Vorstellung - 15 Tagen Nüchternheit

  • Lieber Jonas!!

    Ich lese sehr gerne bei dir!! Zugegebener Weise bin ich auch interessiert an deiner Behinderung - weil ich mich damit seit vielen Jahren beschäftige!

    Jedenfalls bin ich erstmal sprachlos und ein Zaungast - weil ich gar nicht intelektuell mithalten kann! Aber ich bleibe dran - voll Zuversicht und Erwartung!!

    Liebe Grüße, Prinzessin?

    Fini

  • Lieber Jonas!!

    Sorry, dafür, dass ich das Wort "Behinderung" schrieb. für mich ist das ganz ein normales Wort - falls du zB über meine Augen sprechen möchtest - sehr behindert!!

    Ich bin Behindertenpädagogin und kenne bisher niemanden (keinen Menschen) mit Asperger - Syndrom. Habe aber in meiner Ausbildung viel darüber gehört, gelernt,gelesen. Nun - sorry, falls dir das in irgendeiner Art und Weise blöd kommt - ich bin ur - interessiert - auch, weil ich bereits seit einiger Zeit deine Einträge lese! Ich denke, du kannst damit umgehen (also, ich hoffe es jedenfalls). Ich jedenfalls lebe gerne und viel mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen - und das ist ja auch schon so eine Sache - sind wir ja alle!!

    Hoffe, du weisst, was ich meine!!

    GLG, Prinzessin?

    Fini

  • Zitat von Prinzessin?

    Lieber Jonas!!

    Sorry, dafür, dass ich das Wort "Behinderung" schrieb. für mich ist das ganz ein normales Wort - falls du zB über meine Augen sprechen möchtest - sehr behindert!!

    Guten (frühen) Morgen, Prinzessin?!

    Das ist kein Grund, sich zu entschuldigen. Autismus gilt als Behinderung. Einige von uns sind durchaus sehr leistungsfähig, aber eben nur unter sehr günstigen Bedingungen. Sind diese besonderen Bedingungen nicht gegeben, sind wir (auch wenn eine Hochbegabung vorliegt) hilflos. Die kleinste Veränderung, Störung kann mich umwerfen und mich an der Arbeit hindern. Ein Zusammenleben mit mir ist schwer, wenn nicht unmöglich. Das möchte ich niemandem mehr zumuten. Seit ich alleine in meiner perfekt strukturierten Umgebung lebe, geht es mir (und bestimmt auch meinen ehemaligen Frauen) besser. Nicht-Autisten haben dieses Handicap i.d.R. nicht.

    LG Jonas

  • Guten Abend Jonas,

    ich möchte Dir ein schönes, gelingendes und dich weiterbringendes neues Jahr wünschen und mich gleichzeitig für deinen Thread im Allgemeinen, die darin enthaltene Gedankenfülle im Besonderen und die Anregungen auf dem Gebiet der Musik im Speziellen bei Dir bedanken.

    Du schriebst kürzlich, daß alles hier außer den musikbezogenen Dingen zum Thema gehöre. Was mich betrifft irrst Du da etwas: daß ich die klassische Musik (die ich als Kind kennenlernte über die Platten meines Vaters, damals v.a. Tschaikowskijs 1. Klavierkonzert - Kinder kennen keinen Kitsch) wiederentdecken konnte wäre mit Alkohol nicht möglich gewesen. So gesehen ist das ein sehr genußvoller Weg, die geistigen Möglichkeiten, die mir durch die Trockenheit wieder zufallen, auszuschöpfen. Ich nenne auch dies Trocken-"Arbeit": Du hast einen Anteil daran.

    Mit den Bachkantaten mache ich weiter bis ich mich für eine der Passionen gerüstet fühle. Daneben gehe ich einerseits weiter in die Vergangenheit (Buxtehude, Schütz), irgendwie wird das ganze immer magischer für mich je älter es wird (ich bin zu sehr Laie um zu erklären wieso aber es ist so); andererseits geh ich aber auch von Bach in die Zukunft und beginne mich mit Mozarts Streichquartetten zu beschäftigen, hab mir eine Gesamtaufnahme zugelegt (Amadeus-Quartett, alt aber finanzierbar und - soweit ich das beurteilen kann - in sehr schönen Einspielungen).

    Aber ich will nicht zuviel über Musik reden hier, aber doch ein klein wenig, aus oben genannten Gründen.

    Danke Jonas! Bis nächstes Jahr :)

    LG Frank

  • Lieber Jonas!!

    Ich möchte diran dieser Stelle ein wirklich hervorragendes, gutes, neues Jahr wünschen!!!

    Ich freue mich wirklich sehr über deine Einträge und über dich!!

    Ganz liebe Grüße,
    Prinzessin?

    Fini

  • Prinzessin? , Frank

    Ich wünsche euch und natürlich allen anderen ein erfolgreiches neues Jahr. Ich habe Sylvester bei meiner älteren Tochter verbracht. Wir hatten einem Inder-Bringdienst die Verantwortung fürs kulinarische Rahmenprogramm übertragen. Er enttäuschte nicht und servierte mir das Schärfste aus seinem Chillisortiment (Schärfestufe "Phal" ist die höchste und schmeichelt meinen Schmerzrezeptoren). Meine Tochter ist aber noch nicht "phal-süchtig", sondern bewegt sich noch in der gemäßigten Vindaloo-Zone (Warmduscherin!)

    LG Jonas

  • lieber Jonas,

    über deine Beschreibung des Schärfegrades am Gaumen deiner Tochter musste ich schmunzeln!!!
    Ich selbst bin seit meinem Thailand - Urlaub vor 3 Jahren selbst ein Scharf - Fan geworden und der Geschmacksinn gewöhnt sich daran, so dass man scharfe (den mitteleuropäischen Speisen angepasste Speisen) nicht mehr als scharf empfindet.
    Meinem armen Mann gehts genauso - ich koche sehr scharf und empfinde das aber nicht so! Er ringt dann immer nach Luft und hat Schweißperlen auf der Stirne - was ich wiederum schon auch lustig finde :wink:!

    Selbst habe ich in meinem Gemüsebeet bereits Chillis des Schärfegrades 10+ angebaut, die ich dann auch gerne in meiner Küche verwende!

    LG, Prinzessin?

    Fini

  • Zitat von garcia

    (...)und beginne mich mit Mozarts Streichquartetten zu beschäftigen, hab mir eine Gesamtaufnahme zugelegt (Amadeus-Quartett, alt aber finanzierbar und - soweit ich das beurteilen kann - in sehr schönen Einspielungen).

    Hallo frank,
    das ist eine sehr schöne Einspielung! Und es gibt viel zu entdecken. Die ersten Takte von KV 465 (unsinniger Weise "Dissonanzenquartett" genannt) sind von erschütternder Tiefe und Melancholie. Wenn du irgendwann die "vor-tonale" Zeit, vor allem die schon erwähnten Madrigale von Monteverdi (vor allem das 6. Buch) und Gesualdo entdeckst, wirst du über die Modernität erstaunt sein.

    Ich habe gerade in einem anderen Thread über "Rauschbedürfnis" gelesen, das dort negativ konnotiert wurde. Das mag ein (auch kulturhistorisch begründbarer) Irrtum sein: Illinx (das Rauschhafte) ist eine der Kategorien des Spielens, die uns von Kindheit an begleitet. Drehen bis zur Schwindeligkeit, Schaukeln, später Achterbahnfahren, "Runner's High", Trancezustand durch Tanzen, Meditation u.v.m. Das Bedürfnis nach Rausch ist wohl zutiefst menschlich, und solange nur Endorphine beteiligt sind, tolerabel. Von außen zugeführte Rausch-Substanzen sind dagegen gefährlich und sollten vermieden werden.

    LG Jonas

  • Hallo Jonas, ich freue mich sehr über die Streichquartette (Vorfreude wohlgemerkt), - sie müßten heute kommen -, und mit den Bachkantaten bin ich so weit daß ich mich jetzt auch an die Passion (Matth., Gardiner) herantraue. Ich beginne mit deinem Anspieltipp und erschließe sie mir, das ist mein Plan, nach und nach mit dem Ziel, das Werk am Stück zu Ostern zu hören. Möglichst live dann.

    Auch neben der Musik geht es mir gut. Mein eigentliches Standbein ist ja eher die Literatur; auf diesem Gebiet lese ich - nach 15 Jahren - wieder einmal Dostojewskijs "Idiot" und finde sehr viele Parallelen zu meinem eigenem Leben; was ja das ist was Literatur ausmachen kann, diese Art Befruchtung.

    Es geht dir gut hoffe ich? Du strahlst das aus. Vielleicht sollten wir mal im "Hobbybereich" hier einen eignen Thread über Kulturelles aufmachen... wenngleich das für mich Trockenarbeit ist, eben Leben... aber es zerschießt doch irgendwie DEINE Themen und das möcht ich nicht.

    LG aus dem nebelverhangnen Norden

  • Guten Morgen Jonas
    ich wünsche Dir ein wundervolles Jahr 2013

    Zitat

    Das Bedürfnis nach Rausch ist wohl zutiefst menschlich, und solange nur Endorphine beteiligt sind, tolerabel.

    ich bin froh, daß uns die Natur die Endorphin-Ausschüttung geschenkt hat und
    habe doch eine Frage dazu:

    Meinst Du nicht, daß man auch auf diesen Rausch süchtig werden kann?
    Beispiele, die man ja auch so nennt:
    Adrenalin-Junkie, Workoholic, Kaufrausch-Süchtige usw.

    Ich denke man sollte hinterfragen, ob der natürliche Rauschzustand zwanghaft wiederholt werden muß und ob durch diese Wiederholung das eigene Leben negativ beeinflußt wird. (z.B. in dem es die Weiterentwicklung der Persönlichkeit, das reifer werden behindert). Die Naturvölker konnten ihre Rauschzustände gut vom normalen Alltag trennen. Lediglich der Schamane hatte darin seine Lebensaufgabe.

    LG Nys

  • Hi Nys,

    Das ist spannend. Mir kamen folgende Gedanken - sind aber keine Antworten - die hab ich nicht:

    Da wir Menschen Rauschzustände erleben können - eine Fähigkeit die uns gewissermaßen "eingebaut" ist - suchen wir das auch. Es gehört zu unserer menschlichen Grundausstattung auch diese Facetten leben zu wollen. Ist ja erstmal garnicht falsch.

    Für trockene Alkoholiker wie uns ist das allerdings ein Tanz auf der Rasierklinge: denn wir haben das Rauschhafte, das in einem nicht-krankhaften Maß nichts Verkehrtes ist, in einem derartigen Maße ins Krankhafte übersteigert daß unser Suchtgedächtnis bei allem Rauschhaften aus dem Gleis zu springen droht und in eine alte Bahn zu springen droht, die wir selbst gelegt haben und die wir nie wieder wirklich loswerden können. Denn Alkoholiker bleiben wir eben. Wir haben unser Belohnungssystem im Hirn eben derart überstrapaziert daß auch so etwas wie ein gesunder, ungefährlicher Rauschzustand uns in gefährliche Nähe zum bekannten und allseits verfügbaren (Alk-)Rausch bringen kann.

    Außerdem leben wir in einer Konsumgesellschaft die davon lebt, billige "Kicks" zu verkaufen, gleich welcher Art. Da stehen wir nicht drüber sondern sind tief von ihr geprägt, egal wie sehr wir das reflektieren.

    Wie lebt man Rausch auf nicht selbstzerstörerische Weise aus? S**ualität? Kunst/Kultur? Sport? Konsum? Verdrängen? Ab ins Kloster? (wär nicht auch das wieder eine Art Rausch?) Das ist ein hochinteressantes und (über)lebenswichtiges Thema... ich hab keine Antwort, wie gesagt, nur oben genannte Fragen...

    LG Frank

  • Zitat von Nys

    Meinst Du nicht, daß man auch auf diesen Rausch süchtig werden kann?
    Beispiele, die man ja auch so nennt:
    Adrenalin-Junkie, Workoholic, Kaufrausch-Süchtige usw.

    Hallo Nys!

    Gewiss kann auch der "interne Rausch" süchtig machen, wobei ich Kauf-Sucht unter die von mir schon genannten "schweren oralen Störungen" subsummiere.
    Sucht ist die pathologische Entgleisung des (normalen) Rauschbedürfnisses. Und du hast vollkommen Recht. Wachsamkeit und Selbstbeobachtung sind auch hier unverzichtbar. Leider genießen bestimmte Suchtformen eine hohe Akzeptanz in einer Leistungsgesellschaft: Extrem- oder Hochleistungssportler und obsessive Freizeitsportler u.a. werden nicht zum Therapeuten geschickt, sondern als Vorbild für alle präsentiert. Man liest ja nicht selten von ehemaligen Hochleistungssportlern, die noch nicht einmal 70-jährig an Herzversagen oder Schlaganfall gestorben sind. Deren obsessiver (süchtiger) Lebensstil wird dann nicht als Ursache für den frühen Tod genannt. Diese Heldenverehrung wird früh verstorbenen Trunksüchtigen natürlich nicht zuteil...
    Die Suchtpersönlichkeit ist eine kranke Persönlichkeit.

    LG Jonas

  • Hi Jonas,

    aber ist nicht einem Rausch immer schon eine "Entgleisung" immanent? Im Sinne eines Herausfallens aus einer gesunden Mitte?

    Was treibt den Menschen aus dieser Mitte heraus? Warum reicht es uns nicht in einer als gesund empfundenen "Wohlfühlzone" alt zu werden? Ich glaube das gilt auch für Gesunde, es ist nicht nur pathologisch sondern dem Menschen eigen - bloß das der Süchtige es wieder und wieder um den Preis der Selbstzerstörung betreibt.

    Aber daß es allen Menschen immanent ist das ist ja für uns die große Gefahr. Denn wir sind ja Menschen und haben als solche auch diese Bedürfnisse - und die führen uns in ein lebensgefährliches Gebiet aber sind doch da.

    LG

  • Zitat von garcia

    Hi Jonas,

    aber ist nicht einem Rausch immer schon eine "Entgleisung" immanent? Im Sinne eines Herausfallens aus einer gesunden Mitte?

    Was treibt den Menschen aus dieser Mitte heraus? Warum reicht es uns nicht in einer als gesund empfundenen "Wohlfühlzone" alt zu werden? Ich glaube das gilt auch für Gesunde, es ist nicht nur pathologisch sondern dem Menschen eigen - bloß das der Süchtige es wieder und wieder um den Preis der Selbstzerstörung betreibt.

    Hallo Frank,

    "die gesunde Mitte" ist Ideologie, hat kein historisches Subjekt, ist ein seit dem Humanismus überliefertes. idealisiertes Griechenbild, mit dem Nietzsche gründlich aufgeräumt hat. Rauschbedürfnis ist unserem So-Sein einbeschrieben. Rauschfreie Gesellschaften gibt es nicht, die vermeintlich abstinenten entwickeln oft einen gefährlichen (pseudo-)religiösen Fanatismus, die Spielart ihres Rausches.
    Interessant ist aber, dass in permissiven, nicht exzessiven Gesellschaften (z.B. Italiener, Juden) die Trunksucht seltener auftritt (gleichwohl tritt sie auf!). In permissiven und exzessiven (Deutschland, England, Frankreich, Russland, Polen u.a.) Gesellschaften mit ihren ritualisierten Besäufnissen und der gesellschaftlicher Akzeptanz der schweren Trunkenheit ist Trunksucht ein ernstes gesellschaftliches Problem.
    Amor fati: wir müssen uns damit abfinden, dass wir hier nun einmal krank sind. Wir sind immer gefährdete Suchtpersönlichkeiten und müssen, wie analog etwa schwere Diabetiker, danach leben.

    LG Jonas

  • Hallo Jonas,

    ich glaube aber doch daß die "gesunde Mitte" nicht bloß Ideologie ist, sondern - ebenso wie das Bedürfnis nach Rausch - ein dem Menschen eingegebenes tiefes (archetypisches?!) Ideal darstellt. Im Buddhismus ist es ja gar eine Grundvorstellung (der "mittlere Weg" jenseits von Askese und weltlicher Völlerei). Das findest du in jeder Kultur: das Dionysische, das Welt- und Rauschabgewandte, die manchmal verzweifelten Versuche etwas wie eine goldne Mitte zu finden. Verzweifelt vielleich weil wir als Menschen es müssen... In asiatischen Kulturen wie auch in griechisch fundierten.

    Ich meine mit einer gesunden Mitte keinesfalls eine rauschfrei/abstinenzlerhaft rigide Lösung. Sondern eine Vorstellung in der das Rauschhafte und das Versagende in eine gesunde Mitte gebracht werden kann - eine Ordnung in der beide Pole menschlichen Erlebens ihren Raum finden...

    Kann es dies für Alkoholiker geben? Oder sind wir aus dieser Mitte für immer vertrieben? Das war mein Gedanke -- eine Antwort hab ich aber nicht.

    LG

  • hallo ihr

    ich bin nicht ganz so philosophisch wie ihr, ich meine wenn wir mal von diesem idealbild das uns schon im kindergarten eingetrichtert wird "wie man zu sein hat und was man alles zu schaffen und können hat", wegkommen, uns annehmen mit all unseren schwächen und fehlern, dann finden wir auch unsere mitte. ich kenne meine, von der gesellschaft als solche identifizierten, schwächen und sie sind mir egal, ich kann damit leben und wen´s stört, tja nicht mein problem.

    bei mir kann man nie vom fußboden essen, wozu auch ich habe teller. ich steh nicht um 6 auf und geh um 22 uhr schlafen, wozu auch ich arbeite halt lieber nachts. ich treibe keinen sport, wozu auch, meine kinder, enkel der haushalt und meine märkte halten mich genug auf trab. diese liste könnte ich noch ein stück ausbreiten, aber wozu auch, ihr seit ja nicht doof. ich habe mich aus diesen gesellschaftlichen zwängen ausgeklinkt, auch wenn mich viele deswegen für seltsam halten, aber das juckt mich nicht. ich bin glücklich und schau denen zu wie die in ihrem hamsterrad dem glück nachrennen und sich durch rausch die kurze illusion schaffen es gefunden zu haben. ich habe es gefunden indem ich ich bin. eigentlich doch ganz einfach.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Zitat von garcia

    Hallo Jonas,

    ich glaube aber doch daß die "gesunde Mitte" nicht bloß Ideologie ist, sondern - ebenso wie das Bedürfnis nach Rausch - ein dem Menschen eingegebenes tiefes (archetypisches?!) Ideal darstellt. (...)
    Ich meine mit einer gesunden Mitte keinesfalls eine rauschfrei/abstinenzlerhaft rigide Lösung. Sondern eine Vorstellung in der das Rauschhafte und das Versagende in eine gesunde Mitte gebracht werden kann - eine Ordnung in der beide Pole menschlichen Erlebens ihren Raum finden...

    Kann es dies für Alkoholiker geben? Oder sind wir aus dieser Mitte für immer vertrieben? Das war mein Gedanke -- eine Antwort hab ich aber nicht.

    LG

    Du hast natürlich Recht. Das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Geborgenheit (du weißt sehr gut, was ein zerstörtes Urvertrauen anrichten kann...) steht dem später (Enstehung des historischen Bewusstseins, Bewusstwerden der eigenen Endlichkeit) einsetzenden Bedürfnis nach dem Außersich-Sein (Ek-Stase), nach Grenzüberschreitung polar gegenüber. Kunst ist sozusagen die Schnittmenge: Im Künstler vereinigen sich Intellekt und Ekstase. Eine "Mitte", ein syntoner Zustand der Ausgeglichenheit wird allgemein angestrebt, das nehme ich auch an. Verlängert man die Linien, kommt man wohl zur (utopischen) Definition von Gesundheit durch die WHO.

    Das "lebe gefährlich" bezieht sich auch nicht auf dummen Drogenkonsum oder nicht weniger dumme Waghalsigkeiten à la Extremsport, sondern auf das radikale Denken und die Kunst. Eine Anekdote berichtet, man habe Freud gefragt, ob Van Gogh durch eine Psychoanalyse hätte geheilt werden können. Ja, soll Freud geantwortet haben, aber dann hätte der Mann nicht mehr malen können...
    Deine letzte Frage veruche ich so zu beantworten: ich glaube, auch dem Alkoholkranken stehen Wege zum Außersich-Sein, zur Ekstase zur Verfügung, nur eben nicht der Drogenweg. Denn dieser Weg ist für uns Kranke - sine qua non - ein verhängnisvoller Weg ohne Wiederkehr.

    LG Jonas

  • Zitat von dorothea

    ich bin glücklich und schau denen zu wie die in ihrem hamsterrad dem glück nachrennen und sich durch rausch die kurze illusion schaffen es gefunden zu haben. ich habe es gefunden indem ich ich bin. eigentlich doch ganz einfach.

    doro

    Hallo Dorothea,

    deine wahrhaft bodenständige Gesundheit ist beneidenswert. Du weißt, wo dein Platz im Leben ist, und an diesem Platz bist du glücklich. Mehr kann man nicht verlangen.

    LG Jonas

  • Hallo Jonas

    nach dem ich ganz zufrieden stellende Antworten dazu gefunden habe, wie es in meiner Beziehung zu XY
    zumindest zu Co-Verhalten meinerseits kam und woher es rührt, daß ich so auf einen instabilen Menschen fixiert bin,

    stellt sich nun nach und nach die Frage: Was hat es mit der nicht erlernten Selbstliebe auf sich.

    Du hast von Dir selbst mal geschrieben, Du siehst Deine Existenz als absurd an. Ich schließe aber aus Deinen weiteren Ausführungen, daß Du dennoch ein "Dir selbst etwas Wert sein"- für Dich gefunden hast. Kannst Du es auch Selbstliebe nennen?

    Würde mich freuen, wenn Du in meinem Thread
    antwortest.

    LG Nys

  • Zitat von Nys


    Würde mich freuen, wenn Du in meinem Thread
    antwortest.

    Hallo Nys,

    ich bin nicht co-abhängig. In deinem Thread wäre eine Antwort unpassend, meine ich.
    Nein, ich empfinde keine Selbstliebe. Das Absurde meiner Existenz, meine (Freiheit der!) Verzweiflung an ihr beschreibe ich hier mit einem Selbstzitat:
    Jeder Denkende, der sich der ökonomischen Maschinerie entzieht, um nicht absorbiert zu werden, gerät in die Aporie: denn bleibt er draußen, bleiben seine Reflexionen leer. Weil er nicht Schrödingers Katze ist, bleibt ihm nur die Freiheit der Verzweiflung, also das unmögliche Leben. Diese Antinomie gilt es auszuhalten. (aus einem Text, den ich unter dem Kierkegaard'schen Motto De omnibus dubitandum est meinem ehemaligen Lehrer gewidmet habe.)

    LG Jonas

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