Wieder ein Mal, 5 Tage danach

  • Hallo Jabo,

    so wie ich das lese hast du in deinem Post eine Menge Ansätze selbst genannt.

    Was ich von mir kenne, ich hatte die Neigung sofort von einem Tag auf den anderen eine Komplett-Lösung finden zu wollen. Und wenn die nicht direkt parat da war - baute sich schon der erste Frust und auch Druck auf. Altes Perfektionsleiden ;)

    Was mir geholfen hat, war in ganz Kleinem anfangen zu Denken. Nicht DAS ULTIMATIV GUTE zu finden; sondern nur das was mir HEUTE hilft, trocken zu bleiben und mich so Tag für Tag mehr und mehr an mich anzunähern.

    Wenn du den Rückfall so sehr im Kopf als Druckmittel hast, wird es natürlich schwer sein, für dich zu erkennen, was dir jetzt helfen kann und lässt dich weiter erstarren.

    Wie war das denn in deiner ersten Zeit... da hattest du doch sicherlich auch Druck? Wie bist du da mit ihm umgegangen?

    Maria

  • Zitat von Jabo

    Aber sollte es zu einem Rückfall kommen, wie schon geschehen, bin ich für meine Frau nur ein Egoist. Der nur an sich selbst denkt.


    Das bin ich auch gewesen, als ich trocken geworden bin. Ich glaube, dass man das sein muss um trocken zu werden.

    Zitat von Jabo

    Im Moment habe ich keine Vorstellungen, was ich mir Gutes tun könnte um das Suchtgedächtnis zum Schweigen zu bringen.


    Ich weiß nicht was Du machen kannst, dazu kenne ich Dich zu wenig. Aber ich weiß was Du nicht machen darfst ---->>> TRINKEN.
    Um nicht wieder einzusacken, habe ich immer darauf geachtet, dass ich mich nicht in den Gedanken des Trinkens hinein steigere. Das ist mir immer wieder passiert, wenn ich mal eine Trinkpause gemacht habe. Irgend wie ablenken, z. B. den Magen mit richtig viel Wasser füllen, mit was anderem (z. B. Buch) beschäftigen, hat bei mir immer geholfen.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • hi jabo,

    in meiner bayerischen heimat bayern gibt es eine alte, dumme weisheit, die ihre berechtigung hat: "A guada Kerl, fasd a Depp." (ein guter Mensch, fast schon ein Trottel)

    will heissen: wer sich selbst hint an stellt (und seine eigenen bedürfnisse), erweist sich selbst keinen gefallen.

    also, kümmere dich um deine bedürfnisse, anstatt sie nur hinzunehmen. sorge dich aktiv um deine genesung, anstatt auf den grossen wurf zu warten. handeln statt planen. umsetzen statt nur theoretisch zu wissen.

    du wirst sehen, vieles davon braucht übung, gelingt nicht beim ersten versuch. aber es wird immer besser gelingen, je mehr du es praktizierst. und mit jedem erfolg wird auch dein selbstbewusstsein wieder wachsen, dein vertrauen in dich wird wieder erstarken. und das macht dich wieder zu einem handlungsfähigen menschen, der konflikte erflgreich mit anderen mitteln bewältig, als sie nur im suff zu erleiden.

    viel kraft gewünscht!

    cu
    MrHardcore

  • Hallo Maria

    Die Frage, wie ich mit dem Druck am Anfang umgegangen bin? Ist gar nicht so leicht in kurzen Sätzen zu beantworten.

    Gans am Anfang, also vor Jahren, habe ich einfach aufgehört zu trinken. Von heut auf morgen. Weiter habe ich mir dazu keine Gedanken gemacht.
    Nach den ersten Rückfällen, habe ich das alles eher Verdrängt. Frei nach dem Motto, "Mund abputzen, Aufstehen und das Beste draus machen."
    Auch war ich im SBZ und habe mit Einzelgesprächen versucht den Grund für die Rückfälle zu finden. Sowohl auch, wie ich sie in Zukunft vermeiden könnte.
    In der Zeit habe ich versucht zu alten Werten zurück zu finden. Wie Kameradschaft und bedingungslose Loyalität. Das gab mir Kraft. Dann der Schicksalsschlag, der mein komplettes Weltbild zusammen Brechen lies. Also versuchte ich die Fassade von der Heilen Welt aufrecht zu erhalten. Der in mir schwelende Konflikt mit meiner Frau, lies mich nicht zur Ruhe kommen. Bis ich vor 44 Tagen soweit am Boden lag, das es keinen Morgen mehr hätte geben können. Der Rest ist bekannt oder sagen wir so, das habe ich hier schon beschrieben. Also bin ich hier gelandet.
    Natürlich hast du recht, wenn du sagst: Das Sachgedächtnis hat noch viel zu viel Macht über mich! Und auch ich bin ein Perfektionist. Da aber nichts Perfekt ist oder wird, sind viele Dinge die man eben nicht perfekt hinbekommt, sind da sehr hinderlich.
    Aber vielleicht mache ich mir auch einfach zu viele Gedanken und sehe den Kern der Sache nicht richtig. So wie man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

    der Jabo

  • @ HansHa @ MrHardcore

    Ich danke euch für eure Ratschläge.
    So richtigen Saufdruck verspüre ich nicht. Ich habe nur Angst das es zu einer Kurzschluss Reaktion kommt.
    Aber ihr habt recht. Ein Buch könnte ich ja mal wieder lesen.

    ich melde mich heute noch mal.

    der Jabo

  • Hallo Jabo,

    in meiner Anfangszeit meiner Trockenheit (jedoch mehrere Monate) hatte ich - ich nenne ihn für mich unterschwelligen Suchtdruck zu tun - richtig akuten Suchtdruck kenn' nicht bis heute auch nicht . Allerdings hat mir auch schon so vollkommen gereicht, denn auf Dauer kann der echt mürbe machen.

    Ich bin dem auf die Spur gekommen, indem ich zweifach für mich tätig war. Zum einen zu schauen, wie kann ich Tag für Tag trocken bleiben. Also was hilft mir direkt und unmittelbar, mein Druckgefühl zu lösen oder zumindest abzumildern... halt in 24 h denken. Wie schon beschrieben, sind es Dinge, die mich ablenken. Oder auch mal ganz schlicht und einfach... meinen Frust rausmeckern (das kann ich wie Boris Becker in seinen besten Zeiten :-)... aber nur für mich allein) oder die Tränen laufen lassen. Und vor allem: viel Wasser oder Tee trinken. Auf jeden Fall Getränke, die mich in keinster Weise an Alkohol erinnern.

    Zum anderen, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was mir langfristig hilft, gar nicht mehr Druck so aufzubauen und zu gucken, was mir eine Art Grundruhe verschafft. Für mich zählen da Dinge zu, wie liebevoll mit mir umzugehen, für mich herauszufinden, was tut mir gut und was ist hingegen Gift für mich.

    So geht meine Trockenheitsarbeit Hand in Hand und ich habe für mich nun das Gefühl, nicht mehr von hinten einfach überrollt werden zu können.

    Das hat mich zuerst innerlich an Grenzen stossen lassen (was mit meinem Perfektionismus so rein gar nicht vereinbar war), die ich deswegen behutsam erweitern musste, damit ich mir nicht noch zusätzlichen Druck aufbaute.

    Nach wie vor laufen alle Fäden dahingehend zusammen, es geht nur Schritt für Schritt und mit einer Portion Geduld :)

    Maria

  • Zitat von -Maria-

    Zum anderen, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was mir langfristig hilft, gar nicht mehr Druck so aufzubauen und zu gucken, was mir eine Art Grundruhe verschafft. Für mich zählen da Dinge zu, wie liebevoll mit mir umzugehen, für mich herauszufinden, was tut mir gut und was ist hingegen Gift für mich.

    Hallo,

    so ähnlich ist es bei mir auch. Ich habe mich beobachtet und versucht heraus zu bekommen, was die Gründe waren und sind, die mich in Richtung Suchtdruck treiben oder getrieben haben. So versuche ich schon bei meinen "normalen" Handlungen solche Situationen zu vermeiden. Im weitesten Sinne vielleicht vergleichbar mit der Chaostheorie, also dem Flügelschlag eines Schmetterlings, der an anderer Stelle einen Sturm auslöst. Natürlich funktioniert das nicht immer, aber ich bilde mir ein, ein gutes Gefühl dafür entwickelt zu haben.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hallo ihr

    Gestern Abend kam noch ein Kunde der ein Carport wollte. Nichts aufwendiges nur so ein 0815 Ding.
    Na gut, hab ich mich gestern noch hingestellt, Material zusammen gesucht und eins Abgebunden. Heute Früh um 5 Uhr in die Firma, den Rest fertig gemacht.
    Halb 10 stand das Teil fertig in der Einfahrt des Kunden. Mit Pappe, Dachrinne usw. Streichen will er selber. Kohle gab es auch gleich. Wenn es nur immer so gut laufen würde.
    Irgendwie hat es mir auch ein wenig den Kopf freigeblasen. Es tat mal wieder gut alleine zu Arbeiten und auf niemanden Aufpassen zu müssen.
    Allerdings gab es gleich wieder von der Holden gejaule, warum ich Freitags bis tief in der Nacht arbeiten muss. Über die Kohle heute hat sie sich aber nicht beschwert. Wie man es macht, macht man es verkehrt.

    Heute Nachmittag werde ich mal über die Dörfer Radeln. Meine Prinzessin will mitkommen, angeblich zu viel Speck auf den Hüften. Meine Holde muss Arbeiten und das Söhnchen spiel Fußball. Also habe ich mal meine Ruhe.

    der Jabo

  • Hallo ihr

    So nun will ich doch mal richtig auf eure Beiträge antworten.

    @ HansHa, @ MrHardcore

    Während der Radtour, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Im Bezug auf das Thema Egoismus.
    Irgendwie ist es so, dass ich eher an andere Denke als an mich. Das hat sich im Laufe meiner Persönlichkeit Entwicklung so ergeben. Wenn du immer in der Ersten Reihe stehst, Verantwortung über andere hast und ständig Entscheidungen zum Wohle aller treffen must. Dann stellt man sich doch fast immer zurück. Ich habe gerade in der Zeit beim Bund, so viele Egomanen kennen gelernt. So wollte ich nicht sein. Entscheidungen fällen die oberflächlich betrachtet zur Erfüllung der Aufgabe dienen. Im Grunde aber nur einen selbst positiv sind. So etwas , gerade im Bezug auf Untergebene oder Arbeitnehmer, widert mich an. Da werde ich auch nichts verändern können. So bin ich nun mal.
    Was ich hingegen ändern muss, ist meine Einstellung zu mir selbst.
    Z.B. Ich bin ein Fan von Arbeitserleichternden Maßnahmen. Bei mir in der Firma wird immer ein Weg gesucht, das keiner zu viel schleppen muss. Also Schalbretter über die Rüstung, bis aufs Dach, stecken ist bei mir unüblich. Im Gegensatz zu vielen anderen Firmen. So etwas geht dermaßen auf die Knochen, das es richtig der Gesundheit schaden kann. Dafür gibt es Kranautos oder Aufzüge. Sollte es aber aus Gründen "der Höheren Gewalt" nicht möglich sein, übernehme ich die schwersten Arbeiten. Ohne auf meine Gesundheit Rücksicht zu nehmen.
    In so fern hat MrHardcore mit seiner Volksweisheit bei mir ins Schwarze getroffen.

    @ Maria

    In 24 Stunden denken, das habe ich mir auch angewöhnt. Das mit dem vielen Tee trinken werde ich mal versuchen.

    @ silberkralle

    Die Radtour war anstrengend und entspannend zu gleich. Wie sagt man so schön, Aktive Erholung.
    Heute tut mir etwas der "verlängerte Rücken" weh. Der werd ich wohl einen anderen Sattel aufs Rad stecken müssen.
    Wir waren 4 Stunden unterwegs. Gans gemütlich ging es los. Bis meine Prinzessin meinte, "Also Papa, bei dem Tempo werde ich doch nie in die Phase der Fettverbrenung kommen!" Dann wurde es etwas anstrengender für sie. Ich wählte nur noch den Weg Berg auf. Pausen haben wir auch gemacht und uns dabei gut unterhalten. War schön. Auf jeden Fall haben wir beschlossen, jetzt jedes WE ein wenig zu Radeln. Mal sehen wie lange sie das durchhält.

    der Jabo

  • hi Jabo,

    du klingst ja schon etwas entspannter als noch vor einigen tagen.
    vorweg: ich kann dir nicht sagen, was & wie du verändern musst - ich kann dir nur sagen, was mir auffällt. und ich kann dir aud meiner eigenen erfahrung als alkoholiker sagen, was ich für mich hinterfrage & zu welchen ergebnissen ich gekommen bin - was mein leben betrifft.

    deine einstellung zum berufsleben und zur mitarbeiterführung teile ich, insbesondere, nachdem ich mehrere jahre lang meinen letzten chef begleiten/erleben durfte. auch er war alkoholiker und hat in unserem unternehmen nachhaltig neue maßstäbe gesetzt. auch er war permanent auf der suche nach lösungsmöglichekeiten, um das miteinander im betrieb zu fördern und ein menschliches arbeiten aktiv zu gestalten. bei all dem hat er jedoch nie ausser acht gelassen, warum wir täglich in die arbeit rennen: um für das unternehmen geld zu erwirtschaften. nur ein profitables unternehmen kann seinen mitarbeitern dauerhaft sichere arbeitsplätze bieten und diese auch optimal ausstatten (geräte, schulungen etc.). das heisst dann in der folge: mitarbeiter nicht nur fördern, sondern auch fordern. und fordern kann durchaus auch heissen, den mitarbeitern mehr verantwortung tatsächlich übertragen, als das anderswo auch üblich sein mag. bei uns hat das bis heute sehr gut funktioniert, auch nachdem unser chef sich aus gesundheitlichen gründen diesen sommer sehr stark zurück genommen hat.

    dabei sich selbst nicht zu vergessen ist eine hohe kunst. daher einfach mal nachdenken, ob eine entscheidung zu gunsten der mitarbeiter wirklich eine solche ist, wenn sie gleichzeitig eine unangemessene mehrbelastung für dich bedeutet. selten, dass es nur zwei mögliche wege gibt, sehr oft ist noch ein dritter weg möglich, der beide seiten besser zufrieden stellt ohne eine der parteien zu sehr zu belasten.

    in jedem fall ist es gut, wenn du dir gedanken um deine lebensumstände machst. denn das tägliche einerlei ist es, was uns oft daran hindert, neue wege zu gehen. und neue wege brauchen wir alkoholiker mehr als alles andere, denn die alten wege haben uns in die sucht geführt, sind also nur bedingt tauglich.

    viel kraft & wieder freude am leben gewünscht,

    cu
    MrHardcore

  • Hallo Jabo,

    liest sich doch wirklich viel besser bei dir. Das freut mich für dich.

    Zitat

    Das hat sich im Laufe meiner Persönlichkeit Entwicklung so ergeben.

    Das heißt ja im Umkehrschluß, dass sich im Laufe deiner Trockenheit auch wieder Entwicklungen ergeben können ;)

    Ich bin auch der Typ Mensch, der gesunden Egoismus lernen musste. Es hat gedauert, doch heute kann ich viel eher sagen - nö... heute bin ich erstmal dran und dann du. Ich übe weiter und es wird immer besser - ganz ohne Ellebogen - das mag ich nämlich auch nicht.

    Und ich sag's mal einfach so, falls es dir nicht selbst schon aufgefallen ist:

    Du hast um Hilfe gebeten mit deinem Post von Freitag. Das ist ein guter Schritt gewesen :) (ich erwähne es nur, damit es nicht untergeht, denn auch das zeigt ja eine Entwicklung an... und will mal erwähnt sein).

    Liebe Grüße
    Maria

  • glück auf jabo

    Zitat von MrHardcore

    dabei sich selbst nicht zu vergessen ist eine hohe kunst. daher einfach mal nachdenken, ob eine entscheidung zu gunsten der mitarbeiter wirklich eine solche ist, wenn sie gleichzeitig eine unangemessene mehrbelastung für dich bedeutet. selten, dass es nur zwei mögliche wege gibt, sehr oft ist noch ein dritter weg möglich, der beide seiten besser zufrieden stellt ohne eine der parteien zu sehr zu belasten.

    was hältst du von nem "ideenbriefkasten"? immer wenn jemand denkt: so oder so könnte was verbessert werden - aufn zettel + in den "ideenbriefkasten" - später wird gemeinsam drüber gesprochen wies geht < wer ne richtig gute idee hat bekommt ne kleine prämie ????

    schöne trockene zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

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