Hallo liebe Forenmitglieder!
Ich lese schon seit einigen Wochen hier im Forum und habe jetzt endlich allen Mut gefasst, selbst hier zu schreiben.
Ich stelle mich (so kurz es mir möglich ist) mal vor:
Ich bin 25 Jahre alt und die Tochter eines alkoholkranken Vaters. Mein Vater trinkt geschätzt etwa seit ich 16 bin, also mindestens seit 9 Jahren. Meine Eltern leben schon seit meinem 3. Lebensjahr in Scheidung, aufgewachsen bin ich bei meiner Mutter und meinem (mittlerweile verstorbenen) Borderline-Stiefvater. Meine Kindheit dort war der Horror, ich bin also mit 17 zu meinem alleinlebenden Vater gezogen. Im Nachhinein weiß ich, dass er dort schon süchtig war, ich habe ihm sogar von meinem Geld seinen Alkohol gekauft - Hochprozentigen.
Ich habe dort 3 Jahre gelebt und bin mit 20 ausgezogen, mittlerweile sogar in ein anderes Land - dort lebe ich mit meinem Freund, dem besten Menschen, den ich kenne!
Da ich hier schon länger mitlese, sind mir sooo viele Dinge an mir aufgefallen, für die ich vorher blind war. Die Rollen zwischen meinem Papa und mir sind so vertauscht, ich verhalte mich wie seine Mutter, die ihm nichts zutraut und alles abnimmt. Dauernd streite ich mit ihm, weil er so verletztend und ungerecht wird und ich es kaum ertrage. Ich merke, wie sehr ich mich für ihn und sein Leben verantwortlich fühle und wie verdreht das eigentlich ist.
Mit Hilfe des Forums und einer Suchtberatungsstelle habe ich es seit fast 2 Monaten geschafft, den Kontakt zu ihm auf gelegentliche SMS runterzufahren, also keine Telefonate mehr. Einfach weil ich bemerkt habe, wie aufgewühlt traurig und wütend ich nach jedem Gespräch war... das ist theoretisch natürlich ein großer Fortschritt aber richtig gut geht es mir damit nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich garnicht weiß, was es bedeutet mich um MICH zu kümmern! Auch so eine Sache die mir erst jetzt auffällt.
Ich bemühe mich momentan um einen Therapieplatz, denn ich möchte endlich etwas ändern und mich nicht mehr so machtlos und gelähmt fühlen.
Es tut mir einfach so weh, zu wissen wie mein Vater lebt... seine Wohnung ist ein Albtraum aus Müll, Chaos und Dreck. Als ich zuletzt dort war (im Sept/2014) konnte ich kaum atmen, ich hatte das Gefühl, dass ich in seine Seele schaue. Es war furchtbar!
Das Wissen, dass in meinem Vater ein herzensguter Mensch schlummert, den er mit Alkohol stummschaltet, ist so schrecklich... Wenn ich wüsste, dass er ein "böser" Mensch wäre, würde es sicher leichter sein. Ich komme so schlecht von dem Gedanken weg, dass ich ihm helfen möchte. Ich weiß, dass es nicht geht und das ist so bitter!
Ich habe soviel von euren Geschichten gelernt, mein Verstand sieht klar aber meine Gefühle lassen sich davon leider nicht beeindrucken...
Und all die Dinge, die ich erst jetzt an mir bemerke machen mir Angst. (Vorallem seit ich das Buch "Familienkrankheit Alkoholismus" gelesen habe, dass aufgrund der Borderline-Störung meines Stiefvaters zu meiner Kindheit passt und zusätzlich zum Heute mit meinem Vater)
Ich involvier mich unglaublich in die Probleme anderer, ich habe Angstzustände allein zu Hause, ich habe Albträume und dieses dauernde schlechte Gewissen... Ich habe das Gefühl, garnicht zu wissen, wer ich bin!
Dazu kommt eine rasende Wut, denn er gesteht sich sein Problem nicht ein. Ich bin wütend über sein Selbstmitleid, wenn er am Telefon weint wird mir schlecht vor Zorn. Alles ist so konfus und ich habe das Gefühl, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann... deshalb entschuldige ich mich schonmal, falls mein Text vielleicht wirr klingt.
Seit ich den Kontakt so verringert habe, geht es mir einerseits besser aber gleichzeitig auch schlechter... An Heiligabend kam eine SMS von ihm, dass er schon den ganzen Tag weinen muss. Solche SMS bewirken bei mir mittlerweile, dass ich mich wie betäubt fühle und unglaublich müde bin. Bei der letzten SMS dieser Art hatte ich kurz darauf Magenkrämpfe und habe mich nurnoch erschöpft gefühlt - geistig und körperlich.
Ich werde von ihm nie ernst genommen und wenn es mir schlecht geht, muss er das immer "toppen" können! Beispiel: Ich lag 2 Wochen mit Lungenentzündung und Bronchitis im Bett und habe mir bei jedem Telefonat seine Wehwehchen angehört. Selten dämlich von mir. Oder meine Kindheit, die dank meines Stiefvaters ein Krieg war... voller Gewalt, psychisch und physisch. Die nimmt mein Vater gerne her um sie mit seiner Ex-Beziehung von vor 10 Jahren zu vergleichen mit den Zusätzen "Du kannst dir das garnicht vorstellen" etc.
Das halte ich mittlerweile nicht mehr aus... ein Hauptgrund, dass ich den Kontakt jetzt so geregelt habe. Weil ich das sogar als re-traumatisierend bezeichnen würde, wie leichtfertig er mein Leid als Kind sieht. Ach keine Ahnung, diese Kränkungen lassen mich selbst jetzt nicht ganz los.
Und nochmals entschuldigung, falls das alles etwas durcheinander ist!
Danke an alle, die bis hierher gelesen haben! Ich hoffe, dass mir der Austausch hier hilft, meinen Weg zu finden!
Liebe Grüße,
Zoi