• Hallo alle miteinander,

    ich bin Alkoholikerin und trocken,....ich habe hier sehr vieles über Co Abhängigkeit gelesen und es stellt sich mir die Frage wie erkennt man das bzw, wie würde sich ein "gesunder" Mensch in einer solchen Situation verhalten, ...ich hoffe keine dumme Frage, es interessiert mich weil ich es gerne verstehen möchte.
    liebe Grüße retnug

  • Hallo retnug

    Eine interessante Frage,die ich mir auch stelle.
    Ich vemute mal es geht eher um Grenzen,also wo und ob man Grenzen setzt in seinem Leben ,oder möglicherweise ob ein Alkoholiker und ein Co sich suchen und finden(unbewußt) und gegenseitig ihre Defizite ausgleichen.So hab ich das verstanden.
    Ich hatte jetzt fast 7 Jahre eine Beziehung zu einem Alkoholkranken,ich fühlte mich dort eine ganze Weile ,,zuhause,,und nicht unwohl,durch den steigenden Alkoholkonsum schränkte mich diese Beziehung aber mehr und mehr ein ,so schleichend und ich bemerkte es viel zu spät.
    Auch die Wesensveränderung meines Partner nahm ich erst wahr als er mich gezielt (?)verletzte(emotional)
    Aber vielleicht können die anderes da besser beantworten.
    Ich tu mich schwer damit ,mich als Co und somit krank zu bezeichnen.
    Also ich habe auch schon viel im Internet gelesen um das zu verstehen und herauszufinden ab wann ist man Co (auch krank)
    Keine Ahnung?

    LG R...

  • Hallo Retnug,
    die Frage laesst sich sicher nicht ganz klar beantworten. Weil die Antwort ebenso schwammig ist wie bei "euch". Woran erkennt der Alkoholiker, dass "etwas nicht stimmt"?
    Das bloede ist, dass die Grenze zwischen "normalem", fuersorglichen Verhalten und Co-Abhaengigem Verhalten sehr diffus ist. Und sich auch verschiebt......im Laufe der Zeit.
    Z.B. mein Partner kommt betrunken heim, legt sich auf dem Fliesenboden im Flur schlafen. Da ist es doch ganz "normal", dass ich ihn da nicht liegen lasse. Mitleid, Besorgnis....also wuchte ich ihn die Treppe hoch, ins Bett.
    Grenzwertig wird es, wenn ich weiss, er ist auf "Tour" und geh nicht mehr aus dem Haus, bis er da ist, weil er koennt ja auf dem Fliesenboden.....
    Als "Co-Abhaengig" einzustufen waer es dann, wenn ich zu allem Ueberfluss mich daran auch noch schuldig fuehle.....er hat getrunken, weil wir vorhin gestritten haben und jetzt kann ich nicht weg, weil er koennt ja auf dem Fliesenboden....
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    Und so aehnlich geht das dann halt in sehr vielen Bereichen.
    Ein "normaler" Mensch wuerde vermutlich wegrennen, bei sowas. Oder rutscht eben schleichend in Co-Abhaengige Verhaltensweisen. Die werden ja auch vom alkolkranken Partner mehr oder weniger bewusst "gepusht".
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    Die "richtig" Co-Abhaengigen Menschen verhalten sich so allerdings nicht nur gegenueber Alkoholikern so, sondern "generell". Immer das Wohl des Anderen im Auge, sich selbst zurueckstellen. Den Anderen dabei aber fuer das eigene Glueck verantwortlich machen.
    Viele "Alptraum-Schwiegermuetter" sind in Wahrheit klammerige Co-Abhaengige. Egal, ob der/die Sohn/Tochter nun trinkt, oder nicht.
    Lindi

  • Hallo,...danke erst einmal für die Antworten,...

    Lindi: "sich selbst zurückstellen, immer das Wohl der anderen im Auge"

    das sagt mir was,...aber das kann ich selber auch ganz gut......... ich finde es schwer da zu unterscheiden. Wo ist die Grenze ab wann ist es krank.....könnte man auch sagen einen Co Abhängigen fehlt der Egoismus? Früher als Kind da hab ich manchmal die Flaschen vom Vater versteckt damit meine Mutter nichts merken sollte ...war das auch schon Co verhalten? Ich hab da mehr aus Angst gehandelt hab ich noch in Erinnerung.....mich interessiert das sehr, ich hoffe auf mehr Antworten. Danke

    retnug

  • Definitiv krank ist es, wenn Du krank wirst davon ......
    Psychosomatische Beschwerden, Depression, Vereinsamung, mangelnder Selbstwert, Bur-Out, Nervenzusammenbruch.....
    Alles nicht "diagnostisch", kann ja auch von was Anderem herkommen, aber "ernstzunehmende Hinweise".
    Das "Flaschenverstecken", damit Mutti nix merkt....ja, das ist "Co-Verhalten". Weil Du als Kind das Gefuehl hattest, dafuer verantwortlich zu sein, das es zwischen den Eltern keinen Zoff gibt, auch den Vater in gewisser Weise "beschuetzen" woltest. Dabei sollte es doch umgekehrt sein, oder?
    Deswegen "musst" Du nicht "Co-Abhaengig" sein......wuerde sich aber lohnen, da genauer hinzuschauen. Allein schon, dass Dich die Frage beschaeftigt....ist halt, wie bei den Alkoholikern. Wer sich fragt, ob er eventuell ein Alk-Problem haben koennte, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit eins.
    Lindi

  • Im Prinzip gehört alles zum Co-Verhalten, was die Sucht kaschieren soll (Lügen über Fehlzeiten, Verstecken (auch aus Angst vor Reaktion des nichttrinken Elternteils) und Suchen von Flaschen) oder was dem Alkoholiker hilft, sein Leben mit der Sucht weiterführen zu können. Also Aufgaben abnehmen und er kann weitertrinken. Somit übernimmt man irgendwann mehr Verantwortung für den Suchtkranken als für sich selbst, weil man sich irgendwann unterordnet.

    Ganz eindeutig ist für mich Co-Verhalten, wenn jemand nur noch um den anderen herumkreist, obwohl er sich selbst im Zentrum haben sollte.
    Gedanklich die ganze Zeit bei dem anderen ist (Wird er heute Abend trinken oder wird der Abend harmonisch enden? Wird er den Job behalten? Wie kann ich mich verhalten, dass er keine neuen Gründe hat?) Irgendwann baut man alles andere darauf auf, erledigt seine Aufgaben mit, macht sein eigenes Verhalten und Wohlergehen vom Trinkverhalten des anderen abhängig.
    Wir zu Hause hatten keine Harmonie mehr, wir liefen alle nur noch wie auf Eierschalen. Das ging sogar so weit, dass man als Kind nicht auffallen wollte, weil man weiß, der Vater hat immer ein Ohr auf dem Flur und steht direkt wie der Habicht vor einem, wenn er ein ungewöhnliches Geräusch gehört hat. Mutter könnte ja was hingeschmissen haben oder so.

    Und wie jemand gesundes reagieren würde?
    Der würd direkt Grenzen setzen, sich nicht selbst verlieren und in alledem vergessen.

    Ich hatte eine Bekannte, mit der ich so mehr zu tun hatte. Mir ist ihr Verhalten wie bspw. großkotziges Verhalten und andere Menschen schlecht machen früh aufgefallen.. Aber ich dachte, dass sie ja mir gegenüber ganz nett wäre. Naja, dann ist mir ihr Alkoholkonsum aufgefallen: abschießen auf Parties, Abstürze. Das nahmen andere auch zur Kenntnis und reagierten mit Belustigung oder Distanzierung auf sie.
    Irgendwann fragte sie mich nachts um halb 12, ob ich mit ihr Bier trinken wolle? Da war dann bei mir Ende Gelände ;)
    Beim nächsten Kaffee trinken habe ich sie vorsichtig mit wohlüberlegten Sätzen darauf angesprochen, "Ich habe das Gefühl"-Botschaften, keine Vorwürfe. Ihre Reaktion war eindeutig "Alkoholiker sind die Obdachlosen vorm Supermarkt", nach deiner Definition hat hier jeder dritte ein Problem.. Ich hab alles unter Kontrolle, nur 2 mal feiern pro Woche bla bla".
    Mir war alles mitlerweile klar und ich habe den Kontakt abgebrochen, da mir eine "Freundschaft" mit ihr nicht guttun würde.

    Inwieweit man Alkoholikern helfen sollte, wenn sie im Flur auf dem Boden liegen oder sich sonstig daneben benehmen- das ist schwierig.
    Als meine Mutter im Flur lag und nicht ansprechbar war, habe ich den Notarzt gerufen, der sie dann mitgenommen hat. Ich konnte/wollte ihr nicht helfen UND dann noch die Verantwortung tragen, dass sie am nächsten Morgen wieder aufwacht. Wenn sie nachts erstickt? Nee. Und mit ihr helfen verband ich, ihren Leidensweg zu verlängern, weil sie keinen Leidensdruck bzw. einen schwächeren, entwickelt.

    Das ist ja die Diskussion wie bei Jenny Elbers-Elvertzhagen. Hätte sie ihre Sucht eingestanden und wäre in eine Klinik gegangen, wenn die Verantwortlichen das Interview hätten platzen lassen? Wahrscheinlich eher nicht.

    Naja, ich bin mal gespannt auf die weiteren Antworten =)

    Euch einen schönen Abend,
    Natalie

  • Hallo retnug,
    ich würde sagen, dass der Unterscheid zwischen dem normalen gesunden Jemandem Helfen und der krankhaften Coabhängigkeit darin besteht, dass man sich dabei gut fühlt, wenn man - auch über eine längeren Zeitraum_ einem Menschen behilflich ist und in der Regel auch irgendwie und irgendwann auch etwas dafür zurück bekommt. Solche Beziehungen beruhen nicht auf Einseitigkeit.
    Bei Alkoholikern bekommt man nach und nach immer weniger zurück. Wird obendrin oft noch angemeckert oder sogar geschlagen.
    Statt dann darauf zu regaieren versucht die Coabhängige immer mehr zu helfen im Glauben irgendwannmal die Anerkennung und die fehlende Liebe zu erhalten. Dabei häufen sich nach und nach Gefühle an von Ängsten, Selbstzweifel, Hilflosigkeit, Stress, Traurigkeit, Enttäuschung, Mißtrauen und es wird irgendwie zwanghaft, dass man den Partner verändern, wieder zum Guten Partner werden lassen möchte. Alle Gedanken schwirren dann nur noch darum. Man vernachlässigt seine eigenen Belange oder brennt vollkommen druch die Doppelbelastung aus. Man wird regelrecht davon besessen, dass man doch Zb durch ständige Diskussionen den Partner zur Einsicht bringen will sich zu ändern, Sucht nach beweisen für die Sucht usw. Gefühle stellen ja gewissermaßen auch ein Frühwarnsystem für den Menschen dar. Und diese Gefühle interpretieren wir offenbar falsch. Wir gehen nicht auf die Flucht, wenn uns Gefahr signalisiert wird usw.
    wir schützen uns nicht. Wir sind irgendwie nicht mehr eins mit uns selbst.Und wenn wir unseren gesunden egoismus wieder herstellnnen kann es passieren, dass wir für den nassen Partner nicht mehr interessant sind, weil der uns nicht mehr gebrauchen kann.

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