.. und ich habe mich hier registriert da mich das Thema Alkohol als Angehörige ein Leben lang begleitet.
Aufgewachsen bin ich als Einzelkind mit einem Alkoholiker als Vater (meine Mutter litt seit ich denken kann an Schizophrenie und war somit emotional auch nicht verfügbar) - richtig realisiert habe ich die Alkoholkrankheit meines Vaters wohl mit etwa 12 Jahren; ich habe dieser Zeit einiges - bestimmt hier vielfach Bekanntes - miterlebt: Scham, Hilflosigkeit, Lügen, Vertrauensverlust, Parentifizierung, frühes Erwachsenwerden, Kontrolle, der machtlose Kampf gegen den Alkohol, Streit, emotionale Gewalt, Verlassenwerden.. manchmal habe ich meinen Vater krampfend, in sich zusammengekauert vollkommen betrunken und paralysiert in einer Ecke liegend aufgefunden. Primär trank er Wein, nach der Arbeit, 2-3 Flaschen pro Tag, eine Zeit lang auch härtere Spirituosen; dazu kamen Benzodiazepine. Vor meinem Auszug zuhause mit 20 Jahren versuchte ich, mich möglichst zu distanzieren und habe hier die Leidenschaft des Sports für mich entdeckt. Mein Vater verstarb vor vier Jahren (kurz nach meinem 30. Geburtstag) an den Folgen seines Alkohol- und Nikotinkonsums mit 57 Jahren. Sehr dankbar bin ich dafür, dass wir uns ausgesöhnt haben und ich ihm auch verzeihen und mit diesem Thema - wohl es mich dennoch zeit meines Lebens begleiten wird - abschließen konnte (mithilfe viel Arbeit an mir selbst und auch mithilfe einer Psychotherapie).
Mit meinem jetzigen Partner (40 Jahre alt) bin ich seit 6 Jahren zusammen, er hat ebenfalls ein (Sucht)-Alkoholproblem; dieses war am Anfang unserer Beziehung weniger sichtbar und präsent (vielleicht habe ich es auch verdrängt); der Konsum wurde jedoch mehr & nunmehr störe ich mich immer mehr daran. Wohl auch durch den Verlust meines Vaters - der mich schwer getroffen hat da wir uns nichts desto trotz sehr nahe standen - und auch durch eine gewisse Routine die nun in die Beziehung einkehrt, wir werden älter, das Thema Familiengründung steht bei uns im Raum.. Kinder kann ich mir unter diesen Umständen keinesfalls vorstellen mit ihm. Auch das Thema Gesundheit wird wichtiger. Abgesehen von der Suchtthematik ist er ein sehr lieber und wertschätzender Partner und Mensch. Ich selbst trinke und feiere auch gerne (jedoch in keinem - wie ich es zumindest selbst beurteile - ungesunden Ausmaß: primär trinke ich in Gesellschaft und habe auch keinerlei Cravings wenn ich länger nichts trinke).
Mein Partner scheint sich durch seinen Alkholkonsum in eine Welt zu flüchten welche nicht von negativen Gedanken, Selbstzweifeln und Ängsten bestimmt ist und ich mache mir sehr viele Sorgen um ihn und seine Gesundheit - ich habe große Angst dass ihn das selbe Schicksal wie mein Vater ereilt und ich würde ihm so gerne dabei helfen glücklich zu sein bzw. zu werden - ich weiß jedoch das kann nur er selbst. Und das ist eine sehr schmerzliche Erkenntnis. Es ist interessant dass sich das Muster aus meiner Kindheit so sehr in meiner Beziehung spiegelt ... Dass ich anscheinend durch meine Vorgeschichte dieses Leid / diese Instabilität unbewusst anziehe verstehe ich nur bedingt ...
Er kennt meine Zweifel und Sorgen, welche jedoch an seinem Konsum nichts ändern (abgesehen von den "klassischen" gescheiterten kurzzeitigen Abstinenzversuchen und den Enttäuschungen danach). Mir bleibt nunmehr abzuwarten und in mich und uns reinzuhören: ob ich bleibe und damit leben lerne oder ob ich gehe. Denn: aufhören wird er wegen mir nicht, das muss er selbst wollen. Das haben mich die Jahre gelehrt.
Ich freue mich auf Inputs und Austausch und vor allem über mehr Klarheit.
Danke fürs Lesen! Toll dass es dieses Forum gibt!
Liebe Grüße
Sunny