Schlimme Schuldgefühle und Gehirnkonfetti

  • Zitat von Kaleu


    Und wenn Du schon die Wahrheit gefunden hast, dass es nur Splitter sind? Und wenn sie sich nie zusammenfügen lassen weil Du nicht die Splitter bist? Und wenn Du die Splitter bisher mit Gewalt zusammengefügt hast - um etwas zu sein?

    (...)

    Fühl Dich verstanden.

    Hey, alles ist okay! :)

    Ich möchte keine Splitter sein T_T
    Ich will ein verlässliches, heiles Gefüge sein! Eine Ming Vase oder wenigstens ne Dose Ravioli ...
    Ist alles okay? Echt? ich weiß nicht.

    Etwas macht mich gerade glücklich, weils mir gerade nach dem Essen mit ihm zum ersten Mal aufgefallen ist. Seitdem wir alleine leben hat sich etwas verändert: Mein Sohn ist viel offener geworden. Und selbstbewusster. Er redet und erzählt anderen von seinen Gefühlen. Vor einem halben Jahr noch war das undenkbar. Und nun - endlich - sucht er sich Menschen (und manchmal auch mich) und lässt Dampf ab ...


    silberkralle
    Den brauch ich dringend, den Verstärker ... :)

  • Hallo ahoi,

    Gut und schlecht, lieb und böse, wütend und friedlich, fröhlich und traurig- das gehört alles (!) zum leben und damit zum menschsein.
    es tut nicht gut, wenn die vermeintlich negativen Aspekte abgespalten werden- die will ich nicht haben, die gehören nicht zu mir. So wie Kinder oft nicht wütend sein dürfen zb.
    Auch andere menschen betrachten wir oft derart.
    Die kunst ist, beides einfach "da sein" zu lassen, die ambivalenz zuzulassen
    ohne zu bewerten.
    ja meine mutter ist übergriffig und liebevoll zb.
    gerade cos sind oft sehr schnell dabei, sich selbst viel zu hart zu richten.
    aus diesen Gedankenmustern auszusteigen ist ein wichtiger Schritt.

    Ich hab auch einiges an mir, was mich stört und oft im alltag selbst behindert.
    Ich verfluchte mich und diese Eigenschaften gern, wenn ich sie bemerke
    dadurch, durch diese beachtung,verstärkt man sie aber sogar.
    Stattdessen denk ich mir heute "ach hallo, die Nervosität wieder. Ja sie gehört
    auch zu mir, sie ist ein girasole-teil von vielen anderen teilen"
    - schwupps, ist sie dann weg :)

    Lg
    girasole

  • Jepp, ich glaube auch das harte Richten hat eine Funktion. Buße. Je mehr du dich selbst bestrafst, desto weniger musst du wirklich Verantwortung übernehmen. Schließlich leidest du ja selbst mehr als genug ... Ich denke, das muss ich lernen: Ausgewogen zu betrachten. Dass ich kein Dämon bin, und kein Held, kein Retter, keine Supermutter, kein wertloses Wesen, sondern irgendwas ... realistischeres.

    Kein Mensch ist nur gut und keiner nur schlecht. Aber es ist für mich schwer, das in Bezug auf mich zu akzeptieren. es fühlt sich an, wie wenn der Herd brennt und ich die Flammen nicht löschen darf.

    Herzlichen Dank an dich und auch die anderen hier.

    Hier noch ein Situationsupdate: Mein Exmann hat sich entschieden, eine Suchtklinik aufzusuchen. Ob er es macht oder nicht, weiß ich nicht und es ist mir auch gar nicht so wichtig, auch wenn ich es natürlich gut fände. Ich erwähne das wegen meines Eingangsposts, in dem ich noch so unsicher war, ob ich das "Geheimnis" wahren muss ... ich bin froh, es nicht gewahrt zu haben, denn es hat meine Fessel gelöst und ich konnte mich zum ersten Mal ohne Unruhe abwenden und ihn hinter mir lassen, weil wir kein "dunkles" Geheimnis mehr teilen.

    Und btw. mein Schwiegervater macht das klasse. Er ist das Gegenteil jedes Cos. Ein tolles Vorbild.

  • Hallo Ahoi,

    Zitat

    Seitdem wir alleine leben hat sich etwas verändert: Mein Sohn ist viel offener geworden. Und selbstbewusster. Er redet und erzählt anderen von seinen Gefühlen. Vor einem halben Jahr noch war das undenkbar. Und nun - endlich - sucht er sich Menschen (und manchmal auch mich) und lässt Dampf ab ...

    Exakt das gleiche erlebe ich auch mit meinem Sohn. War er vor einem Jahr noch Kind, dass sich heimlich abends an den Kühlschrank geschlichen hat,, um Trost-Süssigkeiten zu holen, schnell in sein Zimmer gerannt ist, meistens still in seinem Zimmer hinter verschlossener Zeit verbracht hat, ist er heute ein Junge, der a) keine Süssigkeiten mehr heimlich essen muss, weil es nichts zu trösten gibt und der mich jeden Tag mit seiner Lebensfreude und seiner Quirligkeit auf's neue begeistert.

    Ich finde, Du hast ihm gezeigt, dass man unaushaltbare Situationen eben nicht aushalten muss, dass man immer etwas ändern kann in seinem Leben und vor allem hast Du ihm gezeigt, dass Du die Verantwortung für ihn an- und übernimmst.

    Das ist schon ganz viel - denke ich!

    Art3mis

  • Zitat

    Ich finde, Du hast ihm gezeigt, dass man unaushaltbare Situationen eben nicht aushalten muss, dass man immer etwas ändern kann in seinem Leben und vor allem hast Du ihm gezeigt, dass Du die Verantwortung für ihn an- und übernimmst.

    Korrekt. Alternativ kann man natürlich auch über das Hätte der Vergangenheit weitergrübeln. Das hat den Vorteil, dass alles bleibt wie es ist und man weiter leiden kann. So braucht sich für einen selbst und den Nachwuchs auch nichts ändern und auch in der neuen Umgebung hat man sich glaich wieder häuslich eingerichtet. Wird dann das eigene Leid über die eigene Vergangenheit zu schlimm, kann man sich ja mal ein, zwei Gläser Sekt gönnen. Oder drei.

    Zitat

    Jepp, ich glaube auch das harte Richten hat eine Funktion. Buße. Je mehr du dich selbst bestrafst, desto weniger musst du wirklich Verantwortung übernehmen.

    Im Wissen bist Du gut. Doch Wissen ist nur Wissen.

    Zitat

    Ich denke, das muss ich lernen:

    Lern mal das müssen aufhören. Das ist das Einzige was es zu lernen gibt und das einzige was Du nicht kannst.

  • Oh, und weil ich Dir in den Kopf sehen kann und Du gerade denkst...

    Aber ich muss doch...

    NEIN!

    Du musst nicht!

    Deinen Kopf kannst Du prima benutzen. Das brauchst nun wirklich nicht lernen. Zeit für den Bauch.

  • Zitat von Kaleu

    Oh, und weil ich Dir in den Kopf sehen kann und Du gerade denkst...

    Aber ich muss doch...

    NEIN!

    Du musst nicht!

    Deinen Kopf kannst Du prima benutzen. Das brauchst nun wirklich nicht lernen. Zeit für den Bauch.

    Du willst doch hier nicht meinen inneren Preußen beschießen, Kaleu?:D
    Mein Bauch ist eine miese Gegend. Ich vertraue meinem Kopf mehr.

  • Zitat

    Ich vertraue meinem Kopf mehr.

    Das bezweifel ich. Vertrauen ist mit dem Kopf unmöglich, ganz im Gegenteil, der Kopf kann nur misstrauen.

    Du verlässt Dich auf Deinen Kopf. Das ist aber nicht Vertrauen. Das ist Kontrolle.

  • Was Deinen Bauch angeht ist der auch keine miese Gegend. Mies ist nur, wie Du mit ihm umgehst. Und das nimmt er Dir übel.

    Das sogenannte Vertrauen zu Deinem Kopf, kann ich Dir im Handumdrehen mies machen. Deinem Kopf - auf den Du Dich so gerne verlässt und der Dir über alles geht, wo hat er Dich hingebracht?

    Geht's Dir gut?

    Ich frag mich, wie man Jemandem vertrauen kann der einen dahin bringt wo es mir miserabelst geht.

  • Zitat von Art3mis

    Hallo Ahoi,

    Exakt das gleiche erlebe ich auch mit meinem Sohn. War er vor einem Jahr noch Kind, dass sich heimlich abends an den Kühlschrank geschlichen hat,, um Trost-Süssigkeiten zu holen, schnell in sein Zimmer gerannt ist, meistens still in seinem Zimmer hinter verschlossener Zeit verbracht hat, ist er heute ein Junge, der a) keine Süssigkeiten mehr heimlich essen muss, weil es nichts zu trösten gibt und der mich jeden Tag mit seiner Lebensfreude und seiner Quirligkeit auf's neue begeistert.

    Ich finde, Du hast ihm gezeigt, dass man unaushaltbare Situationen eben nicht aushalten muss, dass man immer etwas ändern kann in seinem Leben und vor allem hast Du ihm gezeigt, dass Du die Verantwortung für ihn an- und übernimmst.

    Das ist schon ganz viel - denke ich!

    Art3mis

    Ich beneide dich gerade, dass dein ehemaliger Partner nicht der Vater des Kindes ist ...

    Und du hast das deinem Sohn ebenso gezeigt :) Aber letztlich haben wir in erster Linie bewiesen, dass wir ab einem Punkt in der Lage sind, Verantwortung für uns zu übernehmen, oder nicht?! Irgendwie ganz beruhigend
    Schlimm nur, wie überwältigend der Schmerz werden musste, um es zu können.

    Ich saß Anfang der Woche im Wartezimmer beim Arzt neben einem Mann, der nach Alkohol gerochen hat. Es war warm und im Zimmer stand die Luft und mir sind die vielen Sommernächte eingefallen, die in meinem Schlafzimmer so gestunken haben und die Angst davor den Raum zu verlassen. Diese Lähmung, wenn du nur ganz vorsichtig atmest, weil jeder Atemzug wehtut.
    Ich will nicht mehr einsam sein. Und ich will nicht mehr solche Sommernächte. nach dem Wartezimmer-Ding saß ich bis tief in der nacht draußen und hab der nacht gelauscht und war so wahnsinnig glücklich, weil sie plötzlich so schön war und mir gehört.

    Hab gelesen, du bist im Urlaub.
    ich wünsch dir eine tolle Zeit!

  • Da sass er nun, der Kanarienvogel. Und da er längst vergessen hatte wie sich das fliegen so anfühlte, entdeckte er das Grüblen um sich die Langeweile zu vertreiben.

    Und so grübelte er - hey, ich hab son einen schönen Käfig. Hier kann mich die Katze nicht fressen. Was kann ich froh über meinen Verstand sein dass er mich vor dem Fliegen beschützt.

  • Zitat von Kaleu

    Was Deinen Bauch angeht ist der auch keine miese Gegend. Mies ist nur, wie Du mit ihm umgehst. Und das nimmt er Dir übel.

    Das sogenannte Vertrauen zu Deinem Kopf, kann ich Dir im Handumdrehen mies machen. Deinem Kopf - auf den Du Dich so gerne verlässt und der Dir über alles geht, wo hat er Dich hingebracht?

    Geht's Dir gut?

    Ich frag mich, wie man Jemandem vertrauen kann der einen dahin bringt wo es mir miserabelst geht.

    Boah, wenn du mir jetzt live gegenüberständest, würde ich dir erst mal in den Arm boxen :D Ich kanns nämlich nicht leiden, wenn jemand ständig recht hat!

    Ich weiß nicht, wie man das macht. Du sagst mir was, das ich intellektuell verstehe und auch nicht verneinen kann, aber mir fehlt der Zugang zum Umsetzen.

  • Verständlich. Versucht man alles intellektuell zu durchdringen und ist diesen Weg gewohnt, ist es schwierig den Zugang zu finden. Deswegen schrieb ich, Zeit für den bauch. Das ist alles was er braucht. Zeit. Und die Erlaubnis dazu. Den Rest macht der selbst.

    Der Kopf hat ihn ja dauernd nur weggedrückt.

    Ich mag Dir einen intellektuellen Ansatz geben. Denn es ist wichtig, da anzufangen wo man steht. Und intellektuell ist nunmal Dein Beginn.

    Wer hat Dir den Anstoss gegeben Dich zu trennen? Wer hat gesagt, ich halt's hier nicht mehr aus, irgendwann so laut, dass er nicht mehr zu übertönen war? Kopf oder Bauch? Wer hat versucht diese Stimme zu unterdrücken? Kopf oder Bauch?

    Wer ist derjenige der tatsächlich auf Dich aufpasst?
    Der Verstand kann gar nichts. Der ist sogar so blöde, dass er nichtmal auseinanderhalten kann ob ein Gedanke ein eigener ist oder irgendwem nachgeplappert.

    Nur Dein Bauch kann auf Dich aufpassen. Gib ihm 'ne Chance. Lass ihm Zeit.

    Es braucht Beides, Herz und Verstand. Das zweite kannst Du schon. Lass dem ersten Platz.

  • Und nochwas, Dein Verstand drängt sich so vor, weil der was tut. Den Bauch beschützen. Da muss also was sehr, sehr wertvolles drin sein was schützenswert ist.

    Wäre doch an der Zeit mal nachzusehen, was das ist ;)

  • Sehr schön formuliert, Kaleu, wenn ich das hier mal anmerken darf :-).
    Die ersten 30 Jahre meines Lebens habe ich entrüstet immer behauptet: „Ich habe gar keinen Bauch!“, wenn mir Jemand geraten hat, mal selbigen zum „Denken“ zu benutzen.
    Ich hielt mich allen Ernstes für einen ausgeprägten Kopfmenschen.
    Erst der Widerstreit zwischen Kopf und Bauch in mir (natürlich von mir völlig unbemerkt und unbewusst ständig übergebügelt mit tollen Theorien) und ein damit ausgelöster Angriff auf meine Haut ließ mich endlich mal stutzen. Es ist Sommer, Zeit für „Bauchfrei“ :-).

  • Hallo ahoi

    auch dieses thema kenne ich nur zu gut ;)
    Mir hat zweierlei sehr geholfen:
    Die frage "wozu habe ich (gerade) lust?" Damit konnte ich nah an den bauch rankommen.
    und das dann auch tun! Damit kommt dann die Übung.

    und regelmäßig ein mal am tag (abends) reflektieren: wie war es heute, mit bauch und verstand? Wichtig dabei: nicht bewerten! Nur angucken und wahrnehmen. Das stärkt die Achtsamkeit im umgang mit sich selbst.
    und durch das wahrnehmen allein ändert sich sehr viel!
    Dazu braucht es keine selbstzerfleischung.

    Beides braucht Zeit. Aber es lohnt sich! Mittlerweile sind bauch und kopf bei mir gleichberechtigt ;) automatisch sogar :)

    Da ich achtsam lebe kann ich in schwierigen momenten sogar bewusst hinschauen, erkennen ob und wer da gerade überhand hat.
    und überlegen: wer soll denn gerade vielleicht wirklich besser entscheiden.

    Lg
    girasole

  • Hallo Kaleu, Girasole und Katharsis

    Ich antworte erst jetzt, weil ich im ersten Moment nicht recht wusste, was ich sagen soll. Weiß ich jetzt im Grunde immer noch nicht :D
    Mich haben eure Worte aufgewühlt und vor allem traurig gemacht.
    Wenn ich beginne meine Gefühle zu fühlen, dann werde ich einfach nur mutlos.
    Vor allem weil ich girasoles Tipp beherzigt habe und mich abends gefragt, welche Entscheidungen ich aus welchem Grund treffe. Unterm Strich wenige, weil ich sie so toll fand, sondern weil meine Ratio sie für allgemein verträglicher eingeschätzt hat.
    Momentan bin ich einfach müde.

    Kaleu, deine Frage, wer die Entscheidung getroffen hat, kann ich nicht wirklich eindeutig beantworten. Ist vermutlich eine Mischung. Eigentlich war es mein Körper, der den Auftakt gemacht hat. Ich litt plötzlich unter medizinisch nicht erklärbarem, massiven Haarausfall.
    Ich hatte meine Haare büschelweise und es Hand und es gab keinen krankheitsbedingten Grund ... nur Psychische. Dann hat mein Verstand eingegriffen und gesagt: Du musst was ändern, wenn schon deine Haare Reißaus nehmen ...
    Klar habe ich gemerkt, wie ätzend die Situation war, aber letztlich war der Körper-Aspekt der Beweis, den mein Kopf brauchte, um das Gehen zu rechtfertigen.
    Der Haarausfall stoppte vier Wochen nach der Trennung und beginnt jetzt wieder (Haare reagieren immer so zwölf Wochen nach Hauptsstress) nachdem mein Exmann wieder in meinem Leben rumgerührt hat und ich mich in alte Strukturen zurückziehen gelassen habe.

    Danke euch nochmal.

  • Ja, das ist erstmal surreal :D

    War man vorher jeden Tag mit einer neuen Hiobsbotschaft beschäftigt fangen einem dann die Hiobsbotschaften an zu fehlen.

    Am genialsten ist, wenn man plötzlich merkt, dass man gerde mal 20% der Energie braucht um sein Leben im Griff zu behalten wie vorher und plötzlich irgendwie fängt einem an das Chaos zu fehlen. Da war man wenigstens beschäftigt.

    Plötzlich muss man sich Gedanken machen - was fang ich eigentlich mit mir an?

    Es wird besser. Das muss sich nur erstmal ein bisschen normalisieren und stabiliseren und ein biosschen bei DIr ankommen. Lass Dir Zeit.

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