...wie erklären wir den kindern was mit papa nicht stimmt?

  • hallo,

    ich muss mir hier mal rat holen. mein mann ist alkoholiker und submanisch depressiv. seit seiner zweiten entgiftung im juli ist er - mehr oder weniger -trocken, hat aber seine therapie nicht weitergeführt und auch bisher keine gruppe besucht. da er wegen seiner depression heftige medikamente schluckt, ist er eigentlich immer nur physisch anwesend wenn er von der arbeit nach hause kommt. er liegt dann auf der couch und ist müde und so langsam aber sicher merken halt auch unsere kinder, dass papa nicht so ganz normal ist. sie sind 6 und 4 jahre alt und haben von der alkoholsucht außer ein paar streitereien glaube ich nicht allzuviel mitbekommen. aber sie kennen ihren papa halt eigentlich nur "krank" oder "gerade zu müde". mein großer hat oft einschlafprobleme und will dann immer zu papa ins bett kriechen. als ich heute sagte, dass er in seinem bett schlafen müsse, meinte er: "aber ich will zeit mit papa verbringen, weil der immer nur schläft und nie mit uns spielt!" das habe ich meinem mann erzählt, aber er winkte nur ab und meinte, das sei eine ausrede um bei uns schlafen zu können. das glaube ich nicht. ich denke, er ist todtraurig und verletzt und irgendwie denke ich, ist es an der zeit, den kindern die wahrheit zu sagen. aber wieviel info braucht ein kind in diesem alter? ich möchte natürlich auch vermeiden, dass er in seiner schule dann irgendwas erzählt und nachher "das kind von einem trinker" ist. um die anderen kinder mache ich mir dabei weniger sorgen als um die eltern, die sich dann das maul zerreißen. einige wenige eltern, mit denen ich in gutem persönlichen kontakt stehe, wissen von seiner depression, sehr gute freunde wissen auch über den alkoholismus bescheid. wir haben von anfang an beschlossen, mit dem thema offen umzugehen, damit die lügen keine überhand gewinnen. so wissen alle wichtigen menschen bescheid und können entsprechend reagieren. nur die kinder wissen nicht was mit papa los ist. ich habe für den großen einen termin bei einem kinderpsychiater vereinbart und diesen über den sachverhalt informiert. ich will einfach wissen wieviel er weiß oder was ihn beschäftigt, damit er nicht "untergeht". kinder können sich ja noch nicht so mitteilen. hat vielleicht noch jemand ähnliche erfahrungen oder einen anderen tipp für mich wie wir dieses familiengespräch handhaben können und wie man diese krankheit kindgerecht rüberbringt? ich bin dankbar für alles! liebe grüße!

  • Hallo Sebajama,

    willkommen hier im Forum.

    Zum einen finde ich es sehr gut, dass Du mit Deinen Kindern reden willst. Sie bekommen immer sehr viel mehr mit, als Eltern denken. Das weiß ich aus meiner beruflichen Erfahrung.
    Und nichts ist schlimmer für sie als etwas Unausgesprochenes. Das können sie nicht einordnen, das macht Angst. Mit den ELtern nicht reden zu können, lässt sie sehr einsam sein, denn mit wem sollen sie sonst reden?
    In dem ALter Deiner Kinder kann man sowas leicht über ein entsprechendes Bilderbuch anfangen. Da gibt es einiges, Du brauchst Dich nur mal umzuschauen.
    Nacoa ist eine Seite, die Tipps für Eltern gibt.
    Ansonsten würde ich einfach mal etwas im www suchen, Kinder-Alkohol-Folgen zb.
    Der Termin beim Kinderpsychiater wird sicher auch helfen.

    zum anderen: Mehr oder weniger trocken gibts nicht. Das weißt Du ja wahrsch. selbst.
    Wielange willst Du das den Kindern noch zumuten? Und Dir?

    Liebe Grüße
    Girasole
    (Co und EKA)

  • Guten Morgen Sebajama,

    dass Du zum Kinderpsychologen gehen willst finde ich klasse. Der wird wahrscheinlich auch am besten wissen was und wie man einem Kind in diesem Alter am besten über die Krankheiten Deines Mannes erzählt. Meine Tochter war nicht ganz drei, als Mein Mann aufgehört hat und ist bisher mit simplen erklärungen zufrieden (Alkohol macht krank, Papa darf keinen mehr trinken und wird wieder gesund).

    Wichtig finde ich aber auch die Frage, was ihr euch von den Gesprächen erwartet. Verständnis? Hoffentlich nicht. Ich bin selbst mit einem depressiven Elternteil aufgewachsen und habe nie verstanden, was da passiert. Man tut als Kind nur so, weil das eben erwartet wird und man groß und vernünftig sein will. Aber eigentlich ist man wie Du es bei Deinem Sohn schon beobachtet hast nur verletzt und traurig.

    Raten kann ich Dir erst einmal nur eins: Pass ganz genau auf, dass Dein Mann nicht irgendwann beginnt, den Kindern an irgendetwas die Schuld zu geben. Das kann zum Beispiel anfangen mit: ich bin zu müde weil du heute so anstrengend warst. Das war für mich als Kind das schlimmste, und zwar obwohl ich von den Depressionen wusste. Wirklich verstehen können Kinder so etwas einfach nicht.

    Ich wünsche Dir und Deiner Familie auf jeden Fall alles Gute!

  • Hallo Sebajama,

    Zitat

    seit seiner zweiten entgiftung im juli ist er - mehr oder weniger -trocken,


    das gibt es nicht. Entweder - oder, etwas anderes gibt es nicht.
    Bevor er nicht wirklich trocken ist, ist es auch nicht klar, was Depression ist und was vom Alkohol verursacht wird.
    In beiden Fällen leiden die Familienangehörigen. Kinder können das nur ganz schwer einordnen und beziehen vieles auf sich.
    Wenn sie etwas an ihrem Vater "komisch" finden, sprich ihnen ihre Wahrnehmungen nicht ab, das kann sehr präügend sein, und dazu führen, das sie im späteren Leben ihren eigenen Wahrnehmungen auch nicht trauen.
    So ist es mir ergangen, ohne Alkoholismus in der Ursprungsfamilie.
    Wichtig ist mit den Kindern ihrem Alter entsprechend zu reden und ehrlich zu sein.
    Die Idee mit dem Kinderpsychiater ist zwar prinzipiell gut, aber es muß klar sein, das die Kinder nicht pathologisiert werden, sie sind "nur " Symptomträger.
    Für kleinere Kinder gibt es nach Alter gestaffelte Kindergruppen, z. Bsp.
    vom Blauen Kreuz.


    lg Morgenrot


    lg

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo,

    dass es "mehr oder weniger trocken" nicht gibt, weiß ich natürlich. Nach dem was ich mitbekommen habe, ist er seit etwa zwei Wochen wieder durchgehend trocken. Es gab halt immer wieder Rückfälle. Nach Kinderbüchern zu dem Thema werde ich mal gucken, danke für den Tipp. Ich habe für mich jetzt erstmal einen Termin bei unserer Suchtberatungsstelle gemacht, weil ich dringend Redebedarf habe. Eine Gruppe für Angehörige wurde mir auch empfohlen, aber ehrlich gesagt habe ich davor totale Angst. Ich kann nicht gut vor fremden Leuten sprechen und will einfach nicht vor völlig Fremden zusammenbrechen. Denn das wird auf jeden Fall passieren. Bei den ersten Partnerterminen mit unserer Beraterin habe ich nur geheult. Ich denke, mit meinem Mann ist auch nochmal ein Gespräch fällig. Erst muss endlich wieder regelmäßig eine Gruppe besuchen, das ist die einzige Bedingung, die ich an ihn stelle, damit hier überhaupt noch eine Chance auf ein normales Familienleben besteht. Seine Medikamente werden ihn allein nicht gesund machen und das weiß erst auch. Ich will ihn nicht verlassen, auch wenn ich das schon oft gedacht habe und ihm das auch gesagt hab. Ich will nur, dass mein Mann wieder zurückkommt, der irgendwo in diesem kranken Menschen steckt. Im Interesse seiner Familie und auch in seinem eigenen sollte erst wirklich langsam mal aus dem Quark kommen und seine Therapie ernst nehmen. Bisher war er um Ausreden nicht verlegen wenn es darum ging, wann denn seine nächste Therapiestunde stattfindet oder wann er denn endlich mal zu der Gruppe geht, die er sich ausgesucht hat. Ich hab echt die Nase voll im Moment. Das wird mir alles zu viel! Aber das sieht er gar nicht. Wenn ich über meine Gefühle spreche, endet es immer im Streit. Weil er ja der Kranke ist, nicht ich. Ihm geht es schlecht, mir darf es nicht schlecht gehen, weil ihn das unter zusätzlichen Druck setzt. Er, er, er! Es dreht sich alles nur um ihn.

  • Hallo Sebajama,

    warum sollte dein Mann denn aus dem Quark kommen, wenn du ihn nicht verlassen wirst?
    Dann bleibt halt alles wie bisher und du bei ihm.

    Liebe Grüße,
    Zimttee

  • Zitat von Zimttee

    Hallo Sebajama,

    warum sollte dein Mann denn aus dem Quark kommen, wenn du ihn nicht verlassen wirst?
    Dann bleibt halt alles wie bisher und du bei ihm.

    Liebe Grüße,
    Zimttee

    Naja, ich betrachte die Alkoholsucht meines Mannes schon als Krankheit, die sie ja auch ist. Und wenn ich jemanden heirate, dann bin ich da schon der Auffassung, dass man auch in schlechten Zeiten zu seinem Partner hält und steht. Das würde ich mir von ihm ja auch wünschen wenn ich eine Suchterkrankung, Depression oder Ähnliches hätte. Ich sehe eine Trennung momentan nicht als Option. Dadurch würde sich nichts ändern. Ich würde von Schuldgefühlen zerfressen und mein Mann würde sich komplett hängen lassen. Ich will ihm helfen, aber er muss sich halt helfen lassen.

  • Hallo Sebajama,

    dieses Argument "in guten wie in schlechten Zeiten" hört man hier öfters als Rechtfertigung, warum man den Partner nicht verlässt.
    Natürlich ist die Sucht eine Krankheit, das will hier auch niemand aberkennen.

    Ich denke, man muss bei Krankheiten differenzieren:
    Wenn jemand krebskrank ist, wird ihm Beistand helfen.
    Aber wenn ich einen psychisch kranken Menschen habe, ist es schwierig, wenn dieser Mensch nicht einsichtig ist, dass sich was ändern muss. Für ihn ist die Welt ja in Ordnung- er kann fein zwischendurch trinken, die Frau erfüllt ihre Aufgaben, übernimmt noch andere Aufgaben des Mannes mit, wenn er mit ihnen nicht mehr klarkommt. Die Welt ist in Ordnung.

    Die Frau leidet da auf Dauer erstmal mehr als der Mann - und wenn der Mann leidet, trinkt er eben und es geht ihm besser.
    Also, warum ändern?
    Da geht es nun um Grenzen setzen und Überschreitungen der Grenzen mit Konsequenzen belegen. Wenn du ihm 5 Mal sagst, dass du ausziehst, wenn er so weiter macht, er so weiter macht und du nicht ausziehst, dann wird er irgendwann nur noch müde lächeln, wenn du dich zum 6. Mal wiederholst.
    Erst, wenn er merkt, dass diese Konsequenzen wirklich gehalten und durchgezogen werden, dann wird sich da möglicherweise was ändern, weil der Betroffene dann erst merkt, was auf dem Spiel steht.

    Nun hat er die Wahl- weiter trinken und alleine sein, oder die Situation anpacken und versuchen, die Ehe zu retten.
    Wieso sollte sich dein Mann ohne dich hängen lassen?
    Meinst du nicht, dass ihn das wachrütteln könnte- und ansonsten weißt du eh, was dir geblüht hätte, wärest du bei ihm geblieben. Wer in so einer Situation nicht die Kurve kriegt, wird sie auch mit Zuneigung nicht kriegen. Dann trinkt er sich in deinem Beisein zu Tode.

    Nur, wenn du die Konsequenzen ziehst, kannst du dich immerhin retten und hast die Chance, dass dein Partner so die Situation erkennt. Andernfalls gehst du mit ihm unter.

    Liebe Grüße,
    Zimttee

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