Gründe für Trockenheit - entwicklungsabhängig ???

  • Hallo,

    ich bin durch einen anderen Beitrag darauf "gestoßen" worden und habe mir mal ein paar Gedanken gemacht.

    Eigentlich brauche ich gar keine Gründe mehr, um trocken zu bleiben. Die Trockenheit hat sich bei mir als Selbstzweck manifestiert. Natürlich erhalte ich mir die Erinnerung an meinen Zustand, als ich noch gesoffen habe, um nicht in Sorglosigkeit ab zu gleiten. Aber das ich jetzt Ansporn, z. B. wegen Beziehung oder regelmäßiges nach kommen meiner finanziellen Verpflichtungen, bräuchte, kann ich nicht mehr feststellen.

    Noch mal: Das heißt nicht, dass ich mich gehen lasse und mich nicht mehr mit meiner Sucht beschäftige. Aber ich glaube, dass sich mit der Zeit die Sicht auf die Dinge verändert.

    Wie seht Ihr das???

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hallo Hans H

    ich sehe es ähnlich.

    Da es für mich keinen Grund mehr gibt saufen zu müssen gibt es auch keinen Grund trocken zu leben . Das eine hebt das andere auf. Denn nur wer Nass war, kann trocken sein , da es ein spezifischer Ausdruck für Alkoholiker ist.

    Hört sich etwas verwirrt an? Für mich schon :)

    im weitesten Sinne ist der Grund Saufen zu müssen , sich gegen das jetzige Leben zu entscheiden. Mit der Zeit verinnerlicht sich ja auch sein Alltag mit der dazu notwendigen, eingebauten Risikominimierungen für das Trocken Leben . Wenn es verinnerlicht ist braucht es auch keinen Grund es zu ändern.

    mal meine spontane Meinung dazu

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo HansHa,

    könntest Du evtl. etwas konkreter werden? Wie haben sich die Dinge bei Dir verändert und welche?

    Meine Sicht auf meine Krankheit hat sich in soweit verändert, als ich sie nun als Bestandteil meines Lebens annehme und nicht mehr, wie am Anfang, dagegen ankämpfe.
    Um nicht in die, wie Du es nennst, Sorglosigkeit zu verfallen besuche ich regelmäßig meine Gruppe und auch meine Öffentlichkeitsarbeit in diversen Suchtkliniken hilft mir da sehr.

    Die Gründe für meine Trockenheit sind für mich eigentlich irrelevant.
    Ich bin krank, die einzig mögliche Therapie kenne ich sehr genau, und danach lebe ich.

    Ich würde ja auch nicht nach Gründen für den Genesungswillen bei einer anderen Krankheit fragen, nicht? Ich will gesund werden und dafür tue ich alles Nötige und erdenklich Mögliche...

    Beantwortet das Deine Frage oder habe ich da doch etwas falsch verstanden?

    Alles Liebe,
    Celestine

  • glück auf hans

    vor dem aufhören war ich nachmitags + nachts mit alk beschäftigt - erst mit auffüllen dann mit abbauen - mit dem hier. https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…pic19832-0.html beschriebenen ergebnis

    nach dem aufhören durfte ich lernen die jetzt freigewordene zeit mit sinnvoller beschäftigung auszufüllen - welchen grund sollte ich haben wieder zu saufen
    im übrigen erinner ich mich (wie du) gut daran wie schlimm das vor dem 25.4.87 war

    schöne zufriedene zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Zitat von Hartmut

    Wenn es verinnerlicht ist braucht es auch keinen Grund es zu ändern.


    Darauf wollte ich hinaus. Nach der Entscheidung trocken zu werden, musste ich jeden Tag kämpfen. Irgendwann ist der Kampf immer mehr zurück gegangen und ich lebe mit der Sucht. Momente des Zweifelns, also der Versuch des Suchtgedächtnisses wieder die Oberhand zu gewinnen, sind immer weniger geworden. Bis es unmerklich zu einer "Normalität" übergegangen ist. Die Handlungen, die ich früher bewusst dem Suchtgedächtnis entgegen gesetzt habe, haben sich verselbstständigt.
    Von selbst bin ich gar nicht darauf gekommen, wenn ich nicht auf den Thread gestoßen wäre, in dem von den Gründen die Rede war. Da habe ich dann mal in mir nachgekramt und bin zum beschriebenen Ergebnis gekommen.
    Ich bin mir bewusst, dass auch wieder schlechtere Zeiten kommen können und muss immer schön wachsam zu sein.

    Zitat von Celestine

    Die Gründe für meine Trockenheit sind für mich eigentlich irrelevant

    Zitat von Celestine

    könntest Du evtl. etwas konkreter werden? Wie haben sich die Dinge bei Dir verändert und welche?


    Mein Therapeut war der Meinung, dass mein Narzissmus mir ein gutes Stück geholfen hat, trocken zu werden. Ich konnte von Anfang formulieren, dass ich nur wegen mir trocken werden will. Alles andere konnte ich zurück stellen und nur auf mich als Person acht geben. D. h. aber auch, dass die Gründe für die Trockenheit nicht egal sind. Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, für mich trocken zu werden. Ich habe Leute erlebt, die z. B. wegen ihrem Partner trocken werden wollte und es nicht geschafft haben.
    Das mit dem Narzissmus hat deutlich nachgelassen. Um mich zu schützen kultiviere ich ihn aber. Merkt man bestimmt auch in einigen Beiträgen von mir.

    Bis dann

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hallo,

    ich habe gelernt nur für mich trocken zu werden und zu bleiben.

    Wenn ich einen Grund für mein Trockenheit brauche, z.B. wegen meiner Frau, wegen meinem Arbeitsplatz oder wegen meiner schlechten Leberwerte, was ist dann wenn die Gründe wegfallen, z.B. meine Frau verlässt mich, ich verliere meinen Job oder meine Leberwerte sind wieder i.O. fang ich dann wieder an zu saufen ?
    Ich finde solche Gründe für Trockenheit sind gefährlich, deshalb bin ich nur für mich trocken geworden.

    Gruß Steiger

  • Zu Beginn war es mein Arbeitsplatz, den ich retten wollte. Ich musste dringen aufhören. Habe es ja kaum noch geschafft, bis endlich Feierabend war. Die Entzugssymptome wurden immer furchtbarer, lange konnte das so nicht mehr gut gehen und wenn ich dann schon frühzeitig anfing zu saufen, fand ich sowieso kein Ende mehr.

    Ja so war es, sonst wäre ich wohl heute noch am Saufen. Ich bin aber lernfähig. Es ist mehr geworden. Es ist inzwischen einfach der Wunsch, dass es mir gut gehen soll. Und mir geht es nur gut, wenn ich nicht trinke. Ich kann darüber freuen, dass ich gut schlafen kann und ausgeruht bin. Ich beobachte mich selbst und merke auch heute noch Veränderungen, so dass ich sagen möchte, dass trockene Dasein wird auch noch besser. Mich erwarten viele schöne Dinge, die ich mit Ruhe und Ausgeglichenheit genießen kann.

    Natürlich schlägt die Sucht dann wieder mal dazwischen und dann triggerts wieder mal. Ich nehme es aber hin. Ich muss trotzdem nicht trinken. Denn dann gehts mir nicht mehr gut und das habe ich oft genug erfahren müssen.

    Gruß
    Dirk

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Hallo Hans Ha!
    Eigentlich beschreibst Du genau das, was ich gerade empfinde, die gerade trocken wird - und zwar endlich fuer immer. Fuer mich ist es ein Losloesen von der Sucht, ich habe das Gefuehl, ich gewinne meine Freiheit zurueck und fuehle mich dadurch gestaerkt, es ist, als haette ich den Teufelskreis endlich durchbrochen und das neue Gefuehl verselbstaendigt sich.Sowas wie positives Denken, das Gute im Leben zulassen, bemerken, der Koerper veraendert sich, gesundet und daraus wieder Kraft zu schoepfen fuer den neuen Tag. Nicht mehr morgens wuergen und keine schlaflosen Naechte mehr. Ausgeruht und jeden Tag gestaerkter nach vorne blicken.

    "Denn nur wer nass war, kann trocken sein". Genau das ist der Punkt, ein neues Bewusstsein, im Grunde genommen haben wir Alkoholiker ein anderes Leben als Nicht-Alkoholiker und das muss man akzeptieren und verstehen lernen.

    Und genau wie Celestine es auch sagt, die Gruende, warum ich zur Alkoholikerin wurde sind nicht mehr relevant, das ist Vergangenheit, ich muss auch nichts aufarbeiten oder so, fuer mich waere das nur eine Reise in eine Vergangeheit, die mit meinem heutigen Leben nichts mehr zu tun hat!!! (Ich bin ja ausgewandert und habe bereits einmal ein neues Leben begonnen, und nun ist das alkoholfreie Leben der weitere Schritt)

    Grundsaetzlich fuer mich ist auch die Krankheit als solche zu erkennen, gesund werden zu wollen und noch lange mein neues Leben zu geniessen und nicht in alten Gefuehlen zu haengen!

    Ich bin ganz Deine Meinung,
    Gruss und gute Nacht
    Flor

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