• Wieder ist eine Woche herum. In den letzten Tagen hat sich um mich herum alles etwas normalisiert. Zu meinen Mitpatienten ist das Verhältnis geklärt. Im großen & ganzen ist dieses distanziert, aber nicht mehr von Unleidlichkeiten geprägt.
    Zunehmend bin ich nicht mehr neu in der Patientengruppe, im Gegenteil. In der kommenden Woche werden mehr Patienten nach mir angefangen haben als vor mir schon dabei waren. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Das Ende der Therapie ist schon abzusehen & nichts bewegendes scheint sich ereignet zu haben.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Fast 6 Wochen bin ich jetzt dabei, der ganze Betrieb der Reha hat sich bei mir so eingeschliffen, als hätte ich seit Jahren nichts anderes getan. Die Spannungen mit meinen Mitpatienten sind irgendwie verschwunden, was auch daran liegen mag, dass immer weniger Patienten anwesend sind, die vor mir die Therapie begannen. Vielleicht hat man meinen Drang nach Isolation auch akzeptiert. Umgekehrt lässt das Streben danach in mir auch ziemlich nach, was aber eher eine Folge der Gewöhnung als eines Therapieerfolges sein dürfte.
    Darin tat sich nämlich in der vergangenen Woche sehr viel. Mit meinen Emotionen umzugehen, die ich jahrzehntelang in die hinterste Ecke meines Bewusstseins schob, ist sehr anstrengend. Wünsche kommen in mir hoch, die ich seit meiner Jugend nicht mehr hatte.
    Die Therapie ist nicht nur anstrengend sondern in der Folge auch ermüdend. Eine Erkältung habe ich mir auch noch eingefangen. Ich merke, dass ich körperlich nicht auf der Höhe bin.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo Dante,

    dass der Drang nach Isolation nachlässt empfinde ich einfach als gute Entwicklung. Ob das nun ein Erfolg der Therapie war oder die Gewöhnung ist doch egal. Vielleicht arbeitet eine Therapie halt mit der Gewohnheit.

    Ich find's auch kräfteaufwendig, sich mit sich selbst auseinaderzusetzen, aber zugleich auch kräftigend. Wenn man sich erstmal auf seine innersten Gefühle einzulassen versteht, kann ein Kräftekreislauf zustande kommen, der eine ausgeglichene oder dann auch positive Energiebilanz aufweist.

    Ich find's klasse mit welcher Nüchternheit du deinen Weg in kleinen Schritten durchziehst, auch wenn die großen Highlights ausbleiben.

    Gruß vom Micha

    Das Schönste kommt noch

  • Zitat von Dante


    Darin tat sich nämlich in der vergangenen Woche sehr viel. Mit meinen Emotionen umzugehen, die ich jahrzehntelang in die hinterste Ecke meines Bewusstseins schob, ist sehr anstrengend. Wünsche kommen in mir hoch, die ich seit meiner Jugend nicht mehr hatte.
    Die Therapie ist nicht nur anstrengend sondern in der Folge auch ermüdend.

    Hallo Dante,

    wie so oft, erkenne ich mich in den Beiträgen hier wieder, so auch hier bei Dir. Das mit den Emotionen war bei mir auch so, ich hatte ja auch alles immer verdrängt. Ich fand das erst erstaunlich bis erschreckend. Aber am meisten schön, das alles zurückkam. Wie ist das bei Dir?

    Ja, die Wünsche kommen auch zurück, wahrscheinlich, weil sie jetzt wieder in greifbare Nähe rücken? Bei mir waren das nicht Wünsche aus meiner Jugend, sondern allgemeine Wünsche. Wieder "normale" Dinge tun zu können. Und meinen größten Wunsch, noch einmal auf der "Seiser Alm" zu wandern, hab ich mir gleich 3x erfüllt :D Aber auf den Wanderungen muß ich wenigstens einmal ein bisschen heulen, weil mir dann die schlimmen Zeiten wieder einfallen und das ich jetzt doch hier wieder wandern darf. Dann denk ich mir manchmal, verdient hab ich es mir ja nicht, aber andererseits auch doch wieder, denn ich hab ja auch viel selber dafür getan. Mein Mann sagt dann, denk doch nicht mehr an die schlimmen Zeiten, er will nicht, das ich deswegen noch traurig bin. Aber ich mach das trotzdem, damit ich das nie vergesse, was ich mir angetan habe. Auch wenn mir das weh tut, ich werde daran denken, auch als Abschreckung, das mir sowas nie wieder passiert. Aber dann vergehen die traurigen Gedanken auch wieder und ich kann wieder lustig und dankbar sein, das ich alles geschafft habe. Und manchmal bin ich auch ein bisschen stolz, da wieder raus gekommen zu sein, denn ich hab auch viel dafür getan, sonst hätte ich wohl gar nicht trocken bleiben können.

    Ich sehe bei Dir immer, wie viel Du dafür tust, um trocken zu werden und zu bleiben, aber ich denke, auch wenn das sehr anstrengend ist, es ist der einzige Weg, um nicht rückfällig zu werden. Aber die Anstrengungen werden mit der Zeit geringer, sie werden geringer, weil man sie irgendwann nicht mehr als Anstrengung empfindet, sonder als ganz normal. Ich hoffe, das es auch Dir so gehen wird, aber ich denke das wird so sein.

    Lieben Gruß an Dich
    Lilly

  • Halbzeit ist.

    Was ist pasiert in den vergangenen 6 Wochen am Tannenhof? Habe ich mich verändert? Bin ich vielleicht doch nicht dem Umfang therapierbar, wie ich es mir wünsche? Kommt vielleicht noch etwas?
    Ehrlich gesagt stehe ich dieser Zwischenbilianz ziemlich hilflos gegenüber. Aber vielleicht wollt ihr mir ein wenig helfen. Veranstalten möchte ich ein sog. Feedback, d. h. ich möchte alle Teilnehmer des Alkoholikerchats einladen, sich zu äußern, ob sie glauben, an mir hätte sich irgend eine Veränderung eingestellt. Ich bin schon ganz gespannt. :shock:

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  • Die Zeit der Sondertermine ist vorbei. Mit meiner Therapie bin ich eigentlich nicht weiter gekommen. Zuviel Ablenkung gab es in der letzten Woche.
    Unschönste Erkenntnis ist die, das ich in meiner Bezugsgruppe noch nicht angekommen bin & wohl auch nicht mehr ankommen werde. Warum ist mir das nicht gleichgültig? Warum bin ich nicht in der Lage, mich dort auf meine Mitpatienten einzustellen & mich in sie hineinzuversetzen? Warum ist mir das hier im Forum oder im Chat weitaus mehr möglich?
    Die Sonderveranstaltungen haben mir gezeigt, dass ich mich alleine wesentlich sicherer & in der Folge wohler fühle. Umgekehrt quält mich die Einsamkeit. Bin ich überhaupt beziehungsfähig?
    Mein Therapeut sagte, ich solle mich mehr auf meine Gefühle konzentrieren & sie zur Geltung kommen lassen, aber ich bin dieser Aufgabe irgendwie nicht gewachsen.
    Die kommende Woche wird der Abschluss von zwei wichtigen Sachen beinhalten: Der letzte Patient, der länger als ich in der Gruppe ist, wird entlassen & ich somit Gruppenältester. Der Computerkurs wird abgeschlossen & ich gehe danch in die 4-Wochen-Gruppe zur Vorbereitung des Therapieabschlusses. Irgendwie bin ich unzufrieden.

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  • Hallo Dante,

    warum bist du unzufrieden? Bist du von dir oder von der Therapie enttäuscht? Sind deine Erwartungen, die du an die Therapie gestellt hast, nicht erfüllt worden? Und wenn ja, welche nicht? Vielleicht kannst du dieser Unzufriedenheit mal genauer auf den Grund gehen? Noch stehen dir ja fünf Wochen, fast die Hälfte der Zeit zur Verfügung. Da ist doch noch alles möglich.
    Vielleicht ist es im Forum manchmal einfacher, weil alle "äußeren" Einflüsse wegfallen. Man sieht nur die geschriebenen Worte, die jemand äußert, nichts sonst lenkt vom ihrem Inhalt ab.
    Ich wünsche dir, dass du die letzten Wochen der Therapie sinnvoll für dich nutzen kannst,

    liebe Grüße
    Lhea

    Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.

  • Heute ist wohl ein neuer Tiefpunkt erreicht. Ich gehe nur noch schlecht gelaunt von der Therapie, grüble die ganze Zeit nach, kann mich auf nichts mehr konzentrieren, bin niedergeschlagen & deprimiert.
    Habe ich die richtige Therapieform gewählt? Bin ich überhaupt therapiefähig?
    So habe ich mir das ganze nicht vorgestellt. Vor allem kann ich nicht einfach da abbrechen, in meinem Zustand kann ich auch nicht zur Arbeit.

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  • Mir geht es schon wieder deutlich besser.
    Ich glaube, ich koche zu sehr im eigenen Saft. Diese Erkenntnis schuf mir gleich deutliche Erleichterung, was ein Hinweis dafür ist, dass ich richtig liege. :)

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  • Die letzte Woche war die wohl schwierigste meiner Therapie. Ich habe wohl etwas zu sehr resümiert & darf mich eigentlich nicht über das dann negative Ergebnis wundern.
    Der Abschluss der Therapiewoche war für mich sehr erfreulich. Ich habe endlich näheren Kontakt gefunden. An meiner guten Stimmung merke ich, wie wichtig mir das in Wirklichkeit ist. Der Indikator "Gefühl" ist bei mir recht schwach entwickelt, der wohl wichtigste Grund für meine Stimmungsschwankungen nicht nur in Sachen Therapie.
    Ein wenig munterer und vor allem optimistischer geht es nun für mich weiter.

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  • Hallo Dante,

    du schreibst:

    Zitat

    [quote]Der Indikator "Gefühl" ist bei mir recht schwach entwickelt, der wohl wichtigste Grund für meine Stimmungsschwankungen

    Das kann ich gut verstehen........haben wir doch unsere ganzen Gefühle ewig im Alk "ertränkt"!
    Jetzt kommt alles an die "Oberfläche ".......um man denkt:
    Hääää.....was ist das denn??? :lol:
    Ich empfinde das manchmal auch noch als recht schwierig......aber wir halten es "aus",gelle Dante!!??


    Lieben Gruß an Dich!
    Kijara

    Ohne Alkohol seit 20.08.06

  • Sicher halten wir das aus, Kijara. Irgendwann wird es nämlich einem in Fleisch & Blut übergehen, auf seine Gefühle zu achten, vorausgesetzt, man unterdrückt sie nicht, wie ich das jahrzehntelang tat.

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  • Wieder ist eine Woche herum. Irgendwie bin ich voll in Fahrt. Häufig kenne ich mich selbst nicht mehr, soviel Schwung & Energie entwickle ich zur Zeit. Auch mit meinen Mitpatienten hat sich das Verhältnis sehr gut entwickelt. Ich glaube, ich bin auf dem Höhepunkt meiner Therapie.
    Nicht unschuldig daran ist auch eine liebe Mitpatientin, der ich mich irgendwie sehr verbunden fühle. Ich glaube, sie ist der Schlüssel zu meiner Entwicklung.
    Langsam nähert sich das Ende der Therapie. Die Zeit unmittelbar danach muss geplant & in Angriff genommen werden: Entlassung, Arbeit, Resturlaub, bahnärztliche Untersuchung, Weihnachten, Sylvester; das alles drängt sich in die letzte Woche in diesem & der ersten im neuen Jahr. Ich bin indes zuversichtlich, das auch alles zu packen.

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  • Hallo Dante,

    also alles in allem
    nur positiv!
    Das freut mich wirklich total! :D
    Und das freut mich noch am meisten...*grins*


    Zitat

    [quote]Nicht unschuldig daran ist auch eine liebe Mitpatientin, der ich mich irgendwie sehr verbunden fühle. Ich glaube, sie ist der Schlüssel zu meiner Entwicklung

    Ich denke,das ich richtig denke! :wink: Mach was draus!

    Noch einen schönen 1 Advent wünscht dir
    Kijara

    Ohne Alkohol seit 20.08.06

  • Hallo Dante,

    na, jetzt ist doch eine deutliche Veränderung zum Guten zu spüren. Vor 14 Tagen hörte sich das noch ganz anders an. Ich wünsche dir, dass die gute Stimmung anhält und du die Therapie erfolgreich für dich abschließen kannst.

    Lieben Gruß
    Lhea

    Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.

  • Nun ist die "Abenddämmerung" über meine Therapie eingebrochen. Bei vielem ist das Ende schon absehbar, bestimmte Therapieeinheiten sind schon nahezu abgeschlossen. Erste Angelegenheiten, die zum Abschiedsprozedere gehören, müssen in Angriff genommen werden. Wenn ich hier sitze & diese Worte schreibe, werde ich traurig, was ich als ein klares Zeichen dafür werte, dass mir diese Therapie gut gefallen & mir eine Menge gebracht hat. (Überhaupt Gefühle zuzulassen ist übrigens eines der zentralen Themen gewesen :lol: )

    Ich hoffe, dass das in der Therapie Erworbene nicht über die Zeit in Vergessenheit gerät. Überhaupt geht es natürlich nicht so einfach zurück in die böse Welt, wenn ich die Tagesklinik zum letzten mal als Patient verlassen werde: Die Nachsorge, die mindestens ein halbes Jahr dauert, werde ich auf jeden Fall in Anspruch nehmen!

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  • Hallo Dante,
    herzlichen Glückwunsch!!
    Ich hoffe und wünsche Dir das Du alles erlernte und erarbeitete für Dich so gut wie möglich nutzen kannst!Die Welt ist in keinster Weise "böse"Sie hat für Dich noch viele schöne Seiten,wenn Du das erlernte umsetzt.Bitte nehme das mit der Nachsorge wirklich ernst,es ist ungemein wichtig für Dich auf Deinem Weg der Trockenheit!Das hast Du gut gemacht,arbeite weiter an Dir,dann kann Dir nichts passieren!!

    Gruß und alles erdenklich Gute,Andi

  • Hallo Dante,

    bei mir gehts ja nächsten Dienstag los mit der LZT.
    Ich kann nur hoffen, dass ich für mich genau so viel mitnehmen kann, wie das bei Dir der Fall ist.

    Ich wünsch Dir weiterhin viel 'Hartnäckigjeit' beim Beschreiten unseres Weges.

    Liebe Grüße

    pauly

    Es ist nicht leicht, das Glück in sich selbst zu finden,
    doch es ist unmöglich, es anderswo zu finden.

    Agnes Repplier

    Abstinent seit Oktober 2006

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