Offenheit vs. Ja – Nein / mögliche Folgen bzw. Konsequenzen

  • Hallo zusammen, hier im Forum

    Ich habe mich hier unter „Wer ist Wer“ im Januar angemeldet, habe auch mittlerweile schon unzählige Beiträge in fast allen Foren gelesen und kann bis heute rundum sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle.
    Ich empfinde hier sehr viel positive Reflexion, finde mich selbst sogar in sehr vielen Beiträgen wieder, die mich teilweise sehr berühren und nachdenklich machen, jedoch positiv zum Nachdenken anregen.
    Am Liebsten wäre ich viel öfter hier unterwegs, aber leider schaffe ich dass im Moment aus vielerlei Gründen zeitlich nur sehr begrenzt.

    Seit meinem letzten Rückfall und anschließender Entgiftung (14 Tage) im Oktober 2006 bin ich bis heute stabil und abstinent geblieben, auch meine ambulante Therapie mit mehrmaligen wöchentlichen Terminen in einer Tageklinik läuft nebenher noch weiter.

    Nun zum Thema und meiner eigentlichen Frage bzw. Suche nach Rat :

    Ich bin ja derzeit immer noch arbeitslos und beziehe lediglich ALG II, schon seit mehreren Monaten.
    Nun bin ich ja in den letzten Wochen dabei, mich u. a. sehr intensiv wieder um einen neuen Vollzeitjob zu bemühen, habe meine Bewerbungsmappe komplett umgestylt, mit neuem Foto, teilweise die Textbausteine neu formuliert usw.
    Und siehe da, gesunder und klarer Kopf sowie kostantes Durchhaltevermögen wird belohnt – ich habe noch in dieser Woche einen, und in der darauf folgenden Woche zwei offenbar sehr interessante Vorstellungstermine für den Bereich Büro in drei mittelständisch/großen Unternehmungen.

    Ich fühle mich diesmal aber sehr unsicher, da ich nämlich auch aus der Vergangenheit weiß, dass hierbei u. a. auch sehr unangenehme Fragen kommen werden, wie z. B. die Frage nach chronischen Erkrankungen.
    In der Vergangenheit bin ich damit immer sehr offen umgegangen, hatte mit den Arbeitgebern und Vorgesetzten eigentlich auch keine größeren Probleme, auch wenn ich mich von Zeit zu Zeit schon öfters mal beobachtet fühlte oder auch von Kollegen mit dummen Bemerkungen hier und da schon mal blöde angesprochen wurde.
    Aber im Großen und Ganzen stand ich bislang darüber.

    Ich weiß nicht warum, aber ich mache mir bezüglich der Offenheit einem möglich neuen Arbeitgeber gegenüber diesmal ziemlich große Sorgen, oder fühle mich hierzu zumindest sehr verunsichert.
    Mag auch sein, dass dies mit der augenblicklichen Lage auf dem Arbeitsmarkt zu tun hat, bin mir nicht sicher.
    Mein Bauch sagt mir jedenfalls, mich bei den bevorstehenden Terminen und evtl. Fragen die hierzu kommen könnten zunächst bedeckt zu halten, mögliche Fragen zu verneinen, um nicht alles von Vornherein aufs Spiel zu setzen, wenn es um die Entscheidung einer möglichen Einstellung in den Job – Ja oder Nein – gehen wird
    Ich werde dies auch in dieser Woche bei meiner Therapeutin noch mal ansprechen.

    Aber ich würde mich dennoch freuen, auch von euch oder einzelnen ggf. Ratschläge oder Meinungen hier drüber zu bekommen.
    Bis dann . . . liebe Grüße Heiko

  • Hallo Heiko,

    bestimmt ist es besser, sich bei einem Bewerbungsgespräch zu outen. Ich habe das nicht geschafft. Oh, wie ich diesen Job, den ich jetzt habe, wollte! Ich habe meine Krankheit verschwiegen (im September war ich dann zur betriebsärztlichen Untersuchung), Werte, Abtasten der Leber usw. - alles ok. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt. Aber ich habe mir da geschworen, dies nicht aufs Spiel zu setzen, meine Krankheit zu stoppen und meine berufliche Zukunft, diese Chance, zu nutzen.

    LG, Meni

  • Hallo Karsten, Hallo Meni

    Vielen Dank für eure Antworten.

    Genau das sind die Fragen, die mich ja mitunter verunsichern, in welcher Firma wird heutzutage auch nicht gesoffen.
    Besonders jetzt in der Karnevalszeit.

    Einen Termin habe ich übrigens Weiberfastnacht bei einer Personalleiterin, mal sehen, vielleicht ist sie ja gut drauf. ':P'

    Aber ich denke, das es auch vom Gesprächsverlauf abhängt, und werde dann spontan und noch während des Gesprächs mit mir ausmachen, ob ich mich oute oder nicht.

    Ich fühle mich nämlich auch nicht sonderlich wohl bei dem Gedanken mit einer Lüge zu starten, sollte ich das Glück haben eingestellt zu werden.

    Gruß Heiko

  • Hallo esgehtanders

    wie definiere ich den Begriff "Lüge" in einer solchen Situation aber genau ?

    In den Säuferzeiten habe ich on mass gelogen, um mir das Saufen leichter zu gestalten, das war grenzenlose Schauspielerei, ist schon klar!

    Aber wenn es hier um solche Entscheidungen bzw. möglich existenzielle künftige Veränderungen geht, frage ich mich, ob es die selbe unterste Qualität einer "Lüge" ist, wie in der Säuferzeit.

    Ich hätte zumindest im Moment nicht das Gefühl, dehalb wieder Schritte zurück zu fallen, oder auch das Gefühl etwas weniger Alkoholiker zu sein, was ja auch vollkommener Blödsinn ist.

    Aber wenn ich im Falle einer Einstellung bei einem der Bewerbungsgespräche mögliche Fragen verneine, lüge ich zwar, behalte mir jedoch für mich vor, mich erst nach Ablauf einer bestimmten Beschäftigungszeit oder auch in einer evtl. heiklen Situationen damit zu outen.
    Lieber wäre mir dabei natürlich den Probezeitraum ggf. zu überbrücken.

    Also ich denke immer noch mich lieber erst noch nicht damit zu öffnen.
    In bestimmten, heiklen Situationen z. B. bei direkter Anfrage: "wie du trinkst kein Alkohol?" gibt es auch zahlreiche andere Gründe zu benennen, warum ich auf Alkohol verzichte.

    Ich weiß nicht, ich bin da immer noch im Zwiespalt mit mir, aber ich find's schon raus.

    Gruß Heiko

  • Servus Restart,

    klar, das muss jede(r) für sich herausfinden. Ich für mich gehe ganz bewusst offen damit um, ohne "hausieren" zu gehen damit.
    Klartext: Bei meiner letzten Bewerbung (die erste, seit ich trocken bin) habe ich es im Vorstellungsgespräch offen erklärt, trockener Alkoholiker zu sein.
    Für mich war es in jeder Hinsicht ein Gewinn, erstens, weil ich so ohne jegliche Geheimnisse in der Firma arbeiten kann, zweitens, weil exakt diese Offenheit mir die Jobzusage erst ermöglicht hat - für den Arbeitgeber (der sonst rein gar nichts mit dem Thema Suchterkrankungen "am Hut" hat) war es der entscheidende "Pluspunkt" zu meinen Gunsten.

    LG
    Spedi

  • Hallo Heiko,
    ich kann da nur aus meiner Sicht sprechen,und auch nur aus dieser,kann ich Dir den Ratschlag geben,dich von vorne herein zu deiner Krankheit zu bekennen!

    Wenn Du einen trockenen zufriedenen Weg gehen möchtest,dann gehört meiner Meinung nach dazu,diesen auch absolut ehrlich zu gehen,alles andere wäre unter Vorbehalt,und für mich ein Hintertür offenhalten!Heikle Situationen brauchen überhaupt gar nicht erst entstehen,wenn ich im vornerein dafür Sorge trage,sie im Keim zu ersticken.Nur wenn ich absolut ehrlich zu mir selbst bin,kann mir nichts passieren,entweder gehe ich den geraden Weg,ohne wenn und aber,oder ich lebe weiter unter Vorbehalt!!
    Ich wünsche Dir,daß Du die richtige Entscheidung für dich triffst!

    Liebe Grüße,Andi

  • Hallo Heiko,
    klar muß das jeder selbst entscheiden was für ihn gut ist.

    Ich würde das unter Notlüge laufen lassen, wenn ich eventuell sonst keinen Job bekommen würde. Du darfst wegen der Krankheit ja nicht schlechter dastehen als jemand anders.
    Es gibt gewisse Institutionen, wo es keinen Sinn macht die Krankheit zu verschweigen, bei Versicherungen BU, Kranken oder Lebensversicherung.
    Da ist ja auch der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden und du bekommst auch keine Leistungen, wenn du die Krankheit verschweigst.
    Gruß
    Toby

  • Hallo Helga,

    erst mal mein Respekt vor dir Helga, 18 Jahre trocken, wow . . . 8)

    Aber es stimmt, es ist schwer hierzu einen Ratschlag zu geben, ich habe auch fast damit gerechnet.

    In Einbezug der Beiträge vorher, von Spedi und Andi, fühle ich mich schon fast geneigt mich bei direkter Frage zu chronischen Krankheiten, damit auch offen und ehrlich zu outen, denke ich.

    Wie ich ja bereits schon schrieb, habe ich nicht nur schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit damit gemacht, mich von Beginn an damit zu öffnen, gegenüber Arbeitgebern.

    Aber die Zeiten haben sich in den letzten Jahren geändert, ich bin mtlw. auch etwas älter geworden, so dass ich mich überhaupt darüber freue Vorstellungstermine bekommen zu haben.

    Deshalb bin ich ja da auch im Zweifel, weil halt die Angst groß ist bei mir, dieser Offenheit dann mit einer Abfuhr zu begegnen.

    Morgen Nachmittag habe ich das Gespräch mit meiner Therapeutin, vielleicht kann dann ich hier raus bis Do. auch noch einiges mitnehmen.

    Ich berichte morgen hier dann noch mal.

    Vielen Dank noch mal für eure Antworten und Gute Nacht Gruß Heiko

  • hallo heiko,
    als "Lüge" empfinde ich es, wenn man darauf angesprochen wird und dann nicht sagt, was Sache ist; von mir aus würde ich aber auch nicht unbedingt direkt das Thema ansprechen, ich würde mich da auf mein Bauchgefühl verlassen
    gruß

  • Hallo Heiko,

    bei uns in der Firma müssen alle Bewerber zum Bluttest, wer da was drin hat, was da besser nicht drin wäre hat keine Chance, Leute die sich für einen Ausbildungsplatz beweben dürfen ein zweites Mal kommen, müssen dann aber clean sein. Daher ist es in dem Fall sicher besser vorher zu sagen, was da möglicherweise gefunden werden könnte. Wie sich das allerdings mit trockenen Alkis verhält kann ich nur vermuten - sehr schlecht.

    Das alles ist Heuchelei hoch zehn, denn in all unseren Hallen stehen Automaten mit Bier - trotz Alkoholverbot :shock: Auch in der Kantiene ist es kein Problem Bier oder Wein zu bekommen. Eigentlich ein Unding, denn wie soll jemand mit Alk im Blut Stapler fahren oder die hochpräziesen Maschinen zusammenbauen können? Es sollen auch schon Kunden bei Führungen gefragt haben, wie sich das miteienander verträgt...

    Viel Erfolg am Donnerstag!!
    LG Ofrasa

    Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag

  • hallo heiko

    ich denke das solltest du während des gesprächs aus dem bauch heraus entscheiden. wenn nicht explizit danach gefragt wird, und du dort nicht gefahr läufst mit alk in berührung zu kommen muß man es eigentlich nicht erzählen. es reicht ja wenn sich eine solche situation ergibt dann zu sagen das man nicht trinkt, wenn dann das berühmte warum kommt kann man es ja erzählen.

    lass es auf dich zukommen und mach dich jetzt nicht schon verrückt. wird schon schief gehen.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo Doro, hallo Jörg und Ofrasa

    Danke für eure Antworten.

    Ich glaube auch mtlw. dass ich das aus dem Bauch heraus entscheide, hängt auch sicherlich vom ersten Sympathieeindruck meines Gegenüber ab.

    Jörg, was du von dem Orangensaft schreibst, habe ich mit Coca-Cola, welche ich mir bei letzten Rückfällen im letzten Jahr literweise mit Korn gemischt habe.
    Schon beim geringsten Schluck Cola bilde ich mir ein es sei auch Korn mit drin.
    Hatte im ersten Moment damals tatsächlich geglaubt, mir hätte irgend jemand heimlich was untergemischt, was aber nicht an dem war.
    Seitdem habe ich noch keine Cola wieder angerührt.

    Aber mit viel Kreativität kann man sich die schönsten alkoholfreien Cocktails mischen, da gibt es übrigens auch im Internet die tollsten Rezepte.

    Bis dann mal . . . lg Heiko

  • Hallo Jörg,

    ja, das mit dem Orangensaft hatte ich geschrieben. Mir geht es da so wie Heiko, ich denk dann auch irgendwie, ich schmecke da Wodka raus und ekle mich dann vor dem Orangensaft. Allerdings befürchte ich durch Trinken von O-Saft keinen Rückfall, es löst nur Assoziazionen mit dem früheren Saufen aus und eher Ekel-und Abscheugefühle. Und warum sollte ich dann O-Saft trinken, wenn ich mich davor ekele und mich dabei unwohl fühle. Gibt ja noch tausend andere leckere Getränke.

    Lieben Gruß
    Lilly

  • Hallo Jörg,

    ich hatte das schon richtig verstanden was du mir aufzeigen wolltest, was da in manchen Betrieben abgeht ist mir aus meiner Vergangenheit auch bekannt.

    Nach meinem Gespräch gestern mit einer Psychologin aus meiner noch lfd. amb. Therapie, habe ich mich jetzt endgültig dazu entschlossen von vornherein mit offenen Karten zu spielen.

    D. h. wenn ich diesbezüglich danach gefragt werde.
    Lügen werde ich nicht !!

    Sollten keine Fragen kommen entscheidet mein Bauchgefühl während des Bewerbergesprächs, ob ich mich als Alkoholiker trotzdem oute.

    Danke noch mal für eure Antworten, hat mir in meinen Gedankengängen sehr weitergeholfen.

    LG Heiko

  • Hallo, ich grüße euch herzlich

    Ich hatte heute Nachmittag meinem ersten Vorstellungstermin, ist ganz gut gelaufen, ich stehe zumindest mit einigen anderen Mitbewerbern in der engeren Auswahl, ein endgültiger Entscheid darüber wird allerdings erst nächste Woche bekannt gegeben.

    Schon lange war ich nicht mehr so nervös und hibbelig vor irgendetwas, wie vor diesem Termin heute, dem Gespräch und die Fragen die ich ja erwartete.

    War jedoch halb so wild wie ich das vorher befürchtete. Lief ganz locker ab, so ziemlich im Schlussteil dann bei der Frage, ob es noch was Wichtiges gebe was ich ihr bzw. der Personalleiterin mitzuteilen hätte, habe ich ihr unbeschönigt von meiner Alkoholkrankheit berichtet, sogar darüber, dass ich noch im vergangenen Jahr rückfällig war und mich z. Zt. noch in ambulanter Therapie befinde und 1x die Woche eine SHG besuche.

    Sie hat sich für diese Offenheit sogar bedankt und obendrein noch das Angebot gemacht, evtl. Zeitüberschneidungen mit den Terminen der Therapie an den jeweiligen Tagen zu berücksichtigen, im Falle einer Beschäftigung dort.

    Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin froh dass ich das hinter mir habe und vor allem, dass ich weder gelogen noch verschwiegen habe.
    Sofort nach dem Gespräch schon, beim Verlassen des Büros hatte ich das Gefühl, als wenn ein riesiger Felsbrocken von mir abfällt.
    Na, mal schauen wie denn die Entscheidung ausgeht, nächste Woche habe ich ja noch zwei Termine, aber ich glaube dass ich mich hier dann auch nicht mehr so verrückt machen werde wie heute.

    Was aber weniger schön ist im Moment ist, dass es meiner Partnerin mit ihrer Lungenerkrankung wieder sehr schlecht geht schon seit Dienstag, sie war heute Morgen bei einer Untersuchung. Wenn sich ihre Sauerstoffwerte im Blut übers Wochenende nicht deutlich bessern, muss sie Montag wieder ins KH.
    Und das, obwohl sie sich schon mit einem Sauerstoffgerät zu Hause selber versorgt, was ihr von der Lungenklinik, wo sie ja im letzten Jahr 6 Wo. war zur Verfügung gestellt wird.

    Ich mach mir große Sorgen, da sie auch insgesamt sehr, sehr schlecht aussieht und sehr schwach ist, kann sich kaum noch fortbewegen. Wir müssen es bis Sonntag mal abwarten, aber ich habe wieder mal die böse Vorahnung, dass sie es bis Sonntag gar nicht mehr schafft, sich noch auf den Beinen zu halten. Werde dann noch berichten.

    Danke noch mal für eure Antworten . . . Liebe Grüße Heiko

  • Servus Heiko,

    erst mal Alles Gute für Deine Partnerin, ich drück ihr die Daumen!

    Ja, und dann zu Dir: hat richtig gut getan, sich ohne Lügen und Verstecken durch's Leben zu bewegen, ja?
    Meinen Glückwunsch dazu, dass Du zu Dir selbst stehst!

    Mit jedem Tag Nüchternheit werden wir ein Stückchen freier...genieße es, es steht Dir zu!

    LG
    Spedi

  • Hallo Heiko,

    Da hast Du ja echt Rückrad bewiesen. Auch meinen Glückwunsch dazu. Was dabei rauskommt wird sich zeigen. Ich denke du hast dein bestes gegeben und ich hätte das genauso gemacht.

    Gute Besserung für deine Freundinn.

    G. Frank

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