vor zwei Wochen habe ich komplett aufgehört zu Trinken und möchte das auch beibehalten.

    Getrunken habe ich meist Alleine, ein Party- oder Kneipengänger war ich nie. Mein sonstiges soziales Umfeld ist weitgehend Alkoholfrei. Meine Freundin trinkt eigentlich gar nichts (nur, wenn ich sie mal zu einem Wein überredet habe), sie weiß auch von meinem Problem und findet meine Entscheidung gut.

    Die nächsten Tage werde ich bei den AA mal vorbei "schauen", weil ich denke, dass ein realer Erfahrungsaustausch ganz gut sein kann.

    Ansonsten geht es mir verhältnismäßig gut. Drang zu trinken habe ich gerade gar nicht, aber der Drang zum ersten Bier war für mich ohnehin nie so relevant. Ein Problem hatte ich nur, wenn ich mal angefangen hatte EIN Bier zu trinken. EIN Bier gab es für mich nicht.

    Nun ja. Was soll ich noch schreiben? An der ersten beiden Tagen meiner Entgiftung hatte ich "herrliche" Panikattacken. Ob die lediglich vom schlechten Gewissen kamen oder Teil des Entzugs waren, sei einmal dahin gestellt. Nun geht es mir bezüglich meiner Depressionen und der Angst besser.

    Ich dachte immer, dass ich abends vor Angst nicht einschlafen kann und habe deshalb getrunken, bis ich angenehm angetrunken war. Erstaunlicherweise kann ich nachts nun doch ziemlich gut schlafen ohne Alkohol.

    Als Alkoholiker war ich nicht am Ende, nicht ganz unten. Mir ist auch klar, dass einige deshalb vielleicht denken, dass ich es nicht schaffe, trocken zu bleiben. Man wird sehen. Obwohl ich ein Job habe, eine alkoholfreie Umgebung, Hobbies, die ich immer ohne Alkohol gemacht habe, war ich mit meiner Panik subjektiv gesehen ziemlich am Ende. Da möchte ich nicht wieder hin.

    So, das sollte erst einmal meine Vorstellung gewesen sein.

    Andreas

  • hallo andreas

    es ist von jedem selbst abhängig wo sein persönlich tiefpunkt ist, wie das wort schon sagt. der eine muß wirklich erst unter die brücke damit es klick macht, dem anderen reicht ein streit aus, oder das der führerschein weg ist oder oder oder. dafür gibt es keine meßlatte. wir vergleichen hier auch nicht, sowas führt zu nichts und kostet nur unnötig kraft. und kraft brauchst du in rauhen mengen um ein trockenes leben zu lernen.

    die depries sind sehr oft ne folge des konsums und geben sich mit der zeit von allein. aber das sieht man erst im laufe der abstinenz ob die ausreicht oder die depressionen noch zusätzlicher behandlung bedürfen. vieles kannst du hier aber einfach bei uns lassen und meist reicht das schon aus um den druck aus der sache zu nehmen. ich wünsch dir nen guten austausch.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo Andreas!

    Willkommen im Forum!
    Dein Einstieg in ein trockenes Leben scheint Dir ja gut gelungen zu sein!.Gratuliere!

    Ja,wenn Du das erste Glas immer stehen lassen kannst.ist das sehr gut!
    Denk immer daran!So wird es auch klappen wenns Dir einmal etwas schwerer fällt!! :wink:

    Das Forum hier hilft mir enorm.Aber auch die reelle SHG gibt mir viel.Da musst Du einfach herausfinden was für Dich am besten passt.

    Gute Nacht,schlaf gut.und trockene 24h!

    Herzliche Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo Doro,

    Zitat von dorothea


    die depries sind sehr oft ne folge des konsums und geben sich mit der zeit von allein.

    Bei meinen Depressionen bin ich mir da nicht so sicher. Ich bin seit ich denken kann depressiv. Schon als Kind ging es mir nicht so sonderlich gut. Zeitweilig war ich auch in psychotherapeutischer Behandlung wegen Depressionen und einer generalisierten Angststörung und entweder dadurch oder durch äußere Umstände ging es mir nach einem Jahr wieder besser. Leider habe ich zu damaliger Zeit meinen Alkoholkonsum nicht erwähnt, ich war dem Therapeuten zwar gegenüber meinen Ängsten offen, aber nicht der inneren Angst gegenüber, Alkoholiker zu sein.

    Antidepressiva habe ich Opipramol ein genommen (über ein Jahr). Das half so leidlich. Mehr geholfen hat mir Sport und Hobbies. Das versuche ich auch gerade wieder mehr, da mich mein Sport und meine Hobbies eigentlich immer vom Alkohol abgelenkt haben. ;)

    Alkohol ist gerade, wie schon geschrieben, kein Problem. Ich habe keinen Saufdruck. Aber zurückgeblieben sind die Ängst, und die Angst, wieder in eine miese Panikattacke zu rutschen. Das wurde sonst durch Alkohol... hmm, nicht besser, aber zumindestens übertüncht. Aber wenn ich ehrlich bin... geholfen hat er nicht. Im Gegenteil. Wenn ich mrgens aufgewacht bin, hatte ich oft ein so schlechtes Gewissen, weil ich am Abend zuvor so viel getrunken habe, dass die Angst sofort wieder zu griff. Dann war es meist die Angst davor, Alkoholiker zu sein und irgendwann abzurutschen. Also: völlig abzurutschen. Und diese Angst war / ist ja nicht ganz unbegründet.

    Allein durch die Tatsache, dass ich nun über zwei Wochen trocken bin, nimmt mir wenigstens ein Teil der Angst. Die Angst in ein Delir zu schlittern, heftige Entzugserscheinungen zu haben.

    Mein Entschluss, den Alkohol stehen zu lassen hat also zumindest schon einmal ein kleines Licht am Himmel aufblicken lassen.

    Dass ich an meiner Grundeinstellung etwas ändern muss, ist mir klar. Aber wie Du sagst: Ich möchte erst einmal sehen, wie sich die Trockenheit auf meine Angst auswirkt. Wenn es nicht besser wird, werde ich mir von meiner Hausärztin wieder eine Überweisung zur Psychotherapie geben lassen und einen Therapeuten suchen.

    Andreas

  • Hallo,

    Zitat von Spanijoggel


    Dein Einstieg in ein trockenes Leben scheint Dir ja gut gelungen zu sein!.Gratuliere!

    Gut gelungen? Naja, mittlerweile schon. Die ersten beiden Tage waren furchtbar.

    Ich habe an einem Montag Abend noch drei Bier getrunken. Dann war es alle und ich bin um 20 Uhr ins Bett (zu der Zeit war ich wegen einer Erkältung krank geschrieben). Gegen 0 Uhr bin ich aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Also habe ich mich vor den Rechner gesetzt. Geraucht, gesurft und teils aus Langeweile bin ich dann nachts los zur Tankstelle und habe noch mal zwei Bier gekauft. Die habe ich getrunken. Hatte aber schon wieder ein schlechtes Gewissen. Wie weit war ich da gesunken, dass ich mitten in der Nacht einen Kilometer zur Tankstelle laufen muss, um Bier zu kaufen?

    Nach diesen zwei Bier war mir klar, dass ich aufhören sollte. Und dann begann das mit der Angst.

    Bis dahin habe ich öfter mal über 24 Stunden nichts getrunken, ohne Entzugserscheinungen zu bekommen. Aber nun dauerte es zwölf Stunden und mir wurde schwindelig. Richtig schwindelig, so dass ich kaum noch stehen konnte. Angst ohne Ende. Abends war ich bei meiner Freundin, das hat mich beruhigt - also ich denke, dass der Schwindel eher von der Angst und der bevorstehenden Panikattacke kam (daher kenne ich das Gefühl des Schwindels auch, aber nicht so heftig).

    Das Schwindelgefühl hielt sich bis an den nächsten Abend, dann ging es langsam weg und ich wurde ruhiger. Die nächsten Tage hatte ich immer noch eine latente Angst, dass ich einen heftigen Entzug bekomme und ins Delir rutsche.

    Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass es vermutlich besser gewesen wäre, zu einem Arzt zu gehen und ihm zu erzählen, dass ich "entziehen" möchte. Ich kann keinem empfehlen, dass selbst zu machen! Aber nun ist es für mich eben so gelaufen. Das Gift ist mittlerweile draußen aus meinem Körper, und das kleine Teufelchen im Kopf flüstert kaum noch. Und wenn es mal flüstern sollte, habe ich etwas entgegen zu setzen: Die zwei Tage nach dem "Aufhören" waren fürchterlich. Egal ob es ein Entugssyndrom war oder einfach nur die Panik vor der Angst vor dem Entzug. DAS möchte ich nie wieder erleben! Und die beste Methode, so etwas NIE wieder zu erleben ist für mich, nichts mehr zu trinken.

    Diese Argumentation funktioniert für mich sehr gut. Klar, einige Dinge vergisst man wieder: Die Wahrheit wie schlimm etwas war. Meine heftigsten Panikattacken, die ich bislang habe, habe ich nie vergessen. Ich kann mich nach über 7 Jahren noch daran erinnern und die von vor zwei Wochen wird mir hoffentlich auch in guter Erinnerung bleiben (weia, das waren jetzt zu viele "Erinnerungen" in einem Satz :-))

    Andreas

  • Lieber Andreas,

    Ich finde es toll,dass Du bei Deiner Freundin sein kannst oder konntest.

    Zitat

    Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass es vermutlich besser gewesen wäre, zu einem Arzt zu gehen und ihm zu erzählen, dass ich "entziehen" möchte. Ich kann keinem empfehlen, dass selbst zu machen!

    Das ist eine sehr gute Empfehlung! Was Du gemacht hast nennt sich ein kalter Entzug. Der kann lebensgefährlich sein!

    Aber jetzt sieh mehr Das Heute an als das gestern oder das morgen.
    Es geht nur mit ganz kleinen Schritten auf dem Weg der Trockenheit.
    Ich wünsche Dir,dass Du dabei bleibst.Unterwegs werden wir immer stärker,lernen uns selber erst richtig kennen.

    Herzliche Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo Andreas,

    ich hatte nach über 20 jährigem heftigem Alk-Konsum zuletzt schwere Panikattacken, so dass ich oft meine Wohnung nicht mehr verlassen konnte. Ich glaubte zeitweise, einen Herzinfarkt zu erleiden bzw. total verrückt zu werden. Mich haben sie zur Einsicht gebracht, gegen meine Sucht was zu unternehmen. Nach der Entgiftung im Nov. 2009 hatte ich noch rund 3 Monate damit zu tun, die Attacken wurden aber immer seltener und weniger heftig. Ich bin nun wieder bereit, alle Situationen aufzusuchen. Ich bin zur Zeit in den letzten Zügen meiner LZT, in der ich auch Angsttherapie gemacht habe. In zwei Wochen werde ich wieder auf die Alltagswelt losgelassen. Ich habe hier an mir selbst erfahren können, wie gut mir der Verzicht auf das Suchtmittel tut. So soll es bleiben, ich freue mich auf ein neues Dasein. :D

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Hi Pfundi,

    Zitat von pfundi


    ich hatte nach über 20 jährigem heftigem Alk-Konsum zuletzt schwere Panikattacken, so dass ich oft meine Wohnung nicht mehr verlassen konnte. Ich glaubte zeitweise, einen Herzinfarkt zu erleiden bzw. total verrückt zu werden.

    Kommt mir bekannt vor, bis auf die Tatsache mit dem "Wohnung verlassen". Ich muss im falle eienr Panik raus. Meist bin ich irgendwo unter Menschen gegangen, weil ich wusste, dass, sollte ich umfallen, jemand einen Krankenwagen ruft. Bei mir zu Hause habe ich mich unsicher gefühlt.

    Zitat von pfundi


    Mich haben sie zur Einsicht gebracht, gegen meine Sucht was zu unternehmen. Nach der Entgiftung im Nov. 2009 hatte ich noch rund 3 Monate damit zu tun, die Attacken wurden aber immer seltener und weniger heftig. Ich bin nun wieder bereit, alle Situationen aufzusuchen.

    Das freut mich für Dich (<- klingt polemisch, ist aber ernst gemeint). Bei mir mag der Alkohol die Symptomatik verschlimmert haben, allein durch das schlechte Gewissen, aber ich habe auch schon 8 Monate abstinent gelebt und hatte dennoch Panikattacken.

    Ich habe damals eine Verhaltenstherapie gemacht und viel gelernt, zum Beispiel, sie einfach hin zu nehmen. Dadurch verlieren die Attacken viel an Macht über mich. Seit dem ich aufgehört habe, zu trinken, widme ich mich auch wieder vermehrt dem Laufen und Entspannungsübungen (Autogenes Training). Jetzt geht es mit den Attacken besser, obwohl sie immer noch latent da sind. Aber ich kann damit gut umgehen, auch ohne Alkohol :)

    Andreas

  • Hallo Tegan,

    zuerst Mal, herzlichen Glückwunsch zu Deiner Erkenntnis und Deinem Wunsch ein trockenes Leben zu führen.

    Mal ganz allgemein, Depressionen und Alkohlismus gehen gerne Hand- in Hand, angefangen als Selbstmedikation bis es sich zu einer Sucht verselbständig. Ab da wird das Hilfsmittel Alkohol nur zu einem zusätzlichen Problem, was wieder Schuldgefühle erzeugt und die Depressionen verschlimmert. Dann geht der echte Teufelskreis los. Schön, dass Du da aussteigen willst.


    Zitat von tegan71


    Als Alkoholiker war ich nicht am Ende, nicht ganz unten. Mir ist auch klar, dass einige deshalb vielleicht denken, dass ich es nicht schaffe, trocken zu bleiben. Man wird sehen.

    Ich war auch nicht ganz unten. Das spielt überhaupt keine Rolle. Jeder hat einen persönlichen Punkt an dem er aussteigen will, und es spielt keine Rolle wie weit unten der ist, sondern nur wie stark sich dieser Punkt auf einen selbst auswirkt.
    Mir ging's genauso wie Dir, für mich gab es kein EIN Bier. Oder EINEN Wein. Manchmal schon, aber ich konnte es nicht vorhersagen. Ich war nicht in der Lage zu sagen, wird das heute ein Glas oder 3 Flaschen Sekt?
    Ich hab weder gebunkert, noch hat sich mein Leben komplett um den Alkohol gedreht. Aber wenn der Alkohol in mein Leben trat, übernahm er die vollständige Kontrolle. Insgesamt gesehen führte ich schon als ich noch trank ein recht zufriedenes und normales Leben was mir auf dem Weg in meine Trockenheit bis heute hilft - aber ich weiss, der Alkohol hätte dieses Leben zerstört. Ich kann mit diesem Zeug einfach nicht umgehen. Um das zu wissen musste ich gar nicht erst unter der Brücke ankommen. Sieh nicht negativ, dass Du ohne "ganz unten" zu sein die Reissleine gezogen hast - sieh es positiv!

    Zitat

    Jetzt geht es mit den Attacken besser, obwohl sie immer noch latent da sind. Aber ich kann damit gut umgehen, auch ohne Alkohol

    Das ist ein Irrglaube, geboren aus der Gewohnheit Gefühle durch Alkohol zu steuern.
    Du wirst mit der Zeit merken, dass das umgekehrte der Fall ist, überhaupt erst ohne den Alkohol ist es überhaupt möglich gut mit sich selbst umzugehen.

    Ich finde es jedenfalls sehr mutig und bewunderswert, dass Du sowohl Alkoholkrankheit als auch Depressionen und Ängste angehen willst. Beide baustellen hängen eng zusammen und so kannst Du alle Deine Ressourcen nutzen Dich in ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben aufzumachen. Schritt für Schritt ist das möglich, die ersten positiven Effeke merkst Du bereits selbst.

    Liebe Grüße & eine wunderbare trockene Zeit

    Kaleu

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