Leben ohne Rausch

  • Heute wurde ich also angerufen und zu einer weiteren Geburtstagsparty eingeladen. Ich habe gleich gesagt, dass ich wohl nur kurz nachmittags vorbeikommen würde. Auf die Frage warum, habe ich gesagt, dass ich mir überlegt hätte meinen Alkoholkonsum zu reduzieren, genauer gesagt auf Null und außerdem dauerhaft, und dass ich deswegen momentan anderen nicht beim Bier trinken zusehen wollte. Man zeigte Verständnis - soweit also alles gut. Party Nr. 1, wäre damit also schon mal in "trockenen" Tüchern.

    Und ehrlich gesagt ist mir das im Augenblick auch genug "Outing".
    Reicht doch auch eigentlich auch so. Oder nicht?

  • OK, ich weiß selber das richtige Outing war das noch nicht, aber ich kann das halt auch nicht so zwischen Tür und Angel, mit was rausplatzen, was die Leute eigentlich ja gar nicht wissen wollen.

    Heute nacht habe ich übrigens geträumt ich hätte mir alternative Drogen besorgt. Also mein Unterbewußtsein hat scheinbar schon verinnerlicht, dass Alkohol tabu ist. Jetzt muss ich dem Unterbewußtsein nur noch klar machen, dass andere Drogen nicht die Lösung sind.

    Zu Party Nr 2:
    Da ich da jetzt im Vorfeld auch keine Gelegenheit für ein ruhiges Gespräch sehe und mir ein "verbaler Geständnisüberfall", wie oben erwähnt, unangebracht erscheint, weiß ich noch nicht ganz so genau wa sich machen werde. Mein Favorit ist hier gerade einfach etwas früher hinzufahren, wenn die Kinder der Gastgeberin noch dabei sind und bevor es allzu gesellig wird unter irgendeinem Vorwand wieder zu fahren.

  • Zitat von Equinoxe

    Magst was erzählen?


    Da gibt's gar nichts zu erzählen, da kam halt so was wie "Ja, gute Sache, finde ich gut. Der "X" trinkt ja auch in der Woche so gut wie gar nicht mehr".

  • Zitat von Equinoxe

    Wars schlimm? Was war mit Deiner Angst davor, dabei?
    Scham?
    Hast Du mit solcher Antwort gerechnet?


    Nö, war nicht schlimm - ich hatte mich ja langsam ran getastet.
    Aber ich war enttäuscht, dass ich nicht zum entscheidende Punkt (Sucht) gekommen bin. Aber noch enttäuschter war ich darüber, dass auch nicht weiter gefragt wurde.

    Zitat von Equinoxe

    Wenn ich zuviel frage oder Dir auf den Knicker gehe, sags einfach

    Tss... ich freu mich doch über dein Interesse :wink:

  • Hallo bloona,

    Zitat

    Aber noch enttäuschter war ich darüber, dass auch nicht weiter gefragt wurde.

    mach dir darüber mal keine Gedanken.

    Manche Leute fragen einfach nicht weiter weil sie dann zugeben müssten selbst zu viel zu trinken.

    Wie würdest du reagieren wenn jemand sagt dass er täglich 5 Bier getrunken hat

    und jetzt gegen diese Sucht etwas unternimmt, du selbst aber mehr getrunken hast :?:

    Das kann schön peinlich werden :wink:

    LG Martin

  • Martin : Nee, die haben nicht mehr getrunken.


    Gerade hatte ich zufällig das 2. Telefonat wegen Party Nr 2 und ich habe wieder auf Nachfrage warum ich nur kurz bleiben will erklärt, dass ich ...bla, bla...s.o.... und deswegen keine Leuten beim Biertrinken zusehen möchte.
    Antwort: "Ist doch kein Problem - da gibt's auch Wein." Äh, ja - ok.
    Also habe ich noch mal nachgelegt und ergänzt, dass ich gar keinen Alkohol mehr trinken möchte, weil ich bemerkt habe, dass der mehr Raum in meinem Leben eingenommen hat, als gut wäre. Antwort: "Tja, ja das Problem habe ich ja zum Glück nicht, dafür habe ich andere." Ende des Themas.

    Irgendwie läuft das nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. :roll:

    Ich könnte auch gleich sagen, ich komme nur kurz der Party und wenn jemand dann noch mal fragt wieso sag ich einfach:
    "Geht dich einen feuchten Kehricht an!"

  • Hi bloona,

    Zitat

    "Tja, ja das Problem habe ich ja zum Glück nicht, dafür habe ich andere."

    Was stört dich an der Reaktion? Ich finde sie gut. Klingt für mich ehrlich und ohne vorgetäuschte Anteilnahme.

    Gruß
    Adlai

  • Zitat von Adlai

    Was stört dich an der Reaktion? Ich finde sie gut. Klingt für mich ehrlich und ohne vorgetäuschte Anteilnahme.

    Gruß
    Adlai

    So gesehen hast du natürlich recht.

  • So,

    jetzt habe ich wieder mehr Zeit.

    "Natürlich konnte ich "die Tür" nüchtern nicht mehr zudrücken"
    Ich hatte schon Befürchtungen, daß Du von den Wolken nass wirst.

    "Nö, war nicht schlimm - ich hatte mich ja langsam ran getastet. " > Sehr gut. Du hast gemerkt, das tut nicht weh. Es hat Dich keiner abgelehnt und wird es auch nicht tun. Bei den Meisten wird sich sogar eine gewisse Anerkennung und Toleranz einstellen, daß Du letztendlich vielleicht schon weiter bist als mancher andere von Ihnen. Und das Du mit Verstand handelst, um nicht aufzuschlagen.

    "Tja, ja das Problem habe ich ja zum Glück nicht,"
    Ich habe den Tonfall nicht gehört, ich könnte daraus auch was anderes deuten. Mußt Du aber wissen. Ob Du weißt, was die alles konsumieren? Haben Sie von deinem "läppischen 5 Bierchen" gewusst? Ich denke wohl eher nicht.
    Aber wie ich schon sagte, "die Anderen" reagieren zT mit einer riesen Unsicherheit, weil Ihnen oft ihr eigenes Trinkverhalten unterschwelig auch oft nicht geheuer ist.
    Es geht aber letztendlich nicht um die Anderen sondern nur um Dich! 
    Du bist Dir wichtig und zeigst es. Und nur weil das so ist, kannst Du jetzt und hier und heute hier lesen.

    Computertechnisch: Du weißt und hast erkannt und eingesehen, daß ein Fehler im Gesamtsystem vorliegt. Du hättest am liebsten, daß ein seichter Warmstart den Fehler behebt und alles wieder läuft und Du weitermachen kannst. Nur mit dem Warmstart kommst Du nicht ans eingemachte Grundsystem (BIOS). Dazu benötigt es eines Kaltstartes (Booten, von engl. to boot = sinngemäß: Sich selber an den Haaren aus dem Sumpf ziehen). Da wird dann alles zurückgesetzt und ganz von vorne begonnen.

    "entdecke ich dann plötzlich, statt der erwarteten Aussichtslosigkeit, meinen Humor wieder" > Dafür waren die smilies.
    Was positives von Dir. Endlich

    Wie geht es Dir jetzt?

    GLAUB AN DICH

  • Hi,

    dass ich noch nicht viel positives geäußert habe, liegt auch daran, dass ich noch mit niemandem über die letzten surrealen 2 Wochen (und meine Abhängigkeit) sprechen konnte. Ich hänge immer noch irgendwie planlos in der Luft.
    Außerdem, ist ja das "Nichts mehr trinken", wie jeder hier weiß, nicht die ganze Arbeit. Man hat ja irgendwie seine Gründe gehabt zu trinken und die sind jetzt ja nicht weg. Nur das kleine flüssige Helferlein ist weg.
    Ich kann es zwar zwischenzeitlich mit einem gewissen Galgenhumor betrachten, aber eigentlich sehe ich nicht, was sich "bloß" durchs Nichts-Trinken, grundlegend ändern oder verbessern sollte.

    Tut mir leid, dass du/ihr immer wieder so nette Posts schreibt, aber ich glaube das ist bei mir im Moment vergebene Mühe.

  • Zitat von bloona

    aber eigentlich sehe ich nicht, was sich "bloß" durchs Nichts-Trinken, grundlegend ändern oder verbessern sollte.

    Bleibt dann die Frage, was ist, wenn Du das Nichts- weglässt.

    Es steht 1:1 (50:50)

    Ich wünsche mir, daß Du Dir einen Ruck gibst. Komm hinter der Mauer hervor. Hätten uns so auf einen Flash gefreut.

    Vor dem Wort Arbeit habe ich früher auch solche Angst gehabt. Äh, anstrengend,...hört sich oftmals schlimmer an, als es ist.

    Frau, Du hast gerade ein kostbares kleines Pflänzchen in den Händen.
    Gib ihr eine Chance. Du bist schon so weit. Du hast solch einen Verstand.
    Werf Dich nicht weg.

    WART AUF DICH

  • Ich bin an Deinem thread hängen geblieben, weil ich "läppische 5 Bier" las.
    Das hätte ich vor 2-3 Jahren exakt genauso hingeschrieben.
    Bei mir waren das 5 Halbe.

    Das war eine Menge, die mir mein Nervensystem in Fransen gelegt hat.
    Ich war nur ein paar Jahre weiter...

  • Hallo bloona, du schreibst:"eigentlich sehe ich nicht, was sich "bloß" durchs Nichts-Trinken, grundlegend ändern oder
    verbessern sollte."
    Was sich ändert ist daß die stetige unaufhaltsame Abwärtsspirale aufhört. Hochklettern muß man dann selber, und das kann dauern und mühsam sein; aber solange die Abwärtsspirale dauert geht es nicht. Alk war eine Hilfe, aber eine vergiftete - eine die wirkliches Leben, Selbstentwicklung, Zufriedenheit unmöglich machte... ich wünsch dir du kannst das sehen, und ich wünsch dir die Kraft die daraus entsteht daß du auf dich aufpaßt. Es lohnt sich. LG Frank

  • Hallo bloona!

    ich bin zwar noch nicht lange trocken, aber ich habe gemerkt, dass sich die Wahrnehmung, das eigene Wohlbefinden und vor allem der stetige Druck des Trinkens sich ganz rapide und extrem verändern. Man muss sich zwar eigenen Problemen stellen, aber viele Probleme sieht man im nüchternen zustand anders. Es hört auf sich in Kleinigkeiten hinein zu steigern, man beginnt das Ganze zu betrachten und nicht nur einzelne Details.

    Gruß, blubbber

  • Hallo bloona,

    meine Gespräche mit Familie und Freunden waren deinen sehr ähnlich.

    Aber ehrlich gesagt, mit mir konnte man auch nicht wirklich intensiv und offen über Alkohol reden, als ich selbst noch getrunken habe.

    Ich habe es für mich erstmal so gelöst, dass ich mit Betroffenen über das Thema spreche, hier und auch im realen Leben und die, die selbst trinken haben mit mir...die nicht mehr mitmacht...genug zu tun. Ich meine, es war der Thread von Bruce, der das mit Beispielen thematisiert hat, die Reaktionen der anderen.

    Für mich war das wertvoll. Ich war schon vorbereitet, dass ich nicht mit Hilfe, einem offenen Ohr und Verständnis zu rechnen habe, sondern mit Abwehr, nicht darauf eingehen wollen oder langen Erklärungen über deren eigene Trinkgewohnheiten.

    Also auf keinen Fall mit Lob, so wie es beim Rauchen der Fall war. Als ich aufhörte zu rauchen, brauchte ich keine Gruppe, die mich stützt. Da hat meine Umwelt mich sehr aufgebaut. Beim Trinken: Nichts. Kein Lob. Nicht ein positives Wort.
    Ist doch interessant...

    Ich wünsche dir viel Kraft,

    LG TT

  • Liebe TT, liebe bloona,

    ja, das finde ich auch interessant, die gesellschaftliche Haltung zu diesen beiden mehr oder weniger akzeptierten Substanzen.
    Bei Alkohol ist es ja oft so, dass jemand, der keinen (oder auch zuviel) trinkt, als nicht genussfähig hingestellt wird. Der Umgang mit Alkohol wird quasi zum Gradmesser für Genussfähigkeit und Selbstkontrolle zugleich. Verrückt.
    Ich habe das nie kapiert, ehrlich gesagt. Bei Genuss geht es ja für mein Empfinden um Geschmack, und über den lässt sich ja nun mal nicht streiten. Wenn mir also Tomatensaft besser schmeckt als etwas Alkoholisches, wieso bin ich dann nicht genussfähig?
    Aber wenn ich erst etwas betüdelt sein muss, damit ich genießen kann (und das ist ja nun mal die vorrangige Funktion von Alkohol)... scheint mir das viel problematischer.
    Ganz ehrlich: ich bewundere jeden, der den Mut hat, offen zu sagen, dass er nicht trinkt. Und es ist erstaunlich, wie viele andere dann plötzlich mitziehen, weil sie dann keine Angst mehr haben müssen, als genussunfähiger Abstinenzler dazustehen.

    Ich find’s super, dass Ihr nichts mehr trinkt!

    Viele liebe Grüße
    Lea

    If you know where you stand
    then you know where to land ...

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!