Rückfallgefährdung

  • Hallo Ihr Lieben,

    jetzt bin ich ca. 4.5 Jahre trocken und zu meiner großen Überraschung hab ich in der letzten Zeit ein Bedürfnis Alkohol zu trinken. Allerdings ist mir noch kein Rückfall passiert und der wird, wie ich hoffe, auch nicht geschehen.
    Zu meiner Geschichte: Ich befand mich 7 Jahre lang in einer Mobbingsituation und bin momentan schwer traumatisiert. Plötzlich war Schluss mit meiner Kraft, ich ging in Krankenstand - Ende April - und momentan mach ich Tagesklinik und Traumatherapie.
    Das Verarbeiten dessen, was am Arbeitsplatz passiert ist, ist psychisch auch recht anstrengend. Wahrscheinlich kommt daher auch der Druck, zu trinken. Die Versuchung kommt allerdings ganz harmlos daher: Mal wieder schmecken, wie ein Bierchen - Giftchen - ist und dann is gut. Bloß glaub ich in meinen hellen Momenten nicht, dass das funktionieren könnte, schon allein weil mich der Gedanke daran ständig quält, viel intensiver, als z.B. der Appetit auf ein leckeres Essen einen quälen würde.
    Zu meiner Trockenheitsgeschichte: Trocken geworden bin ich hier im Forum, mit einem Alki-Chat, mit den Anonymen Alkoholikern und einer Abendklinik, dem vollen Programm sozusagen.
    Vielleicht könntet Ihr mich ja ein bisschen begleiten, solange ich in der Krise bin?

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo Jean,


    ich lese bei dir das du hoffst,glaubst,würde,könnte,wahrscheinlich und von Bierchen oder Giftchen.Ich denke du solltest die Dinge beim Namen nennen und dich hinterfragen wo wirklich Überzeugung oder nur Glaube ist.

  • Hallo Pierre,

    ich habe gemeint - Bier = Gift, mit Drogen hab ich nix am Hut.

    Um meine Überzeugung ringe ich gerade.

    Lg

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Lieber Jean,
    als Co (aber mit beendeter Partnerschaft) würde ich Dich gerne fragen was Du meinst mit "ringen um Deine Überzeugung"?

    Auch ich kenne Mobbing - jedoch aus finanzieller Hinsicht und nicht aus menschlich fertig machender - es brachte mich zum totalen Zusammenbruch, dem dann auch das Ende der Alkoholpartnerschaft nach über einem Jahrzehnt folgte.

    So grausam damals alles war - arbeitslos - quasi ohne Dach über dem Kopf ect. pp so war dieses Ende ein neuer Anfang.

    So grausam alles war: aus allem konnte ich lernen, mein Leben anders gestalten. Bin jetzt eine arme Krichenmaus in einem Job, in dem ich nicht alt werden werde, aber dennoch zufrieden mit mir selbst und den Rahmenmöglichkeiten, die ich für mich schaffen konnte.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Liebe Dagmar,

    vielen Dank für Deine tröstenden Worte. (PS: Ich bin eine Frau, viell. ist der Name bisschen unglücklich gewählt.)

    Mit dem Ringen um Überzeugung meine ich - dass ich eine Art Auffrischungskurs in Rückfallprävention mache - ich verwende dazu ein Buch, das ähnliche Inhalte hat wie meine Therapie damals an der Abendklinik.
    Ich erinnere mich auch bewusst daran, wie die letzte Zeit des Saufens vor dem Aufhören war: die Qual des Müssens, des Nicht-mehr-aufhören-Könnens, die ständigen Bauchkrämpfe, die Übelkeit.
    Ich erinnere mich auch an die Verluste - an Freundschaft, an Sinneswahrnehmung, an Gefühlen, an psychischer Gesundheit, an Hobbys etc., die mit dem Alkoholkonsum kamen.

    Dass Du in einer unglücklichen Jobsituation bist, tut mir leid, umso mehr bewundere ich Dein Bekenntnis zu einem glücklichen Leben.

    Im Vergleich zu dem, was Du als Mobbingfolgen schilderst, nimmt sich mein Leben vergleichsweise harmlos aus.
    Ich hab ein Dach über dem Kopf, ich hab Geld für ein Jahr gespart und ich hab einen neuen Job in Aussicht.

    Was mir Kummer macht, sind die psychischen Qualen, die ich erlebt habe, und in die ich in meiner Erinnerung zurückfalle. Dann hab ich oft Selbstmordgedanken bzw. bin aggressiv gegen mich, allerdings ohne dem nachzugeben. Damit das besser wird, geh ich ja in Therapie.

    Trocknheitsmäßig hab ich, glaub ich, schon wieder etwas Boden unter den Füßen gewonnen.

    Vielen Dank für Deine einfühlsamen Worte

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo jean

    schön mal wieder was von dir zu lesen. Wie sah denn deine Trockenheitsarbeit in der letzten Jahren aus. SHG Besuche? Alkoholfreies Umfeld, Austausch ? usw..

    Es sind ja nicht nur die emotionalen Reize die Saufdruck und Rückfallgedanken auslösen können . Denn da scheinst du schon mitten drinnen zu stecken . Alle andre Sinnesreize und Vernachlässigungen tun auch Ihr Teil dazu.

    Nun das weißt du ja , aber wie können wir dich denn nun unterstützen, wenn uns das Feedback der letzten Jahren fehlt ? Das ist nicht böse gemeint und soll auch keine Kritik sein. Hilfe uns mal , wo wir eventuell ansetzen können .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.

    Anfangs hab ich intensive Trockenheitsarbeit gemacht. - Mein Umfeld ist auch nach wie vor alkoholfrei, d.h. ich habe keinen Kontakt mehr zu Freunden aus Saufzeiten. Ich ging auch regelmäßig in die Gruppe. Ich hab mir Hobbys zugelegt - wieder mit malen und kleinen Wanderungen begonnen, bin einem Malclub beigetreten etc.

    Aber besonders im letzten Jahr ist mir die ausgewogene Lebensweise abhanden gekommen. Im Vordergrund stand für mich nur noch der Verlust - von Freundschaften durch das Mobbing.
    Eine Freundin hat Ihren Partner durch ein Gewaltverbrechen verloren - ich war für sie da; das ging unter die Haut.
    Meine Mutter bekam in den Ferien eine Krebsdiagnose - Melanom - dann Gott sei Dank nach einer kleinen OP Entwarnung, die Lymphknoten waren noch nicht befallen.
    Meine Fernbeziehung zu meinem Freund in Deutschland ging zu Ende.
    Ich hatte von der Wirbelsäule her ständig Schmerzen.
    Und die Arbeit war ein ständiger Kampf.
    Dann noch der Prozess, den ein Arbeitskollege gegen mich führt.
    Ich hatte kaum mehr Freizeit; oft hab ich Arbeit mit nach Hause genommen und am Wochenende gearbeitet.
    Gruppe, Malclub, Hobbys, Entspannung - alles ging den Bach runter.

    Ein Wunder, dass ich jetzt erst Druck bekommen habe, wo ich wieder entspannen kann.
    Momentan hab ich ja viel Zeit für mich.

    Lg
    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo Jean,

    Vernachlässigung der Trocken -Arbeiit lässt viel Spielraum für das Suchtgedächtnis , das natürlich liebend gerne, solche schlimme Liebessituationen , die du durchmachst, zum Anlass nimmt, um dir dann eine Lösung durch das Saufen anbietet.

    Nun , das sage ich auch nichts neues, ist ja nach dem Saufen nichts besser sondern es kommt ja noch ein Problem dazu. Fangt mit dem schlechten Gewissen an und dann bist du mitten drinnen, auf der Spirale nach unten.

    Trocken sein ,muss trainiert werden . Ich vergleiche es mal mit einem Fitnessstudio. Voller Begeisterung meldest du dich dort an , gehst mehrmals motiviert trainieren und siehst anfängliche Erfolge . Doch nach eine Zeit wird das Training weniger aber du hast ja im Hinterkopf das du da noch dazu gehörst weil du ja Beiträge zahlst. Also kannst du immer wieder sagen du bist ja im Fitnesscenter ;)

    Ab deiner Stelle würde ich mich schnellsten einer SHG wieder zuwenden. Ich habe mir dieses Forum zu meiner gemacht. Ich sitze fast jeden Tag am PC , bin online und habe immer wieder Zugriff zu meiner SHG. Da kann ich auch mal auf den Putz hauen ,da kann ich alles da lassen und kann auch mich mit Menschen austauschen, die mich kennen und wissen wie ich ticke. Manche gehen mir aus dem Weg ,mache stelle ich mich in den Weg . Es geht ja um mich und mein tägliches Trocken Fitnesstraining.

    Für deine privaten massiven Probleme habe ich keine Lösung . Ich kann es aber nachvollziehen , da ähnliches mir auch widerfahren ist. Nur war das in der Nassen Zeit .


    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Lieber Hartmut,

    danke für Deine Ratschläge.

    Das mit der Selbsthilfegruppe werd ich mir durch den Kopf gehen lassen,

    ich muss bloß eine finden, die für mich passt. Bei den AA war ich ne

    Zeitlang, das find ich allerdings nicht so attraktiv, obwohls mir viel

    gebracht hat.

    Momentan ist viel Einzeltherapie wichtig für mich, glaub ich, die werd ich

    auch intensivieren.

    Mit dem Druck gehts scfhon etwas besser, genau in diese Abwärtsspirale,

    von der Du sprichst, möchte ich nicht geraten.

    Lg

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo John, Du schreibst:

    Zitat von jo48m

    hallo "jean"
    bei mir herrscht andauernd Mobbing,nicht nur auf der
    Arbeit,sondern zu Hause auch..(zu Hause eher als
    Psychoterror zu bezeichnen)
    ...:-(

    Lass uns nicht auf den Tod warten, damit der uns (verfrüht) erlöst, wenn wir wieder saufen.

    Tu was für Dich, John, versuch den Arbeitsplatz zu wechseln, zieh notfalls zu Hause aus ... .

    Es lohnt sich nicht, für Mobber zu saufen.

    Lg

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Liebe Jean,

    schön, mal wieder etwas von Dir zu lesen ... weniger schön, die Umstände ... .

    Vor meinem Rückfall vor zwei Jahren hämmerten die Gedanken an Alkohol so stark und erbarmungslos in meinem Kopf, dass ich manchmal dachte, ich müsste laut schreien, um mal etwas anderes zu hören. Was ich im Nachhinein anders machen würde, als ich es getan habe, war, nicht mit den Gedanken zu spielen. Ich dachte da, ich müsste mich nur genug damit auseinandersetzen und alle Hirngespinste analysieren. Doch durch dieses zusätzliche hinschauen, nahm es noch mehr Platz in meinem Kopf ein. Daher kann ich nur raten, die Gedankenspiralen so schnell wie möglich abzublocken. Sie können uns so quälen. Auch die Spielereien, wie "mal im Geschäft durch die Alkohol-Abteilung gehen", "mal wieder am Bier riechen", "alte (nasse) Plätze aufsuchen" ... das waren für mich ganz klar Vorläufer für den Rückfall.

    Ich hatte mir das Trinken in Gedanken so toll vorgestellt - und was wars? Nix. Einfach *ppfffft*. Weder der erste Schluck noch die vier Büchsen Bier danach verspürte ich die erhoffte/erwartete Erleichterung und Sorglosigkeit. Das Bereuen war danach dafür unschön. Ich fand nicht mal das leichte "Bedusselt-sein" toll. Ich fand diesen Zustand so ekelhaft und wollte nur so schnell wie möglich wieder nüchtern sein. Glaub mir, es lohnt sich nicht. Aber das weisst Du ja selber .... .

    Wie wäre es wieder mit dem Forum als Selbsthilfegruppe?

    Dir noch einen schönen Abend und alles Liebe!

    gruss liv

    Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden ...

  • Huhu Liv,

    total schön Dich wieder zu lesen.

    Gut dass Du den Weg aus dem Rückfall in die Trockenheit wieder gefunden hast.
    Vielen Dank auch, dass Du Deine Erfahrungen mit mir teilst.
    ------------------

    Ich hab momentan schon das Gefühl, dass ich wieder mehr Distanz zu meinen Gedanken an Alkohol und dem Suchtdruck gewinne und bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich hier erfahren habe.

    Ob ich wieder der SHG im geschützten Bereich beitrete, ist mir noch nicht klar; aber hier im offenen Forum möchte ich weiter schreiben, zumindest hin und wieder.

    Heute hatte ich ein Gespräch mit meinem Arzt wegen einer Selbsthilfegruppe vor Ort, die nicht AA ist; der hat versprochen, sich umzuhören. Notfalls muss ich halt doch wieder zu den AA.

    --------------

    Alles Gute Dir, liebe Liv

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

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