Warum sucht man sich den falschen Partner?

  • Hallo und guten Morgen,

    ich bin die Tochter von alkoholabhängigen Eltern (beide Elternteile) und Enkelin eines trinkenden, mittlerweile aber verstorbenen Opas und lese hier so mit.

    Seit längerem beschäftigt mich die Frage, warum man sich als "geschädigtes" Kind später einen Partner sucht, der sich mehr oder weniger genauso verhält, wie die Eltern? Warum sucht man sich, GERADE WEIL die Eltern sich abweisend verhalten (haben) oder süchtig sind, nicht einen Partner, mit dem man diese Probleme nicht hat? Warum kann man diese "Elternsituation" nicht (immer) zu seinem Vorteil nutzen und es besser machen?

    Für Antworten bzw. Gedankenanstöße wäre ich dankbar. Falls es zu diesem Thema schon einen Thread gibt, habe ich den wohl überlesen und würde mich über einen Hinweis freuen.

  • Hallo Schneekugel!

    Ich wollte ja von meinen Eltern geliebt werden, ich habe sogar sehr lange so getan, als würden sie mich lieben. Doch irgendwie, auf irgendeine Art. Auf ihre Art. Weil es gab ja auch ein paar gute Momente.

    Ich wollte Diese Liebe. Die, die ich nicht bekommen hatte. Und nach der habe ich auch gesucht. Natürlich bei Menschen, die meinen Eltern ähnlich waren, denn ich wollte eigentlich gar nichts Neues erleben, sondern dass Altes heilt, und Gerechtigkeit noch dazu.

    Seit ich sicher weiß, dass meine Eltern mich nicht geliebt haben, sondern mich für ihre Bedürfnisse verwendet haben, suche ich auch nicht mehr in anderen Menschen die Liebe, die ich von den Eltern nicht bekommen habe.
    Ginge ja gar nicht, weil es die ja eben gar nicht gab, die Liebe.

    Aber ohne sich darüber klar zu sein, dass man nach etwas sucht, was nicht da war, bleibt man natürlich bei Menschen, die den Eltern ähneln.
    Und die sollen einen dann lieben wie die Eltern es nie getan haben. und wehe sie können es nicht!

    Man sucht also gar keinen Partner, mit dem man die Probleme nicht hat, sondern eher nach Erlösung von alten, immer schon da gewesenen Schmerzen.
    Und das ist was anders als eine Liebe, die ihren Ursprung darin hat, dass sich da zwei freie Menschen etwas geben können und sich dabei gut tun!


    Liebe Grüße

  • hallo schneekugel,

    wer aufgewachsen ist in diesem dysfunktionalen systhem für den ist das alles ja normalität, erst einmal. ich habe als kind direkt ja nicht so sehr gelitten. das bewusste leiden kam bei mir erst bei der aufarbeitung hoch. ich war, trotz all dem was mir passierte im grund ein glückliches kind, das das was es erlebte als so gegeben und normal hingenommen hatte. hin nd wieder, so meine erinnerung, hatte ich sehnsucht in den arm genommen zu werden. daran erienner ich mich. das ich dann auch allein damit gelassen wurde. auch das erinnerung und das ich mit meinem schmerz, der trauer mit mir allein klar kommen musste. aber irgendwie habe ich das auch als normal empfunden, geglaubt so sind eltern halt nun mal.

    dann, der partner den ich mir aussuchte, mit 19 lernte ich ihne kennen, waren da genau die gleichen muster bei ihm wie bei den eltern und ich fühlte mich zu hause. das das was ich von zu hause mitbekommen hatte alles sehr krank war begriff ich erst viele jahre später nach der trennung und in der aufarbeitung. für mich war das leiden das ich hatte so normal gewesen, das ich es nicht spüren konnte.wie auch wenn ein kind damit gross wird fehlt ihm das bewusst auch nicht. die kleine kinderseele die nach liebe und zuwendung schrie die hörte irgendwann auf zu schreien, weil sie nicht gehört wurde.jahre später kam das alles wieder hoch und heute begreiffe ich erst wie das alles zusammen passte.

    gruß
    melanie

  • Hallo ihr beiden und vielen Dank für eure Antworten. Was ihr schreibt, klingt logisch. Vor allem die Tatsache, dass man als (junger) Erwachsener zunächst gar nicht merkt, dass die Umstände, die man als Kind kennen gelernt hat, eigentlich gar nicht die "normalen" bzw. schönen sind. Und klar ist dann auch, dass man sich also zuerst das sucht, was man kennt.
    So habe ich das bisher noch gar nicht gesehen.

    Wirklich schade (und schrecklich), dass manchen Eltern gar nicht bewusst ist, was sie ihren Kindern (egal in welchem Alter) antun. Oder, schlimmer, dass es ihnen egal ist. :(

  • Ich noch mal...

    Melanie, wie kannst du im Grunde glücklich gewesen sein, wenn du alleine mit deinem Schmerz und deiner Trauer warst und niemand dich umarmt hat?


    Schneekugel, wieviele Kinder, dich eingeschlossen, kennst du, die den Unterschied zwischen "Mir passiert etwas Schönes" und "Mir passiert etwas Schreckliches" nicht merken?

    Kinder SOLLEN nicht merken, dass etwas nicht stimmt. Aber sie merken es sehr wohl. Sie spielen meistens mit, weil ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, da sie abhängig von den Eltern sind.
    Aber es macht einen Unterschied, ob man etwas wirklich nicht bemerkt, oder ob man es einfach nicht merken soll.
    Und es kommt auch darauf an, ob die Umwelt so tut, als wäre alles "normal" oder ob es im Leben des Kindes jemanden gibt, der klare Worte spricht.

    Letztere gilt wohl auch für Erwachsene.


    Liebe Grüße an euch

  • hallo schnuffig,

    glücklich damals mit meinen freunden. die mich in den arm nahmen. ich war glücklich im wald draussen wo ich mich frei fühlen konnte. da hielt ich mich auf. von morgens um acht bis abends um fünf oder später sogar. sogar im winter.

    gruß
    melanie

  • Hallo Melanie,

    danke, glücklich, genau, das war ich genauso wie du dann, wenn die Eltern fehlten.
    In der ersten Zeit hatte ich Tiere als Freunde. Mit denen war ich glücklich. Da war ich ich, konnte es sein.

    Bei den Jungs später ging das nicht so einfach. Auch wenn ich mir welche suchte, die mich nicht im entferntesten an meinen Vater erinnerten, denn das hieß es ja - das Frauen sich in der Partnerwahl an solche halten, die ihren Vätern ähneln und das wollte ich nie, habe ich dann tatsächlich einen erwischt, der genauso war wie meine Mutter.
    Denn darauf hatte ich nicht geachtet, weil es nicht in der einschlägigen Fachlektüre stand.
    Dem entsprechend entsetzlich war dann das Erwachen.

    Ich finde auch sehr selten einen Mann wirklich scharf. Und wenn, dann ähnelt er in seinem Verhalten wohl eher meinem Kater als sonst wem.

    Liebe Gruesse

  • hallo schnuffig,

    ja, ich kann auch sagen , das ich meinen ex dementsprechend nach dem ausgesucht habe was in miener prägung liegt. prägung waren sicher trotz allem die eltern, auch wenn ich versuchte ihnen zu entfliehen. heute denk ich mir, es war der passende partner gewesen für mich, damals, in der situation in der ich stand passten wir zusammen.

    aber als ich merkte ich entwickle mich weiter, er stehen blieb dann die trennung übrig. ich wollte mich immer weiter entwickeln. gut so, denk ich heute. gut auch das ich früh lernte für mich da zu sein. das es lang dauerte das ich rausgefunden habe, das ich mir mein leben schön gestalten darf unabhängig von anderen.

    was mich betrifft hielt mich immer nur die vorstellung einder glücklichen familie, mutter vater kinder harmonisch miteinander an dem ganzen fest.ich glaub ich bin da ewas hinterher gelaufen was ich nie wirklich richtig bekommen habe als kind.

    heute habe ich ganz andere vorstellungen von meinem leben. dieses bild habe ich in mir verändert bekommen. ich bin glücklich mutter zu sein und mit den kindern zusammen zu leben. sie zu erleben und sie wachsen zu sehen. dazu brauch ich heute keinen partner mehr, das pack ich gut allein. das altbekannte bild von familie habe ich verändert bekommen und damit habe ich mich dann auch wiederum befreit von auferlegten schubladendenken das ja in der gesellschaft immernoch gild.

    würd ich jeh wieder partnerschaft leben, dann nur noch mit einem menschen der mir auf gleicher augenhöhe begegnet und der selbständig genug ist sein leben selbst in die hand zu nehmen. ein miteinander leben ist auch dann möglich, wenn jeder für sich und sein leben zuständig ist.

    gruß
    melanie

  • Hallo Schneekugel!
    Wirklich interessantes Thema!
    Ich finde, die Problematik, die du ansprichst, ist gut im Buch "Frauen die zu sehr lieben - die heimliche Sucht gebraucht zu werden" von Robin Norwood erklärt (Kennen hier wohl mittlerweile mehrere^^)
    Darin wird die Beziehung eines EKA zu seinen Eltern wie ein Tanz beschrieben, den das Kind seit frühstem Kindesalter bis oft ins hohe Erwachsenenalter (eben bis zu Aufarbeitung) ausführt. Man ist gewöhnt an die Schritte und kennt keine anderen und sucht sich den "Tanzpartner", der eben ähnliche Schrittfolgen (=Verhaltensweisen) beherrscht.
    Wenn einem als junges Mädchen gesagt wird, dass man oft später einen Partner sucht, der wie ein Elternteil ist, bekommt man als EKA häufig Angst und will mit allen Mitteln verhindern, dass es soweit kommt (so wars bei mir). Aber die Tanzschritte sind was unbewusstes, eingeübtes.
    Bei meiner ersten festen Beziehung (die 3 Jahre dauerte, für mein Alter eine Ewigkeit) habe ich bewusst darauf geachtet, einen Freund zu haben, der nicht so aggressiv wie mein Vater ist. Aber das war dann auch irgendwie das einzige, worauf ich bewusst Wert gelegt habe.
    Um nicht den selben Streit wie daheim auch in meiner Beziehung zu haben, hab ich mir von Anfang an zu mir gesagt: "Du machst keinen Stress, gibst lieber einmal zu viel nach! Du willst die die doofe Zicke sein, die sich über alles aufregt, lieber die, von der man akzeptiert wird!"
    Damit hab ich den selben Fehler wie meine Mama gemacht: Akzeptieren und Warten, dass der andere sich ändert. Für mich war die Aggressivität meines Vaters und die lautstarken Streits das Schlimmste, aber dass es auch um Vernachlässigung, Unzuverlässigkeit und fehlendes Vertrauen und fehlende Nähe geht (zu was es eben in meiner Beziehung kam) war mir noch nicht klar. Sowas wird einem wirklich erst bewusst, wenn man mit seinem Verhalten konfrontriert wird und seine Vergangenheit v.a. im Bezug auf den Alkoholismus in der Familie aufarbeitet. Diese Tanzschritte, die man eingeübt hat, beeinflussen uns wohl viel stärker und in viel mehr Bereichen, als man bewusst wahrnehmen kann. Aber ich denk, wenn man erstmal seine Verhaltensmuster durchschaut hat und erkennt, hat man eine Chance seinen eigenen Tanz zu kreieren :)

    lg LaMer

  • Hallo,
    ein weiterer Punkt, der mir die Augen geöffnet hatte, war das ich meinen damals stark drogenabhängigen Freund aus der Sucht helfen wollte. Ich würde nicht einmal sagen, dass ich ihn wirklich geliebt hatte, aber ich hätte alles daran gesetzt ihn davon los zu bekommen. Mir wurde von einer Psychiaterin gesagt, da ich es nicht geschafft hatte meinen Vater vom Alkohol wegzubekommen, ich nun ihn als mein,,Projekt´´ hätte . Die Sehnsucht ihn zu ändern und somit die Abhängigkeit meines Vaters zu lösen waren unterbewusst so stark miteinander verflochten.

    Es schreckte mich so sehr auf, dass ich ihn sofort verlassen konnte, obwohl ich es schon monatelang wollte. Das Ziel zu ändern und zu verbessern ist also ein weiterer Punkt.

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