Unknown97 - Vorstellung - Sohn eines Süchtigen

  • Hallo zusammen,

    ich bin 27 Jahre alt und Sohn eines Alkoholikers. Mein Vater trinkt seit über 10 Jahren, in den letzten 2-3 Jahren hat es sich extrem verschlimmert.

    Gestoßen auf das Forum bin ich durch eine Google Suche da ich aktuell sehr hilflos bin und nicht mehr weiter weiß. In der Hoffnung hier eventuell Hilfe zu bekommen oder einfach nur einen Austausch zu haben, der mir im „echten“ Leben fehlt, habe ich mich entschieden den Beitrag zu verfassen.

    Mein Vater betrinkt sich nun seit mehreren Jahren jedes Wochenende. Unter der Woche arbeitet er normal und trinkt sich „nur“ ein paar Feierabendbier. Am Wochenende natürlich härteres. Meine Mutter und ich leiden sehr darunter, sein Problem will er nicht einsehen. Oftmals (so wie heute) und er es richtig übertreibt, fängt er an im Schlaf (auch wenn er manchmal wach ist) sehr komische Geräusche zu machen (fauchen,knurren,bellen) sozusagen eine Mischung aus Mensch & Tier. Leider habe ich vergeblich danach gegoogelt und nichts zu ähnlichen Fällen gefunden. Das ist es, was mir mit am meisten Angst macht. Ansich ist er mir egal, ich habe bereits vor langer Zeit beschlossen weder zu seiner Beerdigung zu gehen, noch ihm im Krankenhaus zu besuchen. (Früher oder später wird es ja so kommen).


    Ich habe Angst das meiner Mutter etwas passieren könnte. Leider bin ich beruflich aktuell an einem sehr entscheidenden Punkt und muss mich voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren und Überstunden machen, was allerdings unter den Umständen schwierig ist.


    Vorab habe ich 2 wichtige Fragen die mir eventuell jemand beantworten kann:

    - Wie gefährlich sind Alkoholiker?

    - Was hat es mit den Geräuschen auf sich? Hat jemand schonmal so etwas erlebt?


    Vielen lieben Dank im Voraus, ich hoffe das jeder der das liest oder nur im Forum aktiv ist, irgendwann mit allem abschließen kann und ein normales Leben führen kann 🙏🏽

  • Hallo Unknown,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Alkohol ist ein Nervengift und greift Körper sowie Seele an. Je länger die Alkoholsucht dauert, desto größer die Schäden an der Gesundheit.

    Ich kann verstehen, dass Du Dir Sorgen machst. Aber leider kannst Du gar nichts erwirken. Ein Alkoholiker muss aus sich selbst heraus aufhören wollen zu saufen.

    Im Grunde kannst Du nur für Dich eine Grenze ziehen und den Kontakt zu ihm abbrechen. Wohnst Du noch zu Hause?

    Ein Alkoholiker ist im nassen Zustand im Grunde unberechenbar. Ich habe das bei mir selbst damals auch festgestellt und ich habe dann mit Unterstützung hier in der SHG den Ausstieg aus der Sucht gefunden.

    Aber die wenigsten Alkoholiker schaffen das.

    Für den Austausch mit den anderen hier im Forum klicke den folgenden Link an und schreibe einen kurzen Satz:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Wir werden Dich dann freischalten und Dein Thema in den Bereich "Erste Schritte für EKA" verschieben.

    EKA = Erwachsene Kinder von Alkoholikern

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Das mit den Geräuschen erinnert mich an meinen Opa. Der hat täglich mindestens 5 Liter Wein und dazu noch Schnaps getrunken, die Oma verprügelt und ist ein unfassbar aggressiver Mensch gewesen. Alkohol enthemmt.

    Manche Alkoholiker sind aber komplett anders. Sie schlafen einfach auf der Couch und nehmen nicht mehr wirklich am Familienleben teil.

    Ich bin auch EKA, also erwachsenes Kind. Mir hat einzig und allein Abstand geholfen, sonst wäre ich in dem kranken System mit untergegangen. Gesunder Egoismus ist angesagt. Aber es ist mir trotzdem extrem schwergefallen, denn es fühlte sich falsch an, nicht mehr zu Geburtstagen und Weihnachten vorbeizugehen.

    Lieber Gruß und einen guten Austausch hier bei uns!

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Elly , vielen Dank für deine Rückmeldung!
    Es freut mich für dich das du den Weg heraus geschafft hast, bewundernswert!
    Ja, ich wohne noch zuhause. Ich habe hier meine eigene Wohnung im Haus meiner Eltern, würde gerne ausziehen aber hab es nie getan, da ich meine Mutter nicht mit ihm alleine lassen möchte. Es ist zwar dieses Jahr geplant das Haus zu verkaufen und getrennte Wege zu gehen, ob das aber wirklich passiert ist eine andere Frage.

    Hallo Linde, dir ebenfalls vielen Dank für die Rückmeldung!
    Mein Vater ist eigentlich ein ruhiger, besonnener Mensch. Eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen ihm und mir gab es vor ca. 2 Jahren als ich seinen ganzen Alkohol ausgekippt habe, da ist er sehr aggressiv geworden.
    Allerdings sind die Geräusche wirklich furchteinflößend und teilweise sehr laut, da weiß ich mir leider nicht zu helfen. Meine Mutter möchte in diesen Situationen gerne den Krankenwagen rufen, ich weiß allerdings nicht ob das die richtige Entscheidung ist. Bei ihm ist es so, das er in die Garage geht, trinkt, sich aufs Sofa setzt oder schläft und dann fängt das Spiel wieder von vorne an.
    Ich bin aktuell zu 100% bereit den Kontakt komplett abzubrechen, allerdings nicht so lange meine Mutter mit ihm unter einem Dach wohnt.

  • Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet, Unknown.

    Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ich bin aktuell zu 100% bereit den Kontakt komplett abzubrechen, allerdings nicht so lange meine Mutter mit ihm unter einem Dach wohnt.

    Hm, deine Eltern sind so um die 50?

    Da kann es dir passieren, daß du noch 30 Jahre daheim wohnen wirst, denn die Ehen von Alkoholikern mit ihren co-abhängigen Ehefrauen sind überraschend stabil.

    Deine Mutter kann den Krankenwagen rufen oder die Polizei, falls es mal handgreiflich wird. Und sie kann gehen, genau wie du.

    Mach dich in deinen Entscheidungen nicht abhängig vom Verhalten anderer. Du hast das Recht erwachsen zu werden, beruflich durchzustarten, eine eigene Familie zu gründen ....

    Du musst nicht für alle Zeit auf deine Mutter aufpassen, nur weil die in dem suchtkranken System drinbleiben will.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hm, deine Eltern sind so um die 50?

    Meine Eltern sind tatsächlich schon Ü60, ich kam etwas spät.
    Die Ehe der beiden ist schon lange vorbei würde ich behaupten. Seit über 10 Jahren getrennte Zimmer, es gibt keine beziehungstypischen Zärtlichkeiten o.ä.
    Laut meiner Mutter haben die beiden sich offiziell nie scheiden lassen, "damit ich es nicht so schwer habe"

    Bezüglich des Krankenwagens geht es meiner Mutter darum, dass sie Sorge hat das er durchdreht. Laut ihr ist das schonmal vor ca. 40 Jahren passiert als er noch jung war. Damals war es wohl so schlimm das man ihn am Bett fixieren musste da er seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle hatte. Ich weiß allerdings nicht, ob das sein Alkoholproblem noch verschlimmern würde, wenn ein Krankenwagen und die "Scham" danach noch dazukommen.

    Vielen Dank erstmal für die Worte, ich bin seit einiger Zeit auch zu dieser Erkenntnis gekommen. Allerdings kann ich es nicht abwägen was für mich schlimmer wäre, noch 10 Jahre hier zu wohnen? Oder mit dem Gewissen leben das ich es hätte verhindern können, falls ihr etwas zustößt. Das klingt vielleicht etwas paradox, spielt sich aber so bei mir im Kopf ab.

  • Du bist doch jetzt aktuell auch nicht 24/7 zuhause, oder? Es kann jederzeit irgendwas passieren.

    Heutzutage gibts Telefon und tausend sonstige Möglichkeiten für deine Mutter, sich schnelle Hilfe zu organisieren.

    10 Jahre (wie kommst du auf 10 Jahre?) dein eigenes Leben auf Eis legen für ein hätte-wäre-wenn-Szenario?

    Meine Eltern sind ü80.... Wann bitte fängt das Leben eines EKA's an? Wenn die Eltern beide tot sind und man aus der vermeintlichen "Verantwortung" endlich raus ist?

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Du hast keinerlei Einfluss, wie alles weiter gehen wird, Unknown.

    Ich schließe mich Linde an, es ist nicht Deine Aufgabe!

    Deine Eltern sind erwachsen und nicht, noch nicht, pflegebedürftig!

    Keine Trennung, damit Du es nicht so schwer hast? Du bist mittlerweile 27 Jahre! Wenn sie gewollt hätte, dann hätte sie sich schon vor vielen Jahren trennen können. An Dir liegt es nicht, dass sie in der Beziehung geblieben ist.

    Es ist ihre Entscheidung!

    Betrachte es mal von dieser Seite.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Unknown97,

    ich kann dich da absolut verstehen, viele deiner Gedanken haben sich bei mir genauso abgespielt.
    Was, wenn ich ausziehe, wird es dann noch schlimmer für meine Mutter, die eigentlich die einzige war, die meine Kindheit erträglich und schön gemacht hat?

    Berufsbedingt blieb mir aufgrund der Distanz gar keine andere Wahl und ich bin mit Anfang 20 damals ausgezogen.
    Dennoch bin ich, gerade auch, weil ich dachte, ich muss meiner Mutter beistehen und auch weil wir ein gutes Verhältnis hatten, immer am Wochenende heim gefahren, obwohl ich ganz genau wusste, dass mein Vater mich mit seiner Trinkerei immer weiter ein Stück weit emotional zerstört.
    Als ich dann meinen Partner hatte, hat sich das mit dem am Wochenende hinfahren gelegt, dennoch bin ich über Jahre hinweg noch alle 2 Wochen für mehrere Stunden hingefahren. Natürlich hat das immer wieder zu Spannungen geführt, da ich es nicht ertragen konnte, zu sehen, wie er sich einfach nur permanent betrinkt.

    Unter anderem habe ich es getan aus dem Pflichtgefühl heraus, es zu müssen, weil meine Mutter, um Stress zu vermeiden, sich so gut wie nie mit mir alleine getroffen hätte, geschweige denn mich besucht hätte, da sie viel zu sehr Angst hatte, dass er dann wieder cholerisch wird.

    Da meine Mutter und ich regelmäßig Kontakt haben und sie mir dann natürlich auch ihr Leid klagt, war ich trotz Auszug gefühlt nie von Zuhause weg.

    Er hatte kurz für einige Monate aufgehört zu trinken aber dann wieder angefangen.

    Von meiner Mutter zu erfahren, dass er wieder trinkt war für mich ein Riesen Schock, aber es hat mir auch die Augen geöffnet.

    Ich hatte so dermaßen die Probleme meiner Eltern zu meinen eigenen gemacht, dass sich vieles nur noch darum gedreht hat, es ihnen recht zu machen und zu versuchen, Therapeut zu spielen. Aber das kannst du nicht. Du kannst und du darfst nicht die Päckchen anderer zu deinen eigenen machen, auch wenn es anfangs wirklich schwer fällt und vor allem, wenn es sich um die eigenen Eltern handelt.

    Mir tut aktuell Abstand wirklich gut, ich habe meinem Vater klar gemacht, dass ich Abstand möchte und nicht mehr komme solange er trinkt und meine Mutter weiß, dass Sie mich jederzeit besuchen kommen kann.

    Versuch, etwas Distanz von der Situation zu schaffen, auch wenn das verdammt schwer ist. Versuch, dir dein eigenes Leben aufzubauen, nach deinen eigenen Vorstellungen, und denk vor allem auch an dich, das ist nicht egoistisch sondern hat auf eine gewisse Art und Weise eher etwas mit Selbstliebe und auch Selbstschutz zu tun. Du hast es verdient, ein "eigenes" Leben zu führen.

  • Linde66 Tatsächlich ist es so, dass meine Mutter und ich selten alleine zuhause sind, sondern nur gemeinsam. Ich kann deinen Punkt aber voll und ganz nachvollziehen.
    Das mit den 10 Jahren war einfach eine zufällige Zahl. Und wann das Leben anfängt ist eine gute Frage, eine Frage die ich mir selber seit Jahren stelle und mich selber beim beantworten der Frage anlüge und vertröste.
      Elly Sorry, habe mich nicht gut ausgedrückt, war gestern aber auch echt durch den Wind! Das mit der Trennung war Thema als ich noch ca. 14/15 war, als ich volljährig war erzählte sie mir das dann. Es von der Seite zu betrachten habe ich schon oft gemacht, verstanden habe ich es nie wirklich. Ein großer Punkt ist ebenfalls das finanzielle. Meine Mutter hat nicht viel Geld, ihr und mein erspartes wurde von meinem Vater "geplündert". Das heißt ich kann ihr in diesem Falle auch nicht helfen.
      Tobias92 Hi Tobias, erstmal vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen, ich sehe da schon einige Parallelen. Ich denke das wichtigste ist was du am Ende gesagt hast, das auch ich es verdiene ein eigenes Leben zu haben. Daran denke ich wahrscheinlich selber viel zu selten..

    Ebenfalls ein kleines Update meinerseits.
    Ich habe mich mit meiner Mutter und meinem Bruder zusammengesetzt und wir haben beschlossen dieses Wochenende einen allerletzten Versuch zu starten um mit meinem Vater zu reden. Wenn er Hilfe haben möchte und sein Problem einsieht - stehen wir alle hinter ihm. Wenn er das nicht möchte - ist er auf sich alleine gestellt und jeder geht seinen Weg. Ob meine Mutter das auch so machen würde weiß ich ehrlich gesagt nicht, sie sagt es zwar, ich bin mir aber unsicher.
    Ich habe für mich selber beschlossen den Schlussstrich zu ziehen. Mein Vater ist jetzt seit Freitag non-stop am trinken und isst nichts mehr. Er weiß vermutlich nicht einmal welchen Tag wir haben oder wo er ist. Ich bin bereit mein eigenes Leben endlich zu leben, ob alleine oder nicht.

  • Das mit dem nichts essen kenne ich von meinem Vater nur allzu gut, meine Mutter hatte immer mittags gekocht und wer dann nichts essen wollte sondern lieber saufen war mein Vater. Bis spät abends, dann hat er allen ernstes gefragt ob meine Mutter ihm noch etwas kochen kann.


    Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass er Hilfe annehmen möchte. Und wenn nicht, dann dass deine Mutter stark genug ist, ihren eigenen Weg zu gehen. Bei mir war/ist es genauso, meine Mutter hatte mich damals großgezogen und ihre Arbeit aufgegeben und dementsprechend finanziell nicht die größten Möglichkeiten. Bei meiner Mutter hab ich aber auch das Gefühl, dass sie gehemmt ist, Hilfe anzunehmen um sich aus diesem Teufelskreis befreien zu lassen. Wichtig ist vor allem auch wie du sagst, dass du für dich persönlich deine Konsequenzen ziehst. Du hast lange genug auf dein eigenes Leben warten müssen und sicher schon viel zurückgesteckt. Uns wurde nicht dieses Urvertrauen mit auf den Weg gegeben, was viele in intakten Familien erhalten. Umgib dich mit Menschen, die positiv sind , eine positive Einstellung haben und dich bei deinem eigenen Lebensweg unterstützen. Hast du in deinem Umfeld einige mit denen du über deine familiäre Situation sprechen konntest?

  • Hallo Unknown,

    Dein Vater hat hoffentlich keinen Zugriff mehr auf Deine Finanzen!

    Und wenn er seit Freitag nichts mehr gegessen hat, dann ist das ein ganz schlechtes Zeichen.

    Auf jeden Fall setzt Euch nochmal zusammen, ob mit oder ohne ihn. Für Dich ist es wichtig, dass Du für Dich abschließen kannst und zur Ruhe findest.

    Deine Mutter ist erwachsen und kann ihre eigenen Entscheidungen treffen. Löse Dich von der Vorstellung, sie "retten" zu können.

    LG Elly

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    - Trocken seit 06.01.2013 -

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