Hallo und Guten Abend,
silberkralle Danke für Deine Worte, die sich wohltuend von denen anderer Mitpatienten abheben.
Heute möchte ich über meinen Klinikaufenthalt berichten. So ganz die Fakten und ein wenig, wie es mir damit ergangen ist.
Ich hatte am 9.06. mein Vorgespräch in der Klinik mit der zuständigen Stationsärztin. Es wurden nochmal alle Details meiner "Karriere" abgefragt. Ich hatte bereits zu Hause versucht, mich zu erinnern, wie ich in den letzten 20 Jahren mit Alkohol und Tabletten umgegangen bin. Ich hatte alles aufgeschrieben und der Ärztin gegeben. Heute muss ich sagen, dass ich, was die Mengen/Dosis anging nicht ganz ehrlich gewesen bin. (Habe ich später korrigiert und der Ärztin gesagt).
Am 13.06. ging es dann mit (reichlich) Gepäck zur stationären Aufnahme. Es wurden von der Oberschwester und von der Stationsärztin nochmals einige Details meiner "Karriere" abgefragt. Ich wurde in ein Zweibettzimmer verfrachtet. Sehr schöne, helle und große Räume und eine sehr nette Mitpatienten erwarteten mich. Der Rest des ersten Tages hatte ich frei, keine Therapien.
Am Dienstag gab es dann den Therapieplan, der täglich volles Programm signalisiert.
7 Uhr geht's los mit wecken und Blutdruck messen.
8 Uhr Frühsport
8:20 Frühstück im Gemeinschaftsraum. (Essen war gut und ausreichend)
9 - 11:50 Therapien, Vorträge, Beratungen,
12 Mittagessen
13 - 16 Uhr Therapien, Vorträge, Beratungen, Sport, Basteln
18 Abendbrot
19 - 20 Uhr Vorstellung von SHG und Entwöhnungs-Therapieeinrichtungen
23 Nachtruhe
Alles in allem sind die Tage von Montag bis Freitag sehr gut ausgefüllt, Langeweile kommt nicht auf. Es ist aber genug Zeit, sich mit den Mitpatienten zu unterhalten und zu rauchen ( ) Und da das Wetter in den letzten Wochen sehr gut war, sind wir viel an der frischen Luft gewesen. Was auch sehr gut tat.
Die einzelnen Therapieangebote sind in der Klinik, in der ich war sehr gut gewesen und ich habe alle wahrgenommen. Da ich 2 Wochen dort war und jede Woche das gleiche Programm läuft, habe ich alles 2x gemacht.
Gruppengespräche mit Therapeuten
Rückfallprävention
Frauengruppe
Sport
Entspannung
soziale Sprechstunde
Vorstellung Entwöhnung
Beratung zur Nachsorge
Musik
Ergotherapie (Spiele, malen, schreiben)
kognitives (Rätseln, konzentrieren)
Wahrnehmung und Sensilibitätsübungen (fühlen, beschreiben, zuhören)
Vorträge über Sucht und deren Mechanismen in Körper und Geist (sehr interessant)
Weiterhin ist zu sagen, dass es nur im Gemeinschaftsraum einen Fernseher gab (18 - 23 Uhr), einen Raucherraum auf der Etage und Ausgang nur auf Antrag, max. 4 Stunden. Sport war außerhalb der Therapien leider nicht möglich.
Alles in allem haben sich alle Mitarbeiter (Schwestern, Pfleger, Therapeuten, Ärzte...) sehr viel Mühe gegeben, waren freundlich und höflich, aber auch mal streng und direkt. Den "professionellen" Teil der qualifizierten Entgiftung konnte ich sehr gut annehmen. Ich habe viel Neues erfahren und einiges hat auch richtig Freude gemacht (Musik, Entspannung, kognitives). Anderes war aufklärend für mich (Sucht und ihre Mechanismen, Nachsorgeberatung und Entwöhnungstherapie-Angebote).
Womit ich mich in der zweiten Woche zunehmend schwerer tat, war das Gespräch mit den Mitpatienten, die schon öfter eine solche Entgiftung gemacht haben. Diesen Gesprächen bin ich möglichst aus dem Weg gegangen, da ich gemerkt habe, dass mich das runterzieht, aber auch traurig, wütend, hilflos machte. Ich merkte auch sehr schnell, dass ich in Stress geriet und mir das nicht gut tat. Ich wurde sehr unruhig, zappelig und musste mich dann irgendwie bewegen, um wieder ruhiger zu werden.
Den körperlichen Entzug vom Alkohol hatte ich ja schon zuhause gemacht. Die Entgiftung von den Tabletten fand in der Klinik statt und lief bei mir mit wenigen Symptomen ab. Darüber war ich einerseits sehr froh, ich hatte schon Angst vor den Entzugserscheinungen. Andererseits bin ich jetzt ganz besonders aufmerksam und achtsam. Ich werde mir nicht anfangen einzureden: "Ist ja nicht so schlimm" , "du bist ja gar nicht so abhängig" oder irgendwelche anderen Geschichten.
Ich bin alkoholkrank und tablettensüchtig. Und das für den Rest meines Lebens. Punkt!
Jetzt bin ich wieder zuhause und gestalte meinen Alltag sehr bewusst. Und ich nehme ihn deutlicher war, nicht mehr benebelt von Alkohol und/oder Tabletten. Und das ist toll und fühlt sich super an. Es lohnt sich also.
Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick geben, wie so meine Erfahrungen in der Klinik waren. Demnächst werde ich hier nicht mehr so oft schreiben, da ich mein TB führen möchte. Aber ich schaue regelmäßig vorbei und werde schreiben, wie es mir ergangen ist.
Ich freue mich auf morgen: es wird ein nüchterner Tag.
lalu