Meine großen Kinder brechen zusammen und ich kann nicht mehr

  • Hallo, ich bin langzeit-co und mir erst seit kurzem darüber im Klaren. Nun möchte ich mich distanzieren, etwas für mich tun, mich selbst wiederfinden. Da brechen meine Kinder (14 und 18) zusammen (schulische Probleme, Cannabis) und fordern mich noch viel mehr als vorher. Ich kann nicht mehr, ich will in den Urlaub fahren, traue mich aber gar nicht richtig, sie alleine zu lassen. Hat jemand von Euch Erfahrung mit solch einer Situation?
    Ette63

  • Hallo ette63,

    in solch einer Situation ist es besonders wichtig, dass Du etwas für Dich tust! Deine Kinder sind nicht mehr klein und Dein Mann ist für sich selbst verantwortlich, so dass Du kein schlechtes Gewissen zu haben brauchst. Deine Kinder haben auch bestimmt Verständnis dafür, dass ihre Mutter eine kurze "Auszeit" braucht.

    Ich kann Dein Gefühl schon verstehen - das habe ich auch hin und wieder aber wenn ich meinen Verstand einschalte, sind meine Bedenken schon wieder ausgeräumt. Warum sollte ich denn nicht in den Urlaub fahren? Er macht mit seiner Trinkerei alles kaputt, warum sollte ich denn auf ihn Rücksicht nehmen? Fahre jetzt im April zum zweiten Mal alleine mit unserem kleinen Kind in den Urlaub, auch für Sommer habe ich schon einen Urlaub gebucht ohne Rücksicht darauf, ob mein Mann dann überhaupt Urlaub bekommt in dieser Zeit. Wenn er trocken ist und Urlaub hat, kann er mit, ansonsten fahren unser Kind und ich allein.

    Ich habe schon so viel Rücksicht auf ihn genommen, jetzt denke ich an mich und an unser Kind!

    Ich kann Dich nur ermutigen, allein Urlaub zu machen!

    Liebe Grüße und viel Kraft,
    lawyer

  • Hallo Lawyer, klar, meinen Mann kann ich (ich staune über mich selbst) gut alleine lassen, und mich interessiert dann auch gar nicht, was er mit sich macht. Aber der Gedanke, wie das für die Kids ist, macht mir ein echt mulmiges Gefühl. Eigentlich bin ich keine Glucken-Mutti, aber z.Z. sind die beiden echt labil.
    Ich habe sie, als sie noch klein waren, immer unter den Arm geklemmt und bin mit ihnen raus, doch das geht jetzt nicht mehr.
    Irgendwie scheint dieses Kümmern-Müssen so tief eingekerbt....

  • Hallo ette,

    Deine Ausgangsposition ist schon schwieriger als bei mir mit Kleinkind. Große Kinder - große Sorgen.

    Geben Dir Deine Kinder das Gefühl, dass sie Dich zur Zeit besonders brauchen oder ist es Dein Gefühl, dass Du Dich kümmern musst?

    Gibt es vielleicht Oma und/oder Opa, die auf Deine Kinder "aufpassen" könnten, wenn Du weg bist?

    Ich denke, Deine Kinder haben auch etwas davon, wenn Du erholt und gestärkt aus Deinem Urlaub zurückkehrst.

    LG
    lawyer

  • Hallo ette!

    Wie wäre es wenn du dich mit den Kindern an einen Tisch setzt und ganz offen mit ihnen redest? Sie sind ja alt genug um zu verstehen dass du eine Auszeit brauchst um wieder auf die Beine zu kommen.

    Vielleicht haben ja deine Kinder Ideen was sie in der Zeit in der du weg bist machen wollen.

    Käme eventuell auch ein Urlaub mit den Kindern zusammen in Frage? Ihr könntet zur Ruhe kommen und vielleicht besprechen wie es denn weitergehen könnte.

    Denn eins ist sicher wenn du aus dem Urlaub zurückkommst wirst du dich zwar erholt haben, aber wenn es wie gewohnt weiterläuft wirst du für dich eher wenig erreichen.

    Liebe Grüsse
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Hallo liebe Ette,
    willkommen hier. Ja, mir kommt das, was du schilderst auch sehr bekannt vor. Habe die Erfahrung gemacht, wenn ich mir treu bleibe, meinen Weg gehe, auch wenn die Kids kränkeln, oder schwelende Schwierigkeiten deutlicher auflodern, wenn ich konsequent bei mir blieb, hat sich das alles wieder relativiert - und oft waren sie einfach auch froh, das Mutterschiff mal ne zeitlang nicht zuhause zu haben und sich selbst zu erproben. Ist ja auch ein Vertrauensbeweis den Kids gegenüber, sie mal alleine wurschteln zu lassen. Ja, klär das doch gemeinsam mit ihnen. Meine waren meist sehr sehr begeistert, wenn ich immer mal wieder Haus und Hof hinter mir ließ. Alles Gute für DICH !!! Gönn DIR was GUTES !!! Liebe Grüße, die WinterSonne 8)

  • Hallo an alle, vielen lieben Dank für Zuspruch und Rat. Ich höre heraus, dass ich Eurer Meinung nach fahren sollte. (Was ich inzwischen für mich auch entschieden habe).

    Zitat von Speranza


    Wie wäre es wenn du dich mit den Kindern an einen Tisch setzt und ganz offen mit ihnen redest?

    Das mit dem Reden ist tatsächlich ein Problem. Ich bin so geübt darin, alle bösen Alk-Geschichten von ihnen fernzuhalten, dass ich mich nun mit dem Reden schwertue oder total ungeschickt anstelle. Der letzte Versuch endete mit starker Abwehr meiner großen Tochter ("lass mich bloss damit in Ruhe! Ich hab damit nichts zu tun!, etc."), was möglicherweise ganz gesund ist, es mir aber echt schwer macht.


    Zitat

    Denn eins ist sicher wenn du aus dem Urlaub zurückkommst wirst du dich zwar erholt haben, aber wenn es wie gewohnt weiterläuft wirst du für dich eher wenig erreichen.

    Hab ich natürlich schon genauso erlebt, und auch Schiss davor, mich wieder einlullen zu lassen. Ich hoffe sehr, dass meine momentane Entschlossenheit zu einer dauerhaften Veränderung führt. Ich nehme Literatur zum Thema mit und kann mit meiner Schwester auch gut drüber reden... Ihr werdet mir aber fehlen, fürchte ich!

    Liebe Grüße
    Ette

  • Zitat von lawyer

    Geben Dir Deine Kinder das Gefühl, dass sie Dich zur Zeit besonders brauchen oder ist es Dein Gefühl, dass Du Dich kümmern musst?

    Ich habe wohl eher das Gefühl, das ich mich kümmern muss, ich glaube, wenn ich ehrlich bin, kommen die Kinder eine Woche lang schon irgendwie klar, und mein Mann übernimmt möglicherweise auch mehr, wenn ich nicht da bin...

    Also wieder mal nur mein Problem???
    Grüße, Ette

  • Zitat von dranbleiben

    wenn die Kids kränkeln, oder schwelende Schwierigkeiten deutlicher auflodern

    Hallo Wintersonne,
    ich denke immer, wenn die Kids Probleme haben: oje, das nicht jetzt auch noch! Doch eigentlich ist es ja kein Wunder, dass sie so ihre eigenen Probleme haben. Vielleicht sogar gut, das es "deutlich auflodert", sie müssen sonst auch zu gut funktionieren. Mein Problem dabei ist wahrscheinlich mein Schuldgefühl den Kindern gegenüber.

    Danke für das Mitfühlen und die lieben Wünsche.

    Ette63

  • Hallo an alle!
    Nach langer Zeit melde ich mich wieder. Es hat sich viel getan in den letzten beiden Jahren.
    Im April letzten Jahres war ich soweit, auszuziehen, zu einer Freundin in die Wohnung, weil ich es echt nicht mehr ausgehalten habe.
    Da haben Freunde von uns interveniert und mit mir zusammen meinen Mann in die Entgiftung gebracht. Das hat er erst mal mitgemacht, auch eine Langzeittherapie im Anschluss, in einer Klinik, weit weg von hier. Somit war er ein halbes Jahr weg. Und ich bin richtig aufgeblüht, habe gemerkt, wie sehr mich die Situation niedergedrückt hatte.
    Doch dann kam er zurück und schlug mir vor, sich zu trennen, da er mir nicht versprechen wollte, trocken zu bleiben. Er hat dann auch sofort wieder seine Sauferei aufgenommen, und somit war für mich klar: er hat sich für den Alk und gegen uns entschieden (sofern von "entscheiden" bei Sucht die Rede sein kann). Er zog aus, in eine kleine Wohnung, in der er ab da ständig viele, mir und ihm bis dahin fremde, Leute um sich scharte und jeden Abend Party machte. Seitdem ist er sehr verändert, ich (und auch viele seiner alten Freunde) haben stark den Eindruck, dass er sich sein Hirn versäuft, immer dümmer und undifferenzierter wird. Außerdem ist er körperlich sehr heruntergekommen, wäscht sich nicht mehr richtig, und man sieht ihm den Alk auf 100m Entfernung an. Nun gut, ich konnte mich davon einigermaßen fernhalten, die Kinder haben ihn manchmal besucht, gehen aber inzwischen auch so ihre eigenen Wege.
    Dann flog er aus seiner Wohnung raus (was niemanden verwunderte) und drohte, obdachlos zu werden. Das war eine schlimme Zeit, vor allem für meine Kinder, die es nicht ertragen hätten, ihn auf der Platte wiederzutreffen. Und ich fühlte mich sehr unter Druck, konnte das kaum aushalten, die "harte" zu sein, die ihn nicht mehr aufnehmen will. Nun ist die Obdachlosigkeit erstmal abgewendet, er hat wieder ein Zimmer zur Untermiete gefunden, aber die grundsätzliche Gefahr besteht durchaus weiterhin. Meine große Tochter macht inzwischen ihr eigenes Ding im Ausland, weiß zwar noch nicht, welche Ausbildung für sie infrage käme, aber sie wird es schon wuppen. Meine kleine hat die Schule geschmissen und hängt jetzt ziemlich in der Luft, ist extrem stimmungschwankend und pubertär, und ich finds echt anstrengend alleinerziehend zu sein.
    Aber alles in allem denke ich, wir haben uns ganz gut berappelt. Irgendwie gehts immer weiter, und gute Freunde haben mir echt oft geholfen. Gut war aber auch, mal wieder wirklich allein sein zu können, in Ruhe zu trauern um meine verlorene Liebe. Auch dafür war vorher kein Platz.
    Nun fliege ich mit meiner kleinen zu meiner großen Tochter und ihrem Freund und freue mich auf völlig andere Weihnachten. Das ist ja auch nicht einfach: alte Rituale, die nicht mehr stimmen, über Bord zu werfen, und etwas neues zu machen. Ich bin aber inzwischen wieder sehr neugierig auf das Leben und grundsätzlich (bei aller Sorge und Unsicherheit für die Zukunft meiner Kinder) zuversichtlich.
    Ich wünsch Euch allen schöne Weihnachten!
    Ette

  • Hallo Ette
    das klingt als ob du neu laufen lernst und in einigem erkenne ich mich wieder.
    Mein ex wurde ja noch während der Nachsorge rückfällig.
    Nun spielen bei mir in diesem Zusammhang Kinder keine Rolle mehr(längst erwachsen mit eigenem Haushalt) und alles ist somit leichter.
    Auch mein Weihnachten wird ein anderes sein ,denn ich bin nichtmehr der Gastgeber sondern der Gast bei den Kindern,jeden Tag in einem anderen Haushalt über die Feiertage ,das klingt schon ein bißchen nach Stress ...lach.
    Ich wünsche dir schöne Feiertag

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