Hallo Ihr Lieben,
eigentlich kann ich mit „Egoismus“ und meinem, für mich hartem Getue- meinem Selbstschutz, wenig anfangen und werde gerade butterweich und steinhart zugleich. Ich dachte, ich wäre schon so weit gekommen, hätte mich aus der Co-Abhängigkeit befreit, könnte alles mit Abstand und klar betrachten, brauche nichts zu begreifen, nehme alles einfach so an, „den letzten Weg gemeinsam gehen“ – Pustekuchen. Ich dachte, ich wäre durch Euch stark geworden, erwachsen, konsequent, nichts, co-abhängig, wie eh und je, ich muss da raus. Stand der Dinge:
Wir, 4 Tage in Ihre Heimat, nach Berlin. Klasse, trockene Gesellschaft, super Hotel, schönstes Wetter, alles toll. Klar, ich akzeptierte, ohne geht es bei ihr nicht, das war auch für mich voll OK. Trinke seit Wochen kaum was, seit 14 Tagen keinen Tropfen, allen Fallen widerstanden, kein Entzug, kein Bedürfnis, geht doch und dabei verändere ich mich. Wir lachen noch über die schweren Taschen und was war drin? Richtig, schnell noch Wein ins Gepäck. Ja, ich war etwas geladen, als ich das Aufgewicht beim Einräumen meiner Klamotten entdeckte und habe es klar zur Sprache gebracht. Ihr Infarktkollege meldete sich nach 4 Monaten. Bin wieder in Reha, Beipass usw , das machte uns alle traurig und sie zugeschlagen. Nächster Morgen, sie Termin beim Prof. Kommt freudestrahlend an: bei meiner Kondition kann ich 90 werden, alles bestens, mein Arzt hat keine Ahnung, ich wechsele den jetzt erstmal. Klar, er hat auch nicht geblöfft und offen gesagt, was sie erwartet. Nachmittag, sie eine halbe Stunde zum Meeting, kommt schwankend zurück und füllt sich richtig schön am Abend ab. Tags darauf, gleicher Ablauf, später ein Glas nach dem anderen vernichtet und keine 30 Minuten später Absturz.
Ich habe auch getrunken, vorgestern Abend, 2 Schluck Rotwein, es ist mir nicht bekommen. Vielleicht bin ich aufgrund meiner Vergangenheit krank und es war Entzug, vielleicht ein Co-Syndrom, ein beginnender Alkhasser. was passiert da mit mir, knalle ich durch?
Gestern, am Morgen habe ich gepackt, mich verabschiedet, bin vorzeitig zum Zug, heimgefahren, mein Zeugs gepackt, das Auto voll geladen und weg, die Schränke und Schubladen sind leer.
Ich weiß nicht, was jetzt passiert, aber ich bin noch nie so weit gegangen, ich habe meinen Ring abgelegt. Ich frage mich, ob ich mich in den letzten Monaten wirklich so verändern konnte und wirklich nur noch fort will, unsere ganze Beziehung, unsere Ehe, unser Verständnis, unsere Liebe - mit einem Schlag alles kaputt ist. Wer tickt hier überhaupt noch richtig? Bald kommt die große Reise mit den Kindern, die kann ich nicht einfach so in den Sand setzen, sie werden wieder so enttäuscht sein. Ich habe mächtig Angst davor, was passiert, wenn es vorbei sein sollte. Ich wünschte, ich wäre wirklich so egoistisch, so hart und könnte mich einfach abwenden oder mir keine Sorgen machen, leben, statt gelebt zu werden, es geht nicht, ich höre laufend Sirenen und sehe sie im Notarztwagen.
Sie hat alles schriftlich, klar und verständlich, es gibt nichts hinzufügen. Er, der Alk oder ich. „Wir schaffen das“ ist gerade fort. Ihr verlangt jetzt von mir, dass ich so fest stehe wie die Eiche im Wind, aber meine Wurzeln faulen.
Bin 2 Tage fort.
LG kaltblut