welcher ist der richtige weg..

  • Hallo Zusammen

    Ich möchte hier ein paar Thesen und Denkanstösse zum Thema Sucht geben. Und würde gerne eine Diskussion dabei anstossen.

    Alkohol wird in unserer Gesellschaft als weniger schlimm angesehen als illegale Drogen (z.Bsp. Heroin, Kokain), obschon die Chancen Statistik gesehen bei den illegalen Drogen davon abzukommen wesentlich höher sind.

    Der therapeutische Ansatz und die Patienten Einstellung ist bei den legalen und illegalen anders. Bei den illegalen Drogen ist es völlig undenkbar, dass zum Beispiel eine selbstständige kontrollierte Einnahme angestrebt wird (ausgenommen staatliche kontrollierte Abgaben). Beim Alkohol denkt oder wünscht sich so mancher kontrolliert oder moderat trinken zu können. Das hat zur Folge, dass sich viele nicht voll und ganz vom Alkohol verabschieden und somit innerlich nicht distanzieren können.

    Bei den illegalen Drogen geht ein Entzug und Stabilisierung vielfach nur über einen Lebensraumwechsel. Zum Gegensatz sind die Änderungen die beim Alkoholentzug und Stabilisierung meistens nur marginal.

    Die meisten von uns haben nicht aufgehört zu trinken, weil wir auf einmal keinen Spass am trinken hatten oder anders gesagt um den Trinkesswillen. Sondern weil der erhöhte Alkoholkonsum die Lebensumstände massiv negativ beeinträchtigt hat.

    Bevor ich aufgehört habe zu Trinken ist mir so richtig bewusst geworden, welcher Scherbenhaufen ich da mit dem Saufen generiert habe und weiterhin generieren werde, wenn ich damit nicht aufhöre. Aber mir ist auch bewusst worden, dass sich der Scherbenhaufen nur mit meinem Aufzuhören zu Trinken nicht von alleine aufräumt. Sondern jetzt mit dem klaren Kopf fängt die Arbeit richtig an.

    Ich persönlich bin nicht so ein Fan von Strategien zu finden um dem Alkohol auszuweichen, sondern viel mehr Wege aus der Misere zu finden, welche man durch den Alkoholkonsum geschaffen hat.

    Und da möchte ich in der Diskussion ansetzen. Ich möchte mich hier mit Leute austauschen, welche Erfolgreich den Scherbenhaufen aufgeräumt haben und das Leben neu aufgebaut haben.

    Themen welche ich dabei für sehr wichtig ansehe:
    Familie
    Berufsweiterbildung
    Freundeskreis reaktivieren
    usw.

    Also..ich würde gerne wissen wie Ihr es geschafft habt, die verschiedenen Facetten des Lebens zu verbessern oder wie ihr noch daran seit..

    wahre stärke ist seine schwächen zu erkennen

  • Hallo Jamor,

    ich befinde mich grad auch in einer Situation: Job weg, Führerschein weg, Freundin weg.... Und ich habe oft Phasen, wo ich nicht weiß, wie ich den ganzen Scherbenhaufen wieder auf die Reihe krieg.

    Meine Fehler sind (Lt. Suchttherapeut):

    1. Ich kann nicht mit der Vergangenheit abschließen.

    2. Ich lade mir für alles und jeden die Schuld auf

    3. Ich kann nicht akzeptieren, daß ich die Fehler, die ich gemacht habe, nun mal nicht mehr rückgängig zu machen sind.


    Das heisst: Den ganzen Scherbenhaufen kriegt man nie wieder auf die Reihe. Aber man kann sein Bestes geben, um zumindest einiges zu erreichen.

    Zu Deinen Fragen:

    Themen welche ich dabei für sehr wichtig ansehe:
    Familie ... steht zu mir, aber erst seit dem ich was gegen meine Sucht mache
    Berufsweiterbildung ... Habe ich (komischerweise) in der nassen Zeit zu Hauf gemacht.
    Freundeskreis reaktivieren ... Nein, erst nach der LZT

    Gruß

    Martin

  • jamor ,

    der "richtige Weg" ist, die Abstinenz IMMER an die oberste Stelle zu stellen. Vor ALLES andere.
    Der Rest ergibt sich im Laufe der Jahre von selbst.
    Abstinent bin ich sehr gut in der Lage, den für mich "richtigen Weg in anderen Dingen" zu finden und aktiv zu gehen.

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Hi Jamor!

    Also in erster Linie habe ich alles ausgeblendet, mich arbeitslos gemeldet und meine ganze Energie in die Stabilisierung meiner Abstinenz gesteckt....

    Der wichtigste Punkt dabei war die Hosen vollständig runter zu lassen, den Kreislauf aus lügen, betrügen und verheimlichen zu durchbrechen, dadurch ergab sich dann automatisch wieder Vertrauen in mich durch mich und mein Umfeld....

    Das hat mir dann Kraft gegeben alles Konsequent durchzuziehen, ich konnte und kann mir immer wieder neue Ziele setzen, aber eins nach dem anderen zu viele auf einmal bringen mich in eine überlastungs Situation

  • Zitat von juergenbausf

    der "richtige Weg" ist, die Abstinenz IMMER an die oberste Stelle zu stellen. Vor ALLES andere.

    LG Jürgen

    Das mag für den Einen der richtige Weg sein, aber noch lange nicht für Jeden.

    D.h.: Abstinenz, auf jeden Fall! Aber über ALLES Andere stellen...?


    LG

    Martin

  • Ups war noch gar nicht fertig....

    Welche dann wiederrum ungesund wäre und evtl. wieder Verlangen auslösen könnte.....

    Ein wichtiger Faktor ist Zeit, ich habe diesen "ich habe keine Zeit" oder "das dauert mir zu lang" Gedanken abgelegt, dadurch bin ich geduldig geworden und verhindere somit ein warten auf etwas, dadurch ergeben sich einfach viele Dinge aus dem nichts herraus.....

    Grüße Zimbo...

  • Hi Martin!

    Zitat


    D.h.: Abstinenz, auf jeden Fall! Aber über ALLES Andere stellen...?

    Naja alles andere ergibt sich ausschließlich durch die Abstinenz, damit ist sie automatisch übergeordnet, das wirste noch bemerken.... :wink:

    Grüße Zimbo....

  • Martin

    Diese Diskussion wurde gestern erst vom Zaun gebrochen, und ich halte es für falsch, jetzt hier schon wieder damit anzufangen.

    Ich habe Jamor so verstanden, dass hier Erfahrungen mitgeteilt werden sollen.

    LG Noty

    Notyetaname

  • Martin ,

    Zitat

    D.h.: Abstinenz, auf jeden Fall! Aber über ALLES Andere stellen...?

    ich habe das Gefühl, es wird oft nicht verstanden, was ich damit meine.
    Wenn eine Beziehung, eine Arbeit, ein Freundeskreis, oder irgendetwas anderes meine Abstinenz mittel- oder langfristig gefährdet,
    dann wird etwas daran geändert, aber NIEMALS etwas an meiner Abstinenz.
    Darum - um diese Einstellung - geht es.

    LG Jürgen
    -----------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Vielen Dank für die Antworten !

    Auch ich habe mein Leben selber in die Hand genommen. Ich bin daran mich zum Arbeitsagogiker auszubilden. Im moment Arbeite ich mit Behinderten zusammen. Zudem gebe ich Vorträge an Schulen zum Thema Sucht. Ich muss dazu sagen, dass ich früher in der illegalen Drogenszene aktiv war und dafür auch mein Lehrgeld (Gefängnisstrafe) bezahlt habe.

    Ich habe einfach an mir und an anderen gesehen, dass "nur abstinent" zu sein nicht langt. Die Änderungen kommen nicht von alleine.

    Für mich ist die Abstinent eine Entscheidung und keine aktive Handlung. Als ich mich durchringen konnte, mich gegen den Alkohol zu entscheiden, hörte auch der Kampf auf. Was nicht heisst, dass ich nie einen Ausrutscher haben kann. Aber wenigstens weiss ich, dass es ein Ausrutscher war. Wenn ich aber keine Entscheidung getroffen hätte..dann würde ich immer noch damit ringen und dies würde mich hindern meinen Sinn auf die wichtigen Lebensbereichen zu richten.

    Die meisten welche noch mit der Abstinenz kämpfen, haben sich damit nicht abgefunden und haben mühe einen endgültigen Strich darunter zu setzen.

    Ich weiss nicht wie es in Deutschland ist, ich bin aus der Schweiz..

    Aber ich Empfehle jedem eine stationäre Entwöhnung mit einer darauf folgenden Entwöhnungs-Therapie, um den nötigen Abstand zu bekommen und die Lebensziele neu zu definieren.

    Und dann die Ärmel umzukrempeln und damit anzufangen das Leben wieder in die Hand zu nehmen.

    Martin
    Du hast recht, die Vergangenheit kann man nicht ändern, aber sie hilft einem nicht die gleichen Fehler zu machen.

    Auch ich musste mich mit gewissen Situationen abfinden. Meine Frau hat sich von mir getrennt und wir sind daran uns zu scheiden. Für sie ist zu viel vorgefallen und meine Veränderungen kamen für sie zu spät und sie wollte nicht mehr. Ich kann das verstehen und kann sie nicht dazu zwingen einen neuen Anfang mit mir zu wagen. Dies habe ich gelernt zu Akzeptieren. So ist das Leben..

    liebe grüsse
    jamor

    wahre stärke ist seine schwächen zu erkennen

  • @Noty
    du hast mich richtig verstanden :)

    mir gehts nicht darum die abstinenz auf die leichte schulter zu nehmen. auch ich bin seit meinem entzug und die entwöhnungs-therapie "sauber".

    aber ich sehe die abstinenz als instrument um meine ziele zu erreichen.

    wahre stärke ist seine schwächen zu erkennen

  • Zitat von jamor

    Was nicht heisst, dass ich nie einen Ausrutscher haben kann. Aber wenigstens weiss ich, dass es ein Ausrutscher war.

    Grüß Dich jamor :)
    Ich finde Ausrutscher ist ein etwas beschönigendes Wort. Es wäre kein Ausrutscher, sondern ein Rückfall in die Sucht und u.U. der letzte.
    Wie Du auch geschrieben hast, man muss die Entscheidung Treffen nicht mehr zu trinken, das muss im Kopf klar sein und auch der eigene Wunsch.
    Auf Grund dessen geh ich auch mit de einstellung an, das mir eben kein "Ausrutscher" passiert. Genauso wenn ich mich auf Mopped setzte, ich zu 110% sicher bin, das ich heile ankomme.
    Man muss keinen Rückfall haben, es gibt genug die Natlos trocken sind, es geht also, warum soll ich mir was anderes vornehmen?

    Zitat von jamor


    Meine Frau hat sich von mir getrennt und wir sind daran uns zu scheiden. Für sie ist zu viel vorgefallen und meine Veränderungen kamen für sie zu spät und sie wollte nicht mehr. Ich kann das verstehen und kann sie nicht dazu zwingen einen neuen Anfang mit mir zu wagen. Dies habe ich gelernt zu Akzeptieren. So ist das Leben..

    weist du vielleicht ist es besser so, im Moment ist das sicher sehr hart. Meine Freundin ist bei mir geblieben, allerdings haben wir nicht zusammen gewohnt, so das sie vieles nicht mitbekommen hat, also meine Saufexzesse, das Kotzen, das hinfallen etc... .
    Aber es hat trotzdem lange gedauert die Beziehung wieder zu reparieren, ich denke auch das es ein Pozess ist, der nie wirklich abgeschlossen ist.
    Vielleicht kannst du mit einer neuen Frau an deiner Seite, eine neue Beziehung mit intakter Vertauensbasis aufbauen. Ich seh darin durchaus etwas wirklich gutes.
    Ich wünsch Dir ein schönes trockenes Wocheende
    Mario

  • Hallo Jamor

    Zitat von jamor

    mir gehts nicht darum die abstinenz auf die leichte schulter zu nehmen. auch ich bin seit meinem entzug und die entwöhnungs-therapie "sauber".

    aber ich sehe die abstinenz als instrument um meine ziele zu erreichen.

    Das sehe ich auch so, aber letzten Endes ist für mich die Abstinenz die unabdingbare Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen - ich kann nun mal nicht mit Alkohol umgehen, das habe ich mir zwanzig Jahre lang immer wieder bewiesen. Das bessere Leben ohne kann für mich nur in TOTALER Abstinenz liegen, jeder 'Ausrutscher' (für mich tatsächlich eine krasse Beschönigung) kann mein Ende im Suff bedeuten. Denn ich bin mir sehr bewusst, wieviele glückliche Umstände zusammenkamen, um mich dahin zu führen, wo ich jetzt bin (nachzulesen in meinem Thread).
    Ich hoffe, dass das abstinente Leben irgendwann für mich zum Normalfall wird, im Moment (15 Tage trocken) fände ich es vermessen, das schon von mir zu behaupten. Bis ich 'stabil abstinent' bin, bleibt mir daher nichts anderes als jeder Versuchung aus dem Weg zu gehen und mir auch immerzu Gedanken darüber zu machen, wo meine Stolperfallen liegen KÖNNTEN (es wird trotzdem welche geben, die ich vorher nicht bedacht habe, das sind dann die wirklich gefährlichen Momente!)

    Liebe Grüße
    Noty

    Notyetaname

  • Gruezi Jamor

    Familie
    Nach einer gewissen Zeit habe ich den Schritt getan die Hand auszustrecken.
    Leider sind in meinem Fall die Familienstrukturen so eingefleischt und kaputt
    das Offenheit und Ehrlichkeit unerwünscht waren. Die Illussion der heilen Familienwelt wäre
    zerstört worden. Hierzu war ausser mir kein Familenmitglied in der Lage.
    Ich lebe mit diesem Ergebnis.

    Berufsweiterbildung
    Nüchternheit hat es mir erlaubt real, ohne Grössenwahn, die Möglichkeiten zu erkunden,
    die für mich gegeben waren und geradlinig an der Verwirklichung zu arbeiten.
    Auch hier war ich nicht der Lenker des Schicksals und die Resultate haben
    oft anders ausgeschaut als ursprünglich erwünscht.
    Was ich nicht getan habe war den Inneren Antreiber, der für eine
    bisschen Stoff barfuss ans Ende der Welt hetzt, auf eine Verbesserung
    meiner sozialen Identität zu übertragen.
    Lieber mal öfters ein Take it easy als mir im Hamsterrad und/oder mit
    Ellenbogen die Königin der Süchte (Arbeitssucht) einzuhandeln.

    Freundeskreis reaktivieren
    Kann mich hier nur Karsten anschliessen. Zu reaktivieren gab es nichts.
    Hab nochmal nachgedacht. Zu reaktivieren gab es nichts.
    Hab vor kurzem einen Kumpel aus alten Tagen getroffen.
    Meine Fragen: Wo ist...? Was macht...?
    Totgesoffen. Santa Fu wegen Messerstecherei.
    Das war mein Freundeskreis.

    Schönen Abend

    Old Flatterhand

  • ja, ich bin völlig eurer meinung. ein ausrutscher kann man auch als rückfall bezeichnen.

    mir gehts darum zu sagen, dass ich das als ausrutscher oder eben rückfall erst definieren kann..wenn ich auch klar weiss was ich will.

    viele die mit mir in der therapie waren wussten bis zum letzten tag nicht, ob sie abstinent sein wollen oder nicht. danach haben sie angefangen "kontrolliert" zu trinken und es ging nicht lange und sie waren gleich weit wie als sie mit der therapie angefangen hatten.

    bei mir ist es auch so, dass ich weiss..ich kann mit alkohol nicht umgehen und es brauchte einige zeit, bis ich mir das wirklich zugestehen konnte.

    wahre stärke ist seine schwächen zu erkennen

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!