Alter schützt vor Torheit nicht,doch auch ne alte Kuh lernt immer noch dazu

  • Tja, also auch noch ich, so die Vorstellung.
    Habe viel versucht, um abstinent zu werden, aber musste mir eingestehen, es lange nur halbherzig verfogt zu haben.

    Eine langjährige Psychotherapie brachte das Erkennen, Akzeptieren der eigenen Muster und Schwächen, der Stärken und viele, viele Tränen und doch Erleichterung darüber, endlich zu kapieren, wie ich ticke und wo und wie Achtsamkeit vonnöten ist.
    Diese Therapie ist nun beendet, ich bin in einem weiteren Selbsthilfeprogramm zur Abstinenz und habe Gruppenkontakt.

    Für dieses Forum habe ich mich entschieden, weil der Zugriff ständig mögich ist und recht konkret. Das ist in Gruppen nicht immer so. Alleine um Abstinenz zu kämpfen und dabei zu bleiben, funktioniert nicht.

    Ich bin trocken, aber nicht selbstzufrieden, am meisten habe ich mit Suchtdruck zu kämpfen, wenn es mir besonders gut geht.
    Wie ist's bei euch?

    Beste Grüsse sendet Ellen

  • Hallo!

    Suchtdruck stellt sich bei mir nur noch sehr selten ein. Die Abstände wurden, so wie es mir die Therapeuten prophezeit haben, immer größer.

    Könnte es sein, dass Du früher regelmäßig (auch) dann Alkohol konsumiert hast, als es dir gut ging?

    Suchtdruck hat mit dem Suchtgedächtnis zu tun, dass leider vom Willen allein nicht zu bändigen ist. Ich habe mir mal vorgehalten, wann ich früher getrunken habe, insbesondere in welchen Situationen. Dann habe ich mir klar gemacht, dass genau dann mein Suchtgedächtnis anspringt, wenn ich in vergleichbare Situationen komme. Wenn ich mir vorher schon klar mache, dass evt. Druck kommt, wenn ich dies oder das mache, z.B. am Freitag nachmittags die Bürotüre verschließe, dann bin ich zumindest vorbereitet und kann gegensteuern.

    Wenn es dir gelingt, in bestimmten Situationen gerade keinen Alkohol zu trinken, verknüpft dein Hirn nicht jedes Mal von Neuem diesen bestimmten Augenblick mit dem Konsum von Alk. Das Suchtgedächtnis wird dann "überschrieben".

    Ganz wichtig ist es m.E. bestimmten riskanten Veranstaltungen konsequent aus dem Weg zu gehen, zumindest in den ersten Monaten. Weiter machen wie früher, nur ohne Alk, das wird wahrscheinlich nicht gelingen.

    Beispiel: Wer früher regelmäßig in der Kneipe Fußball gucken war, sollte diese Örtlichkeit meiden und ja nicht auf die Idee kommen, sich neben die Saufkumpanen zu hocken und sich Wasser zu bestellen. Dann ist die Gefahr zu groß, dass es nicht beim Wasser verbleibt.

    Oder: Wenn man am Ende der Arbeitswoche die Gewohnheit entwickelt hat, mit den Arbeitskolleginnen ein Glas Sekt aufs kommende Wochenende zu trinken, sollte sich nicht dazu gesellen und nur am O-Saft nippen. Die Gefahr ist zu groß, dass man "umfällt".

    Das Hirn beginnt zu rumoren: Aha die Arbeitswoche ist rum, endlich gibt's Stoff.Diesen Automatismus gilt es zu durchbrechen. Das fällt fielen am Anfang schwer.

    Ferner gilt es Strategien gegen den Suchtdruck zu entwickeln: Für mich ganz wichtig: Sofortiger Ortswechsel und was anderes tun, was mir Freude bereitet und genug trinken (Wasser, Cola, Schorle, Saft, Kaffee). Zum Glück dauert der eigentliche Suchtdruck nur kurz an und vergeht ziemlich schnell wieder, zumindest bei mir.

    Manchmal rede ich selbst mit meinem Suchtgedächtnis: "Ah, das ist aber ein ganz simpler und zum Scheitern verurteilter Versuch von dir, das zieht bei mir nicht."

    Zum Schluss: Entdecke neue Hobbies oder reaktiviere alte aus früheren Vor-Saufzeiten, sofern sie keine Verbindung zum Alk aufweisen. Wenn man abgelenkt ist, stellt sich nicht unmittelbar die Frage des Saufens.

    Viel Erfolg wünscht
    Carl Friedrich

  • Lieber Carl Friedrich,
    Herzlichen Dank für deine Erfahrungen.
    Ja, ich habe gern getrunken, wenn es mir gut ging.Ich wollte noch einen Kick oben drauf. Mittlerweile verschwinde ich mit einem Buch an's Wasser und bin damit glücklich.
    Ich bin gerade bei der Findung meiner Risikofaktoren. Dazu gehören auch ganz vorne mit Wut, nach Streit oder als hilfloser Mensch in bestimmten Situationen, Ungeduld und Enttäuschungen im zwischenmenschlichen Bereich.
    Als nächstes überlege ich Alternativen , einen Präventionsplan.
    Bin weiter für alle Idenn, so verrückt sie auch sein mögen, dankbar.

    Gute Nacht für heute
    Ellen

  • hallo ellen

    carl friedrich hat ja bereits alles geschrieben.
    in meiner anfangszeit hatte ich auch ziemlich oft und heftig unter suchtdruck gelitten.
    mir hat es immer geholfen wenn ich irgendwas gegessen oder viel wasser getrunken habe. manchmal habe ich eine flasche wasser auf ex getrunken, danach ging es mir besser.
    ich habe mir auch immer wieder vor augen gehalten das der suchtdruck nicht ewig anhält und auch wieder verschwindet. auch wusste ich wenn ich wieder trinken würde wäre in dem moment vielleicht der suchtdruck weg, aber dann auch meine trockenheit und damit mein neu gewonnenes leben wofür ich so hart an mir gearbeitet habe. mit trinken hätte ich es nicht besser gemacht, sondern schlimmer, viel schlimmer.
    frage dich mal in welchen situationen du suchtdruck bekommst, wenn du das herausgefunden hast dann kannst du es das nächste mal vielleicht erst garnicht zum suchtdruck kommen lassen in dem du dann solche situationen meidest.

    was mir auch immer geholfen hat wenn ich suchtdruck hatte war mit jemanden darüber reden. wenn du niemanden zum reden hast, kannst du dich in akuten situationen auch gerne an uns wenden in dem du hier schreibst. es kann einem unglaublich gut tun wenn man seine eigenen gefühle und sorgen einfach mal jemanden mitteilt.
    grüße
    NNGNeo

  • Guten Morgen ,
    vielen Dank für die mitternächtliche Antwort. Ja, einige Suchtsituationen sind mir inzwischen geläufig, essen passt gut :oops: aber leider ungesundes,nämlich Süßes, was ich früher überhaupt nicht mochte....und eigentlich nicht will...
    Womit ich nicht so gut zurecht komme, sind Situationen, die aus heiterem Himmel auftreten , wie ein Streit, gestern, Gerüche aus der Nachbarschaft, Werbung, aber vor allem Situationen, die ich nicht ändern kann ! Stichwort bipolare Störung beim Partner, wer das kennt, weiss, es ist die Hölle .Nie weisst du, was dich zu Hause erwartet und ich bin hilflose Helferin, grausam , meinem Naturell nicht entsprechend. Verlassen, keine Option, drei mal haben ich durchgehalten, ein nächstens mal wird es nicht geben, das weiss mein Partner und toi toi, er hält sich an alles. Nun bin ich dran...,ich habe soviel Hoffnung, aber auch Angst und Respekt vor dieser dämlichen Krankheit, dass ich manchmal verzage.

    Heute ist Sonntag, macht es euch schön, liebe Grüße
    Ellen

  • Hallo Ellen

    Zitat

    Ja, ich habe gern getrunken, wenn es mir gut ging.

    Gerne oder trinken müssen ist ein Spagat der Sucht. Denn das Ende mit allen Nebenwirkungen die ein Besoffener so mit sich bringt, zeigt dann das wahre peinliche Bild. Krankhafte Selbsttäuschung.

    Wie lange trinkst du denn schon nicht mehr ?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Lieber Hartmut,
    Ja ich trank gerne, bis ich merkte, es blieb nicht bei zwei Gläsern und dann war's nicht mehr schön, der Wink war deutlich, s ist nicht mehr gut. Wie du gelesen hast gibt es andere Situationen, die mich mehr ängstigen. Ich war ca. ein halbes Jahr trocken. Dann kam die dritte manische Phase meines Mannes.Trotz Hilferufen, Gruppenkontakt, Betteln beim Arzt, wenn einer nicht will....Ich stand aussen vor und jeder war überfordert, Mitgefühl ja, aber ...Ich begann wieder mich in den Schlaf zu saufen. Anderthalb Jahre, daneben Pflegeaufgaben, Tod , die ganze Palette...
    Jetzt habe ich den Absprung wieder geschafft. heute ist Tag 24 am 11. feiere ich meinen ersten Monat.Alles beginnt wieder mit dem Fundament. Das ist nach meiner Psychotherapie, drei Jahre, fester denn je. Ich will und werde.

    Beste Sonntagsgrüsse Ellen

  • Hallo Ellen,
    du musst vor dieser Krankheit keine Angst haben, den du bist stärker als der Alkohol.
    Wie man die Alkoholsucht bekämpfst, weißt du. Ich habe gelernt, das mir Achtsamkeit hilft.
    Ich versuche immer bei mir zu sein, zu wissen wo bin ich, was mache ich gerade, und wer bin ich?
    Meine Verhaltensweisen, die ich bei meiner Sauf zeit gelernt habe, habe ich abtrainiert.
    Ich versuche neue Wege zu gehen, den erlernten Automatismus, abzuschalten.
    Bis jetzt hat es ganz gut funktioniert,

    Ich wünsche dir viel Kraft und eine gute Zeit,
    kossi

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