Nur ein schlechter Plan erlaubt keine Veränderung

  • Getreu nach diesem Motto:

    Moin an Euch, jetzt gehe ich einmal in den offenen Bereich und möchte gerne etwas über mich erzählen. Den Teil mit dem „in der Jungend war ich öfter voll“ lasse ich an dieser Stelle erstmal weg. Ich bin heute der Auffassung, dass ich irgendwie in den Jahren meines Studiums (was fast 10 Jahre her ist) Alkoholiker geworden bin. Ich denke der Leistungsdruck könnte ein guter Grund für das hineinschlittern gewesen sein. Aber anstatt das zu beherzigen habe ich weiter an meiner Karriere gefeilt. Bin viel in die USA gereist, habe unzählige Überstunden gemacht, meine Ehe ging den Bach runter und meine Freunde wurden immer weniger da ich nie Zeit hatte. Aber: Ich hatte es geschafft, es folgte die Beförderung in eine Top Position. Doch dieser Erfolg hatte seinen Preis. Ich trank um dem Druck standzuhalten unter der Woche immer viele Bier abends. An den Wochenenden trank ich so gut wie nichts um mich von den anstrengenden Wochen zu erholen. Geht es jemandem hier ähnlich? Unter der Woche trinken und am Wochenende eher kaum was trinken? Ist doch irgendwie schräg oder? Zwischendurch hatte ich durch Beziehungen trotzdem immer 1-2 Jahre in denen ich moderat trank.

    Ende 2017: Es reichte mir!
    Ich ging zum Arzt, erzählte ihm vom meinem Problem und hörte sofort für 2 Monate auf zu trinken. Da erzähle ich jetzt nichts Neues aber ich war fit, leistungsfähiger denje, gut gelaunt, las auf einmal wieder Bücher (unter anderem über Sucht) usw. Doch ich fühlte mich zu sicher :/
    Seitdem eiere ich etwas (ca. 3 Monate) rum. Nun habe ich einen ganz tolle Therapeutin mit der ich das Thema in den Griff bekommen möchte. Ich möchte den „Schalter umlegen“. Ich bin mir unsicher ob ich eine reale SHG besuchen sollte oder vielleicht sogar den Weg in einer Kur oder so überdenken sollte. Aber ich glaube ich versuche es jetzt erstmal mit meiner Therapeutin und diesem Forum.

    Meine Ziele sind nicht nur nicht zu trinken, sondern auch vor allem Veränderung. Vielleicht spreche ich mit meinem Chef ob es eine Etage niedriger für mich einen Platz gibt. Ich treffe alte Freunde die ich jahrelang vertröstet habe. Und vielleicht schließe ich mich auch nicht einer neuen Liebe gegenüber aus, wobei eins nach dem anderen: D Natürlich zählen nicht zuletzt die Grundbausteine der Nüchternheit.

    Ich wünsche Euch allen einen schönen Sonntag!

  • Hallo LangeGeschichte,

    beim Lesen hatte ich schon das eine oder andere Aha-Erlebnis. Wo ich mich deutlich erkenne ist, dass ich - wie wohl viele andere ebenso - jahrelang versucht habe, gegen das "Hineinschlittern" zu wehren.

    Ich habe von den ersten Kontakten mit Alkohol an versucht, moderat zu trinken. Ich habe das nie geschafft. Heute denke ich, ich konnte das nie. Hätte ich das alles eher gewusst, wäre mir viel erspart geblieben. Nun gut - es war so, ich trage dem nichts nach.

    Nur - ich bin nicht langsam hineingeschlittert, ich war von vorneherein voll drin. Dieses heutige Wissen trägt dazu bei, dass ich mir keine Gedanken machen brauche, wann es angefangen hat und wo der Schalter gelegt war. Bei mir wurde nichts umgelegt, der Schalter war sofort auf "AN".

    Das kam mir so in den Sinn als ich deinen Beitrag las, vielleicht war es bei dir doch ähnlich.

    Herzlich Willkommen und einen guten Austausch wünsche ich dir.

    Lieben Gruß
    Maria

  • Guten Morgen LangeGeschichte,

    ich begrüße dich herzlich hier und wünsche dir einen guten Austausch hier.

    Bei der Frage: wieviel Hilfe leiste ich mir?
    kann ich dich nur ermutigen: soviel wie irgend geht.

    Wir haben nicht oft die Chance, wirklich neue Wege zu beschreiten.
    Allzu oft versickert unsere Energie auf halbem Weg.

    Liebe Grüße
    Hans

  • Hallo Maria,

    manchmal glaube ich, dass seit meinem ersten Vollrausch das Thema Alkohol immer präsent war. Klar anfänglich konnte man das noch besser dosieren und Studium und Arbeit gingen vor. Doch die Kraft der Krankheit ist unglaublich so dass sie sich wirklich schleichend immer weiter im Leben eines Menschen ausbreitet. Von dem her war mein Schalter auch sehr früh "an". Ich habe einen privaten Freund der viele Jahre abstinent lebt. Dieser sagte mal zu mir: "Du musst nur den Schalter umlegen". Ich denke da schon länger drüber nach und versuche diese Redensart für mein Leben überzuleiten. Ich denke es ist die Entscheidung die man für sich treffen muss entweder abstinent oder nass mit allen seinen Konsequenzen zu leben.

    Demgegenüber überlege ich mir ein persönliches Ziel zu setzen wie zb. ein Jahr trocken sein oder auch länger um dann in dieser Zeit soviel positive Erfahrung/Energie zu sammeln um für immer aufzuhören. Etwas strange :)

    Wahrscheinlich ist diese Denke aber von vornherein falsch und der Schalter "die Entscheidung" muss für immer getroffen werden. Na klar generell ist jeder Tag an dem man nicht trinkt ein gewonnener Tag aber wir wollen ja alle glücklich und zufrieden alt werden :wink:

  • Lieber Hans im Glück,

    danke für die netten Willkommensgrüße hier und Deinen guten Rat an dieser Stelle.
    Auch wenns nicht gleich eine LZT ist ist es dennoch gut hier zu lesen dass es vielfältige Möglichkeiten der Hilfe gibt. Man muss sie nur annehmen.

    Lieber Gruß
    Lange Geschichte

  • Zitat von LangeGeschichte

    Na klar generell ist jeder Tag an dem man nicht trinkt ein gewonnener Tag ...

    Ich finde auch die Idee der AA nicht schlecht, sich 'nur' auf die kommenden 24 h zu konzentrieren.

    Ich wünsche dir einen schönen Sonntag.

    Hans

  • Hallo LangeGeschichte,

    willkommen hier. Ich bin überzeugt, dass der regelmäßige Austausch mit anderen Alkoholikern eine der größten Hilfen dabei ist, ein trockenes, zufriedenes Leben zu führen. Wenn es gelingt, das Forum so auch tatsächlich zu nutzen, dann kann das auch reichen. Ich hatte ein knappes Jahr nur dieses Forum, bis ich mich entschlossen habe, auch eine Selbsthilfegruppe zu suchen, bei der ich den Menschen ins Auge schauen kann. Das möchte ich heute nicht mehr missen.

    Hast du für dich schon herausgefunden, was jeweils konkret dazu geführt hat, dass du nach den zwei abstinenten Monaten wieder rückfällig wurdest?

    Grüße und schönen Sonntag Abend.
    Thalia

  • Hallo LangeGeschichte,

    Zitat

    Doch die Kraft der Krankheit ist unglaublich so dass sie sich wirklich schleichend immer weiter im Leben eines Menschen ausbreitet.

    Ja - es ist eine Flüssigkeit, mit der Eigenschaft wirklich jeden Winkel auszufüllen. So habe ich es empfunden bei meiner Trockenlegung.

    Für mich persönlich war es wichtig, mir klarzumachen, wo stehe ich und wo will ich hin. Und danach habe ich ausgerichtet. Das beinhaltete als allerersten Schritt, mir einzugestehen, dass ich gegen Alkohol immer verlieren werde. Versucht hatte ich alles, mehr als genug. Bei mir war es an der Zeit, nicht mehr zu versuchen, sondern anzuerkennen und zu kapitulieren.

    Mit einer Herangehensweise z. B. ich bleibe mal für Zeitraum X trocken und und schaue was sich positiv entwickelt, damit mich das weiter motiviert, wäre ich nicht weit gekommen bzw. nicht viel weiter als den angepeilten Zeitraum. Das soll nicht heißen, dass das auch für dich gelten muss. Häufiger habe ich gelesen, dass so User trocken geworden und auch geblieben sind. Für mich jedoch, hieß die Ausrichtung, entweder oder, daher gebe ich das zu bedenken.... Wie du selbst schreibst:

    Zitat

    Ich denke es ist die Entscheidung die man für sich treffen muss entweder abstinent oder nass mit allen seinen Konsequenzen zu leben.

    Von daher passt das mit dem Schalter doch ganz gut.

    Lieben Gruß
    Maria

  • Hi Thalia, danke für das Welcome! Ich habe gestern in dem Buch “Nüchtern“ den Passus über die AA gelesen und die Erfahrung dabei. Dass eine SHG so eine Art Gefühl von Ersatz und Verständnis herstellt (in meiner Kurzfassung) Fande ich eigentlich schon sehr spannend. Ich merke auch hier dass der Austausch gut tut. Trotzdem muss ich über einen weiteren Schritt noch nachdenken. Aber warum nicht einfach mal hingehen und zusehen. Machen wir ja beim Fitness oder Kochkurs auch oder 😊

    Eigentlich ist die Antwort auf deine Frage banal. Ich hatte mir ein Ziel von 2 Monaten gesetzt. Als die um waren hatte ich es geschafft. Vielleicht sollte ich mir ein Ziel von 50 Jahren setzen. Aber mal im Ernst. Das macht nicht wirklich glücklich wenn man immer wieder einen Schritt vor und dann wieder zwei Schritte zurück geht.

  • Morgen freue ich mich über eine abstinente Woche. Und wieder einmal merke ich wie schön es doch ist und wie gut es doch tut klar und strukturiert durch den Tag zu gehen. Ich werde mich jetzt für ein abstinentes Leben entscheiden. Auf jeden Fall freue ich mich über dieses Forum mit den vielen Inhalten hier. Eine tolle Ergänzung zu meiner Therapie und ich werde in Kürze eine reale SHG probieren.
    Wie es der Zufall so will bin ich zu einem Jungesellenabschied in einigen Monaten eingeladen worden. Wenn ich so darüber nachdenke gibt es wenig vergleichbare Events bei denen es sich so ums Saufen dreht. Naja bin froh dieses abgesagt zu haben. Tut einfach gut!!!

  • Hallo LangeGeschichte,

    Zitat

    Wie es der Zufall so will bin ich zu einem Jungesellenabschied in einigen Monaten eingeladen worden. Wenn ich so darüber nachdenke gibt es wenig vergleichbare Events bei denen es sich so ums Saufen dreht. Naja bin froh dieses abgesagt zu haben. Tut einfach gut!!!

    Find eich gut. Kamen denn da nicht irgendwelche Nachfragen warum du nicht kommen willst?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

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