als Alkoholiker geboren ...

  • Hallo Manfred, HansHa,

    Erstmal Danke für die Erklärungen!
    Manfred ich besuche keine SHG ich war ganz am Anfang meiner Trockenheit in einer SHG aber ich kam da nicht zu recht, es gab’s kaum Themen die etwas mit Alkoholismus zu tun hatten was ich aber am Anfang sehr gebraucht habe und mit Rückfällen kam ich auch nicht zu recht. Heute habe ich Schichtarbeit was ja dazu führen würde dass ich nur selten gehen würde wenn überhaupt, weil ich mich dazu nicht zwingen will, ich bin schon froh wenn ich mich in Ruhe hinsetzten kann und gar nicht viel reden muss oder zuhören muss, na ja zu viele Menschen (Gruppe) machen mich müde, so bin ich halt.
    Mir ist bewusst dass du das schreibst was du erlebst hast aber Sucht ist ja Sucht und in den 20 Jahren muss du ja etwas richtig gemacht haben wenn du bis heute trocken bist.
    Ich möchte dich fragen wie du mit Risikominimierung umgehst heute und in den Jahren überhaupt, gibt es so was für dich wie Feier mit Alkohol, Freude/Bekannte die trinken? machte oder macht dir das etwas aus wenn jemand in deiner Gegenwart trinkt? Gehst du heute Kompromisse ein oder brauchtest du kein Risikominimierung?
    Du brauchst nichts zu beantworten wenn du nicht möchtest es interessiert mich halt, ich möchte nicht mit den Fäusten in der Tasche trocken bleiben, deshalb betreibe ich Risikominimierung und doch die Situation die ich vorher beschrieben habe zeigte mir das ich ja wackelig bin und wie du beschreibst zu den „Mehrfachkapitulierern“ wahrscheinlich gehöre wenn ich das aber weiß, kann ich das vielleicht auch irgendwie Steuern mich innerlich vielleicht einstellen, vorbereiten, weiß ich selbst nicht so genau.

    LG
    maria

  • Hallo Manfred,

    Zitat

    Für mich ist es konstruktiver zu akzeptieren, dass ich Alkohol nicht kontrolliert trinken kann, unabhängig von meiner Lebensgeschichte oder meiner aktuellen Lebenssituation.



    So schreibst du hier in deinem Einstiegs-Post.

    Nur mal so als Verständnisfrage für mich...

    Erübrigt sich denn hiermit nicht das Mehrfach kapitulieren wie du hier schreibst....

    Zitat

    Ich jedenfalls zähle mich zu den „Mehrfachkapitulierern“

    Ich stelle es mir ziemlich anstrengend vor wenn ich immer wieder neu kapitulieren müßte, "nur" weil mir mein Suchtgedächtnis mal wieder irgendetwas suggerieren möchte.

    Oder hab ich hier einen Denkfehler ?

    Gruß, Rose

  • Hallo Rose,

    das mit dem „Mehrfachkapitulieren“ hat nicht die gleiche Qualität und Intensität wie die erste Kapitulation.

    Es ist für mich ein intensives Bewusstmachen dessen, das ich trockener Alkoholiker bin und Alkohol nicht kontrolliert trinken kann.

    So habe ich es in den vergangenen Jahren gemacht. Und ja, es war bisweilen sehr anstrengend, da ich häufig weder auf mich noch auf mein Suchtgedächtnis Rücksicht genommen habe.

    Ich möchte hier auch niemanden meinen Weg empfehlen. Ich schreibe nur wie ich es gemacht habe.
    Unterm Strich war es in jedem Fall besser als wieder zu saufen.

    Ich habe mich hier angemeldet um meinen bisherigen Weg zu reflektieren und um mich zu sortieren.

    Das Lesen und Austauschen hier im Forum in den letzten 9 Monaten hat mir schon eine Menge Anregungen gegeben. Es fühlt sich in jedem Fall besser an, als diese einsamen Auseinandersetzungen der letzten 15 Jahre.

    Liebe Grüße
    Manfred

  • Zitat

    Ich möchte dich fragen wie du mit Risikominimierung umgehst heute und in den Jahren überhaupt, gibt es so was für dich wie Feier mit Alkohol, Freude/Bekannte die trinken? machte oder macht dir das etwas aus wenn jemand in deiner Gegenwart trinkt? Gehst du heute Kompromisse ein oder brauchtest du kein Risikominimierung?

    Hallo Maria,

    bevor ich auf Deine Fragen eingehe, möchte ich nochmal betonen, dass mein Weg keine Empfehlung oder Orientierung darstellt. Ich habe es eben so gut gemacht wie ich konnte.

    Am Anfang meiner Trockenheit (ca. die ersten 6 Monate) war mein Erschrecken und meine Erschütterung über meinen Tiefpunkt so groß, dass es mir nichts ausgemacht hat, wenn andere in meiner Gegenwart Alkohol getrunken haben. Ich hatte keinen Suchtdruck oder dergleichen.

    Eigenartigerweise wurden auch während meiner LZT (1989) die Themen „Suchtgedächtnis“ oder „Suchtdruck“ nicht besonders thematisiert. Es wurde dort in erster Linie mit der lebensgeschichtlichen Herangehensweise gearbeitet.

    Später (nach der Therapie und in den Jahren danach) habe ich mich dort wo Alkohol getrunken wurde (Familienfeiern, Kneipen, Bekannten/Freundeskreis, Weihnachtsfeiern) nicht besonders wohl gefühlt. Mich hat einfach diese angetrunkene Atmosphäre genervt. Mit meinem Suchtgedächtnis habe ich das nicht in Verbindung gebracht. Dieser Begriff ist mir erst hier im Forum so oft begegnet, dass ich jetzt beginne mich damit intensiver zu beschäftigen.

    Die genannten Feiern habe ich dann meistens früh verlassen oder ich bin zu einigen auch nicht mehr hingegangen.

    Heute ist es so, dass ich Orte und Anlässe an denen es nur um Alkohol trinken geht grundsätzlich nicht mehr besuche.

    Wenn heute in meiner Gegenwart jemand Alkohol trinkt, dann grenze ich mich fast automatisch ab. Das ist nicht mehr meine Welt. Ich will klar und unabhängig bleiben.

    Das ist nicht immer leicht, weil ich es in den letzten Jahren versäumt habe mir einen alkoholfreien Freundes- und Bekanntenkreis aufzubauen. Aber ich setze mich lieber mit meinen Einsamkeitsgefühlen auseinander, statt irgendwelche Kompromisse und/oder Abhängigkeitsverhältnisse einzugehen.
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    Ich wollte mit diesem Thread mir und Anderen nochmal deutlich machen, dass das Bewusstsein darüber, dass ich Alkohol nicht kontrolliert trinken kann, für mich oberste Priorität hat. Alles Weitere baut darauf auf, so schwer oder schwierig es auch immer sein mag.

    Bei mir waren in den letzten Jahren sicher eine Menge schwerer und schwieriger Tage dabei. Und das hat sicher in erster Linie mit mir und meiner Geschichte zu tun. Ich habe es eben so gut gemacht wie ich konnte.

    Aber es gab eben auch gute Tage und schöne Momente, die ich nicht erlebt hätte, wenn ich wieder getrunken hätte.

    Ich habe mir vor nunmehr über 21 Jahren vorgenommen mein Leben (als trockener Alkoholiker) so anzunehmen, wie es ist und wie es kommt. Mit allen Höhen und Tiefen.

    Jeden Tag schaue ich dabei auf meinen Handlungs-, Bewegungs- und Gestaltungsspielraum.

    Liebe Grüße
    Manfred

  • Hallo Manfred,

    Zitat

    bevor ich auf Deine Fragen eingehe, möchte ich noch mal betonen, dass mein Weg keine Empfehlung oder Orientierung darstellt. Ich habe es eben so gut gemacht wie ich konnte.


    Du hast es so gut gemacht wie du konntest, schreibst du ja selbst und ich persönlich kann es vielleicht nicht nachempfinden oder verstehen weil ich es so nie geschafft hätte trocken zu werden das weiß ich ja, aber manche machen es ja auch genau umgekehrt und nach einer gewissen Zeit wieder Alkohol in die Nähe auch wenn ohne zu trinken zulassen und somit Kompromisse eingehen was ich genau so wenig verstehen oder nachempfinden kann ich muss aber auch nicht alles verstehen, ich höre auch langsam auf die Wege zu vergleichen weil das was eigentlich zählt ist ja mein Leben, meine Trockenheit.
    Ich kann auch keinen anderen Weg gehen außer den, den ich am Anfang gewählt habe und bis jetzt gehe kompromisslos sonst bin ich nicht mehr lange trocken, ich bin auch kein besonders starker Mensch und mit schweren Zeiten kann ich schlecht umgehen, was ich mitnehmen kann sind Gedanken die mir helfen können auf meinem Weg zu bleiben.

    Deshalb danke auch für deine Gedanken.

    LG
    maria

  • glück auf manfred

    das verlinken hat gut geklappt
    hab jetzt nochmal hier durchgeplättert - ich vermiss meinen beitag in dem ich sinngemäß geschrieben hatte das ich deinen überlegungen zustimme 100% - es aber für müßig halte über den begriff "suchtdruckj a/nein" zu diskudieren (vollständig bekomm ichs nichmehr zusammen - egal)

    wiedermal bewunder ich dich - deine konzequenz - deine ausdauer + deine gründlichkeit
    hochachtung

    ich wünsch dir erfolg

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Maria,

    ich habe nochmal über deine Beiträge nachgedacht und möchte Dir gern folgendes Buch empfehlen:

    „Fahrschule des Lebens“ (Hilfe zur Selbsthilfe) von Lothar Schmidt

    Ich habe es selbst erst kürzlich empfohlen bekommen, habe aber schon einige inspirierende und auch tröstliche Worte und Sätze gefunden.

    Der Autor beschreibt in dem Buch sehr ausführlich das 12 Schritte-Programm der AA`s. Es geht in dem Buch sehr häufig um spirituelles Wachstum.

    Ich habe ja schon geschrieben, dass ich kein religiöser Mensch bin und ich auch nicht weiß, ob es Gott gibt oder nicht.

    Aber ich glaube an etwas Größeres als mich selbst. Einen Begriff dafür kann ich Dir nicht nennen. Es ist eine irgendwie allumfassende „höhere Macht“, die ja irgendwie dafür gesorgt hat, dass ich auf der Welt und am Leben bin.

    In dem Buch wird dafür der Begriff „Gott“ verwendet, aber jeder ist ja frei in der Wahl der Begriffe.

    Vielleicht ist das ja auch ein Weg für Dich, weiter zu wachsen, denn frei sein von Angst ist wichtiger als frei sein von Not (ich arbeite auch noch dran :wink:

    Vielleicht gibt es ja auch eine AA-Gruppe bei Dir in der Nähe, wo Du Dich austauschen kannst.

    Ich war auch schon sehr lange in keiner SHG-Gruppe mehr, aber das Buch hat mir wieder Mut gemacht, es erneut zu versuchen, die Gruppe zu suchen, die zu mir passt.

    Liebe Grüße
    Manfred

  • Zitat

    wiedermal bewunder ich dich - deine konzequenz - deine ausdauer + deine gründlichkeit
    hochachtung

    Lieber Matthias,

    ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt. :oops: und das obwohl mir gerade in meiner jetzigen Lebenssituation Worte der Anerkennung sehr gut tun.

    Also: Herzlichen Dank :D und liebe Grüße

    Manfred

  • Hallo Manfred,

    ich hab mich gerade durch diesen beeindruckenden Gedankenaustausch gelesen, über vieles habe ich in den letzten Monaten auch intensiv nachgedacht.
    Die Wortspielchen finde ich dabei gar nicht so wichtig, sondern deine bewusste Herangehensweise als Langzeittrockener an unser lebenslanges Thema "Alkoholkrankheit".

    Zitat

    Es geht darum, dass ich einen Weg finde mit meiner Sucht zu leben.


    Das finde ich eine sehr wichtige Erkenntnis, denn nur so kann aus meiner Sicht die Selbstliebe gelingen und die Scham und die Selbstverurteilung beendet werden.

    Und du schreibst auch von der Freiheit, die sich nach (und aufgrund) der Kapitulation einstellt - für mich auch ein sehr wichtiger Aspekt.
    Freiheit zum Leben, als Geschenk und als Aufgabe - was wollen wir mehr? :wink:

    LG viola

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

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