Emotional abgestumpft oder Selbstschutz?

  • Hallo NNGNeo,

    du schriebst :

    Zitat

    wenn ich wieder in kneipen gehen würde und dort nur wasser trinke, würde es bestimmt nicht lange dauern bis ich
    1. blöd angeschaut werde mit meinem wasser
    2. ich denke ich gehöre nicht dazu (das tu ich auch nicht mehr)
    3. die gefahr viel zu groß ist
    4. das besoffene gelaber nicht mehr ertragen kann
    5. wieder ein bier in der hand habe

    Ich gehe in Musikkneipen und

    1. ich werde nicht blöd behandelt, wenn ich BitterLemon oder Cola bestelle - im Gegenteil ...
    2. ich gehöre genausowenig dazu oder nicht dazu wie früher. Das ist nicht mein Wohnzimmer dort und wird es auch nie werden
    3. ich kann die Gefahr für mich einschätzen, sie ist sehr gering
    4. ich unterhalte mich ggf. mit den nicht Betrunkenen, besoffenes Gelaber höre ich mir eh nicht an - noch nie
    5. ich nehme keine Alkoholflaschen in die Hand
    6. wenn ich schlecht drauf, müde bin, gehe ich da nicht hin. In aller Regel gehe ich vorher ins SHG-Nachtmeeting.

    So ist jeder anders, ich bin allerdings bereits einige Jahre abstinent.
    Ich habe nicht das Problem, dass ich gegen meinen Willen trinken muss.
    Ich kann sehr gut Nein sagen.
    Ich kann ohne Alkohol Spass haben.
    Ich bin gnadenlos ehrlich, es darf jeder wissen, dass ich nicht mehr trinke und es auch nicht werde um anderen zu gefallen.

    Das ist keine allgemein empfohlene Verhaltensweise, sie erforderlich ein hohes Mass an Selbstbeobachtung, Selbstreflektion, Selbstsicherheit.

    LG Jürgen

  • Hallo blossom,

    Zitat

    Erklärt es mir bitte, vielleicht bin ich einfach wirklich zu jung, blond, dumm oder zu kurz trocken um zu verstehen wieso ich nicht meinem Leben wieder einen Wert geben kann, indem ich an kulturellen Veranstaltungen teilnehme.

    mit Sicherheit zu kurz abstinent.
    Das Wort "trocken" würde ich mal gepflegt aus dem Wortschatz streichen bis 24 Monate verstrichen sind.
    Ich habe mich mehrere Jahre intensivst mehrmals wöchentlich in SHGs mit mir und anderen Gedanken zum Thema Saufen auseinandergesetzt und tue das heute noch.
    Nach wenigen Wochen Abstinenz wär ich nicht unter Trinkende gegangen - schlicht aus Vorsicht gegenüber der noch instabilen Abstinenz.

    LG Jürgen

  • Guten Morgen zusammen,


    Jürgen Deine Zeilen machen mir mut. Ich hoffe ich bekomme es irgendwann genauso hin wie Du. Das hört sich ja eigentlich ganz "normal" an wie Du Dich durch die Gesellschaft bewegst.

    Hey Blossom, ich kann das wirklich total gut nachvollziehen, mit der Einsamkeit und dass Du natürlich am normalen Leben teilnehmen möchtest. Und natürlich wirst Du überall mit Alkohol konfrontiert. Du sollst ja schließlich auch saufen bis der Arzt kommt, wenn es nach der Industrie geht.

    Es ist doch nunmal alles auf den schnellen Konsum und unbeschwerten Alkoholgenuss ausgelegt heutzutage und mit 29 passt Du da auch noch optimal ins Schema rein. Wenn irgendwo was los ist oder im TV eine Show läuft, so kann das meißt mit Alkohol in Verbindung gebracht werden.

    Auch in jeder Soap oder Sendung die läuft wird ordentlich gebechert. Ich frage mich ob das noch normal ist, oder ob die das extra machen. Überall stehen Leute mit Bierpullen rum und werden Flaschen Wein am Fließband geköpft.

    Und jetzt hab ich gerade den Faden verloren...

    Egal ich wollte einfach bloß sagen natürlich wirst Du überall mit Alkohol konfrontiert, aber Du kannst Dir ja aussuchen in wie weit Du Dich darauf einlässt. Ich meide z.B. das Alkoholregal im Supermarkt, mache nen großen Bogen rum. Auch "Schnapskassen" stelle ich mich nicht an, außer ich hab es vorher nicht gesehen.

    RT* und Co. zieh ich mir schon gar nicht mehr rein, weil diese Konsumverdummung einfach nicht zu meiner Trockenarbeit passt. Kneipen und Partys werde ich wohl noch sehr, sehr lange Zeit nicht besuchen. Kneipen sowieso nicht. Ich meine das ist ja das schwere in unserem Alter. Die meisten Sachen die man mit Freunden machen kann, sind irgendwie mit Alkohol verbunden. Also bei mir ist es jedenfalls auch noch so, dass mir da die Alternativen fehlen. Aber wie gesagt, dass ist ja auch das schwierige daran. Sich ein neues alkoholfreies Leben aufzubauen, mit allem was dazu gehört.

    Du merkst schon es fällt mir schwer auf den Punkt zu kommen. Ich denke gibt einfach wirklich obacht wo Du hin gehst und mit wem. Und ob es das in dem Augenblick auch wirklich Wert ist, dass Du die Einsamkeit, gegen Unwohlsein und Saufdruck eintauschst, der dann vielleicht wieder zu einem Rückfall führt. Dann würde das Spiel nämlich in die nächste Runde gehen und dann wärst Du wieder richtig einsam und würdest zuhause saufen und Dich wegschliessen.


    Du kannst am Leben teilnehmen, aber Dir sollte immer klar sein was Du bist und dass Du eben nicht normal mit Alkohol umgehen kannst und alles eben nicht so schön leicht ist wie in der Bierwerbung. Und Deine Freunde sollten das auch begreifen. Was Du bist und wie es Dir geht in solchen Situationen.

    Du solltest aufrichtig zu Ihnen sein und sie werden Dir Zeit geben, wenn es richtige Freunde sind. Zeit die Du jetzt dringend brauchst. Gefahren erkennen und meiden und wenn Du dann irgendwann gefestigter bist, kannst Du immer noch auf Konzerte und Partys gehen, wenn Du das dann noch willst.

    So ich hoffe das war jetzt nicht zuviel und zu durcheinander ;)

    lg Maik

  • Hallo maik,

    Zitat

    Jürgen Deine Zeilen machen mir mut. Ich hoffe ich bekomme es irgendwann genauso hin wie Du. Das hört sich ja eigentlich ganz "normal" an wie Du Dich durch die Gesellschaft bewegst.

    "normal" ist es gerade nicht, denn der "normale" Umgang mit Alkohol ist für die meisten Rock-Kneipen-Gänger ist "Trinken".
    Im übrigen sehe ich 10 Jahre jünger aus, trage immer noch lange Haare und die meisten Leute in einer Musikkneipe "erwarten" etwas ganz anderes von mir, als drin steckt und jemals drin steckte.
    Da ich nie rauchte, kiffte oder andere Drogen nahm bin ich jetzt quasi "straight edge" und damit schon ein ziemlicher Exot in unserer Gesellschaft.
    Erst recht, wenn man wie ein "Rocker" aussieht.
    Das ist mir bewusst und damit muss und möchte ich klarkommen.

    Da ich im Herbst ein Studium der sozialen Arbeit beginnen werde, wird auch mein "zweites Leben" ( ab dem 45. Lebensjahr ) alles andere als "normal" verlaufen und ich möchte das so.
    Ich bin aber glücklicherweise nicht mehr auf eine (Vollzeit-) Erwerbstätigkeit angewiesen und könnte wenn ich feststelle, dass das Studium oder die Sozialarbeit mich überfordern oder nicht zu mir passen jederzeit problemlos "den Stecker ziehen".

    Ich engagiere mich bereits in Bahnhofsmission, Obdachlosenhilfe und Attac. Auch dort treffe ich regelmässig auf Angetrunkene, Bekiffte, etc. und ich habe nur ein Problem wenn diese agressiv werden - was bei meiner Grösse und Gewicht sehr selten vorkommt.

    LG Jürgen

  • Hallo Maik,

    Zitat

    Die meisten Sachen die man mit Freunden machen kann, sind irgendwie mit Alkohol verbunden. Also bei mir ist es jedenfalls auch noch so, dass mir da die Alternativen fehlen. Aber wie gesagt, dass ist ja auch das schwierige daran. Sich ein neues alkoholfreies Leben aufzubauen, mit allem was dazu gehört.

    ganz wichtig.
    Freunde, die viel trinken, habe ich nicht mehr.
    Ich gehe nicht mit "Vieltrinkern" los, im Zweifelsfall dann lieber allein.

    LG Jürgen

  • Ja das war vielleicht etwas blöd formuliert. Ich meinte ich finde es gut und ermutigend, dass Du einen Weg gefunden hast Dich auch in solchen Umgebungen ,wo man eigentlich erwartet dass einer trinkt, "wohl" fühlen zu können oder klarzukommen oder wie man das auch immer nennen mag ;)

    Das wünsche ich mir halt auch. Das nüchterne Leben nicht mehr mit so vielen Einschränkungen in Verbindung zu bringen, aber da bin ich ja jetzt wieder etwas beruhigter nach Deinem Beitrag und habe gleich wieder ein bißchen mehr begriffen wie wichtig eigentlich der Austausch hier ist.

    Dein Leben hört sich wirklich sehr interessant an. Ich wünscht meins wäre bloß halb so spannend wie Deins. Naja aber wenigstens stehen mir jetzt mehr Optionen zu Verfügung als zur Suffzeit.

    Attac wäre glaub ich auch was für mich. Ich merke immer mehr, gerade jetzt da ich nicht mehr die ganze Zeit benebelt bin, wie mich immer öfter die Wut packt, wie ich innerlich richtig zu kochen beginne, wenn ich im TV wieder die lange Schlange vorm Apfel Store sehe, wie sich alle wieder das neueste Eye-Phone holen, wie die Zombies von der Werbung getrieben.

    Und die bauen schön Ihre Akkus in den Dingern so dass sie kurz nach Erlöschung der Garantie, den Geist aufgeben. Da gibt es soviele Beispiele und das schlimme ist dass das alles bekannt ist. Aber es scheint keinen zu interessieren. Wir sind die Marionetten der Industrie. Es wird immer schlimmer, damit die Jahresbilanz stimmt. Ein Menschenleben ist doch denen gar nichts wert.

    Mir wird mittlerweile bloß noch schlecht wenn ich die Politiker bei der Illner zum 100ten mal das gleiche labern höre und die Konzernchefs im Fernsehen grinsen sehe, wenn sie ihre Jahresbilanz vorlegen und fürs nächste Jahr noch eine Milliarde Gewinn mehr ankündigen. Man was wünsche ich mir oft mal einen von denen das Grinsen aus dem Gesicht zu treten. Sorry, aber bei dem Thema setzt es echt aus bei mir.

    Achso: Sieht bestimmt gut aus, nen zwei Meter Rocker mit nem O-Saft an der Bar ;)

  • Hi Blossom,

    ich hoffe ich habe Dich mit meinem Geschwafel nicht verschreckt?! In Deinem Thread gehts natürlich immer noch um Dich!!!

    Und keiner hier will Dir was böses, hoffentlich weißt Du das.


    lg Maik

  • hallo jürgen

    das kannst du ja auch tun, in kneipen gehen und so.

    wenn du damit klar kommst ist das völlig in ordnung.
    für mich allerdings ist es einfach ein zu großes risiko.

    klar könnte ich das jetzt auch machen aber wozu?
    ich bin im april erst 6 monate trocken. du hingegen schon jahre.

    ich kann auch ohne alk spaß haben, und ich kann auch nein sagen.
    ich nehme auch keinen alkohol in die hand.
    mit blöd angeschaut werden meinte ich das andere vielleicht versuchen würden mich zubequatschen, das ich doch ruhig eins trinken könnte.

    außerdem was ist wenn mein hirn wirklich aussetzt und ich dort wieder anfange zu saufen?
    vielleicht wollte ich dann saufen. da ich das aber nicht will gehe ich dort auch gar nicht erst hin. es gibt viele andere sachen die mir spaß machen, ohne das es alkohol um mich gibt.
    bei mir weiß es eh jeder das ich alkoholiker bin und jetzt nicht mehr trinke.

    ich gehe nicht mehr in kneipen weil ich es einfach nicht mehr will, und weil ich risikominimierung betreibe.

    und sollte ich so mal wieder lust bekommen zu saufen habe ich das forum und meine familie die mir helfen. stehe also nicht ganz alleine da.

    gruß
    NNGNeo

  • Hi Neo,


    das hat er doch auch damit gemeint, denke ich. Das er mittlerweile solche Sachen auch machen kann. In Musikkneipen gehen u.s.w.

    Mir würde es momentan auch nicht in den Sinn kommen mich mit nem Wasser an eine Bar zu stellen, aber ich finde es beruhigend, dass es Leute gibt, die einen Weg für sich gefunden haben, sich in solchen Situationen, in denen man einen trockenen Alkoholiker eher nicht vermuten würde, zurechtzukommen.

    Zurechtkommen hört sich schon wieder so nach Zwang an. Die solchen Situation auch etwas abgewinnen können trifft es vielleicht eher.


    Blossom haben wir wohl verschreckt :(


    lg Maik

  • Hallo Karsten,


    ich versuche mir gedanklich bloß eine Möglichkeit offenzuhalten, mich in der Gesellschaft, für meine Verhältnisse, normal bewegen zu können.

    Jetzt da meine Freunde wissen, dass es mir diesmal total ernst ist, mit meinem neuen Leben, kommt es mir so vor, als ob sie mit dieser Tatsache noch schlechter umgehen können, als wo sie wussten ja Maik sehen wir bloß betrunken.

    Ich weiß auch nicht so richtig, wie ich das erklären soll. Es ist alles so verdammt schwierig im Augenblick. Ich habe einfach Angst noch mehr zu verlieren, als das bisschen was mir noch geblieben ist.

    Ich will mein altes Leben nicht zurück, das ist erstmal klar, doch es würde so vieles einfacher machen, wenn ich meinen Freundeskreis nicht komplett verlassen müsste und es mir gelingen würde mich irgendwie trocken in ihn zu integrieren.

    Ich meine Freunde die ich schon mein ganzes Leben lang kenne, mit denen ich schon soviel erlebt habe. Es wäre schön für wenn ich dann wieder an Ihrem Leben teilhaben könnte.

    Andere Leute in Bars oder Diskos interessieren mich nicht.

    Wenn ich zum Beispiel an einem Samstag erfahre, dass mein bester Freund in der Stadt ist und er im Club XY ist, dann fahre ich da auch hin, wir freuen uns dass wir uns mal wieder sehen und haben ein paar tolle Stunden. Tanzen, quatschen und dann hau ich wieder ab. Sowas in der Art.

    Ich kann mir einfach mit 35 nicht vorstellen mich nur noch auf Kaffee und Kuchen mit meinen Freunden zu treffen. Das bin auch gar nicht ich und ich kann mir auch irgendwie nicht vorstellen mir neue Freunde zu suchen, für die Fahredfahren und basteln dass höchste der Gefühle ist.

    Ich meine ich will mir ein trockenes Leben aufbauen, aber ich kann doch meinen Charakter nicht völlig ändern, oder?

    Aber z.B.: in eine Kneipe gehen wo Leute bloß zum reinen besaufen sind, das könnte und würde ich nie wieder tun. Oder alleine in einen Club feiern gehen, auch nicht.

    Aber ich würde schon gerne eine Möglichkeit finden mich trocken in das Leben meines Freundeskreises zu integrieren (Keine Saufkumpels!!!), aber eben nicht nur Sachen die wir wegen meiner Trockenarbeit machen, sondern auch Dinge die uns allen Spaß machen.


    Ich hoffe, bei Gott, dass das jetzt verständlich war. Wie ich mich kenne bestimmt nicht ;)


    lg Maik

  • Hallo Blossom,

    Zitat

    ...mit Sicherheit zu kurz abstinent.

    Das Wort "trocken" würde ich mal gepflegt aus dem Wortschatz streichen bis 24 Monate verstrichen sind.

    Ich habe mich mehrere Jahre intensivst mehrmals wöchentlich in SHGs mit mir und anderen Gedanken zum Thema Saufen auseinandergesetzt und tue das heute noch.

    Nach wenigen Wochen Abstinenz wär ich nicht unter Trinkende gegangen - schlicht aus Vorsicht gegenüber der noch instabilen Abstinenz.

    Dies möchte ich hervorheben, weil ich denke, bei allem was dir/hier geschrieben worden ist (auch richtiges !) - dies zum jetzigen Zeitpunkt - in der frischen Abstinenz - aus meinen Augen das wohl wichtigste ist.

    Gib' dir die Zeit trocken werden zu können. Und wenn du das dann bist, dann kannste ja immer noch gucken, wie du mit bestimmten Dingen umgehst. Könnte schon sein, dass dein Trockenprozess bzw. die Ernüchterung auch was ganz anderes aus auslöst, nämlich dass sich nebenbei deine Interessen verändern und du dich. Einfach so - ohne dass es weh tut. Einfach weil es zum Prozess dazugehört. Ein nüchternes Leben schüttelt "man" sich nicht so einfach aus dem Ärmel. Ein bissi Arbeit erfordert es schon. Das sind zumindest meine Erfahrungen. Und wer wenn nicht du, gibt dir den Raum dazu?

    Dir bietet sich mit der Trockenheit eine große Chance, behandel sie gut. Chancen sind nicht so reicht gesät, wie die Möglichkeit auf die Schnauze z fallen.

    Liebe Grüße
    Maria

  • Hallo Blossom,
    schön, dass Du Dich erneut meldest !

    Mich freut es zu lesen, dass Du weiterhin abstinent lebst und mich interessiert, was sich denn in Deinem Leben in diesem Jahr verändert hat - außer, dass Du nicht mehr trinkst natürlich. Erlebst Du Unterschiede zu Deinem Leben 2012 ?

    Grüße
    Tina

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