.... alles nicht so schlimm?

  • Na ich hab meine Gedanken und Gefühle auf ihn projiziert und das als seins angenommen. Aber ich bin ich und er ist er. Wir können nicht wissen, was in dem anderen vorgeht. Daher ist es für uns heute wichtig zu fragen und ehrlich zu antworten. In der ersten Zeit nach meinem Wiedereinzug konnte ich ganz schlecht mit Ironie umgehen, weil ich in einer Phase war, alte Bilder von ihm zu überschreiben. Wir haben ja unsere Erfahrungen mit unseren Partnern und "wissen" wenn er/sie so schaut/sich verhält, ist das oder das. Ich denke, gerade als Co ist es wichtig, die Mimik/Gestik des anderen zu lesen. Sich davon zu trennen war für mich ein schwieriger Prozess.

    Ich hoffe, ich hab mich einigermaßen verständlich ausgedrückt.

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Mein Mann glaubt, alles besser zu wissen zum Thema Alkoholismus. Für ihn ist das auch keine Erkrankung. Er sagt mir immer auf den Kopf zu, was meine Motivation zum trinken war und warum ich so oder so gehandelt habe.
    Wenn ich versuche, es ihm zu erklären, dann passt es nicht in seine Welt und blockt ab.
    Ich habe ihn schon so oft gebeten, mit in die Gruppe zu kommen, aber er lehnt es ab. Vielleicht weil er dann feststellen müsste, das ich ganz anders denke und fühle, als wie er es meint.

  • Dein Mann und ich kennen diese Sucht nicht und können demzufolge auch nicht nachempfinden wie es einem Alkoholiker geht. Trotzdem sind wir in nassen Zeiten ständig damit konfrontiert und müssen damit umgehen. Vielleicht legen wir uns unsere Theorien so zurecht, wie es uns am besten passt um damit leben zu können. Natürlich wollen wir den Menschen, den wir lieben verstehen und ihm helfen. Nur ist das eben nur sehr begrenzt möglich, was für mich schwer zu verstehen war.

    Wie gesagt, kann ich nicht in Deinen Mann reinschauen, warum er nicht mit dir zur SHG gehen möchte. Vielleicht ist er damit auch überfordert. Wir Co's werden ja oft als stark und bis ins Unendliche belastbar wahr genommen. Dem ist bei Leibe nicht so. Er hat diesbezüglich seine Grenze aufgezeigt und es wäre gut, sie zu akzeptieren. Genau so, wenn er über seine Gründe nicht reden will.

    Dies ist ja hier sehr öffentlich und daher auch schwierig, detailliert über Situationen zu schreiben. Aber ich hab z.B. sehr für eine 4-wöchige Kontaktsperre gekämpft. Einfach um mal meine Ruhe zu haben, mal runter zu kommen und zu schauen was ich will. Ich hatte ja schon selbst durch meinen Auszug ein schlechtes Gewissen und mein Mann hat alle Register gezogen mich zur Rückkehr zu bewegen. Das wurde mir dann zu viel und ich brauchte Ruhe und Abstand.

    Das ist mein Weg gewesen. Wenn ich aus dieser Zeit was gelernt habe, dann das jeder seinen Weg gehen muss. Die Geschichten ähneln sich, aber die Wege sind individuell.

    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Hallo Lütte,

    verstehe ich Dich richtig, wenn Du schreibst, das ein Erklären und Bitten Deines Mannes erstmal mehr zur Überforderung wurde als ein Einlassen darauf? Ruhe und Abstand auch als Selbstschutz? Und "Liebesbeteuerungen" erstmal zuviel?

    Ich habe meinem Mann einen Brief geschrieben. Er hat nicht reagiert. Ich glaube das war zuviel des "Guten".

    Wichtiger sind taten und Verlässligkeit, oder?

    Und ich finde, das Du sehr stolz auf Dich sein kannst, für Dich einen Weg gefunden zu haben, und Du auch heute weiter auf Deine Bedürfnisse achtest.

    sonnige Grüße

    estefania

  • Danke liebe Estefania,

    ja, Du hast mich richtig verstanden. Für mich ist ja mit meinem Auszug auch ein Traum geplatzt. Es war ja nicht das, was ich wollte, was ich mir für uns gewünscht und vorgestellt hatte. Aber ich konnte einfach nicht mehr anders.

    Genau, mach erst mal Deins. Ich denke es ist eine immense Aufgabe und erfordert Deine ganze Kraft und Aufmerksamkeit vom Alkohol weg zu kommen. Das solltest Du ganz allein für Dich tun, egal wie eure Beziehung sich entwickelt.

    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Ich habe mein altes Fädchen hoch geholt um die Frage "nach dem guten Ende" - soll heißen, wir sind noch zusammen, mal aus meiner Sicht zu beantworten. Mein Mann und ich sind noch zusammen, hatten inzwischen Silberhochzeit und sind Großeltern. So schön sich das auch anhört, es war ein hartes Stück Arbeit bis hierher. Allen Angehörigen, die hier aufschlagen und ihre Beziehung retten wollen, kann ich nur sagen, das "Beziehung-Retten" ist erstmal nicht wichtig. Wichtig ist, dass ihr euch selbst rettet. Ich habe gebraucht bis zu dieser Erkenntnis, aber darauf lief alles hinaus. Jeder kann nur sich selbst retten und was die Beziehung angeht, denke ich, dass die Zeit der große Faktor ist, der euch zeigt, ob es noch funktionieren kann. Ich hatte durch meinen Auszug die Möglichkeit, mich auf den Weg zu mir selbst zu machen. Das wäre mir in der Nähe meines Mannes nicht gelungen. Er wiederum hatte die Möglichkeit in aller Ruhe für sich zu entscheiden, was er möchte. Wir beide haben noch viel füreinander empfunden und haben einen Neuanfang gewagt. Für mich war das ebenso eine Herausforderung, als wenn wir uns getrennt hätten. Es müssen Dinge in der Beziehung neu gelernt werden und alte Muster überschrieben werden. Das war nicht leicht für mich, denn das Gesicht des Partners hat sich ja nicht verändert und die Mimik und Gestik ist ja die Selbe, haben aber jetzt nicht die gleiche Bedeutung wie zu nassen Zeiten. Zumindest ist das meine Erfahrung. Nehmt euch die Zeit, mit euch ins Reine zu kommen, findet heraus, was ihr möchtet, welche Träume und Wünsche ihr habt - unabhängig von eurem Partner und dann lebt euer Leben.

    Ich wünsche euch ganz viel Kraft, Mut und Geduld dafür

    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Liebe Lütte!

    Vielen Dank für diesen Post.

    Ich bin ja vor einem halben Jahr hier aufgeschlagen und wollte da auch noch „retten“ und trocken lieben.

    Durch euch habe ich gelernt, dass ich das nicht kann. Dass ich mir nur selbst helfen kann. Und habe dann für mich die nötigen Schritte eingeleitet. Trennung, neue Wohnung, SHG usw. Als ich mich dann mehr mit mir und meiner Co-Abhängigkeit auseinandergesetzt habe, habe ich verstanden, dass ich auch meinen Umgang mit meinen Ex ändern kann. Ich kann ihn nicht ändern und ich will es auch gar nicht mehr. Will ihn aber auch „noch“ nicht verlieren. Mittlerweile haben wir wieder zusammengefunden. Sicher kommt immer mal die Hoffnung bei mir durch, dass er erkennt, wie es um ihn steht. Ich thematisiere es aber überhaupt nicht mehr. Wenn er mir von sich aus damit in den Ohren liegt, bekommt er entsprechende Antwort: du weißt, wie du was ändern kannst… usw

    Die Beziehung hat sich grundlegend verändert. Wer weiß, vielleicht kommt er an den Punkt, vielleicht nicht. Und eventuell bleibt er Teil meines Lebens, eventuell auch nicht.

    Damit will ich nur sagen, dass wir uns selbst aus unserer Abhängigkeit befreien können. Wir können entscheiden, ob wir dann mit einem alkoholkranken Partner zusammen sein wollen oder nicht. Was ich auf jeden Fall weiß, dass die räumliche Trennung für mich das Beste war und damit immer den nötigen Abstand zu seinem Trinken habe. Bei mir gibts nix!!!

    Würde ich noch dort leben, wäre ich niemals aus der Co rausgekommen! Und ich arbeite täglich an mir und meinen Mustern.

    Einmal editiert, zuletzt von Elly (20. Juni 2023 um 14:56) aus folgendem Grund: Namensänderung

  • Lotta

    Ja wir sind seit ein paar Wochen wieder ein Paar. Getroffen haben wir uns schon länger wieder regelmäßig zu meinen Bedingungen und bisher (mit einer Ausnahme) funktioniert das so für mich…noch…

    Die räumliche Trennung, also nicht mehr mit seiner Sauferei konfrontiert zu sein, ist für mich sehr hilfreich. Manchmal lässt er durchblicken, dass er was ändern will. Aber darauf geb ich nix mehr. Ich konnte mich nicht vollständig von ihm lösen und bisher gehts mir sehr gut mit unserem Arrangement. Sobald ich aber merke, dass ich mir wieder mehr Gedanken um ihn, statt um mich mache, lenke ich meine Denke um. Wenn ich das nicht mehr schaffe, bleibt letztendlich doch nur der totale Rückzug. Es ist ein tägliches Arbeiten an mir, was mir aber unheimlich gut tut. Auch sehr schmerzhaft teilweise, aber ich lerne mich selbst gerade so gut kennen. Da bleib ich dran und ganz bei mir!

  • Richtig. Und glaub mir, ich kann’s beurteilen, ob er nüchtern ist oder nicht.

    Bei den meisten unserer Treffen scheint er auch am Vortag nicht viel getrunken zu haben. Er freut sich auf unsere Treffen und will das nicht vergeigen. Letztens hatte ich Urlaub und er hatte zwei Tage frei. Da hatte er sich dann spontan entschieden noch einen Tag länger bei mir zu bleiben. Weil ich auch nix im Haus hab und wir rund um die Uhr zusammen waren, hatte er auch keine Möglichkeit heimlich zu trinken.

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