Danke an alle und besonders an Karsten für´s freischalten (& die Ratschläge in den letzten Tagen) - stell mich auch hier mal kurz vor:
Ich bin 44 Jahre alt, männlich, verheiratet, Vater und Alkoholiker.
Nach einer mehr als unbeschwerten Kindheit und Jugend entwickelte sich mein Alk-problem über fast 27 Jahre schleichend. Anfänglich am Wochenende mit den Kumpels trinken, dann mit Freundin und befreundeten Pärchen. Wochentags Schule, nach dem Abi Arbeit - also abstinent. Dann lernte ich meine Frau kennen. Sie steckte mitten in ihrer Scheidung, ihr Ex hatte eine Neue, sie stand mit Kind, leerer Wohnung und ohne Arbeit plötzlich alleine da. Ich verliebte mich, wollte helfen und so saßen wir monatelang jeden Abend beisammen und sie quatschte sich ihren Frust von der Seele. Natürlich bei viel Alkohol, sehr viel - und der erste Schritt war getan, ich trank jetzt auch schon wochentags. Gleichzeitig wurde ihre Essstörung wieder schlagend - auch diesmal mischte ich mich ein, machte mich unbewußt zum Co - Täter. Ich las Bücher (Alice im Hungerland usw.) und versuchte alles was sich bei ihr um Essen dreht zu kontollieren. Ich besorgte, streng auf Kalorien überprüft, jeden Abend Essen aus Lokalen. Lernte beim Warten Typen amTresen kennen - der zweite Schritt, ich soff mit Fremden. Sie machte Therapie, bekam per Zufall ein Jobangebot, hörte mit dem Kotzen, dem Trinken auf - und ihr neuer Beruf wurde vom Job zur Berufung. Nur ich blieb hängen. Karrte völlig unnötigerweise noch immer täglich Futter an um in den Lokalen weiter trinken zu können. Steigerte meine Dosis, änderte den Stoff, von Bier auf Wein - konnte einfach nicht so viel Bier trinken um ein "befriedigendes" Gefühl zu erzeugen. So gings weiter, Kontrollverluste, Blackouts am nächsten Tag. Erster Führerscheinentzug, Zweiter mit VPU.
Aber ich schaffte es immer irgendwie noch mein Problem zu verleugnen, alles als normal zu betrachten - lag sicher auch an meinen Tresenfreunden, für die wars ja auch normal.
So gings immer ein Stückchen tiefer runter - ich arbeite in einem Familienbetrieb und dort eskalierte plötzlich die Situation, Vater Schlaganfall, Mutter Herzinfarkt, Bruder MS. Der berufliche Druck nahm zu, hing dauernd alles an mir. Stieg auf Wodka um, tagsüber (Geruch) und am Abend Tresenfreunde. Trank inzwischen BEIM Autofahren um Zeit zu sparen. Körperlich gings mir immer schlechter. Ich verlor rapide an Gewicht, brauchte Alkohol plötzlich um mich "normal" zu fühlen - checkte aber immer noch nichts - geahnt hab ichs, aber verdrängt. Irgendwann war Endstation - ich ging ins Spital weil ich an irgendein Nervenleiden oder neurologisches Problem glaubte. Dort war dann relativ schnell klar was wirklich Sache ist. Leberwerte Gamma Gt 700! Es folgte ein stationärer Entzug - 10 Tage. Die Euphorie über das Geschaffte und das neu gefundene Körpergefühl waren herrlich - und trügerisch. Einige trockene, wunderschöne Monate später folgte ein 2 wöchiger Rückfall.Inklusive tarnen und täuschen wie früher...
Nach einem Streit mit meiner Frau, die nat. alles geahnt hatte (Sie kennt mich wenn ich ein A... bin) beschloß ich nie mehr was zu trinken. Ich glaubte alles im Griff zu haben. Zufällig hatte ich 4 freie Tage vor mir und setzte mein Vorhaben in die Tat um. Was folgte waren die schlimmsten 4 Tage meines Lebens. Ich steckte voll in einem psychischen kalten Entzug. Keine körperlichen Symptome, "nur" Todesangst, Panik usw. Hab´nicht damit gerechnet in so kurzer Zeit wieder so drauf zu sein. Ich wollte aber nicht mehr trinken, stand nach dem Streit morgens auf und sagte mir nie wieder. Ich zog´s durch, gegen alle Vernunft. Sollte wirklich nie jemand ohne Arzt versuchen, war Hölle. Aber alle meine Ärzte waren nicht erreichbar und ich wollte unbedingt dieses alte Gefühl der Nüchternheit wieder haben...
Versuch jetzt für mich was Positives aus dem Rückfall zu lernen: Erstens bißchen trinken funktioniert nicht - ich bin Alkoholiker und muß trocken bleiben. Zweitens: Alleine schaff ich´s nicht - bei aller Sturheit und Willen. Drittens: Nie irgendwelche Aktionen mehr ohne Arzt - oder Hilfe.
Viertens: Das Leben ist nüchtern einfach wunderbar. Fünftens: Ich muß dranbleiben und noch vieles ändern - Stillstand ist der Tod.
Gruß an alle, Danke!
Tag 12 trocken! Mir geht´s gut!