Hallo allerseits!
Ich denke alle Kinder von Alkoholikern kennen dieses Gefühl, trotzdem möchte ich hier einfach mal drüber schreiben..
Alkoholismus habe ich nie als Familienkrankheit wahrgenommen und erst seit ich darüber mehr bescheid weiß, tun sich in mir irgendwie..Abgründe auf. Habe das letzte Jahr damit zugebracht, zur "Seelsorgerin" meiner Co-abhängigen Mutter zu werden und in dieser Zeit totalen Kontakt zu mir selbst verloren. Es fühlt sich an, wenn ich mich mal wirklich auf meine Gefühle konzentrieren will, als würde ich neben mir stehen. Wäre nurnoch ein Doppelgänger von mir, dessen Kopf voll mit den Problemen und Meinungen anderer ist. Früher hatte ich immer schon solche Vermutungen, dass ich irgendwie "komisch" bin, nicht richtig ticke, weil eben oft das Gefühl aufkam, nicht zu wissen wer ich bin und was ich denken soll...Ich habe mich dann umso mehr auf Gefühle und Probleme anderer konzentriert, weil ich mich damit von meiner eigenen Innenwelt ablenken konnte. Und jetzt stehe ich hier und merke endlich, dass ich den falschen Weg gehe. Ich komme mir vor, als würde ich langsam aber sicher meine Probleme reflektieren...aber kenne keine Lösung zu den Problemen.
Gerade komme ich mir komisch vor, weil ich nur über mich schreibe...Es ist so ungewohnt, über sich selbst nachzudenken, nicht in Form von Selbstmitleid oder Vorwürfen, einfach nur mal über sich selbst schreiben. Aber irgendwie hilft es auch, hier seine Gefühle aufschreiben zu können. (Bin ja noch ganz neu hier) Allein das Aufschreiben bringt schon was, selbst wenn es jetzt keiner lesen würde
Habe gestern zum ersten Mal wirklich mit einer Freundin, die ich schon lange kenne, über meine Situation gesprochen. (Von der Alkoholkrankheit meines Vaters wissen mehrere, habe ja dank Therapie sofort anderen offen das Problem schildern können. Aber jetzt ging es einfach mal um mich) Erst hatte ich Angst, dass ich sie abschrecke. Aber dann konnte auch sie ehrlich sein und hat mir plötzlich auch ihre Situation daheim geschildert.
Es war einfach gut, sich jemandem anvertrauen zu können. Ehrlich sein zu können. Jetzt fühle ich mir schon ein wenig näher, weil ich vor einer Freundin meine "Maske" ablegen konnte.
Jedenfalls habe ich immernoch Probleme, mir wirklich selber "nahe zu kommen". Ich nehme mal an, dass es vielen von euch ähnlich geht. Dieses Gefühl, neben der Spur zu stehen, während man eigentlich gleichzeitig alles im Griff haben will. Leider habe ich immer versucht meine Umwelt in Griff zu bringen, nicht mich selbst.
Ich überlege jetzt, wieder mit einem Tagebuch anzufangen. Eigentlich denke ich, dass es hilfreich ist, vor allem wenn ich dort hineinschreiben könnte, was ich hier schreibe. Aber aus meinen früherern Erfahrungen mit Tagebüchern weiß ich, dass ich entweder nicht regelmäßig reinschreibe oder das Tagebuch anlüge, weil ich Angst habe, dass es jemand findet und ließt. Das hört sich jetzt vielleicht paranoid an , eigentlich vertraue ich meiner Familie was das angeht, aber da ist wohl immernoch die Angst, mir und anderen gegenüber ehrlich zu sein und mein wahres Ich zu zeigen.
Welche Erfahrung habt ihr denn so mit Tagebüchern?
Nunja, jetzt hat es jedenfalls gut getan, das mal aufzuschreiben.
lg LaMer